… ich kann über alles (fast alles) hinwegsehen, wenn mich der Autor irgendwie austrickst. Das Thema, wie mit medizinischen Details in der Fiktion umgegangen wird, ist vermutlich einen eigenen Strang wert.
Kürzlich habe ich einen Tatort gesehen, in dem ICDs (also diese Geräte, die einen plötzlichen Herztod bei Menschen mit einer erhöhten Neigung zu gefährlichen Rhythmusstörungen verhindern sollen) so umprogrammiert wurden, dass sie nach einer gewissen Zahl von Herzschlägen einen tödlichen Impuls abgeben. Das war gar nicht so schlecht ausgedacht. Dass man sämtlichen identifizierten Risikokandidaten sofort erstmal aus dem Bauchladen Betablocker verpasst hat, die den Puls verlangsamen, darüber würden Fachleute sicherlich auch Diskussionen beginnen. Schlimmer war’s für mich, dass die Drehbuchautoren offenbar ebenfalls Betablocker geschluckt hatten …
Für solche verrückten Ideen bin ich immer zu haben. Das hat ja was von den alten „Mit Schirm, Charme und Melone“-Folgen…
Aber das ist eine andere Liga, weil die Idee tragend ist. Der Bauchschuss, Armamputierte oder abgestochene Held, der einfach weiter macht, ist nur schlecht konstruiert. Er trägt nicht die konstruierte Handlung, sondern ist ein zusätzlich unglaubwürdiges Element.
Die Story würde ohne diese Darstellung trotzdem zu erzählen sein.
Bei dem Tatort nicht, weil es bedeutender Teil der Story ist.
Das macht ja nix. Das wäre der Augenblick, wo die Gäste die Party verlassen können, weil wir in der Küche einen Wein aufmachen und für den Rest der Nacht mit allen Literaturliebenden über Bücher reden würden …
Also:
In der Reihenfolge meiner Bewertung der Wichtigkeit. Richard Matheson, I am legend (Sammlung der Novelle & von Kurzgeschichten). Damit hat man das Beste von ihm gelesen - und will ohnehin mehr. Ihr kennt bestimmt unweigerlich Sachen von ihm. (The incredible shrinking man, Twilight Zone Episoden, Omega man) Robert McCammon, A boys life (Vielleicht das sprachlich Schönste, was ich in dem Genre gelesen hab. Lieber das Hörbuch genießen - kommt extrem intensiv gut) Clive Barker, Cabal - Brut der Nacht (Wäre ein guter Einstieg. Danach die Books of blood (Kurzgeschichten) und dann den Hellraiser (ja, Pinhead ist von ihm)). Der Mann schrieb eigentlich jahrelang fürs Theater und nebenbei Horrorkrams. Einer der „big five“. F. Paul Wilson, Das Ritual (… und alle anderen folgenden Bücher der Repairman Jack Stories. Aktuell mein Lieblingsautor, weil er wahnsinnig dirket, kurz und „showing“ schreibt. Außerdem liebe ich kautzige Ideen und Dialoglastigkeit).
Ach! Das kenne ich. Allerdings als Film. Eine herausragende Perle!
kurz! Das gibt es also wirklich? Muss ich mir merken. Bei Andreas Eschbach würde ich immer am liebsten zum Radiergummi greifen und alles wegradieren, was zu lang ist.
Nur der Vollständigkeit halber: Es blieb schrecklich! Selten ein derart krudes Schriftstück gelesen. Deshalb habe ich meine Rezension auch mit „Langeweile, Pathos und ein schrecklicher Schreibstil“ untertitelt.
Vorhin einen Veit-Etzold (Der Kronos-Code) beendet (reine Belletristik muss auch mal sein). Ich muss sagen, der Mann investiert mehr Zeit in die Recherche als ins Schreiben selbst. Das soll nicht heißen, dass das Buch schlecht ist - es ist sogar sehr gut. Für einen Kriminalroman außergewöhnlich gut. Muss mir dann mal die anderen von ihm zur Brust nehmen. Mal gucken …
Wow über 2500 Beiträge, darf ich noch was beisteuern oder laufen die Buchlisten schon über?
Das letzte Buch, das mit gut gefallen hat: Herkunft von Saša Stanišić.
Hab zwei Anläufe gebraucht, bis ich das Buch gekauft habe. Der Autor ist als Kind aus Yugoslavien geflohen und beschreibt nun als Erwachsener die Suche nach seinen Wurzeln. Zuerst hat mich die Sache mit dem Bürgerkrieg abgeschreckt, fand ich damals schon krass und wusste nicht, ob ich mir das Buch antun soll. Der Autor schreibt mit einem trockenen Humor über seine Erfahrungen in Deutschland. Als ich den Anfang in der Buchhandlung gelesen habe, musste ich laut loslachen, passiert mir selten. Der Schreibstil ist anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber wenn man sich erst einmal an die Aussprache der Yugoslavischen Namen gewöhnt hat, geht’s besser. Das Ende war nicht so meins. Trotzdem war‘s das beste Buch, dass ich seit langem gelesen habe.
Echt jetzt? Gleich die erste Szene, in der sich seine demente Grossmutter in der Stadt verirrt und verzweifelt nach dem kleinen Mädchen ruft, das sie selbst mal war, findest du zum Lachen? Ich hab Rotz und Wasser dabei geheult.
Aber das Buch ist tatsächlich auch witzig, streckenweise. Dann wieder gefriert dir das Lachen und das Grauen über den dümmsten Krieg aller Zeiten (Bogumil Balkanski) kriecht dir wie ein glibbriges Monster über den Rücken. Oder es treibt dir die Schamesröte ins Gesicht über die Arroganz deines eigenen Volkes. Ein furchtbares Buch. Furchtbar und wichtig. Und manchmal sogar wunderschön.