Sylter Krimi

Selina fuhr mit einem sportlichen Tempo Richtung Kampen. Wegen den Ausgangsbeschränkungen waren die Strassen meistens leer. Fiete sass neben ihr und sinnierte vor sich hin. Warum hatte er nur das Medaillon eingesteckt? Das kann nicht gut ausgehen. Sollte er es an den Fundort zurücklegen, damit es später gefunden wurde? Aber Glanz war ein gründlicher Mensch. Der würde sofort misstrauisch. Er hatte ja gesehen, wie er den Sand umgepflügt hat. Ein Kauf? Ohne Quittung? Als Polizist würde er keinem Verdächtigen glauben, er hätte die Quittung für eine teuren Kauf weggeworfen. Zum anderen müsste der Kauf im Laden registriert sein. Er konnte es drehen wie er wollte. Es gab keinen sauberen Ausweg.

„Fiete! Aufwachen, wir sind da.“ Selina bog gerade auf einen Vorplatz ein und parkierte den Wagen neben dem Streifenwagen. Vor der Ladentüre standen zwei Streifenpolizisten neben einem untersetzten Mann in Zivil. Selina und Fiete stiegen aus und gingen auf die Drei zu.
„Guten Tag, ich bin Kommissar Petersen und das ist Kommissarin Sommer. Was haben wir hier?“
„Guten Tag“, begann ein Streifenpolizist. „Das hier ist Erich Wernecke, der Geschäftsführer des Juwelierladens. Bei ihm ist eingebrochen worden.“
„Verstehe“, erwiederte Fiete. „Ich sehe noch keine Absperrung. Könnten sie das jetzt erledigen.“ Die beiden Streifenpolizisten gingen zu ihrem Wagen, holten das Material heraus und begannen mit der Absperrung. Fiete wandte sich Wernecke zu. Trotz Massanzug machte er einen unordentlichen Eindruck. Seine Augen irrlichterten umher. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweissperlen.
„Nun, Herr Wernecke. Dann erzählen sie uns mal, was passiert ist.“
„Ich ging wie jeden Tag zum Laden, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist“, fing er mit zitternder Stimme an. „Auch wenn der Laden geschlossen ist, fühle ich mich dazu verpflichtet. Schon als ich die leeren Schaufenster sah, ahnte ich Übles. Als ich zur Tür kam, war sie nicht verschlossen.“
Fiete und Selina gingen näher zur Tür und schauten sie genau an.
„Ich kann keine Spuren eines gewaltsamen Einbruchs entdecken“, sagte Fiete zu Wernecke. „Die Tür muss mit einem Schlüssel geöffnet worden sein. Wer hat alles einen Schlüssel für den Laden?“
„Nur ich und die Kassiererin Marika Röhn.“
„Dann werden wir diese Frau Röhn befragen müssen. Oder haben sie eine Erklärung dafür, wieso die Tür offen war?“
Wernecke holte sein Taschentuch aus der Hose und wischte sich den Schweiss von der Stirn.
„Nun, ja … äh … es ist mir etwas peinlich, das zu sagen. Aber ich habe gestern vergessen, den Laden abzuschliessen und die Alarmanlage einzuschalten.“ Selina runzelte die Stirn. Fiete liess sich nichts anmerken.
„Herr Wernecke, ich glaube, es ist das Beste, wir setzen das Gespräch auf dem Revier fort. Bitte geben sie mir noch den Schlüssel für den Laden, damit wir abschliessen können, wenn wir mit der Arbeit fertig sind.“
Er winkte die beiden Streifenpolizisten herbei.
„Bitte bringen sie Herr Wernecke aufs Revier. Und fordern sie einen Streifenwagen und die Spurensicherung an. Wir warten hier, bis diese eingetroffen sind.“
Als sich die Polizisten mit Wernecke entfernt hatten, platzte es aus Selina heraus:
„Mann, das darf doch nicht wahr sein. Vergessen abzuschliessen und rein zufällig marschieren dann Einbrecher rein. Hält der uns für blöd?“
„Ja, da stimmt einiges nicht. Aber ich habe das Gefühl, er hat Angst.“
„Überlässt du ihn mir? Ich bin gerade in Stimmung“, fragt Selina mit grimmiger Miene. Fiete nickte.

