Seitenwind Woche 8: Verborgene Schätze

Unser Schreibthema der Woche: Recherche als Inspiration :gift:

ANREGUNG

Lassen wir Fakten sprechen.

Wusstest du, dass bis vor 12.000 Jahren auf den griechischen Inseln Elefanten lebten, die dir bis zum Knie gegangen wären?

Schreib einen kurzen Sachtext über eine interessante, skurrile oder poetische Tatsache, die du während der Recherchen für einen Text herausgefunden hast.

Grab tief und finde die verborgenen Schätze in deinem Suchverlauf.

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Viel Spaß! :star_struck:

:bulb: Benutze diese Vorlage für bessere Sichtbarkeit:

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Orcas in der Schule

Die Freude am Spielen wird allgemein als Zeichen von Intelligenz unter den Lebewesen angesehen. Wie intelligent und kreativ Orcas sind, wenn es um die Schulung ihres Nachwuchses in Sachen Jagd geht, zeigt folgende dokumentierte Beobachtung:

Die erwachsenen Weibchen schwimmen mit ihren Kindern durch das Meer und suchen nach einer Eisscholle, auf der eine Robbe liegt. Die Eisscholle ist dabei bewusst groß genug, dass die Robbe in ihrer Mitte liegen kann, ohne dass ein Orca von außen an sie herankommt. Die Robbe wähnt sich also in Sicherheit, räkelt ihren fetten Bauch in der Polarsonne. Die Orcas entfernen sich wieder. Halb unter Wasser bleibt jedoch ein Orca-Weibchen hinter der Scholle zurück und hält die Eisplatte mit ihrer Nasenspitze fest. Während die Kinder in einigem Abstand zurück bleiben, schwimmen jetzt drei Weibchen mit vollem Karacho auf die Scholle zu und erzeugen so eine riesige Welle. Da die Platte von dem vierten Weibchen gehalten wird, kommt sie ins Ungleichgewicht und die Robbe fällt ins Wasser.

Ihr Todesurteil? Noch nicht. Denn „Mit dem Essen spielt man nicht“ ist unter Orcas keine verbreitete Redewendung. Jetzt geht der Unterricht erst richtig los.

Die Weibchen ziehen die Robbe unter Wasser, ohne sie zu fressen. Denn sie brauchen sie noch. Mit dem Maul schubsen sie sie wieder zurück auf die Eisscholle. Die Robbe liegt wieder in ihrer Mitte und rollt verschreckt mit ihren Knopfaugen. Nach Sonnenbaden ist ihr offensichtlich nicht mehr zumute. Wieder hält ein Weibchen die Scholle fest. Und nun sind die Kinder dran. Volle Fahrt voraus! Einmal, zweimal, dreimal. Die Robbe schaukelt und plumpst so oft ins Wasser, bis das letzte Kind es verstanden hat.

Und dann? Dann haben sich die Kinder natürlich ihr Leckerli verdient und die Robbe hat zum letzten Mal die Sonne gesehen.

Orcas sind hochintelligente, kreative und verspielte Wesen. Und entgegen der Ansicht enthusiastischer Free-Willy-Fans: Ja, sie sind nun mal auch Killerwale. Für Robben eine gefährliche Kombination.

Wer einmal dem Tod im Internet hinterher recherchiert, landet vielleicht auf einer Liste mit den kuriosesten Todesarten. Und möglicherweise geht es ihm wie mir und die Liste muss einfach durchgelesen werden. Dabei macht es einem durchaus zu schaffen: Nicht nur, dass man sich unterhalten fühlt, nein, zuweilen lacht man sogar über die Schusseligkeit der Verblichenen. Wie pietätlos!
Aber was soll man tun, wenn man schon im ersten Fall von 620 v. Chr. liest, wie ein Reformer Athens unter den in Dankbarkeit über ihn geworfenen Mänteln und Hüten erstickte?
Hauptsache man lacht nicht zu viel, denn 206 v. Chr. starb ein Philosoph an seinem Lachanfall, gefolgt von Martin I., dem es 1410 ebenfalls den Odem aushauchte vor lauter Gekicher.
Ob man draufgeht, weil unter dem eigenen Gewicht der Thron zusammenkracht oder gegenteilig, man vor lauter Lernwut verhungert – manchmal ist es Maßlosigkeit, die früh verscheiden lässt. Wie der 1,50 m lange Bart, über den der Stadthauptmann von Braunau stolperte und sich das Genick brach.
Auch das stille Örtchen ist keineswegs sicher. Gleich 60 Personen verendeten beim »Erfurter Latrinensturz« in der Domprobstei, doch auch allein ist es nicht weniger gefährlich. So soll ein Herzog während des Geschäfts erdolcht worden sein, manche sagen sogar von unten durch den Abort.
Zum Abschluss bleibt zu sagen: Be careful what you wish for. Der Amerikaner James Otis Jr. nämlich wünschte sich den Tod durch einen Blitzschlag und bekam ihn im Alter von 58 Jahren erfüllt.

