Thors Tales
„In den nebelverhangenen Hallen und hallenden Gängen von Asgard, wo Heldenlieder gesungen werden und Götter in ewiger Pracht thronen, beginnt unsere Geschichte.“
„Mach mal halblang.“
„Zu schwülstig?“
„Wie ein Pfau in der Paarungszeit, Bruder.“
„Loki, du nervst. Irgendwas muss ich doch erzählen beim Berufsvorstellugnstag in der Kita.“ Thor spielte nervös an seinem Hammer herum.
Loki schüttelte amüsiert den Kopf. Warum hast du sich auch von „Valhallas Sprösslinge“ einladen lassen? Und Gott ist nun nicht wirklich kein Beruf.
„Das sehe ich anders“, grummelte ich. „Du denkst das nur, weil du nichts ernst nimmst.“
„Oh doch. Ich bin sogar gerade an einer Sache dran …“
„Ja? Sicher einer deiner üblichen Spinnereien.“
„Nein, es geht darum, unsere Kräfte für etwas ganz Großartiges einzusetzen!“
„Ein Kartenspiel gegen ein paar betrunkene Wikinger zu gewinnen? Deine großartigen Ideen führen immer nur zu Ärger oder Chaos.“ Ich wusste nicht, ob ich den Spinner auslachen sollte. Womöglich würde ihn das nur ermutigen.
„Du hast keinen Sinn für Abenteuer“, seufzte Loki. „Dein Hammer ist schon ganz stumpf. Ich habe einen Zauber entdeckt, der uns an Orte jenseits unserer Vorstellungskraft bringen kann.“
Bevor ich protestieren konnte, hatte mein Bruder aber bereits die magischen Worte gemurmelt. Ein grelles Licht umhüllte uns, und mit einem lauten Knall landeten sie inmitten einer belebten Straße. Und mitten im Jahr 2023. Woher ich das weiß? Herje, ich bin ein Gott.
„Bei Odins Bart, Loki! Was hast du getan?“, brüllte ich, während ich mich umsah. Wir standen mitten in einer fremden Stadt, umgeben von hohen Gebäuden und glänzenden Karren, die sich wie die Winde bewegten.
„Nur ein bisschen Spaß, Bruder“, kicherte Loki. „Entspann dich mal.“
Ich hob drohend meinen Hammer Mjölnir. „Rückgängig machen, Loki, oder ich schwöre…“
Loki lachte nur und wollte wohl etwas erwiedern, als uns ein junger Mensch unterbrach: „Coole Kostüme! Seid ihr Cosplayer?“, fragte er. „Kann ich ein Foto mit euch machen?“
Ich war verwirrt. „Ich bin Thor, der Donnergott, und das ist Loki, der … ach egal. “
Der Junge grinste und machte ein Bild mit uns mit seinem Taschen-Bifröst, oder wie die Menschen ihre Regenbogenbrücke ins Virtuelle nennen. „Krass, ihr bleibt echt in euren Rollen. Genial!“
Loki zog mich weiter in die Menge. „Lass uns sehen, was diese Welt zu bieten hat“, sagte er.
Wir schlenderten durch die Straßen und staunten über die seltsamen Dinge und Themen, die die Menschen beschäftigten. Wo waren denn hier die Trinkgelage? Wo die Lagerfeuer? Nicht mal einen anständigen Hafen mit Langbooten hatte diese Stadt. Aber trotz meiner Verärgerung über unsere ungewollte Reise, konnte ich nicht anders, als über einige der kuriosen Dinge, die wir sahen, zu schmunzeln.
„Siehst du, Bruder, so schlecht ist es hier gar nicht“, sagte Loki, als wir an einem Straßenstand anhielten, der etwas namens ‚Hot Dogs‘ verkaufte.
Ich kaute nachdenklich. „Seltsam im Geschmack, aber nicht ungenießbar.“
Am Ende des Tages fanden wir doch noch unser Trinkgelage. Die Menschen nennen es nun Bar, aber das Prinzip bleibt das gleich. Nach ein paar Bier – nicht mal Met haben sie mehr - waren wir umgeben von Menschen, die gespannt unsere Geschichten aus Asgard lauschten. „In den nebelverhangenen Hallen und hallenden Gängen von Asgard, wo Heldenlieder gesungen werden und Götter in ewiger Pracht thronen …“, setzte ich an.
„Nicht schon wieder!“, fiel mir Loki ins Wort.