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Der Imbisswagen von Margarete stand gegenüber der Polizeistation. Ich sah Kurt nach, wie er über die Straße hastete und sich an die lange Menschenschlange anstellte, die sich mittlerweile gebildet hatte. Durch die Abstandsregelung war sie noch viel viel länger als sonst, denn bei Margarete gab es die besten Fischbrötchen auf der ganzen Insel. Kurt hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und hielt den Kopf gesenkt. Er schien bei seinen Kollegen nicht sehr beliebt zu sein. So kam es mir jedenfalls vor. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Kurt an der Reihe war. Kaum hatte er die Brötchentüte in der Hand, rannte er so schnell er konnte zurück und riss die Tür des Polizeigebäudes auf.
“Wart doch mal, Kurt”, rief ich und stürzte auf ihn zu.
“Lass mich in Ruhe”, knurrte er und warf die Tür hinter sich zu. Bevor ich sie aufhalten konnte klickte sie ins Schloss.
“Verdammt!” Ich drückte die Klinke runter, aber die Tür ließ nicht öffnen. Seltsam. Jetzt konnte ich nur warten, bis jemand die Tür öffnete, um dann hindurch zu schlüpfen. Ich lehnte mich an die Wand. Und machte sogleich einen Satz nach vorne, als hätte ich mich verbrannt. Du lieber Himmel! Die Wand gab nach! Vorsichtig legte ich eine Hand auf die Klinkermauer. Sie ging hindurch. Das war ja voll abgefahren!
In dem Moment erschienen Kurt und sein Chef Glanz. Sie trugen wieder ihre weißen Anzüge und hatten es offenbar eilig.
“Was ist denn los?”, frage Kurt seinen Chef während er hinter ihm her rannte.
“Beim Juwelier in Kampen wurde eingebrochen.”
Das war ja interessant! Ob das etwas mit dem Medaillion und mir zu tun hatte?

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@Pferdefrau Super! So stimmt die Zeit wieder.

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Einer deiner Leser fragt sich gerade gerade:
Wenn die Tür durch den Fuß geht, warum kann dann nicht der Geist durch die geschlossene Tür gehen?:slight_smile:
mfg os|<ar

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Für Vampire gibt es den Mythos, dass sie ein Haus nur betreten können, wenn sie in das Haus eingeladen wurden.
Für Geister gibt es Salz als Schwelle, die sie nicht überschreiten können.
Kreativität ergänzt das.

Insgesamt wäre es natürlich ein neues Hindernis, wenn er nicht rein kann und erstmal herausgefunden werden muss, warum.

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Ich heftete mich an die Fersen der beiden. Ich werde einfach mit ihnen mitfahren. Anderes hatte ich eh nicht zu tun. Vielleicht finde ich in Kampen Informationen, die mir weiterhelfen. Beim Wagen schlüpte ich sofort hinein, als die Türen geöffnet wurden. Ich machte es mir bequem und los ging die Fahrt.

„Ein Scheisstag ist das wieder heute“, begann Glanz. „Jetzt müssen wir schon wieder raus. Ich konnte den Toten nicht mal richtig untersuchen. Kennst du den zufällig?“
„Öhm, ja. Ich ging mal zur Schule mit ihm.“
„Das ist ja ein Ding. Tja, so sieht man sich wieder. Ha,Ha,Ha.“
Kurt wurde es unwohl. Wenn Philipp auch im Wagen sass?
„Kurt, dann kannst du die Obduktion machen. Deinen Kumpel mal so richtig auseinandernehmen. Ha,Ha,Ha.“
„Er war nicht mein Kumpel.“
„Nicht? Dann war er wohl der, der dich verprügelte. Stimmts! Du warst damals ein Loser und bist es heute noch.“
Kurt war froh, dass sie in Kampen ankamen und er aussteigen konnte. Sein Chef konnte so ein Arschloch sein.

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Glanz parkte den Wagen und stieg aus.
“Das hat dein Chef ja ganz gut erkannt”, flüsterte ich Kurt zu, als er die Autotür öffnete.
“Oh nein, du schon wieder”, stöhnte Kurt genervt.
“Ja, ich”, antwortete ich amüsiert. “Könntest du die Tür bitte auflassen? Damit ich raus kann?”
“Können Geister denn nicht durch Türen gehen?” Kurt blickte über seine Schulter zu mir nach hinten.
“Tja, ich offenbar nicht.” Ich verschwieg ihm das mit der Wand. “Kurt, bitte hör mir zu”, flehte ich ihn an, als er ausstieg und schon die Tür schließen wollte. “Wenn du mir hilfst, helfe ich dir.”
“Ach ja? Du kannst mich mal …”
“Kurt, wo bleibst du denn?”, rief Glanz.
“Ja, ja, ich komm ja schon.” Kurt sah sich nocheinmal zu mir um. “Ich verstehe das alles nicht. Wieso? Ist das wie bei Fluch der Karibik? Du findest deine Ruhe erst, wenn der Fluch, ich meine der Mord geklärt ist?”
“Alles gute Fragen. Und deshalb brauche ich deine Hilfe.”
Kurt zögerte. “Also gut”, sagte er ergeben.
“Willst du nicht die Tür schließen?” Glanz sah Kurt prüfend an. “Bist wohl ziemlich mit den Nerven runter, Junge. Der Tot deines ehemaligen Schulkameraden hat dich wohl doch ganz schön mitgenommen.”
Kurt nickte knapp, schlug die Tür zu und folgte Glanz zum Juwelierladen.

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So genau kann er das ja nicht wissen. Evtl. umformulieren?

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Wenn ich davon ausgehe, dass das hier der Bestseller schlechthin geschrieben wird, sollte man die Marke “Sylt” nicht vergessen. Die meisten Syltkrimis, die hier geschrieben und vertrieben werden, basieren auf dem Wiedererkennungswert - “Oh, ne Leiche in Kampen, da warn wir doch gestern!” - der tatsächlichen Orte und eventuell sogar Personen. Daher rate ich dazu, die Fischbrötchen nicht bei Margarete Petersen zu kaufen, sondern bei Gosch oder Blum, das sind hier die Fischbrötchenmultimillionäre.
Insgesamt sind diese Syltkrimis ziemlich platt - meine *vollkommen objektive *Meinung - und langweilig. Eine Dame läßt die italienische Schwiegermutter des Komissars ermitteln und am Ende des Buches gibt es nochmal ein Rezept für - was weiß ich - Spaghetti a la Vergewaltigung.
Sowas gab es doch schon mal? “Es muß nicht immer Kaviar sein” von Johannes Mario Simmel aus den 60er Jahren.

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Durch Türen kann ich auch gehen. :stuck_out_tongue:
Ich würde „durch Wände gehen“ hier bevorzugen. (Oder kann er nur nicht durch Türen, durch Wände aber doch? Wäre witzig.)
Und bei Milar weiter oben „parkte“ anstatt „parkierte“.
Aber was nöle ich, ich traue mich schon gar nicht mehr, mitzuschreiben. Mir fehlt die Figurendatenbank.^^
Bevor ich mich weiter in Details verliere, versuche ich, noch etwas beizutragen.

Kurt ist kein Pathologe, sondern das war nur ein Scherz seines Vorgesetzten. Okay soweit. Anfangs trägt er einen weißen Overall und jetzt vorm Juwelier soll die Spusi gerufen werden. Er ist also nicht selbst bei der Spusi. Also ebenfalls Kommissar, der andere Kommissar ist ihm aber vorgesetzt? o_O

Auf dem Weg ereilte Kurt ein Hustenanfall. Mittlerweile hatte er so oft husten müssen, dass er es drauf hatte, in die Armbeuge zu husten.
„Bist du etwa infiziert?!“ Sein Vorgesetzter vergrößerte den Sicherheitsabstand.
„Die Zigaretten.“
„Du keuchst ja! Hast du Atemnot?“
„Wovon denn?“
Kurts Chef machte Anstalten, ihm den Zutritt zum Juwelierladen zu verwehren. Ja, klar! Das kam ihm jetzt gerade gelegen, um unbeobachtet Spuren zu verwischen. Aber mit mir hatte er nicht gerechnet. Selbst wenn er sich bereits angesteckt haben sollte, sehen konnte mich ja auch Kurt nicht. Diesmal musste ich nur schnell genug sein, um ins Gebäude zu gelangen.