Quelle:

Von winterharten Babys und männlichen Geschlechtsteilen

Olafsfjördur mit seinen 785 Einwohnern war das Zentrum meiner Auswanderungsträume und Island - einer der letzten Orte der Welt, die von Menschen besiedelt wurden - folglich das Zentrum meines Interesses.

Dabei stellte sich heraus, dass die Isländer irgendwie schon ein verrücktes Völkchen mit allerlei skurrilen Eigenheiten sind. Im Grunde also die perfekten Nachbarn. Für mich jedenfalls.
Auch wenn ich - ohne Vorwissen - wahrscheinlich im Winter lauter „arme Babys“ vor den Türen ihrer Rabeneltern eingesammelt hätte. Isländische Eltern lassen ihre Babys nämlich gerne auch bei durchaus eisigen Temperaturen im Kinderwagen vor der Tür stehen. Wo bei uns wahrscheinlich das Jugendamt recht fix anrücken würde, ist auf der Insel aus Feuer und Eis aus dem ursprünglichen Schutz der Kleinsten vor dem durch Kochen und Heizen im Haus entstandenen Rauch eine Tradition geworden, die auch im Zeitalter moderner Küchentechnik und Heizungsanlagen fortgeführt wird.

In Reykjavik ist das für die Babys wahrscheinlich ein weniger frostiges Vergnügen als im nördlichen Olafsfjördur, denn die Hauptstadt Islands sorgt mit beheizten Bürgersteigen für warme Temperaturen von unten. Geothermal-Energie macht es möglich.
Da kann man getrost das Baby auch im Winter mal ein Stündchen vorm Museum parken, sofern man dem Winzling den Anblick von 280 Penissen und Penisteilen noch ein bissel aufsparen will. In der weltweit größten Penisausstellung - was für ein Superlativ! -, dem Isländischen Phallusmuseum präsentiert sich dem neugierigen und erstaunten Auge vom kleinsten Hamsterpenis (zwei Millimeter) bis zum längsten Blauwalpenis (1,70 Meter) die bunte Welt der männlichen Geschlechtsteile. Selbst Trolle und Elfen sollen Exemplare gespendet haben, allerdings sind diese ebenso wenig sichtbar wie ihre ursprünglichen Träger.
2011 fand auch der erste menschliche Penis seinen Weg ins Museum. Aufgrund eines eher schief gelaufenen Ablösungsprozesses soll er jedoch kein Augenschmaus sein, weshalb das Museum - Obacht, Männer! - noch immer nach einem jüngeren und größeren Exemplar sucht.

Von 2004 bis 2012 befand sich dieses Museum übrigens einige Jahre auf „Abwegen“. Es wurde in den Norden Islands, nach Husavik verlegt, knapp 70 km Luftlinie von Olafsfjördur entfernt. Von wo aus man im Sommer die Blauwale beobachten - und in Relation zu ihrer Penisgröße setzen - kann und es die Babys im Winter in ihren Kinderwagen wegen der fehlenden Fußbodenheizung auf den Gehsteigen nicht ganz so kuschelig haben.

Was die Auswanderung anbelangt, so ließ ich meine Pläne zugunsten meiner bereits beim Gedanken an Island fröstelnden Familie fallen. Ich werde also leider nie die Chance haben, mich für den märchenhaftesten Job der Welt zu bewerben: den der Elfenbeauftragten.

Unfall auf dem Klo - oder: die Notdurft als eigenwirtschaftliche Tätigkeit

Jeder Mensch muss während der Arbeitszeit ab und zu die Toilette aufsuchen. Die Frage ist jedoch, was passiert, wenn dabei ein ‚Malheur‘ geschieht. Für die gesetzliche Unfallversicherung ist entscheidend, ob der Unfall sich auf dem Weg ereignete oder in den Toilettenräumen selbst. Der Versicherungsschutz endet stets mit dem Durchschreiten der Tür, die zur Toilettenanlage führt.
Die Berufsgenossenschaft argumentiert, die zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit – in diesem Fall der Aufenthalt im Vorraum der Toiletten – sei eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit und daher nicht versichert.
Das Sozialgericht wie auch das Landessozialgericht hatten entschieden, dass die betreffende Person keinen Arbeitsunfall erlitten hat. Entscheidend für die Frage, ob ein Versicherter zur Zeit eines Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt habe, ist die Handlungstendenz des Versicherten.

Fazit:
Wenn dein Körper zu notdürftigen Handlungen tendiert, dann sind diese auf dem Weg hin zum und weg vom Ort der Handlung versichert und erfolgen im Rahmen einer fremdwirtschaftlichen Zweckbestimmung. Auf der Toilette geht es jedoch ausschließlich um die Verfolgung eigener Angelegenheiten, d.h. um den unversicherten persönlichen Lebensbereich, da sie unabhängig von einer betrieblichen Tätigkeit erforderlich sind.

