@Yoro Bei Romanen (insbesondere den typischen Krimis und Liebesromanen) ist schon was dran an dem, was du schreibst. Für Sachbücher finde ich deine Argumentation aber schwieriger.
Es ist ein Unterschied, ob ich fünfhundert „Whodunit“-Krimis gelesen habe und deren Grundschema für meine Krimiidee übernehme, oder ob ich zu einem Nischenthema die drei deutschsprachigen und zehn englischsprachigen Sachbücher lese und daraus ein neues deutschsprachiges Sachbuch zusammenbastle.
Auch in diesem Fall verwende ich bereits Vorhandenes, in deinem Beispiel drei deutsch- und zehn englischsprachige Sachbücher.
Man könnte auch sagen, ich bediene mich bei diversen bereits vorhandenen Werken und bastle daraus ein Neues. Nach dieser Methode arbeiten sehr viele Ratgeberautoren, und es ist genau das, was auch die KI macht.
Hallo Yoro,
Ja, da gibt es Parallen – und Unterschiede. Und auf die kommt es an.
- Wenn beim Lesen meiner Bücher sich andere Autoren mit meinen Konzepten auseinandersetzen und davon angestoßen, Eigenes entwickeln, ist das ein inhaltlicher Prozess, der Sinnvolles hervorbringen kann.
Wenn sich KI bei meinen Begriffen und Formulierungen bedient und sie in anderen Zusammenhägen verwendet, gibt es keine inhaltliche Auseinandersetzung. Nur Abgreifen und Verwurstung der Begriffe und Formulierungen.
- Wenn sich andere Autoren beim Lesen meiner Bücher bei meinen Begriffen bedienen und sie außerhalb des damit verbundenen Zusammenhangs verwenden, dann ist dieser Verwässerungseffekt zwar nicht schön, aber es handelt sich dabei um eine überschaubare Menge, mit der ich leben kann.
Wenn der Verwässerungseffekt aber per machine learning massenhaft verbreitet wird, möchte ich diesen Verwässerungs-Apparat nicht füttern.
Schön, dass es tatsächlich noch Leute gibt, die auch so denken wie ich.
Von absoluter Fachterminologie mal abgesehen lässt sich so ziemlich jeder Begriff auch in anderen Zusammenhängen verwenden, da gibts kein Monopol drauf. Und wenn sich ein Autor von der KI Vorschläge zum Thema machen lässt und diese dann weiter verarbeitet, ist es eine inhaltliche Auseinandersetzung.
damit sie etwas massenhaft verbreiten kann, müsste dieser Inhalt auch massenhaft vorhanden sein. Der Pool, auf den die KI zugriff hat, ist aber so gewaltig, dass einzelne Ideen, Formulierungen etc. nicht weiter ins Gewicht fallen.
Und nochmal gesagt: Eine KI alleine bekommt keine wirklich guten Bücher zustande, dazu braucht es immer noch einen fähigen Autor.
Oder wie es kürzlich in einem Newsletter eines Schreibblogs hieß:
„ChatGPT ist vor allem dann ein nützliches Tool, wenn ich selbst schon etwas kann, wenn ich grundsätzliches Fachwissen habe. Denn ich muss die richtigen Informationen auswählen, mit denen ich ChatGPT füttere. Und ich muss einschätzen können, wie gut das Ergebnis der KI ist. Die KI wird mir nicht viel bringen, wenn ich nicht weiß, worauf es bei guten, attraktiven Texten ankommt.“
Finde ich ziemlich einleuchtend.
Deine Argumente finde ich nachvollziehbar.
Ich selbst habe noch ein weiteres: Ich habe für meinen Roman tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal. Ein großes Thema in meinem Roman gibt es, soweit ich weiß, bisher noch in keinem anderen Roman.
Wenn mein Roman (vielleicht in 5 Jahren) mal irgendwann fertig und veröffentlicht ist, fände ich es cool, wenn danach auch andere Autoren Romane zu diesem Thema schreiben würden. Aber jetzt im Schreibprozess mit meinen Ideen eine KI trainieren? Niemals!
Müssen es echte Zitate sein?
Wenn nicht, lass den Textgenerator frei fantasieren, das ist dessen Kernkompetenz.
Zusätzlich kann der Generator im Internet prüfen, ob das soeben erfundene Zitat so oder ähnlich bereits (öffentlich zugänglich) existiert. Damit ist auch ein mögliches Urheberproblem gelöst.
Ich hoffe, dass Folgende wirkt nicht belehrend:
Natürlich ist es schlechter Stil, dieses Zitat einer realen Person unterzuschieben, es sei denn, deine Figur nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau, oder sie behauptet viel und weiß wenig.
Wenn deine Hauptfigur außer mit Zitaten auch mit deren Quellen um sich wirft, erfinde welche oder verwende Floskeln wie »Es steht geschrieben …« oder überlege, auf Quellen zu verzichten.
