Tanzen Sie?

Ich habe für mich den Text mal in der Umkehrprobe gelesen. Also der Mann als Protagonist („Hauptredner, studiert, etc“) und die Frau als Person, die ihn anspricht.
Fazit: kein Männer / Frauen - Diskurs nötig. Eine Charakterstudie: verzerrtes Selbstbild, kommunikativ unsensibel, keinesfalls schlagfertig humorvoll, sondern eher bewusst herabschauend und… schlicht schlecht erzogen für eine Person in der Position. Egal, welcher Chromosomensatz.

Andere interessante Lesarten wären Fremdperspektiven. Also die des Fragenden oder jemand, der daneben steht. Bei der Introspektion kommt der Erzähler nicht gut weg.

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@Suse Nee, hatten wir schon. Brauchen wir nicht.
Ich bevorzuge denken, fragen, austauschen.

Damit meinst du die Person, die „Tanzen Sie?“ fragt, ja?

Kann es sein, dass die Frage unterschiedlich verstanden wird?

Ich interpretiere sie als: „Tanzen Sie später noch für uns?“ oder „Tanzen Sie beruflich exotisch Knick knack?“
und ich frage mich: in welcher Welt würde das eine Frau einen Mann bei einem wissenschaftlichen Vortrag fragen?

Ich kann den Text gar nicht umdrehen, weil keine Frau solche Fragen stellt?

Und bevor jemand anderes als @Anachronica uns das interpretiert: es ist Fiktion, also sagt sie, wie es gemeint war. und dann können wir im Zweifel in die Textkritik gehen und sagen, der erste Satz muss deutlicher werden.

Vor fast 40 Jahren fragte ich (alter Sexist) die, die danach meine Freundin wurde: „Was würdest Du machen, wenn ich Dich jetzt küssen würde?“
Am 14.04.24 gehen wir lecker essen.

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Na ja, ich möchte diesen Roman aber irgendwann schreiben. Und du hast mich auf die Idee gebracht.
Davon ab: Wer denkt, schadet sich und anderen nie.

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Wie schön!

Warum sollte es sexistisch sein, nach ihrem Einverständnis zu fragen? Das ist doch genau das, was immer gefordert wird?

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Ich sehe das als: „würden Sie mit mir tanzen?“
Und ich gehe davon aus, dass der Fragende durchaus weiß, wer an einem offiziellen Event Vortragender ist.
Also eine Frage, die auf einer Beziehungsebene gemeint ist und gesellschaftlichen Normen folgt.

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Die von mir gestellte Frage war keine, sondern eine Ankündigung.

Auf wissenschaftlichen Vorträgen wird eigentlich nicht getanzt, die Frage würde mich komplett überraschen. Ich bin das noch nie gefragt worden.

Im Text steht auch, sie habe es so verstanden, dass sie als Pausenfüller zur Unterhaltung da sei.
Außerdem sagt sie, dass es klüger gewesen wäre, eine Hosenanzug zu tragen: definitiv keine Veranstaltung, auf der die Gäste miteinander tanzen.

Vortragende kennen das durchaus, dass vor Ihnen jemand steht, der nicht weiß, mit wem er redet. Der Termin steht im Kalender, man muss da hin, aha Wer redet- Kenn ich nicht - keine Ahnung wer das ist, hoffentlich ist die Bar geöffnet. Das ist das Alltagsleben von Berufspolitikern und -politikerinnen, Vorständen etc. Die kennen oft das Thema, aber mehr auch nicht.

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Dann ist das natürlich 50/50, Belästigung oder Romantik. Und weil das vorher unklar ist, ist das heute halt nicht mehr so schick. Glück gehabt und herzlichen Glückwunsch!

Wenigstens hast du ihr mit der Ankündigung noch Zeit gegeben, weg zu rennen…, wenn sie das gewünscht hätte.

Genau so war es ganz offensichtlich gemeint. Daran gab es absolut keinen noch so geringen Zweifel oder Interpretationsfreiraum.
Es war ein Politiker und für ihn war es ein „Zwangstermin“.

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Der arme Prinz von Dornröschen hat es heute aber auch nicht mehr leicht. :grin:

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Das finde ich aus dem Text nicht offensichtlich herauslesbar.

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Erst einmal kann man dich, liebe Anachronica, beglückwünschen, dass dein Text so eine lebendige Diskussion eröffnet hat. Das bedeutet, dass du mit ihm wunde Punkte auf mehreren Seiten und Ebenen getroffen hast. Daher würde ich sagen: Ziel erreicht. :slight_smile:

Mir persönlich ist es allerdings auch zu viel, dass die Frau aufgrund der in dieser Situation nicht angebrachten Frage, direkt einen Rundumschlag auf mehrere Jahrhunderte der Frauenunterdrückung und auf sämtliche Männer macht. Sollte der Mann die Frage offenkundig anzüglich gestellt haben, dann ist das natürlich nicht zu tolerieren, weder bei ihr noch bei einer potentiellen Unterhaltungskünstlerin. Aus der Beschreibung geht aber, finde ich, nicht klar hervor, wie er die Frage gestellt hat, und ich finde, das ist schon von Bedeutung. Vielleicht ist er auch einfach nur ein Trottel ohne Sinn für Mode, der noch nie in diesem Kontext einen bunten Jumpsuit gesehen hat und deshalb so eine blöde Frage stellt. Das ist jetzt nur ein Beispiel. Vielleicht müsste in der Geschichte noch deutlicher hervorgehoben werden, wie er die Frage stellt, damit es klarer ist.

Womit ich persönlich ein Problem habe: In meinen Augen erhebt sich die Frau in ihren Gedanken des Ärgers sowie mit ihrer Antwort selbst über andere Menschen, die in ihren Augen nicht so viel leisten wie sie. Zumindest kommt es bei mir so herüber. Sie betont indirekt, dass sie durch das Studium und alles, was sie sich erarbeitet hat, irgendwie etwas Besseres ist als die Unterhaltungskünstlerin und der Kellner. Ich bin mir sicher, dass du das nicht so gemeint hast, auch weil du ja schreibst, dass du es wegen der vergleichbaren Kleidung so gemacht hast. Ich frage mich aber, wie ich mich jetzt als Kellner oder als Tänzerin, die vielleicht wirklich nur für die Unterhaltung sorgt, fühlen würde. Weniger wertvoll, weil ich den studierten Businessmenschen nur die Gläser reiche? Leider hat die Geschichte bei mir diesen Beigeschmack.

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Oder, um ein Fass aufzumachen : wenn der Politiker dunkelhäutig ist. Die ganze Assoziationskette rückwärts in Bezug auf Rassismus und Sklaverei…

Wow @ Anachronica,
ich war ein paar Tage nicht im Forum, darum habe ich erst heute alles lesen können.
Schon als du die Geschichte eingestellt hattest, war ich erstaunt, dass nicht viel mehr ( auch kontroverse) Kommentare abgegeben wurden. Das ist ja nun nachgeholt worden.
Und das ist auch wirklich gut so, finde ich. Denn dein „heißes Eisen“ ist natürlich ein Thema, bei dem es ganz unterschiedliche Reflexe geben muss. Das muss man als Autor oder Autorin aushalten. Da mache ich mir bei dir aber keine Sorgen.
Und darum nochmals danke, dass du diesen Text mit uns geteilt hast. Meine Meinung dazu steht ziemlich weit oben in der Liste, und ich habe auch nichts daran zu ändern!
Auch wenn ich nicht studiert habe, keine akademische Laufbahn hatte und noch keine erfolgreiche Autorin bin ( das werde ich hoffentlich noch ändern) - deine Aussage im Text kann ich sowas von nachvollziehen!!
Egal was du als Frau machst: Hausfrau, Erzieherin, Krankenpflegerin, Ärztin, Professorin… , Tänzerin, Kellnerin…, Gärtnerin…, es gibt eben immer noch diese Situationen…, und dann musst du dich wehren. Und eigentlich ist die einzige Frage, die in meinem Kopf dazu entsteht: Warum ist das (immer noch) so?

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Ich finde, das Irritierende ist gerade, dass aus dem Text durchaus hervorgeht, wie er die Frage stellt. Und zwar nett. Die Protagonistin selbst geht davon aus, dass es sich wahrscheinlich um einen nett gemeinten Versuch zum Smalltalk handelt. Eines gelangweilten und vielleicht schon etwas angetüterten Mannes.
Dennoch empfindet sie es als Faust im Gesicht.
Ab da habe ich sie als unsichere, vielleicht sogar etwas bemitleidenswerte Person wahrgenommen, die innerlich ihren ganz persönlichen Film schiebt, der mit der eigentlichen Situation nichts zu tun hat.
Je länger ich darüber nachdenke, je unsympathischer sie mir wird. Einfach normal kommunizieren und
nachfragen, wie der Mann es genau gemeint hat, hält sie für überflüssig. Denn obwohl sie ihn nicht kennt, glaubt sie zu wissen, was er auf ihre Fragen antworten würde und unterstellt ihm die schlimmsten Gedanken. Selbst möchte sie als Individuum wahrgenommen werden, andere steckt sie flugs in eine Schublade.
Der Mann kann dafür nichts und ahnt davon nichts. Er ist hier nicht das Problem.

Das ist übrigens keine Kritik am Text, der wirklich toll geschrieben ist. Kompliment an Anachronica :slight_smile:

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Ich brauche einen Hammer. Beim Nachbarn gibt es bestimmt einen. Aber dann muss ich ihn dafür danken. Vielleicht wird er mit mir biertrinken wollen.
Dann lädt er mich auf seine nächste Feier ein. Aber er wird doch immer aggressiv, wenn er betrunken ist. Er wird mich anbrüllen und auf mich los gehen.

Ich gehe zu seinem Haus, klingel und rufe: „Ich will deinen verdammten Hammer nicht!“

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