Gans oder gar nicht

Vor einigen Jahren bewarb ich mich mit einem Text für den Putlitzerpreis.
Nein, es ist weder ein Schreibfehler, noch unterliege ich dem Größenwahn.
Der Putlitzerpreis hat nämlich nichts mit dem Pulitzerpreis zu tun – bis auf die Namensähnlichkeit.
Es ist aber sicher der skurrilste Literaturpreis, den man in Deutschland gewinnen kann.

Die Gemeinde Putlitz liegt in Brandenburg und hat die Gans im Stadtwappen. Ein Grund mag sein, dass „Gans“ ein vererbbarer Namensbestandteil des Rittergeschlechts derer zu Putlitz ist. Ein anderer war wohl die Tatsache, dass gegen Ende des 1. Jahrtausends Gänse die schlafenden Wächter vor dem Übergriff feindlicher Ritter warnten und somit die Putlitzer Burg, das Wahrzeichen der Stadt, retteten.

Ich griff diesen Umstand auf, schrieb einen Text mit dem Titel „Gans oder gar nicht“ mit einer Gans als Protagonist und stieß im weiteren Verlauf meiner Recherche über Gänse und ihre Verbindung zu Putlitz auf Gustav Gans Edler Herr zu Putlitz, der aus dem märkischen Uradelsgeschlecht ‚Gans zu Putlitz‘ stammte. Bei Gustav Gans klingelte es bei mir, gab es doch einen Namensvetter im fiktiven Entenhausen. So schloss sich der Kreis und auch meine Geschichte wurde rund.

Gans gewonnen hatte ich allerdings trotzdem nicht.

Rettender Rum

Die Hobbytrinker unter uns werden sich freuen zu hören, dass man dem Tod durch eine Methanolvergiftung durch hochprozentigen Alkohol entgehen kann. Der Körper konzentriert sich bei gleichzeitiger Einnahme von Methanol und Ethanol nur auf das Ethanol und scheidet das Methanol unangetastet aus. Also bei der nächsten Methanolvergiftung, trinkt um euer Leben.

Der Hund – bester Freund des Menschen!

Seit mindestens 15.000 Jahren lebt der Hund an der Seite des Menschen, genug Zeit, um sich an den seltsamen Zweibeiner zu gewöhnen und sich ihm anzupassen.

Kein anderes Lebewesen kann so perfekt unsere Mimik deuten wie der Hund. Nicht mal unser nächster Verwandter der Menschenaffe, der sich nur in wenigen Genen von uns unterscheidet. Wölfe schon mal gar nicht, auf die wir fremd und bedrohlich wirken!

Aber der Hund liest nicht nur in unseren Mienen, sondern hat seine eigene uns angepasst. Im Gegensatz zum Wolf hat er Gesichtsmuskeln entwickelt, mit denen er die Augen weit aufreißen kann, um unser Kindchenschema zu bedienen oder um einfach nur tieftraurig in die Welt zu schauen. Damit löst er unser Mitgefühl und Fürsorge aus.
Der berühmte Dackelblick ist deshalb nicht eingebildet, sondern ein kalkuliertes Erfolgskonzept:
Ausdrucksloses Gesicht = kein Leckerli
Traurig, leidendes Gesicht = großes Leckerli

Selbst seine Verdauung hat die letzten 15.000 Jahre erfolgreich genutzt, um sich auf unsere ungesunde Ernährung einzustellen. Wahrscheinlich haben schon damals die Kinder harte Brotkruste nicht gegessen, sondern sie lieber den Hunden zugeworfen. Während der Wolf sich nur von Fleisch ernährt und Junk Food schlecht verträgt, hat der Hund gemeinsam mit seinen Herrchen die Kohlenhydrate entdeckt und kann sie ohne Bauchschmerzen verdauen.

Unserer Sprache hat er sich heimtückisch angeeignet, ohne dass wir es bemerkt haben.
Hundert Befehle kann ein Hund lernen. Mehr Worte als ein Mensch heutzutage im Zeitalter der Messenger-Kurznachrichten nutzt!
Schäfer richten ihre Hunde auf verschiedene Sprachen ab. Einen auf Englisch, den anderen auf Deutsch und den dritten auf Pfiffe. Dreihundert Befehle können sie dadurch beim Treiben verwenden und jeden Hund einzeln steuern.

Eine Fähigkeit, die auch der normale untrainierte, zur Gemütlichkeit neigende Haushund nutzt, wie ich erfahren durfte. Während eines Telefonats belauschte mich mein Hund:
Tanja, ich fahre Robbie mit dem Auto runter und dann könnt ihr Gassi gehen.“
Nur vier Worte von hundert!
Ich legte auf und der Hund rannte zur Garage.

Zweiseelig
Als ich einst als junge Wilde mit der Idee einer Georgienreise schwanger ging, war es für mich unerlässlich, auch diese trotz ihrer Konsonanthäufungen wohlklingende, in Regenwurmbuchstaben verfasste Sprache zu erlernen. Viel ist davon nicht mehr erhalten, meine Lesekompetenzen sind die eines Kindergartenkindes. Der Wortschatz ist erodiert bis auf dieses eine Juwel, das sich mir aufgrund seiner Schönheit tief eingeprägt hat, besagt es doch so viel über die Menschen dort: ორსული („orsuli“) – schwanger. Zusammengesetzt aus den Wörtern ორი („ori“ – zwei) und სული („suli“ – Seele).

Das Schweigen der Würmer

Wildtiere im Winter. Zu diesem Thema wollte ich etwas wissen und fragte einen mir bekannten Jäger und Naturpädagogen. Er erzählte mir von Schnecken, die sich in ihren Häuschen verbarrikadieren, von putzigen Eichhörnchen, die bis zu zehntausend Nüsse in unzähligen Verstecken aufbewahren und von Wildschweinen, die mit ihrem Rüssel die winterliche Erde aufwühlen.
Und dann kam sie, die schauderhafte Geschichte, die dafür sorgte, dass ich die Wiese hinter unserem Haus nur noch mit Unbehagen betrachten kann.
Maulwürfe fressen Regenwürmer. Maulwürfe brauchen im Winter einen Wintervorrat. Einen Wintervorrat aus Regenwürmern. Aus lebenden Regenwürmern. Tote Würmer würden bald verwesen und der Maulwurf mag sein Essen frisch. Allzu quicklebendig dürfen sie jedoch auch nicht sein. Dann würden sie fliehen und die ganze lästige Sammlerei wäre umsonst gewesen. Also beißt der Maulwurf seinen Opfern kurzerhand ein Stück ihres Körpers ab. Der abgebissene Teil wird sofort verspeist, während der schwer verletzte Regenwurm in eine Art Schockstarre fällt und eingelagert wird. Theoretisch könnte er sich von dieser Verletzung erholen. Aber es dauert halt ein bisschen. Ein bisschen zu lange. Denn der Maulwurf ist mehrmals am Tag ein bisschen hungrig.
Ich höre die Regenwürmer nicht mehr husten. Ich stelle mir vor, wie es im Garten klingen würde, wenn sie schreien könnten.

Schuldig! Geoffrey Eltringham spürte schon lange die tiefe Sehnsucht in sich, seinem Leben ein Ende zu setzen. Hatte er doch alles verloren, was ihm lieb und teuer war.

Die Geschäfte liefen schlecht und er stand kurz vor dem Bankrott, als seine teure Gattin schwer erkrankte. Man hätte sie retten können. Eltringham hatte alles daran gesetzt, die nötigen Mittel aufzutreiben, um die Ärzte zu entlohnen. Erfolglos. So konnte er nur noch mitansehen, wie Edith schließlich ihrem Siechtum erlag.

Auch gesellschaftlich war er am Ende. Gemäß der Devise Hast du nichts – Bist du nichts. Nicht einmal das Haus, in dem er jetzt lebte und das ein Erbe seines Vaters gewesen war, konnte er noch sein Eigen nennen. Er hatte es längst zu einem Spottpreis veräußern müssen.

Geoffrey hatte seine Edith aufrichtig geliebt und sie führten all die Jahre eine glückliche Ehe, auf der jedoch ein Schatten der Kinderlosigkeit lag. In der Zeit nach Ediths Tod fragte er sich oft, ob Nachwuchs seine Einsamkeit hätte schmälern können …

Dann kam der Tag, an dem er überhaupt keinen Sinn mehr darin sah, das Bett zu verlassen. Seine Lider hingen schwer über den Augäpfeln. Er war müde, so müde. Sein unglückliches Herz pochte kräftig in seinem Brustkorb. Aber für was? Darauf gab es keine Antwort.

Ein letztes Mal, so glaubte Geoffrey, quälte er sich hoch von seinem Nachtlager, zog sich an und steuerte seine Beine hin zu der hohen Brücke über den Fluss, aus dem an vielen Stellen Steine herausragten. Wenn mein Kopf darauf trifft, dann ist es gelungen, dachte er, während er über das Geländer kletterte. Niemand wird mich vermissen.

Die Schuhe hatte er ausgezogen und seine Papiere hineingelegt, damit er später einfacher identifiziert werden konnte.

Gerade wollte er zum Sprung ansetzen - unter sich die erlösenden Fluten, als ein Wort die Stille durchschnitt. »Halt!«, schrie jemand. »Was tun Sie da?« Schon rissen kräftige Arme ihn über die Brüstung zurück auf die Brücke.

Kurz darauf fand er sich in einer Zelle wieder. Der Prozess war kurz, die Beweislage eindeutig. Versuchter Selbstmord. Das Urteil: Tod durch den Strang.

Erleichtert nahm Geoffrey es zur Kenntnis. Nun wurde seine Todessehnsucht doch noch gestillt. Kaum auszudenken, sie hätten ihn zu lebenslänglich verurteilt.

Am ersten September des Jahres 1889 um zehn Uhr machte Geoffrey Eltringham seinen letzten Atemzug. Dann war aller Schmerz von ihm genommen.

Nach einem britischen Gesetz von 1845 handelte es sich bei versuchtem Selbstmord um ein Kapitalverbrechen. Demnach wurden misslungene Suizide mit dem Tode bestraft. Erst 1961 entkriminalisierte der sogenannte „Suicide Act“ die Selbsttötung.

Gewalt verändert Genetik


Erst um die Jahrtausendwende wurde außerhalb der Forschungsgemeinde bekannt, dass es neben der allgemein bekannten Molekulargenetik eine zweite Form der Vererbung gibt, die nichts mit der Abfolge von Basenpaaren zu tun hat. Das altgriechische ἐπί *epi* (außerdem, dazu, noch eins) ist als Präfix für diese Form der Genetik gewählt worden, weil es sich um ein vollkommen anderes Prinzip handelt.

Die DNA in unseren Zellen bestimmt Merkmale wie die Augenfarbe, die Fähigkeit zum Zungenrollen oder auch die Wahrscheinlichkeit an Altersdiabetes zu erkranken. Sie wird abgelesen und die gespeicherte Information bestimmt, welche Proteine in der Zelle produziert werden und diese bilden dann in ihrer Gesamtheit unseren Körper. Man sagt auch, dass der Genotyp den Phänotyp, also das Aussehen, prägt.

Es ist sehr leicht zu verstehen, dass die Lagerung der DNA schon rein räumlich beeinflusst, ob der Ableseapparat eine bestimmte Stelle gut erreichen kann oder eben auch nicht. Und es ist eigentlich sehr logisch, dass die Teile, die leichter zu erreichen sind, wahrscheinlich häufiger abgelesen werden, die entsprechenden Proteine in größerer Zahl gebildet werden und dies natürlich in letzter Konsequenz den Aufbau unseres Körpers maßgeblich beeinflusst. Man spricht in diesem Zusammenhang von Genaktivität.

Die Epigenetik beschreibt verschiedene Mechanismen, die beeinflussen, wie aktiv bestimmte Gene sind. Eineiige Zwillingen haben den selben Genotyp und doch gibt es Paare, die sich nur als Kinder ähnlich sehen und sich dann äußerlich gänzlich anders entwickeln. Obwohl sich die DNA-Sequenz natürlich nicht verändert hat, hat sich der Phänotyp ganz offensichtlich geändert.

Die Forscher waren erstaunt, wie unterschiedlich die DNA-Stränge bei den Zwillingen in ihren Zellen ‚geordnet‘ war. Noch verwunderter war man, als sich zeigte, dass diese unterschiedlichen Muster auch an die Kinder weitergegeben wurden. Aber woher kommen diese Veränderungen?

Ohne über die Ethik von Tierexperimenten eine Aussage zu treffen, verdanken wir es Versuchen an Mäusen, dass wir inzwischen wissen, dass und wie unsere gemachten Erfahrungen unsere Epigenetik bestimmen. Unser Leben beeinflusst die Genaktivität. Jemand der viel trainiert, baut mit der Zeit leichter Muskeln auf. Jemand der viele Handarbeiten macht, erwirbt über Jahre eine erhöhte Geschicklichkeit. Der Körper passt sich - für jedermann ersichtlich - seiner Benutzung an.

Die Mäuse in den Experimenten bekamen Elektroschocks. Zeitgleich wurde Kirschblütenduft in ihre Käfige geleitet und sie lernten den Geruch mit Schmerzen zu assoziieren. Die Kinder dieser Mäuse hatten nachweisbar veränderte Strukturen im Riechzentrum und sogar die Enkel zeigten starke Stressreaktionen, als zum ersten Mal in ihrem Käfigleben Kirschblüten zu riechen bekamen.

Diese Vererbbarkeit von Traumata auf genetischer Ebene ist eine naturwissenschaftliche Erklärung dafür, dass sich bei uns Menschen über Generationen hinweg, bestimmte familiäre Dramen immer wiederholen.

Der Leierschwanz

Welches Gefühl würde das Geräusch einer Kettensäge gefolgt von dem Schreien eines Babys nachts im australischen Dschungel in Ihnen auslösen? Noch dazu, wenn Sie wüssten, dass Sie der einzige Mensch weit und breit sind. Falls es sich bei Ihnen nicht um einen ansässigen Ornithologen handelt, wäre es wohl Panik.
Der sogenannte Leierschwanz ist ein Meister der Mimikry. Von Hundegebell, Feueralarm bis zum PS-starken Auto ist alles dabei. Sein Repertoire erweiter sich durch Umgebungsgeräusche. Desto weiter die Menschen in die Gebiete des scheuen Vogels vordringen, umso mehr mechanische und unnatürliche Geräusche werden in Zukunft auch aus dem Wald zurückhallen. Evolutionsbedingt imitiert der Leierschwanz andere Vögel, um so das Revier für sich zu beanspruchen.
Im Falle des Homo sapiens trifft er anscheinend auf taube Ohren.

Zum Vergessen

Igel und Zwiebel finden sich nur in dem Gericht „Mettigel“ gemeinsam. Ein Igel würde vermutlich nicht mit einer Zwiebel zusammenwohnen, weil er sich von Insekten und Würmern ernährt, aber nicht von Zwiebeln. Damit gehört der Igel, obwohl seine merkwürdigen Schneidezähne ihn aussehen lassen wie Kinskis Nosferatu, nicht zu den Nagern. Zwar essen Nager auch keine Zwiebeln – fast nur die Menschen vertragen Zwiebeln, und das nicht immer gut – aber es gibt Nager, die dem Igel ähneln und keine sind. Spitzmäuse sind wie der Igel Insektenfresser und keine Nager. Sie sind den Rattenigeln ähnlich, die sich zwischen Dachs und Spitzmaus zu befinden scheinen. Der Schein trügt natürlich, bewiesen ist nichts, außer, dass sie alle keine Nager sind und keine Zwiebeln essen.
Beim Mettigel stellen die Zwiebeln die Stacheln dar, allein von dem Gedanken können sich einem die Haare aufstellen. Ähnlich muss es sich anfühlen, wenn der Igel sich einrollt: Jeder Stachel hat seinen eigenen Muskel, ähnlich wie unsere Körperhaare. Werden sie aktiviert, stellen sich unsere Haare auf, sichtbar durch die „Gänsehaut“. Beim Igel ist ein ähnliches Phänomen nicht zu erkennen, er ist zu dicht bestachelt. Zusätzlich rollt ihn ein Ringmuskel komplett zusammen. Wäre das bei uns Menschen so, müsste man Kinositze anders bauen, damit man sich beim gemütlichen Gruseln ordentlich einigeln kann. Beim Zusammenrollen sieht der Igel etwas, das den Meisten verborgen bleibt: seinen Stummelschwanz. Bei den meisten Mettigeln wird er vergessen. Und wenn nicht, von Unwissenden zuerst gegessen.
(Potpourri aus Igelfakten von Wikipedia, Nabu und chefkoch.de)

Bibel und Koran

Dass sich diese beiden Glaubensschriften in einigen Punkten ähneln (ja, auch andere Schriften erzählen ähnliche Geschichten) ist sicher bereits einigen bekannt.

Ich las in der Bibel für die Recherche eines neuen Fantasyromans die Geschichte von Kain und Abel. Dabei fiel mir auf, dass Adam und seine Frau aus dem Dreck (Erde) erschaffen wurden. Wenige Seiten weiter stand: „Und dann schuf Gott Adams Frau aus seiner Rippe“
Hatte er jetzt zwei Frauen?

Ich nahm mir den Koran. Dort wurden lediglich Adam und seine Frau erwähnt.
Bei weiterer Recherche im Internet fand ich, dass in der Bibel Lilith Adams erste Frau war und im Koran hieß sie ursprünglich Matruda.

Laut einigen Texten im Internet und einem Reclam-Buch, das die Geschichte Liliths erzählte, war Lilith eine sehr aufmüpfige Frau, die sich gegen Adams Rolle als starker, führender Mann behauptete und selbst auch den Ton angeben wollte. Adam unterlag ihr und hatte keine andere Möglichkeit, als Gott um Hilfe zu bitten, der sie des Paradieses verwies.

Im Koran (wenn auch nicht mehr textlich im Buch festgehalten) nannte sich diese Frau Matruda.

Das heißt, dass die Emanzipation der Frau schon in ihren Anfängen angedacht war, aber von den Männern der Kirche/ des Islam im Mittelalter nicht gewünscht wurde.
Das verwunderliche ist, dass lediglich in der hebräischen Urfassung von Lilith die Rede sein soll.

Da haben die Glaubensschreiber ganze Arbeit geleistet, diese Neuauflage zu „drucken“.

Bärtierchen

Was für eine Wohltat wäre es für unseren Planeten, wenn wir Menschen uns - vielleicht mal für ein Jahrzehnt - in Bärtierchen oder auch Wasserbären genannt verwandeln würden?
Bei Bedenken: es würde uns wahrscheinlich kaum etwas in dieser Zeit passieren, wer als Wasserbär gefroren wird, ist nach ca. 93 Tagen „tot“ und altert nicht, bis sein Körper zu neuem Leben erwacht.

Denn wenn man dem Forscher Rafael Alves Batista von der Oxford Universität glauben darf, sind „Bärtierchen die unzerstörbarsten Organismen, die wir auf der Erde haben.“

Die Tiere sind nur so groß wie 1/5 einer Schneeflocke, also nur zwischen 500 und 1.500 Mikrometer, und sehen, unter dem Mikroskop betrachtet, noch nicht einmal unattraktiv aus…falls da irgendwelche Bedenken bestehen sollten. Sie kommen als nur locker befüllte, in allen möglichen Brauntönen vorkommende, knautschige Nackenrollen daher, mit acht Stummelbeinchen unten dran. Vorn sind sie mit einer kleinen Rüsselnase ausgestattet, die an eine Staubsaugeröffnung mit kleinen Nadeln ringsherum, erinnert. Ja, sie haben, ihrem Namen gerecht werdend, entfernt mit Bären Ähnlichkeit. Zwar Bären, die erst noch in ihren Pelz wachsen müssen, aber deswegen sehen sie ja so schön knautschig-fluffig und überhaupt nicht zum Fürchten aus! Genau wie die uns bekannten Braunbären.
Auch ihre einziehbaren Krallen an den Pfoten und den langsamen, gemächlichen, ja oft tolpatschig wirkenden Gang, haben die Kleinen mit ihren großen Namensgebern gemein. Genau wie sie und wir, sind sie Allesfresser. Mit den Nadeln an der röhrenförmigen Mundöffnung spießen sie Pflanzenzellen, Fadenwürmer oder Rädertierchen auf. Sie saugen sie aus, wie mache unter uns mit Vorliebe Austern schlürfen oder lachend Spaghetti einsaugen.
Doch Bärtierchen, die weltweit in Feuchtgebieten wie Mooren, Süßgewässern, sogar der Tiefsee und der Antarktis beheimatet sind, sind aufgrund ihres sehr speziellen Erbgutes, im Gegensatz zu uns, einzigartige Anpassungskünstler und allen uns bekannten Spezies weit überlegen. Einige Arten leben im Moos oder im Waldboden, vielleicht direkt bei uns um die Ecke. Andere mittlerweile auf dem Mond.
Auch extreme Wetter-Schwankungen, Temperaturen von 100 bis -270 Grad Celsius, UV-Strahlung, radioaktive Strahlung, selbst das Vakuum des Weltalls können den wirbellosen Tieren kaum etwas anhaben. Im Laufe der Erdgeschichte überlebten die Winzlinge Asteroiden-Einschläge, Vulkan-Ausbrüche und andere Natur-Katastrophen.
Den neuen bevorstehenden Klimawandel werden sie dann ja wohl auch wieder schaffen.
Selbst wenn sie an Orten zu Hause sind, die die nächsten dreißig Jahre kein Wasser sehen sollten.

Laut National Geographic können diese kleinen Erdenbewohner nämlich „bis zu 30 Jahre lang ohne Wasser und Nahrung überleben“. Dies ermöglicht ihnen ihre geheime und wohl auf unserem Planeten größte Superkraft: die Kryptobiose - eine Art Schockstarre, bei der das Wasser im Inneren des Organismus zu Protein verwandelt wird. Das lässt die Tiere, die Kopf und Beine einziehen und dann einer kleinen Tonne ähneln, austrocknen und so lange in dem Zustand verweilen, bis die äußeren Umstände ein Weiterleben wieder zulassen. Das kann Jahrzehnte dauern.
Das Einzige, was diesen kleinen Wundertieren wirklich etwas anhaben könnte, wäre eine über zwei Jahre ununterbrochen andauernde Hitzewelle über 37 Grad Celsius gepaart mit komplettem Wasserentzug, das heißt ohne jegliche Abkühlung und Feuchtigkeit auch des Nachts.
Für uns Menschen nur schwer vorstellbar. Selbst die Wüste kühlt nachts ab.

Komplett ohne den kryptobiotischen Zustand hat ein Bärtierchen allerdings gerade mal eine maximale Lebensdauer von zwei Jahren. Nur durch den Wechsel aus todesähnlichem Schlaf und Wiederauferweckung kann sich ihr Leben bei optimalen Bedingungen fast bis ins Unendliche verlängern. Damit wird die Zeit für diese Häutungstiere relativ. Ein Leben zwischen Todzeiten. Ganz ohne dem Gleichgewicht unseres Planeten zu schaden. Einfach faszinierend!
Und falls es für den einen oder anderen von Interesse sein sollte, natürlich pflanzen sich diese kleinen Wesen auch fort. Mit oder ohne Männchen, mit oder ohne Eiablage, je nach Art.
Wirklich eine beeindruckende Spezies, die da fast unbemerkt neben uns existiert.

(Bärtierchen: Die wichtigsten Fakten zu den Überlebenskünstlern | Galileo)

#unaussprechlich

Aus der Kategorie „unnützes Wissen“.
Sollte man sich aus diesen oder jenen Gründen auf der Suche nach dem längsten Wort, das je in der Literatur verwendet wurde, befinden, stößt man irgendwann auf diesen Kandidaten:
Lopadotemachoselachogaleokranioleipsanodrimhypotrimmatosilphiokarabomelitokatakechymenokichlepikossyphophattoperisteralektryonoptokephalliokinklopeleiolagoosiraiobaphetraganopterygon.
Es ist die Transkription aus dem Altgriechischen für ein von Aristophanes erfundenes Gericht aus seiner Komödie „Die Weibervolksversammlung“ namens λοπαδοτεμαχοσελαχογαλεοκρανιολειψανοδριμυποτριμματοσιλφιοκαραβομελιτοκατακεχυμενοκιχλεπικοσσυφοφαττοπεριστεραλεκτρυονοπτοκεφαλλιοκιγκλοπελειολαγῳοσιραιοβαφητραγανοπτερύγων.
Je nach Quelle oder Zählung besteht das Original aus 170 (Guinness-Buch der Weltrekorde von 1990), 171 (Wikipedia) oder 173 Buchstaben (Zählung mit MS Word), die Transkription ist ein wenig länger.
Doch was steht dort nun? Die Antwort ist: Ein Frikassee aus mindestens 16 Zutaten aller Geschmacksrichtungen, unter anderem Knorpelfisch, fermentierter Dornhai, Curry, Garnelen, Honig, Ringeltaube, Huhn, Wein und eine Reihe von Zutaten, bei denen sich niemand sicher ist, ob es sich um Hase, Vogel oder Schnecke handelt. In der Übersetzung von Ludwig Seeger von 1848 singt der Chor an der entsprechenden Stelle sehr lyrisch von
Austernschneckenlachsmuränen-Essighonigrahmgekröse-Butterdrosselnhasenbraten-Hahnenkammfasanenkälber-Hirnfeldtaubensiruphering-Lerchentrüffelngefüllte Pasteten.