Kleine Korrektur: Auf Wikipedia kann eben nicht jeder Unsinn schreiben. Es gibt eine Mentorship, die darauf achtet, dass Neulinge keinen Müll verzapfen.
Das wäre auch mein Argument. Viele wollen einfach nicht wahrhaben, dass ChatGPT 24/7 von Millionen (!) Menschen genutzt wird und sich nicht explizit mit einzelnen Texten und einer Handvoll Prompts von Heinz Müller aus Ottendorf-Okrilla beschäftigt.
Und vorallem, wer weiß ob nicht ein paar, der Millionen täglichen Nutzer, Texte, die noch nicht der KI bekannt waren, einfach für eine schnelle Zusammenfassung hochladen, weil sie einfach weniger lesen wollen ?
ChatGPT merkt sich die Konversation, wenn man nicht explizit die Einträge löscht, aber wer weiß, ob das wirklich ein löschen, also vergessen, ist.
Diese Diskussion ist ja nun schon ein paar Monate alt, aber wenn ihr erlaubt, möchte ich noch ein paar Gedanken hinzufügen.
Ich kann beide Seiten gut verstehen, jene die sich völlig gegen die Zusammenarbeit mit einer KI streuben und ebenso jene, die sie als Werkzeug verstehen, das uns als Autoren helfen kann. Ich selbst war zu Beginn des Jahres auch noch total gegen ChatGPT und ähnliches. Doch wie hier schon richtig darauf hingewiesen wurde, KI geht nicht mehr weg und wird zukünftig zum Alltag gehören.
Ihre Auswirkungen und die Befürchtungen, die viele mit ihr verbinden, bieten uns jedoch einen ganzen Füllkrug an Geschichten. Wir müssen sie nur aufschreiben. Und wer den Mut aufbringt, sich mit ihr auszutauschen, kann sie Nutzen, um mit ihr gemeinsam „brain zu stormen“. Und wer doch lieber gänzlich darauf verzichten möchte, dem sollten wir nicht böse sein.
Vor knapp einer Woche bin ich einem Aufruf auf Instagram gefolgt, eine Herbst-Geschichte bis Ende Oktober zu schreiben. Ich wollte etwas mit Science-Fiction machen und hatte ChatGPT gebeten, mir ein paar Vorschläge zu generieren. Einer hatte mir recht gut gefallen, ich der KI jedoch erwidert, ich würde gerne dies und jenes ändern. Das würde der Geschichte eine tolle unerwartete Wendung bringen, war die Antwort. Diese Synopse habe ich dann zu meinem ‚Algorithmus des Herbstes‘ ausgearbeitet - ohne KI. Den fertigen Text habe ich dann noch einmal auf Fehler prüfen lassen und tatsächlich hat sie noch ein paar ‚Sie‘, ‚dass‘ und Buchstabendreher gefunden, die die Duden-Softeware übersehen hatte.
Letztendlich war es, wie ich fand, ein nützliches Tool, welches ich bestimmt noch einmal verwenden werde.
… das ist der Punkt, an dem ich persönlich nicht mitgehe. Kreativität ist etwas, das ständig trainiert und geübt werden muss. Wenn ich anfange, dafür Krücken zu benutzen, wird mir das, da bin ich sicher, mittelfristig schaden.
Etwas völlig anderes sind die handwerklichen Tools: Korrektur, Stilanalyse etcetera. Wobei ich auch hier der Meinung bin: selber machen ist besser! Ich sehe in meinem beruflichen Umfeld bei jüngeren Abgängern von Journalisten-Akademien, mit denen ich zu tun habe, ungewöhnliche Schwächen nicht nur in Grammatik und Zeichensetzung, sondern auch stilistische Unsicherheiten und Probleme, einen Text zielführend zu strukturieren. Außerdem weiß ich, dass das Heranziehen von KI mittlerweile bei vielen jüngeren Autoren/Journalisten schon Routine ist, diese werden natürlich hierzu inzwischen auch gezielt geschult.
Ich habe dabei große Bauchschmerzen.
Beispiel Medizin: während man früher in der Ausbildung großen Wert darauf gelegt hat, klinische Untersuchungstechniken zu lernen und einzuüben (etwa das Abhören der Herztöne, um daraus Hinweise auf Herzklappenfehler zu finden, das Abhören der Lungen, um Hinweise auf Entzündungen, Asthma, Wassereinlagerungen usw. zu finden), übernehmen mittlerweile Apps die Analyse des Gehörten. Das EKG wird nicht mehr gründlich vom Arzt nach Auffälligkeiten studiert, sondern die „KI“ liefert mit dem Ausdruck auch gleich eine komplette Befundung. Natürlich muss der Arzt sich trotzdem persönlich vergewissern, dass die Technik richtig liegt - das kann er aber nur mittels eigener Erfahrung und eigenem Können. Ob diese „Kontrolle“ in ein bis zwei Generationen auch noch funktionieren wird, bezweifle ich. Grundlegende, wichtige Fähig- und Fertigkeiten gehen verloren - und das kann uns eines Tages böse auf die Füße fallen.
