Tschüss, ciao, αντίο!
Alter Göttervater, wie lange habe ich geschlafen? Was ist hier los? Was sind das für riesige Blechvögel mit Menschen drin, die so schnell an mir vorbeirasen, dass es mich einmal quer durch die Wolken wirbelt? Und dann diese lauten Wagen auf der Erde, die überall herumfahren … Was für ein Chaos! Aber da, was lese ich da – mein Name steht in Leuchtbuchstaben über einem Schaufenster mit Leder und Lack tragenden Puppen drin: „Cupido“. Ha, ich scheine Eindruck bei euch hinterlassen zu haben. Und dort in dem Schaufenster – Bronze-Figuren, die aussehen wie ich. Ein bisschen zu pummelig habt ihr mich dargestellt, aber immerhin: Pfeil und Bogen sind da, Flügel sind dran, man kann mich erkennen. Und was macht ihr da? Warum haltet ihr alle diese eckigen, flachen Teile auf mich? Das ist wohl eure Art, mir eure Huldigung entgegenzubringen. Und dann auch noch mit Blitz. Das gefällt mir!
Aber huch, wo kommt denn ihr jetzt alle her? Doch nicht alle auf einmal. Lacht ihr etwa? Hier gibts nichts zu lachen. Das ist keine Verkleidung, ich bin es – Amor, Eros oder Cupido – wie auch immer ihr mich nennen wollt. Ey, hört auf, mich anzufassen: Ja, ich bin wirklich nackt und ich habe Flügel. Ich bin ein Gott, da ist das normal. Das gehört dazu. Jetzt hört doch auf zu schreien. Na wartet, ich beschieße euch gleich mit meinen Pfeilen und lasse euch alle in Liebe und Leidenschaft verbrennen und verglühen, so wie es meine Mission ist. Oh, und wer seid ihr? Polizei sagt ihr? Habe ich noch nie gehört. Interessiert mich auch nicht. Grrr, lasst meine Handgelenke in Ruhe. Aua, warum sperrt ihr sie ein? Oh nein, nein, nein, Pfeil und Bogen könnt ihr mir nicht abnehmen. Das geht nicht. Ich kann die Welt ja gar nicht in Lust und Ekstase explodieren lassen ohne sie. Was? Exhibitionismus? Ich habe keine Ahnung, was ihr damit meint. Nein, ich komme auch nicht mit euch mit. Aua, das tut weh. Nicht meine Arme verdrehen.
Na gut, dann sitze ich eben jetzt in eurer knatternden Blechbüchse. Aber auf die Wache und in diese so genannte Jugendpsychiatrie komme ich nicht mit. Meine Hände sind zwar eingesperrt, aber meine Flügel sind noch frei. Harmlos habt ihr sie genannt und mit gutem Kleber festgeklebt. Ihr Narren! Sobald wir stehen bleiben und ihr meine Tür aufmacht, bin ich weg.
So, jetzt. Tschüss, ciao, αντίο! Ich mache den Hermes und lege mich wieder schlafen. Pfeil und Bogen hole ich mir beim nächsten Mal. Und dann verlasst euch auf feurige Orgien der Selbstzerstörung, Schlachtfelder der Begierden, vor Sehnsucht brennende Eifersuchtskämpfe. Nur diese dämlichen Metallfesseln muss ich vorher noch abkriegen. Verdammte scheiße, sind die fest. Na ja, dann muss ich eben mit den Fesseln schlafen. Egal jetzt, gute Nacht!