Toxische Beziehungen in Büchern

Morgen,

die Frage geht an alle,

aber der Anlass warst du @Pferdefrau :slight_smile:

Du hattest geschrieben, dass du keine Bücher mehr mit toxischen Beziehungen lesen möchtest.

Ist das Thema mit Fifty Shades of Gray und der Twilight Reihe nicht eigentlich durch auf dem Markt, oder hast du den Eindruck, sie liegen immer noch im Trend?

Gibt es da einen deutlichen Unterschied zwischen der Young Adult Literatur und der übrigen?

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Fangen wir doch erst mal mit einer elementaren Frage an: Was ist eine toxische Beziehung?

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Das definiert jeder für sich selbst. Was man in den Fünfzigerjahren noch durchgehen ließ, dafür kommt man heute in den Knast. Also prügelnde Partner, ob Mann oder Frau gehören sicher dazu. Dann auch welche, die Psychotricks einsetzen und emotional erpressen (ich bringe mich um). Heute würde es vermutlich reichen, mal den Müll nicht runterzubringen oder den Hochzeitstag zu vergessen. Damit heute ein Drama geschieht – jedenfalls in Büchern – muss gar nicht viel passieren.

Für mich wäre das eine Beziehung, bei der sich der Charakter von B durch den Charakter von A ins Negative verändert. Plattes Beispiel: Ich bin ein überzeugter Kirchgänger und lerne meinen vermeintlichen Traumman kennen. Dieser bringt mich dazu, erst eine Bank auszurauben und anschließend noch eine Oma niederzustechen. Ich habe neulich ein Buch gelesen, in dem es so eine Beziehung gab. Mir fällt gerade der Titel nicht ein.

Edit: Es war Charlotte Link - Die Betrogene

Hallo zusammen,

was eine toxische Beziehung angeht, sehe ich das so wie @Suse. Ich erinnere mich an den Roman »Die Mitte der Welt« von Andreas Steinhöfel. Der Protagonist verliebt sich in einen neuen Mitschüler. Irgendwann kommt es auch dazu, dass die beiden Sex miteinander haben, später erwischt er ihn mit seiner besten Freundin Kat. Ich denke, das ist auch so eine Geschichte mit toxischer Beziehung aber eben auch wieder auf eine etwas anderen Art. Übrigens ein Buch für Jugendliche ab 14?! (bin mir gerade nicht sicher)

Ich mag solche Storys und habe sie auch in ähnlicher weise schon in anderen Büchern gelesen. Ich bin der Meinung das sich sowas durch die Young/Adult-Literatur zieht nur mit dem Unterschied das in der Young–Literatur, dass ganze nicht ganz so hart ausgebaut wird wie in der Adult-Literatur.

Ich denke, sowas liegt immer noch im Trend! Da es für viele auch eben spannend ist. Das ist aber meine höchst eigene bescheidene Meinung :wink:

Würde nicht sagen, dass das Beispiel mit der Kirchgängerin als die Form von toxischer Beziehung gemeint ist, um die es hier geht. Hier sind wohl eher Romance-Titel gemeint, in denen der (gewünschte) Partner kontrollierend oder dominant etc. ist und/oder emotional total verschlossen (oder eben ein Blutsauger :man_vampire:t2: ). Teil der Geschichte ist dann, dass die Prota es schafft, an ihn heranzukommen und zu verstehen, warum er so ist, oder ihn ändern kann, sodass sie eine tiefere emotionale Verbindung eingehen können. Und sie ist die Einzige, die an ihn herankommt, und somit wird ihre Beziehung exklusiv und etwas Besonderes. (So in der Art).
Schläge und Missbrauch sind natürlich ausgeschlossen in Romance.
Ansonsten erzielt es seine Wirkung, weil sich eben doch ein Teil der Leserinnen nach dem Idealbild verzehrt, einen irgendwie dominant gearteten Mann zu haben, beschützt und versorgt zu werden. Einen geheimnisvollen Typen mit rauer Schale und weichem Kern. Glaube nicht, dass sich das jemals totläuft. Am Ende entscheiden diejenigen, die das lesen. Und für die gibt es die Autorinnen, die das sozusagen träumen und aufschreiben.
Zudem ergibt sich aus dieser Konstellation ja die Spannung des Buchs.

