Rosa Hasen
Ich bin gerade mal wieder in „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron. So alle drei bis vier Jahre arbeite ich mich da noch mal durch. Einfach sehen, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Meinem Weg. Bin ich, was ich sein will? Ist diese Richtung noch mein Ziel? Man weiß ja nie und es könnte sich ja was Neues ergeben haben.
Fast die Hälfte der Aufgaben habe ich schon erledigt. Und hier, bei Woche 5, soll ich 20 Dinge auflisten, die ich machen/haben möchte. Ohne nachzudenken, so flott wie möglich antworten. Kein Problem. Also einfach all meine kleinen Luxuswünsche, weil, was ich wirklich brauche, habe ich ja schon.
Ich lege los:
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Philosophie
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fliegen können
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eine Badewanne
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abnehmen
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ein Kamin
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eine Bibliothek
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tolle Geschichten schreiben
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tolle Bilder malen
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guten Wein trinken
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Haus im Süden
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rosa Hasen
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… äh… what?
Rosa Hasen? Das wirft mich total raus. Wo zum Teufel kommen diese rosa Hasen her? Ich hab’s nicht mit Hasen und mit rosa schon garnicht! Ich bin doch kein Girlie. Echt nicht. Was soll denn das jetzt bedeuten? Rosa Hasen. Nicht mein Ernst, oder?
Nach der ersten Verblüffung kommt der Lachflash. Ich und rosa Hasen, ich fass’ es nicht! Das klingt wie Kaffee mit Tomatensaft, wie Socken in Sandalen, wie Pizza mit Grüner Soße. Wobei… Grüne Soße geht doch eigentlich mit allem. Schaun wir mal. Wer weiß, was bei rosa Hasen alles so rauskommt.
Google anwerfen, rosa Hasen eingeben und gespannt scrollen. Ok, ein Synonym für irgendwelche geheimen Gruppen ist es nicht. Auch kein Anzeichen für eine Krankheit. Und zusammenhängend gibt es keine Ergebnisse. Schade. Ha, der da, der Duracell Hase! Ja, den kenn’ ich noch. Der war echt nervig.
Ich versuche es mit Bildern. Vielleicht findet sich da was Erleuchtendes. Und prompt schlägt sie mir entgegen. Eine wahre Woge von Cuteness in allen Abstufungen von Pink. Ich krieg sofort Zahnschmerzen vor süß und verziehe das Gesicht. Obwohl, der da, der ist doch eigentlich ganz niedlich, oder? Und der sieht echt wahnsinnig weich aus. Ach schau mal der. Der ist ja noch niedlicher. Ach Gott, wie geil ist der denn. Nee, die Augen, wie cool. Wow, der hat aber lange Ohren. Och nö, der ist aber jetzt der absolute overkill.
Und ehe ich mich versehe, sind sie im Warenkorb.
Ich kenne mich nicht wieder. Ich weiß nur eins: ich MUSS diese rosa Hasen haben. Unbedingt.
Die nächsten drei Tage verbringe ich zwischen Kopf schütteln und gespannter Erwartung. Ich kann’s immer noch nicht glauben. Die Reaktionen meiner Bekannten sind ähnlich. „Du und rosa Hasen, hahaha“.
Als sie dann endlich da sind, bin ich wirklich überrascht. Kuscheltiere mochte ich ja schon immer, aber so weich waren die früher nicht. Ehrlich. Die fühlen sich unfassbar gut an und irgendwie sind sie total schön. Haben auch sofort ihren Stammplatz bekommen, bei mir auf meinem großen Sessel. Da sitzen sie nun und sind Teil meines Lebens. Der niedliche Teil.
Tatsächlich haben sie mich mit Girlie sein und rosa versöhnt. Und hey, zusammen mit schwarz kommt es echt gut. Wirklich. Mittlerweile hab’ ich sogar rosa Haare und finde das total in Ordnung. Wo war da eigentlich das Problem?
Achja, und dann meine Bekannten. Nicht nur einmal ist es vorgekommen, dass die eine oder andere beim gemütlichen Plausch fragte: „Duhu, darf ich mal deine rosa Hasen halten?“