Mein Schriftstellerwunsch - Wie wirklich "dranbleiben"?

Hallo liebe Community,

ich brauch mal Rat - am meisten von denen, die es schon mal geschafft haben, ein ganzes Buch zu Ende zu brignen, vielleicht sogar zu veröffentlichen - gerne aber auch von denen, die wie ich noch davon träumen.

Ich schreibe seit ich ein Kind bin, meine ersten Geschichten sind voll von Rechtschreibfehlern und umgedrehten Buchstaben - und seither träume ich davon „Schriftstellerin“ zu sein.
Obwohl ich auf meine Geschichten immer positives Feedback bekam, habe ich es mir aber selbst oft schlecht geredet: „Das ist eine brotlose Kunst“, „Ein Verlag lehnt einen eh ab, und dann war all die Arbeit umsonst“, „Selbst Bestseller-Autoren können kaum von ihrem Schreiben leben“ usw usw. Ich habe Theater- und Literaturwissenschaft studiert. In der Uni wollte ich bei einem Schreibzirkel mitmachen und habe gemerkt, dass da alle ganz versessen auf so postmodernes Schreiben waren, kryptische Texte ohne Punkt und Komma, die irgendwie besonders bedeutungsschwanger wirkten. Ich kam mir blöd vor, weil ich sowas nicht schreiben konnte. Ich versuchte es, aber fühlte mich, als könne ich gar keine „literarische Qualität“ liefern. Das hat dann zusätzlich drauf eingezahlt, dass ich mich schlecht redete.
Heute weiß ich, dass ich auch gar nicht so literarisch-postmodern schreiben will. Ich will ganz normale, mitreissende „Mainstream“-Romane schreiben, Entwicklungsgeschichten über Charaktere, in die man sich gerne einfühlt, psychologisch interessant, mit überraschenden Wendungen, aber nicht irgendwie mit der deutschen Sprache spielen und einen neuen Schreibstil erfinden :wink: Das tat schon mal gut, mir das einzugestehen.

Ich arbeite nun seit Jahren als Copywriterin in der Werbe-/Marketingbranche - eben weil das Geld bringt. Aber ich habe das Gefühl, das was ich gerne tue - Schreiben - nicht so zu nutzen, wie ich es will. Ich will Geschichten schreiben und keine blöden Werbetexte :wink:

Nun, seit etwa einem Jahr bin ich wieder mehr dran. Ich habe letztes Jahr schon hier beim Seitenwind-Wettbewerb mitgemacht und einmal gewonnen. Das hat motiviert. Ich besuche jetzt auch einen Schreibzirkel an der VHS, um mich mit Gleichgesinnten zu umgeben. Und ich habe einen Roman angefangen.

Und da kommt vor allem die Frage ins Spiel: Wie kann ich da nun wirklich dranbleiben und ihn mal zu Ende schreiben?
Mein Ziel wäre es, den Roman so fertig zu bringen, dass ich zufrieden mit meinem Werk bin und ihn dann lektorieren zu lassen, an Verlage zu schicken und falls nur Ablehungen kommen, Selfpublishing zu machen. Durch mein Marketing-Know-how hätt ich da ja schon mal ein bisschen Startvorteil.