Fantasie ist Fantasie, Realität ist Realität. Es geht nicht konkret, um das, was passiert sondern um eine Versinnbildlichung eines Beschützers und einer exklusiven, besonderen Beziehung.
Heutzutage wird alles mögliche als toxisch und problematisch gebrandmarkt, als wäre ein Fantasieprodukt das Gleiche wie die Realität. Erst gestern spielte ich ein PC-Spiel, wo erst mal fett Triggerwarnungen davorstanden und sogar während des Spiels wurde bei einer Entscheidung gewarnt, dass jetzt sehr schlimme Gewalt kommt. Außerdem wird jetzt anscheinend immer davor gewarnt, dass es sich ja nur um Fantasie handelt etc. Nichts gegen generelle Hinweise, damit empfindsame Personen etwas meiden oder sich ein bestimmtes Genre gezielter aussuchen können.
Aber es wird immer mehr und immer kleinteiliger und alles voller Warnungen. Ich frag mich ehrlich gesagt, wie wir dahin gekommen sind …
(Sorry, bin schon längst wieder im Off-Topic :sweat_smile:)

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Das bringt uns nur zur nächsten Frage: Was ist eine negative Charakteränderung?
Beispiel: Junger Boxer, rebellisch und unabhängig, stets für seine Freunde da, trifft Frau, fängt mit ihr eine Beziehung an und wird schließlich Vater. Wird häuslich und geht viele Kompromisse ein wegen seiner Familie, gibt auch seinen Traum vom Boxen auf.
Preisfrage: Hat die Beziehung ihn nun zu einem verantwortungsvollen Menschen und Familienvater werden lassen oder ihn zu einem domestizierten Pantoffelhelden werden lassen, der sich und seine Ziele vergessen hat?
Wäre diese Beziehung toxisch oder nicht?

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Das hängt immer von der Perspektive des Betroffenen ab. Leidet er darunter oder nicht? Ist er froh über die Änderung oder träumt er ständig davon, auszubrechen und in sein altes Leben zurück zu gehen?

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Es ist toxisch, wenn die Partnerin ihn dazu genötigt hat. Das ist aber auch nicht mehr die Art von „romantischer (positiver) Toxizität“ :laughing:, um die es geht. Diese setzt voraus, dass der/die Prota das eigentlich will und immer ein selbstständiger Mensch bleibt, der selbst entscheidet.

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Dein Beitrag zeigt sehr schön, dass das Label „toxische Beziehung“ immer nur einseitig gesehen wird. Völlig selbstverständlich schreibst auch du davon, dass der Mann das Problem ist, und die sensible, arme, großherzige, [insert weitere schmeichelhafte Eigenschaften] Protagonistin seine Retterin ist.
Dieses ausgelutschte Klischee ist nach der 500. Variation nur noch ermüdend und würde man in der umgekehrten Konstellation als Sexismus brandmarken.

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Nein, du missverstehst das. Es ist ein Fantasieprodukt, bei der es darum geht, dass die Leserinnen ein Setting geboten bekommen, dass ihren Wünschen entspricht, einem starken und geheimnisvollen Partner, der emotional verschlossen ist und erst durch ihre Liebe auftaut. Es ist eine Fantasie.
Ich schreibe auch keineswegs, dass der Mann das Problem ist (!), sondern ich beschreibe lediglich, wie diese Art der Texte aufgebaut sind.

Dein Beispiel ist keines dieser positiven gesehenen Art, weil dein Prota seinen Traum aufgibt. Es ist damit tatsächlich toxisch, könnte man sagen. Ich habe nur sehr wenige dieser oben benannten Bücher gelesen. ICH nenne diese Texte auch nicht toxisch, andere tun das.
Darin waren die Frauen genauso „fehlerhaft“ und die Männer haben sich nicht verbogen oder angepasst oder Träume aufgegeben, sondern sich lediglich emotional geöffnet.

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MMn sind die intensivsten Geschichten mit diesem Sujet, wenn beide „beschädigte Ware“ sind und man immer mehr ahnt, dass es in einer Katastrophe enden muss, weil zwei Ertrinkende sich nicht gegenseitig retten können.
Da haben wir dann aber auch den Bereich der Wohlfühlromanzen weit hinter uns gelassen.

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Ja. Eben. Wo ist der Unterschied zu meiner Kirchgängerin?

Genau, das sind keine Romanzen mehr. Diese müssen fürs Genre zwingend positiv enden.

