@Lusmore - Mag sein. Bestimmt ist mir die eine oder andere Perle entgangen.
Allerdings finde ich es wirklich schwierig, in der oberlehrerhaften Ansage “Ich weiß ja nicht, ob Du (oder noch besser, per Sie) es gelesen hast, aber…” nach diesen Perlen zu tauchen:(
Vermutlich bin ich nicht der einzige in der Runde, der keine Fantasy-Bücher liest. Einzige Ausnahme war Harry Potter, wobei ich beim vierten Band keine Lust mehr hatte. Es war mir zu ausschweifend erzählt. Das wurde mir langweilig. Na gut. Dennoch finde ich die Sprache hervorragend. Klassisch, sauber, ein sehr gutes Niveau ohne intellektuell überzogen zu sein, oder reißerisch-primitiv. Ich muss allerdings sagen, dass ich die Originale gelesen habe. Ich weiß nicht, wie die deutsche Übersetzung ist.
All die Fantasy, die ihre Ideen aus der germanischen Mythologie nimmt, kann ich schlicht nicht leiden. Das begann schon bei Herr der Ringe, den ich nach wenigen Seiten wegen der schwülstigen Sprache wieder weglegte. Dazu kommt, dass ich mich vor Jahren intensiv mit germanischer Mythologie beschäftigt habe, auch Teile der Edda nacherzählt hatte und daher für die platten Anleihen wenig übrig habe. Für mich ist die Edda ein Werk von philosophischem Tiefgang, vergleichbar mit der Genesis, nur dass der Untergang mit einbegriffen ist und die Wiederauferstehung.
Aber ich will euch nicht die Freude am Lesen und den eben fantasiereichen Geschichten nehmen.
Ich glaube, die Autoren jedes Genres müssen damit leben, dass es Leser gibt, die den Hintergrund profan, falsch angelehnt, falsch recherchiert oder ähnliches finden, weil sie es aufgrund ihres eigenen Hintergrunds besser wissen. Es gab hier auch mal einen Hacker-Thread, in dem so ausgelöster Haarausfall bedauert wurde.
Ich lese Fantasy nicht, weil ich von einer noch nie dagewesen Weltkonstruktion träume, und mir ist durchaus bewusst, dass Fantasykulturen und - Religionen Anleihen an existierenden Religionen nehmen. Für mich ist das völlig in Ordnung. Sicher, manchmal ist das eher platt und manchmal ist es mit Tiefgang. Aber das nach wenigen Seiten bereits entschieden zu haben finde ich jetzt ein wenig vorschnell…
Naa . . . aber genau so entscheiden Lektoren. Sie lesen den Klappentext, die Inhaltsangabe, das Exposé, die ersten Seiten des gesendeten Manuskripts . . . und entscheiden, ob es gedruckt wird oder nicht. Das kann durchaus vorschnell sein, und so manche Perle rutscht durch den Rost. Dem profanen Leser geht es nicht anders. Auch ihm mag da manche Perle ungesehen aus der Auster rutschen.
Andererseits – wenn man Fantasy sehr weit fasst und darunter nicht nur Drachen, Kobolde, Trolle, Magiere etc versteht, Sonden auch fantastische Geschichten, dann ergibt sich ein weites Spektrum, das durchaus lesenswert ist. Angefangen bei der Nibelungensage bis hin zu Conan Dolles “Vergessene Welt”. Aber auch Teile der Science Fiction gehören dazu.
Ich lese Eschbach “Eine Billion Dollar”, Agatha Christie habe ich fast durch, und natürlich als alter Leser der Erstausgabe bin ich bei Perry Rhodan mittlerweile bei Band 2964 angelangt.
Völlig in Ordnung. Bin total bei dir. Ich entscheide auch nach ein paar Seiten, ob ich mir das Buch jetzt kaufe oder nicht. Aber darum ging es nicht in meinem Posting :).
Es ging um die schlechten Anleihen an der Edda, wobei ich kritisch hinterfragen möchte, ob man wirklich bereits nach wenigen Seiten erkennen kann, dass die enthaltene Mythologie viel zu platt ist. Wenn die nach ein paar Seiten schon so detailliert erklärt wurde, dass ich die philosophischen Inhalte erkennen kann, befürchte ich, dass es auf den ersten Seiten um nichts anderes ging.
Dass @Max den Herrn der Ringe wegen der schwülstigen Sprache weggelegt hat, kann allerdings ich völlig verstehen.
Ein Freund von mir regt sich jedes Mal auf, wenn wir über Stephen King reden (mein absoluter Lieblingsautor), weil er sich nach Jahrzehnten immer noch über das Papierboot in “Es” aufregt, das Seiten über Seiten durch die Kanalisation fährt nur um dann für immer aus der Geschichte zu verschwinden. Ein Grund für ihn, das Buch wegzulegen. Ich kann das verstehen, auch wenn “Es” mein absolutes Lieblingsbuch ist. Das habe ich inzwischen wohl 20 Mal gelesen.
Also, ich habe den Herrn der Ringe nicht weggelegt, sondern gelesen. Ich finde die Art und Weise, wie Tolkien schreibt und seine Geschichte erzählt, sehr interessant. Auch die Ich-Erzählungen von Karl May sind, für mich zumindest, sehr aufschlussreich.
Die verschiedenen Erzähl- und Schreibstilarten habe ich mir in OneNote als “quasi” kleines Wissensnotizbuch angelegt. Dieses enthält u.a. auch Dialogabfolgen aus LTBs. Man kann daraus interessante Erkenntnisse gewinnen.
Ich vermute Mal, Karl May dürften viele gelesen haben. Ich vorwiegend in der Jugendzeit. Inzwischen kann ich ihn leider nicht mehr als Abenteuer-Roman lesen, sondern eher als Geschichtsbuch und Autor seiner Zeit und der zugehörigen sozialen wie gesellschaftlichen Einstellung. Aber auch da muss ich beim Lesen kämpfen und Durchhaltevermögen zeigen. Sein Stil ist zeitgemäß und daher heute
gewöhnungsbedürftig.
Welche sind das?
Ein Klassiker unter den Fällen: Nicht das Hobby zum Beruf machen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Lektoren, die die Neueingänge zu sichten haben, kaum noch einen unbeeinträchtigten Lesegenuss für ein normales gutes Buch empfinden können.
Ich hab’ ihn auch mit Freude mehrmals gelesen, kenne aber viele Leseratten, die es schlichtweg nicht über die ersten 100 Hobbit-Seiten schaffen, bis die Geschichte faktisch überhaupt erst los geht.
Ein “Problem” dieses Buches war auch Tolkiens bereits hervorragender sprachwissenschaftlicher Ruf - ich habe mal ein Interview mit seinem Lektor gesehen, wo der etwas hilflos sagte “Wie zum Teufel redigiert man einen Tolkien …?”.
Heutzutage würde wohl jeder Lektor gnadenlos sagen “Grandioses Werk, aber die Einleitung müssen wir wohl um 80 Seiten kürzen.” Was aus neutraler Sicht verschmerzbar wäre. Ich finde den Anfang “nett”, aber es ist fast schon ein eigenes Werk.
(Erkenntnisse, nicht nur aus LTBs, aber auch.)
Sind die Erzählungen und Dialoge intentional, situations- und adressatengerecht.
Wie unterscheiden sich Ausdrucksweisen und Wirkungsabsichten von sprachlichen Äußerungen.
Funktioniert das “Kopfkino”.
Wie reflektiert die Wirkung von Sprechhandlungen (Dialog und Monolog).
Lassen sich Sprachebenen als Teil der Figurencharakteristik erkennen.
Ist die Textform als Charakteristik eine direkte oder indirekte Charakterisierung.
Lassen sich verschiedene Wortarten erkennen, und werden diese sicher und funktional angewendet.
Wie erfolgt das produktive Umgehen mit dem Text (Perspektivwechsel, Leerstellen und Handlungsstrukturen).
Welche unterschiedliche Sprachvarianten (Standard-, Umgangssprache, Soziolekte, Lehnwörter, Fremdwörter) erkennt man.
Wann und wo wird ein Leser zum Schmunzeln gebracht.
etc. etc. etc.
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Hallo Ulli,
da warst Du schneller als ich.
Zu Tolkien, klar ist die Schreibweise für heutige Zeiten zu schwülstig und langatmig. Aber die Texte zu analysieren macht Spaß.
Ja, der Wert von “Buchperlen” sollte aus meiner Sicht nur so hoch sein, wie man ihn persönlich einschätzt und ich hoffe inständig, dass das auch noch eine Weile so bleibt. Ich frage ich mich allerdings, ob sich solche Perlen heute noch natürlich entwickeln dürfen, oder ob da immer mehr Kunstperlen und Plastikperlen den Markt überschwemmen werden.
Da sind wohl auch immer mehr “Pellet-Perlen” dabei. Ich fordere die Buchverkäufer in den Buchsupermärkten gerne damit heraus, dass ich um eine Buchempfehlung bitte, bei der ich nicht die Bäume bedaure, die des Papiers wegen gefällt wurden. Eine Buchverkäuferin hat es bisher geschafft, mich zu überzeugen.
Im Augenblick lese ich „Der Jesus-Deal“ von Andreas Eschbach, zum zweiten Mal. Sci-Fi ist eigentlich nicht mein Genre, aber Zeitreisen sind eine große Ausnahme Und die beiden Jesus-Bücher finde ich genial, einzeln sowie im Zusammenspiel.
Ansonsten sehr gerne historische Romane, ich setze mich einfach zu gerne mit Geschichte auseinander. Die „Qualitätsdebatte“ ist mir deshalb wohlbekannt - ich finde, wie in jedem Genre gibt es innerhalb einer Sparte noch große Abstufungen. Manche sind mir zu seicht, aber sehr viele lese ich mit großem Spaß. Das ist ja alles Geschmackssache bzw. auch eine Frage der Erwartungen, die man an das Buch stellt. Da ich meistens ein bisschen (manchmal auch ziemlich gut) über die historischen Umstände Bescheid weiß, freue ich mich immer, wenn ich die auch fundiert im Buch wiedergegeben sehe und keine auffälligen Schnitzer darin sind. Und wenn mir die geschilderte Zeit einfach authentisch erscheint. Das ist auch der Anspruch, den ich an mein eigenes Schreibprojekt in dem Genre habe.
Von diesem Steckenpferd mal abgesehen, lese ich ab und zu Thriller, gerne im Stil von den Dan Brown-Büchern, und in letzter Zeit öfter mal solche Krimis, die in der Provence oder in Portugal oder in anderen hübschen Gegenden spielen. Ich bin da relativ offen, wenn mich der Klappentext/die ersten Seiten ansprechen. Und zuletzt war ich auch wieder öfter in der Bücherei, wo ich dann mal spontan was mitgenommen habe, das ich gar nicht so auf dem Schirm hatte.
Für das Lesen in meiner Freizeit bin ich aber definitiv auf der Schiene der Unterhaltungsliteratur. Hier und da darf es auch mal ein Klassiker sein, aber ich gebe unumwunden zu, dass für hochgeistige Literatur meine Kapazitäten nach Feierabend erschöpft sind. Und da lege ich dann doch einfach Wert darauf, Spaß an der Geschichte zu haben.
Zur Frage nach dem „wie“ - noch immer oldschool auf Papier, gerne Taschenbücher (sind handlicher), und gerne im Bett, morgens mit Kaffee und abends mit Tee. Zu einem e-reader konnte ich mich bisher nicht durchringen, auch wenn ich die praktischen Aspekte daran absolut einsehe. Und ich bin übrigens absolut kein Parallel-Leser, bei mir kommt ein Buch nach dem anderen.
Auch bei mir steht das Lesen oft in Konkurrenz zum Schreiben, aber ich finde, es ist auch nicht davon trennbar. In letzter Zeit lese ich wieder viel mehr als etwa noch im vergangenen Jahr, und das motiviert mich auch, mehr zu schreiben. Denn ich denke mir entweder „na, sowas bringe ich auch noch fertig“ oder „ich will sowas auch können“. Eigentlich win-win!
Ja, so ist es leider. Wenn ich einen Tag mit Meetings, dienstlichen Mails und vielleicht noch mit Überarbeitung eines Berichts verbracht habe, fehlt mir der Nerv, am Abend noch etwas echt Anspruchsvolles zu lesen. Dann darf es etwas Leichtes sein. Da bin ich übrigens wieder auf die guten alten Sherlock Holmes, oder, wie oben schon genannt Scott Westerfeld - Uglies, Pretties, Specials.
Am Wochenende gönne ich mir dann schon eher so etwas wie Daniel Quinn - Ismael.
Ich bin auch wirklich darüber hinweg, mich dafür rechtfertigen zu wollen, dass ich meine Lektüre nicht nach dem Grad der Intellektualität auswähle. Ich muss in meinem Fall genügend anspruchsvolle (Sach-)Literatur fürs Studium lesen, da bin ich froh, wenn ich überhaupt noch den Kopf für Vergnügungslesen habe.
Mit der Frage “was sollte man lesen” halte ich es deshalb einfach - egal, Hauptsache, man liest irgendwas!
Die alten Spensers kommen bei mir auch bald wieder dran und natürlich danach Mike Hammer ! Scalzi macht auch super Spaß! Das war auch eine Empfehlung meines Buchhändlers des Vertrauens.
Fand die Verfilmung interessant und will auf jedenfall das Buch lesen.
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Ich möchte euch einen neueren Klassiker empfehlen: Arkadi und Boris Strugatzki “Die bewohnte Insel”. Ist in gesammelte Werke Band 1 zu finden. Wer die Strugatzkis nicht kennt - unbedingt zu empfehlen. Waren mit Stanislav Lem (“Solaris”) die besten in Science-Fiction des “Ostens”. Heute immer noch aktuell und spannend. Vor allem - sie überraschten immer mit ihren Romanen.
Ich hab es gerade nochmals angefangen zu lesen.
Weiterhin von den Strugatzkis auch heute lesenswert und hochaktuell: “Die gierigen Dinge des Jahrhunderts” und “Picknick am Wegesrand”. Letzteres war übrigens die Vorlage für den Film “Stalker” von Tarkovskij, falls den jemand gesehen hatte. Tiefgehend und düster…
Strugatzkis? Von denen ist doch auch “Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein”, aus dem Gedächtnis? (Ja, es gibt Google, aber ich bin im Feierabend und faul)