Ende der Geschichte
„Hallo kleiner Vogel! Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Was …? Wieso nennen sie mich so?“
„Du … ähm …“, der junge Kellner räusperte sich und sah ziemlich verlegen aus. „Du hast mich an jemanden erinnert. Du hast so zerbrechlich und traurig ausgesehen. Es tut mir leid, wenn ich dir damit zu nahe getreten bin, das wollte ich nicht!“
„Ja, schon ok. An wen habe ich sie denn erinnert?“
„Max, sag einfach Max zu mir. Das ist eine längere Geschichte, ich glaube kaum, dass du die hören willst. Und, naja, ich arbeite hier.“ Er deutete ins Innere des kleinen Cafés, an einem dessen Tischchen entlang der Straße sie saß.
„Doch das würde mich tatsächlich interessieren!“, antwortete sie für ihn völlig überraschend. „Wie lange musst du denn noch arbeiten?“
„Etwa eine halbe Stunde.“
„Ok, dann bring mir so lange einen Milchkaffee. Ich warte auf dich.“
Mit zwei weiteren Milchkaffee setzte sich Max kurze Zeit später zu ihr und ohne weitere Worte begann er leise zu erzählen: „Als Junge, da war ich für eine Weile in einem Waisenhaus in der Nähe von Wien. Dort hatte ich eine Schwester. Keine wirkliche Schwester, also wir hatten nicht die selben Eltern oder so was. Aber wir waren uns so nah, wie nur Geschwister es sein konnten. Wir haben alles gemeinsam gemacht, wirklich alles. Wir beide und ein großer weißer Stoffhase." Unwillkürlich musste Max schmunzeln. "Sie war mein kleiner Vogel. Große traurige Augen und lange blonde Zöpfe. Keine so wilden rote Haare so wie du. Und doch, irgendetwas in deinen Augen … aber ich schweife ab.“ Max räusperte sich und nahm einen Schluck Kaffee, bevor er tief Luft holte und leise weiter redete: „Ich habe sie geliebt, sie war einfach meine andere Hälfte, anders kann ich es nicht beschreiben. Und dann kam der Tag, der eigentlich der glücklichste im Leben eines Waisenkindes sein sollte – es fand sich ein Ehepaar, das mich adoptieren wollte. Allerdings nur mich.“ Er musste schlucken und als er weiter sprach, war seine Stimme ein klein wenig heiser. „Als ich etwas älter wurde habe ich angefangen nach ihr zu suchen. Jahrelang. Aber Nina, sie …“ In diesem Moment bückte sich die junge Frau nach ihrem Rucksack. „Warte, die Geschichte ist noch nicht zu Ende!“, protestierte Max als sie in den Rucksack griff.
„Doch das ist sie“, antwortete der Rotschopf, zog einen schmutzig grauen, abgeliebten Stoffhasen aus dem Rucksack und setzte ihn vor Max auf den Tisch. „Du kannst mich Nina nennen“, meinte sie lächelnd.