Mein Roman hat aktuell etwa 35 DINA4-Seiten, was wahrscheinlich so einem Viertel des Plots entspricht. Der Plot steht. Ich habe beim Runtertippen langsam immer mehr meine Hauptcharaktere kennengelernt und entwickelt, und sukzessive an den ersten Kapiteln geschrieben. Ich weiß auch prinzipiell wie es weitergehen soll.
Trotzdem hänge ich: Ich bin teilweise unzufrieden, WIE ich schreibe, ich will psychologische Tiefe ohne platt zu klingen, show - don’t tell, usw. Aber manchmal bring ich nicht das zu Papier, was ich eigentlich gerne hätte.
Außerdem habe ich das Gefühl, ich müsste noch viel mehr recherchieren um weiterzukommen. Eine Kuh spielt eine wichtige Rolle in dem Buch und wahrscheinlich müsste ich mal wirklich einige Zeit mit Kühen verbringen, um die Tiere gut beschreiben und begreifen zu können. Außerdem geht es um Gewalt in der Ehe, um weibliche Opfer von Gewalt, und ich müsste auch hier viel mehr in die Tiefe gehen, vielleicht Frauenhäuser interviewen usw usw.
Alles ist immer so „Ich müsste, ich müsste“… aber irgendwie weiß ich nicht so richtig, wo ich weitermachen soll.
Ich prokrastiniere dann und schreibe andere Kurzgeschichten oder ähnliches, um mir vorzugaukeln, dass ich ja am Schreiben dranbleibe… aber der Roman landet doch wieder „in der Schublade“.
Kennt ihr das, dass man so nach einem Viertel wieder aufgibt und nicht weiter weiß?
Und wie löst ihr das?

Lieben Dank für eure Tipps :slight_smile:

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Ich komme mir jetzt zwar ein bisschen blöd vor, mit meinem Schreibhobby und meinem einzigen unfertigen Erstlingswerk jemandem einen Tipp geben zu wollen, der Literaturwissenschaft studiert hat und beruflich Texte schreibt :blush:, aber ich gebe einfach zu gern zu allem meinen Senf. :grinning:

Meine Strategie ist, mir für jede Überarbeitungsrunde ein anderes, realistisches Ziel zu setzen.
Also bei mir

  1. Rohfassung, nur mit dem Ziel, die Geschichte bis zum Ende zu schreiben. Ohne dass alles genau recherchiert sein muss und vor allem, ohne dass der Schreibstil schon schön sein muss.
  2. Inhaltliche Überarbeitung, vom Ende her nochmal die Logik der ganzen Geschichte durchgehen. Ohne dass ich mich am Sprachstil oder einzelnen Wortwiederholungen festbeiße.
  3. (da bin ich momentan) Kritik der Testleser - am Inhalt, nicht an stilistischen Feinheiten - umsetzen.
  4. bis 10. Ich werde bestimmt noch viele Überarbeitungsrunden brauchen…

P.S.: Vermutlich hat das Literaturwissenschafts-Studium deinen „inneren Kritiker“ sehr stark trainiert. Dann musst du vermutlich Wege für dich finden, um den für das kreative Schreiben erstmal abzuschalten und erst später bei der Überarbeitung wieder zu Wort kommen zu lassen.

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Hallo Corinna, danke für die Tipps!
Ja genau, der innere Kritiker ist wahrscheinlich eine Bremse und ich nehme sehr gerne Tipps an vom wem der „nicht Literaturwissenschaft studiert hat und beruflich schreibt“, weil offensichtlich du da einen leichteren Zugang hast, weiterzukommen. Merci!
Rückfrage: Bei einer Kurzgeschichte von 10 Seiten kann ich mir diese Überarbeitungsrunden gut vorstellen… aber machst du das dann auch bei einem Buch mit 200 Seiten? Erstmal alles runtertippen mit dem Ziel, fertig zu werden. Und dann wirklich ALLES nochmal stilistisch überarbeiten, dann nochmal ALLES auf Inhaltich-Recherche-Sachen abklopfen, dann nochmal ALLES usw usw… ich verlier da so den Überblick bei so vielen Seiten :smiley:

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Ich habe vor meinem jetzigen Projekt (außer bei Schulaufsätzen) nie irgendwelche Geschichten geschrieben.
Das einzige Schreibprojekt, mit dem ich Erfahrung habe, ist also mein Erstlingswerk. Das hatte in der ersten Rohfassung etwa 100.000 Wörter und hat jetzt in der ersten fertig ausgearbeiteten Fassung 120.986 Wörter.

Ja, ich habe in der letzten Überarbeitungsrunde alles von vorne überarbeitet, vom 1.1.2023 an (war mein guter Vorsatz für dieses Jahr) mich an jedem Morgen drangesetzt bis Ende Mai, dann war ich durch alle 178 Szenen durch und habe das Buch den Testlesern gegeben.

Ich arbeite viel mit dem Papyrus-Geistertext, so viel, dass meine Hauptdatei zu etwa einem Drittel daraus besteht. Ich kann in etwa so schnell tippen, wie ich mir einen Dialog ausdenken kann. Kommen mir beim Schreiben eines Dialogs kritische Gedanken, tippe ich die in Klammern dazu und mache sie dann zu Geistertext als Notiz für die spätere Überarbeitung. Da steht dann zum Beispiel: („Recherche: Elke fragen.“ „Mist, schon zum dritten Mal in diesem Absatz er ging, da muss mir noch was besseres einfallen.“ „Hier gefällt mir die Stimmung nicht, die Person kommt hier zu negativ rüber.“) Das habe ich dann aus meinem Kopf, weil es ja für später aufgeschrieben ist, so kann mich weiter auf den Dialog konzentrieren, den ich mir gerade ausdenke.

Weil ich zu jeder Recherchefrage das Wort „Recherche“ als Geistertext im Text stehen habe, finde ich das später alles sofort mit der Wortsuchfunktion. Natürlich habe ich auch zwischendurch mal recherchiert, wenn ich mich gerade für das Thema interessiere, aber nicht mitten während ich eine Szene entwickle.

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Oh wow, da nutzt du also Papyrus tatsächlich sehr erfolgreich. Ich habe letztes Jahr ja das Glück gehabt die Software zu gewinnen und muss gestehen, dass ich noch kaum damit gearbeitet habe, weil mir irgendwie der Zugang gefehlt hat und alles so kompliziert erschien. Ich hab eigentlich gern so ein cleanes Worddokument vor mir und korrigieren kann ich oft am besten indem ich es mir ausdrucke und handschrifltich Notizen mach und so… aber vielleicht sollte ich mir doch mal ein paar Papyrus Tutorials ansehen, ob ich da mehr für mich rausholen kann.
Dass du dich echt JEDEN Morgen drangesetzt hast, ist super diszipliniert. Ich könnte das eigentlich auch machen… ich wüsste oft dann eben nur gar nicht, was ich machen soll. Aber vielleicht ist das Vorgehen echt gut, dass ich jetzt erstmal wild die ganze Story einmal aus meinem Kopf aufschreibe, völlig egal ob sie toll klingt und ob die Fakten alle recherchiert sind. Das wäre vielleicht der erste Schritt.

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Moin Viviane,

jeder hat seine eigene Art und Weise zu schreiben. Ich arbeite eher kreativ, teils auch chaotisch. Mein Zeitplan besagt nur, wann das Buch fertig sein soll. Beim ersten Krimi hat das geklappt. Für den zweiten Band arbeite ich mit Papyrus Autor. Für mich eine große Hilfe und Zeitersparnis. Dieses Schreibprogramm kommt meinem Stil entgegen. Es zeigt Korrekturen (nach Duden) an, kommentiert den Stil und die Lesbarkeit. Korrektur, Stil und Lesbarkeit prüfe ich immer gleich an dem Tag, an dem ich den Textabschnitt schreibe. Das werde ich nur einmal noch nach Fertigstellung tun. Das entspricht mir, auch was Papyrus unter Lesbarkeit und Stil versteht.

Es gibt viele Schreibprogramme. Vielleicht hilft dir eins, das dir entspricht? Viel Glück und Erfolg!

Bei mir hat es sich bei der zweiten Überarbeitung so ergeben, dass ich parallel in der Hauptdatei - mit all meinem Geistertext, Textmarkermarkierungen, Notizzetteln und so weiter - und in der cleanen Testlesedatei [auch Papyrus, das sind ja nur ein paar Klicks zu einer Textversion ohne Geistertext, Kommentare usw.] gearbeitet habe, die die ersten Testleser von mir bekommen hatten.
(Ganz optimal ist das nicht, weil ich manchmal vergesse, eine Änderung in beiden Dateien zu vermerken, aber dafür gibt es glücklicherweise auch wieder Software, die Unterschiede aufspüren kann.)

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ich kann dir nur drei Tipps geben und ich bin ziemlich sicher, dass sie funktionieren:

  1. Schreib
  2. Schreib mehr
  3. Schreib besser

Punkt 3 kommt von ganz allein, wenn du Pkt. 2 beherzigst.

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Hallo VivianeCl.
Ich habe deinen Beitrag gelesen und fühle mich selbst angesprochen, was mir nie passiert. :blush:
Auch ich befinde mich mitten im Schreibprozess und zweifle ständig an mir. Es gibt aber ein paar Dinge an die ich denke, bevor ich aufgebe.

Was fühle ich wenn ich schreibe?
Für wen tue ich das?
Oder renne ich nur dem nächsten Modetrend nach?
Was will ich bei meiner Leserschaft auslösen?
Aber das aller wichtigste, dass mich immer wieder davon abhält mit dem Schreiben aufzuhören ist, gefällt mir meine Geschichte?

Brenne ich für sie? Oder lege ich sie bei jedem Lüftchen, dass über mich kommt zur Seite und gebe auf?

Sicherlich bis man sich keinen Namen in der Szene gemacht hat, ist es schwer für einen Neuling am Schreiben dran zubleiben.
Es ist auch vollkommen normal, dass man mal gute und schlechte Tage hat. Aber nur ein leidenschaftlicher Schreiberling übersteht diese erdrückende Zeit.
Ich glaube du hast es in dir.
Dir fehlt nur das Selbstvertrauen, wie mir. :wink:
Du hast alle Werkzeuge, die du brauchst, um eine Autorin zu werden.
Du musst nur mehr an dich glauben!

Es wartet auf jeden Lesenden da draußen ein Buch.

Ich drücke dir die Daumen. Aber vor allem wünsche ich dir ganz viel Geduld.
Denn der Weg ist schwer, aber er wird sich lohnen, wenn man fest daran glaubt.
Die Frage ist, wie sehr glaubst du an deine Geschichten?

Entschuldige, aber ich stecke grade selbst in dieser Sinnfrage. Darum glaube ich, dass ich dich in dem Punkt verstehe.

Lass es mich wissen, wie du dich entschieden hast.

Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.

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Liebe Viviane,
du sprichst mir aus der Seele… :sweat_smile:
Ich habe gerade begonnen, The Autor’s Way von Julia Cameron zu lesen und erhoffe mir, mir selbst durch das Programm weniger im Weg zu stehen. Vielleicht wäre das auch etwas für dich…
LG E.

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Ah, „Der Weg des Künstlers“ auf deutsch? Perfektes Buch, absolut hilfreich. Wenn es auch manchmal zu überraschenden Wendungen führt.
Siehe: Rosa Hasen :grin:

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:sweat_smile: stimmt! Und auf Englisch The Artist’s Way und nicht The Autor’s (und auch noch falsch geschrieben!!! :rofl:) Way!

Ich bin schon sehr gespannt, was das Buch mit mir macht. Schön zu hören, dass du damit gute Erfahrungen gemacht hast!

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Hallo Viviane,

ich versuche auch mal ein paar Gedanken mit hineinzugeben, die mir geholfen haben.

Wie wichtig ist es dir, dass dein aktuelles Projekt veröffentlicht wird? Ich empfand und empfinde den Gedanken als hilfreich, dass jeder fertig geschriebene Text in erster Linie mich und mein Schreiben weiterbringt. Wird er so gut, dass ich ihn veröffentlichen möchte, ist das toll. Wenn nicht, wird das nächste Projekt besser, weil ich die Erfahrungen aus den vorherigen mitnehmen kann. Ich empfinde das als starke Motivation.

Etwas nicht gut genug oder gut zu schreiben ist ansonsten für mich oft schwierig zu beurteilen, wenn ich im Text zu sehr drin stecke bzw. aktuell daran arbeite. Oft ändert sich meine Bewertung eines Textes mit etwas Abstand. Also lohnt es sich für mich auch aus dem Gedanken heraus, weiterzumachen. Es ist meistens Gutes dabei, das nur noch poliert werden muss.

Und zu guter Letzt: wenn ich mal glaube, dass ich nur unleserlichen, langweiligen Schmarrn ohne Authentizität zusammenschreibe, hilft es manchmal auch, in Bücher reinzulesen, die im gleichen Genre überhaupt nicht meinen Geschmack treffen und mir zu sagen, dass auch die veröffentlicht wurden :wink:

Viele Grüße und frohes Schreiben

Hi :slight_smile:
Ich glaube, die Antwort ist: Machen. Unperfekt.
Perfekt gibt es ohnehin nicht, und von „gut genug“ zu „gut“ kommen wir dann bei der Überarbeitung.

Okay, zugegeben, vielleicht habe ich gar nicht so viel hier zu vermelden.
Wer bin ich? Ich habe eine handvoll SP Veröffentlichungen in der Vergangenheit durchgezogen… Jahrelang dann gar nicht kreativ geschrieben, und dieses Jahr wieder angefangen - Aber vielleicht grad deswegen, weil ich dem „nicht dranbleiben“ verfallen war, kann ich aus Erfahrung schöpfen. Was damals mein Problem war (neben zwei kleinen, wundervollen, wundervoll-fordernden Kindern), war mein Perfektionismus. Wie viele Zeilen ich gelöscht habe, weil sie mir nicht genug waren. Wie viele Projekte ich angefangen und niemals beendet habe. Wie viele nur in meinem Kopf existieren.

Mein Perfektionismus hat mir so sehr im Weg gestanden irgendetwas zu beenden. und als ich dann durch die Kinder auch noch nur wenig Zeit hatte, überkam mich das Gefühl, dass es sich gar nicht erst lohnt anzufangen. So verschwanden mein Notizheft, Stift, Papier und Papyrus in der Schublade.

Dieses Jahr habe ich dann einen Kurzroman getippt, innerhalb von ein paar Wochen. Der erste Entwurf ist komplett in der Notizen App meines Smartphones entstanden. Zwischendurch getippt- als er fertig war, habe ich ihn auf den Laptop übertragen, und in drei Durchläufen überarbeitet. Wie bin ich dran geblieben? Ich hab den Anspruch losgelassen, dass es sofort perfekt sein muss, und gemacht. Aus dem Entwurf ist ein kleines Buch geworden, auf das ich stolz bin; alleine schon, weil ich nach vielen Jahren endlich mal wieder eine Geschichte beendet habe. :slight_smile:

Aktuell habe ich wieder mehrere Ideen, darunter ein größeres Projekt, das ich wohl nicht am Smartphone tippen werde… Aber ich will mehr mit Kommentaren, Geistertext und Unperfektheit arbeiten, anstatt von mir selbst zu viel zu erwarten. Erstmal machen. Erstmal durchziehen.

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Hi Viviane,

danke für deine Frage hier :slight_smile: Rat habe ich dir aktuell keinen, da ich zu denen gehöre, die noch davon träumen ;-). Ich kann sehr gut nachvollziehen, was du beschreibst (es sich selbst schlecht reden, prokrastinieren … ).

Wie du bin ich gerade auch an einem Buch dran. Dieses Mal liegt es mir so am Herzen, dass ich dranbleiben muss. Vielleicht hast du mal Lust auf Austausch?

Ich drück’ dir in jedem Fall die Daumen!

Liebe Grüße
Constanze

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Dann gebe ich auch mal meinen „Senf“ dazu.
Also ich persönlich schreibe aus drei Gründen weiter und gebe nicht auf:

  1. um selbst für mich etwas geschafft zu haben, wenn das Projekt fertig ist.
    (dann kann ich stolz auf meine geleistete Arbeit sein)
  2. weil ich meine Leser mit meinen Texten ein paar Werte mit auf den Weg
    geben will (Nächstenliebe, Freundschaft, Respekt) usw.
  3. weil mir das Schreiben einfach zu viel Spaß macht (als Hobby), um aufzuhören.
    Und noch einen kleinen Tipp meinerseits:
    es sollte aus Leidenschaft geschrieben werden, nicht aus Zwang!
    Das wären meine Gedanken zu diesem Thema!
    Dir noch viel Erfolg beim Schreiben!

MfG

Super Girl

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Hallo Viviane,

mit großem Interesse habe ich Deinen Text gelesen und möchte gern auch meinen Senf dazugeben. Ich bin zwar Sachbuchautor, aber ich habe auch eine Idee und soooo einen Berg Arbeit vor mir bis zum fertigen Werk! Ich schreibe Bücher für Verlage und im Selfpublishing.

Das ist m.E. genau der richtige Ansatz. Früher habe ich ein Buch nicht geschrieben, wenn es der Verlag ablehnte. Das hat sich geändert. Heute habe ich eine Buchidee an die ich entweder glaube oder die ich aus irgendwelchen persönlichen Gründen umsetzen will. Dann wird das umgesetzt, egal wie Verlage darüber denken. Das frustet mich auch nicht wenn die absagen. Manche Buchprojekte biete ich Verlagen auch gar nicht an und bin dann freier, die Texte dann auch anderweitig zu verwenden und zu vermarkten (z.B. Merkblätter für Produkte, die im Sachbuch vorkommen).

Du bist wer Du bist. Das ist authentisch. Alles was nicht authentisch ist, ist gequetscht, macht keinen Spass. Da hab ich auch keinen Bock drauf. Bei Kunst (Deinem Buch) kommt es erst einmal nur darauf an, dass DIR das Buch gefällt. Wenn es sich noch dazu verkauft dann ist es gut, wenn nicht ist es auch gut. Man schreibt das für sich. Das andere (hier Deine Werbetexterei) ist Kunsthandwerk. Man hat Fähigkeiten und erfüllt damit Ideen anderer für Geld. Braucht es auch, ist aber nicht so befriedigend.

Na dann verstehst Du schon mal das Handwerk und das kann für Dein Projekt nur förderlich sein.

Ich weiss nicht, ob man Romane anders schreibt. Ich kann es nur aus Sicht eines Sachbuches (meines aktuellen Sachbuches) beschreiben. Das Thema heißt Schreibblockade und ich selbst kann es mir gerade nicht leisten, eine Schreibblockade zu haben.

Das ist auch mein Ansatz, eigentlich weiß ich mal grob, mal feiner was ich im Buch besprechen will. Hab also das Buch gegliedert und einfach in Stichpunkten meine „Handlung“ in den Text gebracht. Kein Mensch sagt, dass Du von vorne schreiben musst. Ich hab mit Kapitel 7 angefangen, das das am kompliziertesten war. Wenn es dann an einer Stelle blockiert, nehme ich mir eine andere Stelle im Buch wo ich Ideen zu habe und formuliere das aus. Im aktuellen Schreiben entstehen auch die Gedanken, was ich eigentlich noch für Aspekte ins Buch bringen müsste und die schreibe ich auch gleich als Stichpunkte oder Textfragmente rein.

Eine weitere Hilfe ist es für mich auch, wenn ich Inhalt und sprachlich saubere Ausformulierung trenne. Manchmal ist nicht der Tag wo man schön schreibt. Dann schreibe ich einfach den Inhalt so nieder, auch wenn in jedem Satz „machen“ vorkommt. Den Text später zu überarbeiten fällt dann leichter. Manchmal frage ich dann auch hier in der Community. Die Kommentare hier haben mir wirklich sehr geholfen. Nicht nur für diese Textstelle: Populäre Sprache für ein Sachbuch

Und genau das mache ich, wenn gar nichts mehr geht. Recherchieren, Bilder erstellen, Bildredaktion, Verlagssachen wie Ankündigungstexte und Homepage und und und

Eigentlich hat man immer was zu tun :-).

Dir viel Erfolg bei Deinem Roman!

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Hallo Viviane,

wenn ich deinen Beitrag so lese, sehe ich viel Selbstsabotage, weil du von einem besonders heimtückischen Dämon heimgesucht wirst: einem heißgelaufenen inneren Kritiker, der Meister in Rationalisierungen und Prokrastination zu sein scheint. Versteh mich nicht falsch, ein innerer Kritiker ist wichtig, um realistisch zu bleiben. Selbsternannte „Weltliteraten“, die sich für eine Morgengabe der Schöpfung halten, sind auch kein Quell der Freude, aber manchmal wird dieser innere Kritiker zu einem hyperaktiven Tyrannen, und da muss man ihn auch mal an einen Stuhl fesseln und knebeln.

Schauen wir uns doch einmal die Fakten ganz rational an: Du hast Literatur- und Theaterwissenschaften studiert und arbeitest offensichtlich erfolgreich (sonst würde dich dein Arbeitgeber nicht seit Jahren bezahlen) als Werbetexterin. Ich behaupte mal, damit hast du mehr theoretische und praktische Vorkenntnisse bzgl. Schreiben als viele hier.
Bei deinen beruflichen Texten scheint dein innerer Kritiker nicht dazwischenzufunken, jedenfalls hast du nichts dergleichen geschrieben. Nur bei deinen - ich nenne sie mal Freizeittexten - kommen diese demotivierenden Einflüsterungen. Kann es sein, dass du diese unbewusst als fast schon frivole Zeitverschwendung, wo man doch Nützlicheres tun könnte, ansiehst? Willkommen in der Selbstoptimierungsfalle. Es ist in Ordnung, wenn man seine Zeit auch einfach mal nur vertut, wenn es dir Freude bringt und zu deiner Erholung beiträgt. Die Zitate „Das ist eine brotlose Kunst“, „Ein Verlag lehnt einen eh ab, und dann war all die Arbeit umsonst“, „Selbst Bestseller-Autoren können kaum von ihrem Schreiben leben“ deuten jedenfalls ein bisschen in diese Richtung. Das sind alles Rationalisierungen, um dir deine Freizeittexte „vernünftig“ schlechtzureden. Mal zu den Fakten: Du hast einen Brotjob, der hoffentlich für den Lebensunterhalt ausreicht. Warum um Himmels willen muss ein Hobby Geld bringen? Wenn es das irgendwann tut, um so besser, aber das ist nicht der primäre Sinn eines Hobbys.
Nachdem diese Rationalisierungen offenbar versagt haben und du trotzdem weitergeschrieben hat, kam dein Kritiker mit der nächsten Eskalationsstufe um die Ecke: übertriebene Perfektionismuserwartungen: Keine „literarische Qualität“, „Ich will zufrieden mit meinem Werk sein“. Newsflash: Du wirst nie mit deinem Werk zufrieden sein. Es wird immer eine bessere Formulierung geben, einen perfekteren Satzbau, Stellen, die du heute anders als damals schreiben würdest - weil auch du dich immer weiter entwickelst. Deinen Anspruch auf Perfektion solltest du eher ersetzen durch realistische Ziele: „Ich habe den Roman so gut geschrieben wie ich konnte, grundsätzlich gefällt er mir, ich habe ihn sorgfältig geprüft und betrachte ihn daher jetzt offiziell als fertig.“ Bei deinem Seitenwindbeitrag, wo du gewonnen hast, war das ja auch ausreichend.
Weil du trotzdem weitergeschrieben hast, kam dein Kritiker mit der heimtückischsten Einflüsterung an: „zielführende“ Prokrastination.
Hier ein kleiner VHS-Kurs, da vielleicht noch ein paar Schreibratgeber, etwas ausführlichere Recherche, schließlich ist das alles zum Wohle deines Romans, nicht? Es ist aber auch eine sehr gute Methode, deinen Roman nicht zu schreiben. Ich bin mir sicher, wenn du, um bei deinem Beispiel zu bleiben, 14 Tage Landwirte und Evolutionsbiologen zu Kühen befragt und weitere 14 Tage in einem Frauenhaus hospitiert hast, dir schnell die nächsten „notwendigen“ Recherchen einfallen. Auch hier wieder: Bitte nicht falsch verstehen: Seminare, Austausch mit Gleichgesinnten oder Recherche sind wichtig, aber wie Paracelsus schon sagte: Die Dosis macht das Gift.

Was kann man nun dagegen tun?

  • Wenn solche Gedanken sich aufdrängen, immer mal wieder sich selbst fragen "Ist das wirklich real bzw. realistisch oder erzählt mir mein Kritiker gerade Geschichten über die Realität?
  • Setz dir größere Ziele, um deinen Kritiker zu überlisten. Sagen wir, dein Ziel ist ab morgen, das große zwölfbändige Fantasyepos™ zu schreiben. Mit etwas Glück sieht dein Kritiker dann die Kurzgeschichte oder den kleinen Einzelroman als willkommene Prokrastination für dein Opus magnus an und sabotiert dich nicht mehr bei deiner Kurzgeschichte/Roman.
  • Schreib eine Szene aus deinem Roman. Aber nicht spannende Schlüsselszenen wie die aufregende Verfolgungsjagd, das tief berührende Liebesgeständnis oder den dramatischen Showdown, sondern eine harmlose Zwischenszene, die eigentlich nicht so wichtig für den Roman ist, sowas wie „Prota geht asiatisch essen“. Mach dir klar, dass es eine reine Fingerübung ist, eigentlich nicht entscheidend für den Roman. Dann hält dein Kritiker vielleicht auch den Aufwand nicht wert, dazwischenzufunken. Wenn das klappt, noch so eine nicht so wichtige Szene, dramatische Szenen schreiben sich ja fast von selbst und auf einmal steht die Rohfassung deines Romans.
  • Sag deinem inneren Kritiker auch mal ganz deutlich: „Ich schreibe, wie es mir gefällt. Halt die Klappe!“
  • Ich weiß nicht, welcher Typ Schreiber du bist - Plotter, Panser oder irgendwas dazwischen - aber übertriebenes Plotten oder in alle Richtungen mäandernde Geschichten, um ja auch jeden Aspekt zu beleuchten, sind ebenfalls wunderbare Methoden, sich selbst zu sabotieren. Man muss da irgendwann einen Cut machen und sich bewusst beschränken.
  • Wenn du irgendwo feststeckst und nicht mehr weiterweißt: Bis zu welcher Szene ist es denn gut gelaufen und wann begannst du, dich mit einer Szene irgendwie unwohl zu fühlen? Vielleicht bist du irgendwo falsch abgebogen und deswegen sperrt sich dein Unterbewusstsein? Leg dir ein Kapitel „Lager“ an, schieb die „unstimmigen“ Szenen dorthin (vielleicht kann man ja Teile davon später recyclen) und schreib an der letzten stimmigen Szene in eine andere Richtung weiter.
    Ein anderer Tipp: Frag deine Protas. Gönn dir ein schönes Wannenbad, lass die Seele baumeln, stell dir deine Protas vor und frag sie „Und wie willst du da nun wieder rauskommen?“. Meist bekommst du irgendeine Antwort direkt oder die Jungs aus dem Unterbewusstsein wuchten irgendwann später eine Idee hoch.
  • Gönne dir ganz bewusst mal 1-2 Tage eine Pause vom Schreiben und mach was komplett anderes.
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Danke für diese Beiträge. Ich habe jahrzehntelang nicht damit begonnen ein Buch zu schreiben, weil ich immer fürchte, es sei nicht gut genug, was ich schreibe.
Jetzt habe ich angefangen. Ich schreibe tatsächlich die erste Fassung mit der Hand, weil ich da kreativer bin und tippe das Tagesergebnis später ab. (Ein Wahsinnsaufwand, aber das Ergebnis ist besser.)
Meine Motivation: wenn ich meine Geschichte nicht fertig schreibe, gibt es für meine Protagonisten ja nie ein gutes Ende.

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