Abwimmeln ist auch für mich ein gängiger Ausdruck.
Wenn mich ein Telefonverkäufer für eine „Umfrage“ anruft, sage ich kurz „Nein, kein Interesse, schönen Abend noch“ und lege auf. Das wäre für mich eher „abweisen“ als „abwimmeln“.
„Abwimmeln“ würde ich eher dann gebrauchen, wenn man jemanden mit einem Gespräch, vielleicht ein bisschen diffus, durch die Blume, abweist. Nicht für ein kurzes klares „Nein“. Eher, wenn’s ein bisschen länger dauert.
Mir fällt gerade kein präzises Beispiel ein, aber vielleicht ungefähr so:
Ich rufe bei einer Arztpraxis an, möchte einen Termin.
Antwort: „Wir nehmen keine Patienten mehr an.“ → Ich wurde abgewiesen.
Antwort: „Die Ärztin ist gerade mit einer Erkältungswelle überlastet, rufen Sie in drei Wochen nochmal an.“ → Ich wurde abgewimmelt.
Es geht immer noch um meinen Bestatterroman, der sich in der Überarbeitung befindet.
Der Herr nervt eine Dame, die er persönlich kennt. Sie wimmelt ihn mit Ausreden ab, warum sie sich nicht mit ihm treffen kann.
Abweisen ist mir in diesem Zussmmenhang zu formal. Abwimmeln passt da besser.
Mein Teenager kennt das Wort „abwimmeln“ auch, von daher ist das nicht halb so unbekannt wie man meint. (oder meine Sprache zu alt und der Teenie verkommt zu einem alten Mann, ohne sich dessen bewusst zu sein … )
Es gibt noch zwei Varianten, die zwar nicht passen, die ich aber dennoch beitragen möchte.
Abblitzen. Kennt man. In jungen Jahren oft Erfahrungen mit gemacht.
„Turfen“ (sprich ‚türfen‘). Wortschöpfung von Samuel Shem, das Einzug in das Klinikvokabular weltweit gefunden hat. Etwas wie ‚aktives Abwimmeln‘. Wenn die internistische Station voll ist und alle am Limit sind, sucht man eine Möglichkeit Patienten loszuwerden. Eine Verlegung muss her. Also kreiert man chirurgische Diagnose, um den Patienten von der internistischen Station auf die chirurgische zu bringen. Patient ist weg, man hat wieder ein Bett frei und jemand anders das Problem. „Der Patient wurde geturft.“
Bevor sich jemand angegriffen fühlt - das ist bewusst provokant im Roman und legt den Finger in die Wunde (ha, ha) des desolaten überforderten Gesundheitssystems.
Spannend ist, dass ein künstlich generiertes Wort die Schwelle in den realen Sprachgebrauch gefunden hat.
Eine Analogie kann man auch für andere Bereiche (z. B. Bestatterwesen) erfinden und so eine skurille Note geben.
Türfen…kommt das von surfen ( im Bett von Station zu Station surfen) oder von dürfen ( das dürfen wir machen, die Diagnose passt auch auf der Station) ?
Wie S.Shem auf das Wort kam, kann ich nicht beantworten (House of God, heißt das Buch). Da würden wir uns auch zu sehr vom Ausgangsthema entfernen, fürchte ich. Ich wollte nur auf die Möglichkeit der „Eigenschöpfung“, des Idiolekts oder Fachjargons als kreative Option hinweisen. Ich finde es immer spannend, wenn Autoren so etwas gelingt…
Auf jeden Fall. In unseren Breitengraden kennt das Wort eh jeder - und wenn du dann noch ein Fitzelchen Kontext dabeipackst (z.B. der zu erwartende Gesprächsfetzen zuvor), wird es auch von Leuten verstanden werden, die es bisher nicht kannten.
Mein Testleserfeedback hat ergeben, dass nicht jeder das Wort Blag für unliebsame Kinder kennt. Sondern es für einen Schreibfehler hielt, weil es eigentlich Balg heißen müsste. Doch bei uns heißt es Blag und da der Roman im Großraum Düsseldorf spielt, bleibe ich dabei. Das nur als Erklärung, warum ich nach abwimmeln gefragt hatte, weil Blag für mich eigentlich ebenso unmissverständlich wie abwimmeln ist.
Abwimmeln - bekannt
Balg - bekannt
Blag - bekannt
Krümmel - wohlwollender als Balg oder Blag
ebenso positiver: Kleiner, Kleines, Mini, Kiddy, Zwerg, Knirps
negativer: Kröte, Pupser, Göre, usw.