Kreativität ist ungeheuer wichtig für die Weiterentwicklung einer Kultur, einer Gesellschaft, des menschlichen Miteinanders. Wenn wir das künftig der KI überlassen wollen, stellen wir die Weichen womöglich in eine Richtung, die wir nicht mehr ändern können.
Man muss nicht alles machen, „weil man’s kann“.
Der Schaffensprozess beim Schreiben eines Buches ist ein zutiefst menschlicher Prozess. Mit allen Unzulänglichkeiten, mit all seiner Genialität, Glanz und Wahn.
Wenn ich für das Grundhandwerk eine KI bräuchte, würde ich das Schreiben einfach bleiben lassen, so wie wohl ein Maler das Malen bleiben lassen würde, wenn er sich von einer KI Ideen und Vorschläge fürs Handwerk liefern lassen müsste.
Ich möchte gar nicht mit einer KI über meine Ideen diskutieren. Ich will mir nicht von einer KI mein Handwerk erklären lassen. Und ich will mich nicht von etwas, das nie gelebt hat, inspirieren lassen.
Warum? Weil mir die Suche nach Informationen Spaß macht. Weil es mir Freude bereitet, an mir selbst und an meinem Schreibhandwerk zu feilen und zu polieren. Ich will mir nicht etwas zeigen lassen, ich will ganz einfach kindisch froh drüber sein, etwas selbst herausgefunden zu haben. Ich will, dass jedes neue Buch, jede neue Geschichte ein Abenteuer ist, das mich fordert, meinen Bullshitdetektor justiert, meine Resilienz gegen Schnickschnack stärkt. Ich will, dass mein Schreiben durch mich wächst und ich durch mein Schreiben wachse.
Die Verwendung einer KI erscheint mir in diesem Bezug wie eine bequeme Abkürzung, durch die man sich um das Erlebnis bringt, den Weg als Ziel zu erleben.
Das ist meine ganz persönliche Ansicht dazu und keine Verallgemeinerung oder ein Urteil über Leute, die sich eben durch KI helfen lassen wollen - oder müssen.
Ich fahre seit meinem sechsten Lebensjahr Fahrrad ohne Stützräder
Lieben Gruß
Peter
À point!
Und man sollte vor allem das trainieren, was wichtig ist zu können - und das ist in jedem Fall, den Du erwähnt hast (bzw in jeder Branche) das Handwerk und alles, was dazugehört. Wer schreibt, muss imstande zu sein, alles, vom ersten bis zum letzten Wort alleine zu bewerkstelligen. (Anders gesagt: Tolkien hatte auch nur „Stift und Papier“ zur Verfügung.)
Oder, wie in der Schule: Erst, wenn man rechnen kann, darf man den Taschenrechner verwenden.
… Im Wissen, dass diese Old School Denkweise nicht mehr auf Dauer halten wird bzw. in der jüngsten Generation wohl bereits überholt ist (Smartphones, KI etc.)
Da bin ich anderer Ansicht. Ich bin prinzipiell sehr für Teamarbeit (zum Beispiel hole ich mir Rat von anderen Menschen, nehme die Kritik meiner Testleser ernst und plane, meinem Buch ein Lektorat zu gönnen) und auch für den Gebrauch von Werkzeugen (wie Computertastatur und Papyrus Autor).
Für mich steht die Qualität des Buches im Vordergrund. Also, auch bei meinem eigenen Buchprojekt ist meine Zielsetzung nicht, ein toller Autor zu sein, sondern, ein tolles Buch zu veröffentlichen.
Ich setze dafür aber auf andere Menschen, nicht auf KI.
Ich gehe davon aus, das mit allein bewerkstelligen ohne Zuhilfenahme von Technik gemeint war.
Wir hatten an anderer Stelle ja schon mal die interessante Frage, ob man auch Bücher schreiben würde, wenn man alles von Hand schreiben müsste. Bei mir ist die Antwort ein klares „Nein“. Ich würde auch nicht das Wohnzimmerparkett abschleifen, wenn ich dafür statt einer Schleifmaschine nur Schmirgelpapier zur Verfügung hätte.
Ich komme aus dem medizinischen Bereich und es wird immernoch so gelehrt, wie früher. Ich habe in einem Stethoskop noch keine KI gesehen, die dem Arzt per Kopfhörer mitteilt: Asthma. Man nutzt zwar Ki in der Medizin, aber so wie du das Beschreibst, auf keinen Fall.
… richtig - das ist, was ich verkürzt meinte mit: