Das Erwachen
Ein sanftes Ziehen weckte mich. Ich konnte spüren wie mein letztes Geschwisterchen starb, und meine fesseln verschwanden. Meine Kraft kehrte zurück, erfüllte meinen leblosen Körper. Sachte bewegte ich meine Finger. Nach Jahrhunderten der Gefangenschaft konnte ich wieder etwas spüren, mich wieder bewegen.
Ein dunkles grollen entkam mir und freudig sprengte ich meine fesseln. Ich war frei! Endlich!
Ein mir unbekannter, ekelerregender Geruch stieg mir in die Nase. Ich stand auf einem großen Berg, nahe einer Menschensiedlung. Es hatte sich einiges verändert seit dem letzten Mal wo ich hier war. Aber das war zu erwarten, immerhin war ich dank meiner Geschwister über 1000 Jahre eingesperrt gewesen, aber jetzt war ich frei und niemand konnte mich nun mehr aufhalten. Ich musste grinsen und konzentrierte mich auf die Menschensiedlung…
Sie war riesig. Hohe gläserne Gebäude ragten in den dunklen Himmel. Trotz der Nacht erstrahlte alles in hellem Licht. Es stank selbst aus der Entfernung widerlich. Wobei, Orte an denen Menschen lebten, stanken grundsätzlich.
Allgemein hatte sich der Geruch der Erde verändert. Das war mir direkt aufgefallen, als ich mich aus meinem Gefängnis befreit hatte. Die Luft war verdreckt.
Trotz der späten stunde, konnte ich spüren, dass viele der Menschen noch wach waren. Ihre kleinen Seelen rannten ruhelos umher und taten, allerlei dinge. Die Nacht war laut und hektisch. Merkwürdig.
Was sich wohl noch so alles verändert hatte?
In der Nähe konnte ich eine merkwürdige Melodie hören, ich sah nach unten. Ein steiler Abhang erstreckte sich vor mir, am Ende von diesem erstreckte sich ein steinerner Weg. Gegenüber des Weges stand ein hölzernes Gebäude. Daher kam die Melodie.
Ich beschloss mich umzusehen, nahm etwas Anlauf und sprang den steilen Abhang herunter. Die paar Sekunden des freien Falls waren angenehm, aber leider zu kurz.
Der Boden zerbarst unter mir, als ich landete. Er war, anders als ich angenommen hatte, eine einzelne Steinerne glatte platte. Was sich die Menschen wohl dabei gedacht hatten?
Schulterzuckend ging ich zu dem Gebäude. Die merkwürdige Musik wurde immer lauter. Das Gebäude war ziemlich her heruntergekommen, es stank nach Alkohol und anderen undefinierbaren Dingen. Vor dem Gebäude standen komische Gefährte auf zwei Rädern. Merkwürdig, wirklich merkwürdig diese Menschen.
Als ich vor der Tür angekommen war, schob ich diese auf und trat ein. Dahinter erschien ein großer Raum, Rauchschwaden hingen in der Luft, verteilt standen Tische im Raum, um diese Menschen standen. Ungefähr 20 Stück, würde ich sagen, fast alle Männer. Sie trugen komische Kleider, hatten merkwürdige Frisuren oder Glatzen und hatten reichlich Tattoos auf ihrem Körper.
Als ich den Raum betrat, drehten sich die meisten Personen zu mir um, starrten mich komisch an und begannen leise miteinander zu sprechen. Langsam durchschritt ich den Raum und sah mich dabei weiter um.
Einige der Männer begannen mir hinterherzupfeifen.
Ob das hier ein Gasthaus war?
Als ich ungefähr in der Mitte des Raums war, stellte sich mir ein großer, breiter, glatzköpfiger Mann in den Weg. Er hatte eine ärmellose schwarze, lederne Jacke an, eine enganliegende Schwarze Hose und hohe Stiefel. Sein Kopf war zwar nicht behaart, dafür aber sein Gesicht, in Form eines langen Bartes. Irgendwie unpassend. Gerade als ich an ihm vorbeigehen wollte, packte er mich am Oberarm und zog mich an sich.
,Na na, Püppchen. Was willst du denn hier?" Er grinste dreckig, kam mir unangenehm nahe, sodass ich seinen nach Alkohol stinkenden Anthem riechen konnte, und flüsterte: ,Vor allem in so einem Aufzug." Dabei musterte er gierig meinen entblößten Körper. Aus dem Hintergrund hörte ich zustimmendes Gemurmel, und konnte die Blicke der anderen Menschen spüren. Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Ich hatte ganz vergessen, wie die Menschen auf nackte Körper, und vor allem meinen Körper reagierten. So ein Dreck, in meiner Freude über meine neugewonnene Freiheit, war mir das doch glatt entfallen, aber egal, ändern konnte ich es jetzt auch nicht mehr. Allerdings würde ich diesen widerlichen Menschen für sein unangebrachtes Verhalten büßen lassen.
Ich packte seine Hand, riss sie von seinem Arm und drückte zu. Ein ekelhaftes Knacken war zu hören, als seine Knochen nachgaben. Der Glatzkopf schrie auf und ging in die Knie. Er versuchte verzweifelt seine Hand aus meinem griff zu ziehen.
Ich musste grinsen, eigentlich war ich ja nur hergekommen, um mich umzuschauen und zu sehen, was die Menschheit so in meiner Abwesenheit getrieben hatten. Aber wenn man mir schon so eine Vorlage gab, konnte ich schon jetzt ein bisschen Spaß haben.
Ich ließ die Hand des nun flennenden Mannes los und zog ihn stattdessen an den Haaren.
,Was ich hier mache? Nun, mein kleines Menschlein, ich habe Spaß!" Damit packte ich ihn am Hals und riss ihm die Kehle raus.
Kurzzeitig war nichts außer das Gurgeln des sterbenden Mannes und die Musik im Hintergrund zu hören. Die Menschen waren erstarrt und standen, unter schock. Nach ein paar Sekunden durchbrach ein lautes Geräusch die Szene. Etwas traf mich an der Brust. Ein heftiger Schmerz schoss durch meinen Oberkörper und ich wurde nach hinten geschleudert. Ich krachte auf einen Tisch hinter mir und blieb erstmal liegen. Ich schmeckte Blut.
Verdammt nochmal. Mühsam rappelte ich mich auf und sah an mir herunter. Zwischen meinen Brüsten war ein riesiges blutiges Loch, welches sich gemächlich wieder zu schließen begann. Meine Selbstheilung war anscheinend noch etwas langsam.
Ich sah in die Richtung, aus der das Geschoss gekommen war, dort Stand eine Frau mit einem merkwürdigen anmutenden langen hölzernen Stock? Was war das denn für eine Waffe? Egal was es war, ich würde es zu einem späteren Zeitpunkt herausfinden.
Um mich herum war in der Zwischenzeit Panik ausgebrochen. Die Menschen waren auf Abstand gegangen und hatten allerlei Waffen gezogen, die sie nun auf mich richteten. Ich konnte trotz des Beisenden-Alkoholgeruches ihre Angst riechen.
Ein freudiger Schauer durchzuckte meinen Körper. Das würde Spaß machen.
Damit nahm ich ein Glas, welches auf einem anderen Tisch stand, sprang damit auf die Frau mit der komischen Waffe zu und schlug ihr damit den Schädel ein…
Blutüberströmt und immer noch nackt, trat ich aus dem Gasthaus. Es hatte gutgetan sich nach all denn Jahren der Gefangenschaft mal wieder so richtig auszutoben. Die neuen Waffen der Menschen wahren wirklich mal was anderes.
Mal sehen, was diese neue Welt noch so zu bieten hatte. Ich grinste Böse. Wenn ich alles gesehen hatte, würde ich sie zerstören und dieses Mal war niemand hier, der mich aufhalten konnte.
Immerhin bin ich Mortis, die Göttin des Chaos.