Nachweise:

  1. Lopadotemachoselachogaleokranioleipsanodrimhypotrimmatosilphiokarabomelitokatakechymenokichlepikossyphophattoperisteralektryonoptokephalliokinklopeleiolagoosiraiobaphetraganopterygon – Wikipedia
  2. Guinness Book of World Records, 1990 - Donald McFarlan, Norris Dewar McWhirter - Google Books

Unsichtbare Kriege

Hätte Shakespeare in moderneren Zeiten gelebt, würden seine Dramen vielleicht nicht von Zauberern und Königen handeln, sondern von den Mikroorganismen, die in uns und um uns herum jeden Tag vernichtende Kriege gegeneinander ausfechten. Nehmen wir zum Beispiel eine ganz gewöhnliche Bakterienpopulation, die glücklich irgendwo im Darm eines carnivoren Säugetieres lebt. Ihr Friede wird jäh gestört, als ein Bakteriophage in ihren Lebensraum eindringt und seine DNA gewaltsam in ein Bakterium injiziert. Dessen Immunsystem ist machtlos, denn es kann die virale Erbinformation nicht von der eigenen unterscheiden. So überwältigt der Phage die Zelle und zwingt sie, Bausteine für seine Nachkommenschaft zu produzieren. Und schließlich zerstört er ihre Zellwand, um unzählige neue Phagen zu entlassen, die das Leben der gesamten Population bedrohen.
Sie wären allesamt verendet, wäre nicht der Zufall zur Hilfe gekommen. Denn einige Bakterien in der Population tragen ein Merkmal, das bisher keinen Nutzen hatte, ihnen nun aber Immunität verleiht. Ihre Erbinformation ist mit Methylgruppen markiert, und wann immer ein viraler DNA-Abschnitt in die Zelle eindringt, erkennen sie ihn als fremd und bringen ihre Nukleasen in Bereitschaft, um ihn zu zerstören. So überleben sie und gründen eine neue Population, in der alle Bakterien diesen Abwehrmechanismus besitzen.
Aber auch die Phagen bleiben nicht untätig. Auf ihren ausgedehnten Vermehrungszügen suchen sie nach einer Strategie, wie diese störrische Population zu besiegen sein könnte. Und sie finden sie, als es schließlich einem Phagen gelingt, seine DNA zu methylieren. Die Bakterien haben nun keine Möglichkeit mehr, ihre eigene Erbinformation von der der Phagen zu unterscheiden. Und so kommt der Tag, an dem einer dieser bestens ausgerüsteten Phagen im Darm unseres Säugetiers auftaucht und eine Zelle infiziert. Es ist eine wahrhaft aussichtslose Situation. Doch das befallene Bakterium will nicht aufgeben und all seine Kameraden in der Population dem sicheren Tod überantworten. Und so greift es zum letzten Mittel und zerstört seine eigene transfer-RNA, womit es sich selbst die Fähigkeit nimmt, Proteine herzustellen.
Mit dieser heldenhaften Tat beendet es sein Leben, doch es stirbt in dem Wissen, dass der Phage mit ihm untergehen wird. Denn dieser ist für seine Vermehrung auf den Stoffwechsel der Wirtszelle angewiesen und kann nur hilflos zusehen, wie das Bakterium sie beide in den Tod reißt. Die übrigen Zellen in der Population sind gerettet und ehren ihren gefallenen Kameraden, indem sie sich stetig weiter teilen.
Diese Geschichte könnte hier enden, aber sie wäre kein echtes Drama, wenn sie es täte. Denn die Phagen sinnen auf Rache, und sie sind längst nicht am Ende ihrer Heimtücke angelangt. Schließlich bewaffnet sich einer von ihnen mit einer Ligase, und als seine Wirtszelle sich vor seinen Augen dramatisch in den Tod stürzt, holt er sie seelenruhig hervor und repariert damit die zerstörte transfer-RNA. Seine Vermehrung ist gesichert und leitet die Vernichtung der gesamten Population ein. Aber irgendwo, in einem weit entfernten Säugetierdarm, lebt ein Bakterium, das auch dafür eine Lösung hat. Und die Nachkommen des erfolgreichen Phagen stehen bereit, sich ihm entgegenzustellen.