Hmm, wenn ich das Geschriebene nochmal lese, könntest du Recht haben
Ich bin davon ausgegangen, dass der Nähfuß die Zeit stanzt :P, sodass die Zeitlinie gelb „endet“ und zu orange wird. Aber das ist eine Fall zu Fall entscheidung. Wenn man jetzt sagt, gelb würde weitergenäht werden, wäre es ein Parralleluniversum (Zeitreisender verschwindet dort für immer). Aber wir können nicht die Nähmaschine verdoppeln. Der Jeansstoff ist die Realität, der Faden der Zeit. Ich behaupte, der Zeitreisende nimmt die Realität mit sich (Zeitlinie endet / verändert sich), trotzdem würde für eine kurze Zeit - nämlich soweit wie der Sprung reicht - zwei Zeitlinien existieren. Oder „zeitlich reihenfolge betrachtet“, ist sie für den Zeitreisenden durchaus linear, er ist halt etwas älter, zum gleichen Zeitpunkt. (diese Verschiebung konnte man im Star Trek Universum messen, Hehe :P)
Mit meiner Theorie gäbe es übrgens nur Sprünge in die Vergangenheit, keine in die Zukunft. Zwar könnte man den Nähfuß abheben und bei Samstag weiternähen, aber dazwischen wäre ja keine Zeit genäht worden?
Außer jedes zeitempfindliche Individuum hätte seine eigene Nähmaschine (ohje - jetzt höre ich besser auf)
Das grundlegende an der Theorie ist, dass jeder seine eigene Zeitlinie hat - oder um in deinem Bild zu bleiben (und dem alter Religionen) - jeder hat seinen eigenen Schicksalsfaden. Alles, was du in der Vergangenheit änderst, wirkt sich auf deine eigene Zukunft in diesem Faden aus, aber nicht auf die Teile des Fadens, die du schon hinter dir hast, insofern kannst du, wenn du einen Zeitreise unternimmst, auch deinen Opa umbringen, das ist kein paradox, denn geboren zu werden hast du ja schon hinter dir. Du springst eben nicht zu irgendeinem Punkt auf deinem vergangenen Schacksalsfaden zurück, sondern spulst den aktuellen Faden nur in eine andere Zeitrichtung weiter (weiter! nicht zurück!) Da, wo dein Schicksalsfaden den anderer kreuzt, beeinflusst ihr euch natürlich gegenseitig.
Wir befinden uns ständig auf einer Zeitreise. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft stecken in uns. Meine heutige Entscheidung bestimmt meine Zukunft von Morgen. Der Reiz der Zeitreise steckt in dem Wunsch, heute getroffene Fehlentscheidungen zu korrigieren.
Betrachte ich mir einen Film auf Video, so kann ich vor oder zurück spulen. Die Handlung bleibt jedoch immer die gleiche. Nichts verändert sich. Könnte man - folgt man der Viele-Welten-Theorie der Quantenphysik - seitwärts durch die Wahrscheinlichkeiten reisen, käme man sicher an einen Punkt, wo die Seitwärtsbewegung einer Zeitreise entspricht. Dann nämlich, wenn man den Punkt erreicht, an dem bestimmte Entscheidungen/Ereignisse nicht eingetroffen sind. Die Zeit/Entropie selbst wäre im Kontinuum die gleiche, das Ereignis jedoch im Raum verschieden. Allerdings wäre man bei einer solchen Reise den Unwägbarkeiten der geänderten Entscheidung aller Anderen ausgesetzt. Ein Steuerungsmechanismus, die Wahrscheinlichkeit zu einem bestimmten Ergebnis hin zu ändern, wäre - wie bei einer Zeitreise - nicht gegeben. Die Literatur zehrt jedoch hier vom Abenteuer und der Historiker von der Modellierung in die Zukunft (kontrafaktische Geschichtsschreibung).
Und ich dachte, ich sei originell, als ich mal vor Jahren eine Kurzgeschichte schrieb, in der ein Halbwüchsiger in einem Spiegelzelt auf einem Jahrmarkt durch die Spiegel in der Zeit zurück reist, ein hübsches Mädchen kennenlernt und sie dann auf einem Hügel tun, was junge Menschen nun mal tun, wenn sie einander anziehend finden - und im Verlauf der Geschichte stellt sich heraus, dass er so sein eigener Vater ist.
Ich lass das mal mit den Zeitreisen, macht mich ganz wuschig im Kopf
Genau darum geht es in der Kurzgeschichte Predestination von Robert A. Heinlein. Lässt man die kausalen Probleme beiseite, müsste der Protagonist in einer ewigen Zeitschleife gefangen sein. Prota reist in die Vergangenheit - zeugt sich selbst - ad infinitum. Wobei der Prota bei Heinlein Vater, Mutter und Kind zugleich ist!
RAH ist einfach einer der ganz Großen bei so etwas. Sicherlich oft umstritten und nicht „ungefiltert“ aus heutiger Sicht zu lesen, aber lohnenswert. Im übrigen heute noch posthum Unterstützer von Veteranen durch die Einnahmen seiner Bücher. Hab gerade nochmal die „expanded universe“ Ausgabe auf dem eBook Reader geladen.
Wohl wahr! Robert A. Heinlein hatte zwar seltsame (wenn auch durch seine Biografie begründete) Bezüge zum Militarismus und war, hmm, „strunzkonservativ“, und trotzdem ein Freund und Förderer von Philip K. Dick, der sich politisch am anderen Ende des politischen Spektrums verortete. Schade, dass man heute solche Trennungen „politisch - privat“ nicht mehr kennt. Alles nur noch polarisiert.
Ich zitiere aus dem Vorwort des Kurzgeschichten-Bandes Der goldene Mann von Philip K. Dick (Moewig-Verlag, 1980):
„Vor einigen Jahren, als ich krank war, bot mir Heinlein seine Hilfe an; er wollte alles in seiner Macht Stehende tun, obwohl wir uns noch nie gesehen hatten. Er rief mich mehrmals an und munterte mich auf. Er wollte mir sogar eine elektrische Schreibmaschine kaufen – Gott segne ihn dafür. Er ist einer der wenigen wahren Gentlemen dieser Welt. Ich stimme mit keiner der Ideen in seinen Werken überein, aber darum geht es auch nicht. Einmal, als ich dem IRS (Der Internal Revenue Service (Abkürzung IRS) ist die Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten und ist dem Finanzministerium unterstellt. - Wikipedia) eine beträchtliche Summe schuldete, diese aber nicht aufbringen konnte, lieh er mir das Geld. Ich halte sehr viel von ihm und seiner Frau; ich habe ihnen eines meiner Bücher gewidmet, ein kleines Zeichen meiner Wertschätzung. Robert Heinlein ist ein gutaussehender Mann, sehr eindrucksvoll und militärisch in seinem Verhallen; man sieht, daß er einen militärischen Hintergrund hat, sogar an seinem Haarschnitt. Er wußte, ich bin ein ausgeflippter Freak – trotzdem half er mir und meiner Frau, als wir in Schwierigkeiten waren. Das ist das beste Beispiel für Menschlichkeit; so etwas schätze und liebe ich.“
Das Zitat passt zu meinem Bild von Heinlein. In „The pragmatics of patriotism“ schildert er ein echtes Erlebnis, wo ein Obdachloser sein Leben bei dem Versuch lässt, eine Frau mit eingeklemmtem Fuß vor einem Zug zu retten. In seinen Augen Patriotismus - also ganz anders definiert, als wir es gewohnt sind. Die Rede hielt er vor angehenden Offizieren als Beispiel.
Das Vorwort ist ein schönes Beispiel für Menschlichkeit und zeigt, dass ein Mensch an mehr gemessen werden sollte, als an der Summe seiner politischen Einstellungen. Trotzdem bin ich über deinen Kommentar gestolpert und gebe einmal lose meine Gedanken wieder. Das gehört auch nicht zur Frage der Zeitreisen, aber als meist stiller Mitleser würde ich hier gerne zur Aussage „Alles nur noch polarisiert.“ meine Lese- und Schreiberfahrung aus diesem Forum dagegen halten, dazu den Umgang mit den meisten Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich nicht einer politischen Meinung bin. Bei beidem funktioniert überwiegend die Trennung zwischen politischen Ansichten und menschlichem, freundlichen, freundschaftlichem Umgang und ein Austausch über politische Ansichten ist ohne Angriffe auf persönlicher Ebene möglich, auch wenn Politik selten geeignet ist, die Laune aller Beteiligten zu heben. Ich stimme dir zu, dass vieles in gefährlicher Weise polarisiert in unserer Gesellschaft ist, aber manchmal habe ich den Eindruck, dass der Fokus auf Negatives und auf Polarisierer so stark ist, dass uns mehr auffällt, was trennt, als das, was eint. In der Aussage klingt für mich Resignation durch und es scheint mir, als wäre die Befürchtung, dass alles polarisiert wird, sowohl eine notwendige Mahnung, als auch eine selbsterfüllende Prophezeiung. Das Vorwort von Dick würde ich lieber lesen als eine Parabel über das weitverbreitete hilfsbereite Wesen der Menschen als eine Ausnahme in einer furchtbaren Welt. Wenn ich mediale Berichterstattung ausklammere (, die so gut wie nur Negatives beinhaltet) und mich auf persönliche Erfahrungen beschränke (Familie, Freunde Kollegen, Fremde) scheinen mir Hilfsbereitschaft und Miteinander häufiger zu existieren als bewusste Spaltung. Ich glaube, dass das bei sehr vielen Menschen so ist. Vielleicht kann man das Vorwort und auch die Geschichte von michel daher so lesen, dass nicht alle Hoffnung verloren ist und dass der Mensch sich nur schwer damit tut, das Gute im Menschen zu sehen.
So, jetzt geht es an den Roman, genug geschwafelt. Habt alle einen schönen, produktiven Schreibtag -)
Zeit ist sowas von relativ…
Da freue ich mich, dass ich so gut in der Zeit bin und trage nur noch kurz Wimperntusche auf…und plötzlich ist es viel zu spät.