Ergänzung. Bob Dylan brachte sich das Gitarre spielen selbst bei. Eben nachgesehen. Es gibt viele Beispiele.
Edit: Wundert euch nicht, wenn ich jetzt nicht weiter antworte. Ich finde es echt spannend. Aber ich möchte wirklich die Bergers und Pfeiffers dieser Welt bis Sonntag verwursten und morgen habe ich keine Zeit dafür. Wenn meine Geschichte steht, diskutierte ich weiter.
Doch noch eine Ergänzung. Leonard Cohen hat sich mit 13 Jahren das Gitarre spielen selbst beigebracht, um ein Mädchen zu beeindrucken.
Oh, ich denke schon, dass Theorie für Schriftsteller sehr nützlich ist, doch kommt es darauf an, woher man die Theorie nimmt. Schreibratgeber sind natürlich eine Möglichkeit, die einem helfen könnte. Ich habe es für mich persönlich aber als nützlicher empfunden, die Literaturgesschichte durchzugehen, weil man da eine Bandbreite von Stilen über eine lange Zeit sieht.
Das ist eine lustige Frage: Zum ersten hat es Goethe natürlich zu Lebzeiten einiges gebracht, da er viel geachteter und anerkannter war, als sein Schwager, während dieser mehr Geld verdient hat. Wie du sagst: Es kommt darauf an, was man erreichen möchte.
Auch hier eine Verdeutlichung: Ich empfinde und gebrauche das Wort „Individuum“ nicht zwingend negativ, da es nichts bedeutet als „Einzelperson“. Beispielsweise würde ich mich selbst als „seltsames Individuum“ bezeichen ;-). Wie du auch, finde ich es ganz und gar nicht richtig, jemanden aufgrund seines literarischen Stils persönlich anzugreifen, und das würde ich auch nicht tun. Es kann jedoch durchaus sein, dass ich einen Schreiber aufgrund seiner Geschichte angreife, nämlich, wenn ich darin eine verwerfliche Ideologie oder moralische Verfehlungen erkenne. Ein Beispiel: Wenn ich Karl Aloys Schentzinger wegen seiner Geschichte „Hitlerjunge Quex“ kritisiere, so wird mir das niemand vorhalten, weil er in dem Buch eine sehr fragwürdige Ideologie propagiert.
Auch die Aufarbeitung von Gewalt und sehr üblen Verbrechen, wie sie heute in vielen Psycho-Thrillern vorkommt, ist für mich eine moralische Frage. Es geht immerhin um sehr ernste Themen und furchtbare Dinge, die tatsächlich vorfallen. Wenn ich also etwas darüber lese, möchte ich, das der Autor auf eine einfühlsame Weise dem Leser die Thematik näherbringt. Im Gegensatz dazu halte ich es für moralisch fragwürdig, solche Vorkommnisse immer noch grausiger und blutiger bzw. sadistischer auszuschmücken, damit es sich besser verkauft. Ich sehe das als eine gewisse Pietätlosigkeit gegenüber tatsächlich Betroffenen (ohne dabei zu sagen, das betreffende Autoren damit so einen Zweck absichtlich verfolgt hätten). Zudem sehe ich, dass viele Menschen, die viele Bücher von diesem Schlag lesen, oft mit einer großen Gelassenheit über diese Themen sprechen, die ich unangemessen finde, da sie durch das übermäßige Lesen solcher Lektüren abgestumpt wurden (und das trifft selbstverständlich ganz und gar nicht auf alle zu). Kurz um: Mir geht es darum, bei so ernsten Themen eher zu sensibilisieren, als abzustumpfen. Damit meine ich übrigens überhaupt keinen speziellen Autor sondern ein umfassendes Phänomen in der Literatur.
Das ist richtig. Die Kunst des Schreibens allein am Talent festzumachen, halte ich für Unsinn (so wie auch in allen anderen Bereichen). Talent ist stets ein gutes Trittbrett, doch wer nicht übt und lernt, dem hilft auch sein Talent nichts. Lernen muss man in jedem Fall - ob man das mit Schreibschulen macht, oder durch das Lesen von guter Literatur und den dazugehörigen Interpretationen (so wie ich es machte), bleibt einem selbst überlassen.
Puh, ganz viele sehr interessante Meinungen und persönliche Erfahrungen. Unglaublich, in wie vielen ich mich wiederfinde. Einiges sehe ich anders, anderes ist wie ein Deja-vu. Ich glaube ich habe in noch keinem anderen Forum so viel respektvolle kollektive Intelligenz erlebt.
(Ich werde zu einzelnen Punkten noch einmal schreiben - packe aber gerade meine Sachen. Ab ans Meer für ein paar Tage. Beste Psychotherapie.)
Das ist es, was ich meine: Die Leute, die keine Schreibratgeber lesen, und trotzdem gut schreiben, haben eben doch Theorie gelernt. Denn die braucht jeder. Man kann sie aber mit einem Leitfaden (wie dem Schreibratgeber) oder im Eigenstudium aus verschiedenen Quellen lernen, je nachdem was einem am meisten zusagt.
Beste „Halleluja“ Version ever! Unglaubliche Stimme. Ein Song, der für immer schmerzen wird, weil ihn sich jemand Gutes für seine Beerdigung gewünscht hat.
Naja, Leonard Cohen hat „Halleluja“ geschrieben - die Originale sind ja meist die besten Versionen. Ich bin ein großer Fan von ihm - ein wirklich genialer Musiker …
Eben, die Genies. Die hatten das vielleicht im Gespür. Ich habe das nicht. Weder bei Musik noch beim Schreiben. Trotzdem oder grade deswegen hat mir die Theorie (damit meine jedwede Art von „Unterricht“) in beiden Bereichen etwas gebracht.
Für mich klingen Aussagen wie „Ich lese keine Ratgeber“ „Das ist doch unnötig“ etc. wie „Oh, bist du nicht gut genug es auch so zu schaffen?“
Und warum bitteschön müssen Maler lange Jahre lernen? Sollen sie doch die Werke der Meister studieren. Oder Bildhauer? Gibt ja genug Stein zum probieren, wozu dann Ausbildung? Ich glaube eben nicht, dass Schreiben so viel anders ist als Musizieren, Bildhauen, Malen, Schauspiel, usw. Es ist eine Form des künstlerischen Ausdrucks. Warum soll als einziger der Schriftsteller „es durch learning by doing“ lernen? Ob ich lerne den Pinsel richtig zu halten (ja, es gibt richtig und falsch wenn man bestimmte Effekte erzielen will), den Hammer in der richtigen Art zusammen mit dem Meisel an den Stein zu führen, im richtigen Moment die richtigen Worte zu verwenden und aufzuschreiben, mit Gefühl ein Musikstück vorzutragen das die Zuhörer zu Tränen rührt oder sie begeistert tanzen lässt, all das ist DAS GLEICHE. Nicht das Selbe wohlgemekrt.
Ich wiederhole mich: Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum man Schreiben nicht lernen können sollte.
Schreiben muss man lernen. Goethe und Eichendorf haben es auch gelernt. Entweder von ihren Meistern, oder von künstlerischen Abhandlungen, etc. Bei keinem Menschen explodiert ein Urknall im Kopf und dann kann er es plötzlich. Die Frage ist nur, aus welcher Quelle du lernst, aber lernen musst du es doch. Ob das nun der Schreibratgeber ist, oder etwas anderes.
Aber ich wiederhole mich auch und eigentlich sind Schreibratgeber ja gar nicht das Thema dieser Runde. Lassen wir das also. Ich denke, alle sind sich einig, dass jeder der Schreibratgeber verwenden möchte, das auch tun kann, und jeder der es nicht möchte und seine Schreibkunst aus anderen Quellen lernt, das ebenso tun kann. Jeder wählt das, was für ihn am besten funktioniert.
Ich sagte fünf Und einen von denen kenne ich nicht (nein, nicht Zappa).
Das sagt nichts darüber aus, ob es dir auf irgend eine Weise beigebracht wurde. Ich bleibe dabei, Lesen und Schreiben kann man sich nicht selber beibringen. Wie auch? Man hat NULL Bezugspunkt. Man bringt sich auch das Sprechen nicht selber bei. Geht nicht. Wie auch? Achtung, ich spreche nicht von der Fähigkeit zu kommmunizieren, das ist etwas anderes, das ist grundsätzlich in uns angelegt. Aber Sprechen, Lesen, Schreiben, Zeichensprache etc. muss einem auf irgend eine Weise beigebracht werden.
D’accord. Das klingt irgendwie anders als ich das vorher wahrgenommen habe.
Und wie gesagt, in den Genuss einer Ausbildung zu kommen heisst nicht, dass einem dieses Fach liegt. Ich würde z. B. jeden Schlagzeuglehrer in den Wahnsinn treiben, vermute ich.
Und NATÜRLICH braucht es Gefühl, schliesslich geht es um kreative Tätigkeit, um ins Dasein gerufene Phantasie, um KUNST. Ohne Gefühl ist die nichts. Aber Gefühl alleine reicht eben auch nicht.
Ich kann dir diesen Glauben weder bestätigen noch widerlegen, will und muss ich auch nicht. Ich kann nur von mir sprechen. Bei mir hat der Unterricht in Musik (Instrument und Gesang), Schreiben (noch nicht so sehr), Kampfkunst, Holzhandwerk dazu geführt, dass ich viel tiefer empfinden kann, wenn ich einem Stück von Bach lausche, ein Gedicht lese das mich anspricht, eine meisterhaft vorgeführte Kata sehe oder eben jenen Schrank bewundere, den die eigenen Enkel noch ihren Nachkommen vererben werden.
Ich freue mich für dich und jeden, der ein künstlerlisches Werk geniessen kann. Wie jemand dazu kommt, ist zweitrangig. Ich hatte es anscheinend so verstanden, dass Theorie und Ausbildung dabei nichts zu suchen hätten. Und dagegen verwahre ich mich. Überflüssigerweise wie mir nun scheint.
Und so finden wir doch alle zusammen.
Manchmal fällt es mir schwer, meine Umgebung nicht durch eine Brille wahrzunehmen. Solche Diskussionen helfen mir dabei, die Brille abzulegen.
Kriterien der Bewertung: ob ein Buch als gut oder schlecht empfunden wird ist und bleibt stets subjektiv. Jeder liest ein Buch anders. Wir empfangen nur das, was wir selber auch mitbringen. Salopp gesagt ist es das, das wir als „Geschmack“ bezeichnen. Das ist legitim - ich mache das auch so. Aber ist Kunst / Bewertung deshalb ausschließlich Geschmackssache? Wohl kaum. Ich mag Joyce für unlesbar halten - Kunst ist er dennoch. Ich finde Postmoderne furchtbar - aber sie ist ein Kunstkonzept. Literaturkritik ist nicht beliebig. Da bin ich voll bei @anon7996651 . Das heißt dennoch nicht, dass ich das entsprechende Werk gut finden muss - daher überhaupt diese gesamte Rubrik, übrigens.
Rowling/Potter: ganz schwierig. Ich habe selten eine dermaßen starke Verdichtung von einfacher Sprache (Kinder-Vokabular) und intellektueller Referenz gelesen. Jeder Name im Original hat eine Bedeutung (Hermoine/ Shakespeare…), jede Banalität ist geplottet und hat Konsequenzen. Daneben unglaublich viele Details, die kreative Sprachspiele darstellen, ein Kaleidoskop, ein Feuerwerk. In der Übersetzung verliert es etwas (bei Shakespeare gibt es keine „Hermine“. Die Referenz ist tot). Aber es ist ok, wenn man es nicht mag. Kunst ist es trotzdem - und der Einfluss auf die Literatur des 20. Jh. ist nicht zu negieren, egal, ob man die Personen Potter/Rowling mag. Ich rede ausschließlich vom Buch.
Geniebegriff: Ist im deutschen ein schwieriges Thema. Zumal im 18. & 19. Jh. die Definition ganz anders war. Das kann ich nicht klären, aber da hilft eine umfassende Geschichte der Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, wie sie jede Bibliothek zur Ausleihe hat.
On writing: Talent oder Handwerk? Die ewige Frage. Meiner kleinen Meinung nach ist das eine Simbiose. Das eine ist ohne das andere nicht genug. Diszipin fehlt noch zum Trias. Und die Rahmenbedingungen (Zeit, Raum, …). Das Entscheidende für mich im Vergleich ist ohnehin mit einer Rangliste im Sport zu vergleichen. Kann ich mich mit den Top ten vergleichen? Sicherlich nicht. Ist Rang 200 in der Weltrangliste immernoch respektabel? Auf jeden Fall!
Ich wäre mit irgendwas um Platz 500 sicherlich zufrieden - und finanziell abgesichert. Der Rest der vier Rahmenbedingungen allerdings limitieren mich…
Oh, da kann ich wirklich nur zustimmen. Also mit vielem, was einem heute als hohe Literatur verkauft wird, kann ich gar nichts anfangen. Da Jelinek mit ihren furchtbar trockenen, seltsamen und zudem meiner Meinung nach ideologisch sehr fragwürdigen Werken sogar einen Literaturnobelpreis gewonnen hat, gehört sie für mich ganz klar in die Kategorie der sehr überschätzten Autoren. Wobei sie vor allem von Kritikern überschätzt wird, schaut man sich hingegen die Lesermeinnungen an, sieht die Sache anders aus: Eines ihrer Bücher hat auf LovelyBooks einen Sternedurchschnitt von 2,3, wenn ich mich recht erinnere. Das ist der schlechteste, den ich je auf dieser Plattform gesehen habe.
Über Handke kann ich nicht urteilen, weil ich von ihm nur einen Absatz in Prosa gelesen habe. Den fand ich dafür so furchtbar, dass ich ziemlich abgeschreckt bin. Es wurde dabei ein völlig normaler Vorgang so unverständlich geschildert, dass ich nichts verstanden habe.
Was verstehst du genau unter Postmoderne? Soweit ich weiß, gibt es für die Postmoderne keine bestimmten Kriterien und alles was nach der Moderne kam, war dann Postmoderne. Man ist immer überrascht, was alles zur Postmoderne zählt - unter anderem Agatha Christies Kriminalromane.
Ein Kriterium für die Postmoderne ist für mich das Fragmentwerk. Botho Strauss kann dir da den gesamten Abend versauen /versüßen, wenn du ihn zu Wort kommen lassen willst.
Ja, es gibt gewisse Erscheinungen, aber wie gesagt keine wirklich übergreifenden Kriterien. Bei Hercule Poirot und Miss Marple findest du nichts fragmentarisches.