Dein Buch ist ein Thriller, keine Romanze. In dieser Art Romance, die im Eingangspost gemeint war, ist es ausgeschlossen, dass jemand einen Mord begeht o.a… Darin geht es lediglich darum, dass ein Paar zusammenfindet. Als toxisch bezeichnet, in genau diesem Genre, wird, dass bspw. der Vampir die Frau heimlich verfolgt, um sie zu beschützen.
Nochmal: es ist eine Fantasie, eine Versinnbildlichung, dass sie für ihn viel bedeutet und er sie beschützen kann etc. Das hat nichts mit dem echten Leben zu tun oder damit, dass die Leserinnen sich wünschen, vom Partner verfolgt oder kontrolliert zu werden :grin: Oder überhaupt so gestrickt sind.
Aber manche lesen das nicht gern und wieder anderen scheint das aufzustoßen.

Deine Kirchgängerin ist sicherlich in einer toxischen Beziehung. Was ich meinte, war, dass die Wirkung, das Genre, der Inhalt hier zwei Paar Schuhe sind.

Ist das jetzt verständlicher geworden?
Das eine ist Schmacht, das andere …

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Ja. Ist klar geworden. Mein Beispiel war einfach schlecht gewählt. Ich tendiere gedanklich immer irgendwie zum Bösen. Obwohl toxisch geradewegs dazu einlädt.
Im echten Leben bin ich langweilig und harmlos, ehrlich!

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Ich habs immer so verstanden, dass in einer toxischen Beziehung (das kann auch eine Freundschaft sein) immer einer zurücksteckt, freiwillig oder auch unfreiwillig.
Der eine bekommt seinen Willen, Anerkennung, Bewunderung, Zuwendung, alles dreht sich um ihn u.s.w., er erwidert aber nichts davon. Der schwächere Part ordnet sich entweder freiwillig unter, oder wird untergebuttert bzw. gezielt ausgenutzt.
Wie ausgeprägt das ist, kann sehr unterschiedlich sein.

Eine gesunde Beziehung lebt ja vom gegenseitigen Geben und Nehmen, genau dieser Punkt ist in einer toxischen ausgehebelt.

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Ich kann verstehen, dass man jungen Menschen nicht das Gefühl geben möchte, es wäre normal oder gar erstrebenswert, dass einen der Partner zB bevormundet und überwacht.

Am Beispiel von Fifty Shades of Gray oder Twilight (einfach weil das 1. sehr bekannte Geschichten sind und 2. so erfolgreich, dass den Autorinnen sicher ziemlich egal ist, wenn man die hier kritisiert :wink: ).

Da wird ja der Vorwurf eine Stalker-Situation zu glorifizieren und zu verharmlosen.

Edward/Christian schnüffeln und kontrollieren aus Liebe. Beide Reihen enden in einer festen Beziehung.

Wie hätte man das besser lösen können?

Wenn nun aus Sicht des schwächeren Partners erzählt werden soll, dass man jemand Neuen getroffen hat, der neben unzweifelhaft tollen Seiten auch unzweifelhaft schlechte Seiten hat.

Wie vermeidet man das verharmlosen, und gleichzeitig Schwarz-Weiß-Malerei?

Oder muss man sich von der Theorie trennen, dass sich Menschen ändern können?

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Ich meine, ein junger Mensch „lernt“ so ein Verhalten nicht aus Büchern.
Das ist nur ein Versinnbildlichen des Beschützens, keine Handlungsanweisung, sich unterdrücken zu lassen. Deswegen finde ich das auch nicht problematisch, selbst wenn man es faktisch gesehen als „toxisch“ definieren muss.
Die Leser entscheiden am Ende. Die einen lesen es, die anderen nicht. Würde das so schreiben, wie es einem gefällt und nicht auf Schlagwörter reagieren, ob etwas toxisch oder sonstwas ist. Es gilt die Kunstfreiheit.
D.h. nicht, dass man Handlungsmuster nicht überdenken kann und neue Sichtweisen einbringen,wenn man es möchte.

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Ich fürchte, gerade diese unsägliche Biss-Reihe haben viele junge Mädchen als Vorbild genommen, wie eine Beziehung aussehen sollte.

Du meinst zwei Kerle gleichzeitig hinhalten und sich dann am Ende für den mit dem Geld entscheiden? :smiling_imp: