Schuldig! Geoffrey Eltringham spürte schon lange die tiefe Sehnsucht in sich, seinem Leben ein Ende zu setzen. Hatte er doch alles verloren, was ihm lieb und teuer war.
Die Geschäfte liefen schlecht und er stand kurz vor dem Bankrott, als seine teure Gattin schwer erkrankte. Man hätte sie retten können. Eltringham hatte alles daran gesetzt, die nötigen Mittel aufzutreiben, um die Ärzte zu entlohnen. Erfolglos. So konnte er nur noch mitansehen, wie Edith schließlich ihrem Siechtum erlag.
Auch gesellschaftlich war er am Ende. Gemäß der Devise Hast du nichts – Bist du nichts. Nicht einmal das Haus, in dem er jetzt lebte und das ein Erbe seines Vaters gewesen war, konnte er noch sein Eigen nennen. Er hatte es längst zu einem Spottpreis veräußern müssen.
Geoffrey hatte seine Edith aufrichtig geliebt und sie führten all die Jahre eine glückliche Ehe, auf der jedoch ein Schatten der Kinderlosigkeit lag. In der Zeit nach Ediths Tod fragte er sich oft, ob Nachwuchs seine Einsamkeit hätte schmälern können …
Dann kam der Tag, an dem er überhaupt keinen Sinn mehr darin sah, das Bett zu verlassen. Seine Lider hingen schwer über den Augäpfeln. Er war müde, so müde. Sein unglückliches Herz pochte kräftig in seinem Brustkorb. Aber für was? Darauf gab es keine Antwort.
Ein letztes Mal, so glaubte Geoffrey, quälte er sich hoch von seinem Nachtlager, zog sich an und steuerte seine Beine hin zu der hohen Brücke über den Fluss, aus dem an vielen Stellen Steine herausragten. Wenn mein Kopf darauf trifft, dann ist es gelungen, dachte er, während er über das Geländer kletterte. Niemand wird mich vermissen.
Die Schuhe hatte er ausgezogen und seine Papiere hineingelegt, damit er später einfacher identifiziert werden konnte.
Gerade wollte er zum Sprung ansetzen - unter sich die erlösenden Fluten, als ein Wort die Stille durchschnitt. »Halt!«, schrie jemand. »Was tun Sie da?« Schon rissen kräftige Arme ihn über die Brüstung zurück auf die Brücke.
Kurz darauf fand er sich in einer Zelle wieder. Der Prozess war kurz, die Beweislage eindeutig. Versuchter Selbstmord. Das Urteil: Tod durch den Strang.
Erleichtert nahm Geoffrey es zur Kenntnis. Nun wurde seine Todessehnsucht doch noch gestillt. Kaum auszudenken, sie hätten ihn zu lebenslänglich verurteilt.
Am ersten September des Jahres 1889 um zehn Uhr machte Geoffrey Eltringham seinen letzten Atemzug. Dann war aller Schmerz von ihm genommen.
Nach einem britischen Gesetz von 1845 handelte es sich bei versuchtem Selbstmord um ein Kapitalverbrechen. Demnach wurden misslungene Suizide mit dem Tode bestraft. Erst 1961 entkriminalisierte der sogenannte „Suicide Act“ die Selbsttötung.