Zu den Fischbrötchen hab ich noch einen Vorschlag: Der Chef soll ihm auftragen, sie aber nicht bei Gosch oder Blum zu holen, um denen nicht noch mehr Geld in den Rachen zu werfen. :smirk:

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Das wäre natürlich schön. Dann müsste das Ganze überarbeitet werden usw. Mir fehlt, wie gesagt, die Zeit für ein weiteres Projekt.
Ich möchte demnächst meine erste Geschichte ins Lektorat geben. Dann bin ich noch an einem Gemeinschaftsprojekt beteiligt, das mir am Herzen liegt, und ein weiter Roman ist schon geplant.

Hihihi. :smiley: Da müsste eine Warnung in den Klappentext: „Hinten sind keine Rezepte drin“ :slight_smile:

Erwischt! Verdammt noch eins.:laughing: :smiley:

Warum nicht? Wär doch schade. Mit gefällt deine Schreibe.:thumbsup:

Warum sollte Kurt nicht bei der Spusi sein?:confused:

Find ich super, den Vorschlag:thumbsup:

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Wenn Kurt und Glanz bei der Spusi sind, dann ist Glanz nicht der Kommissar. :smirk:
Ich hab da irgendwas durcheinander gebracht. Sag ich doch, ich komm nicht mehr mit. *gg
Irgendwie war bei mir hängen geblieben, dass Kurt samt Chef (den ich mit dem Kommissar vermischt hab) schon vor Ort ist, als die Spusi gerufen wird, völlig ungeachtet seines wertvollen Auftritts mit den Fischbrötchen. :rofl:
Mir passiert sowas leider oft; Kopp = Sieb.

Ich glaube, es wäre hilfreich, wenn derjenige, der die Perspektive wechselt, zu Beginn ein *** macht oder dergleichen.

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Willkommen in meiner Welt! Ich habe da auch einiges durcheinander gebracht. Vielleicht liegt es ja nur an mir, aber die Charaktere müßten etwas klarer voneinander abgetrennt sein.

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wenn derjenige, der die Perspektive wechselt, zu Beginn ein *** macht oder dergleichen.
Gute Idee!
Ganz kurz: Ich habe am Wochenende nicht viel Zeit zum Schreiben. Bzgl. Geist, Türen/Wände lass ich mir was einfallen.

Schönes Wochenende zusammen!

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Das hat Glanz geraten. Er hat einfach das Gegenteil von Kumpel genommen. Er war ja auch mal in der Schule. Überarbeiten kommt später.

Danke. Wird bei der Überarbeitung berücksichtigt.

Richtig. Petersen und Sommer sind die Kommissare.

Klar, wenn daraus mehr wird, werden wir uns Stadtpläne, Satellitenfotos und Google Street View anschauen müssen. Echte Namen sind auch gut, aber da müsste man um Erlaubnis fragen, wenn man keine Probleme will.

Dann müsste man anfangen, eine konkrete Geschicht zu schreiben. Bis jetzt war es eine Ideensammlung. Wir haben nun einen Sandhaufen, jetzt könnte man mit dem Bau der Burg beginnen. Ich hätte eine Idee, wie die Geschichte aussehen könnte. Aber ich will den anderen nicht den Spass verderben, wenn sie noch weiter einfach drauflosschreiben wollen.

Ich weiss, wie wir zu mehr Mitstreitern kommen. Wenn wir den Text in den Lesezirkel stellen. Dann wird aus allen Rohren geschossen.
Natürlich nicht diesen Text hier, sondern den von der konkreten Geschichte.

Die konkrete Geschichte würde in Papyrus geschrieben. Dann hast Du die Figurendatenbank und den Zeitstrahl.

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Ein Profifotograf macht etwa 5000 Bilder, von denen vielleicht fünf verwertet werden. Das paßt schon.

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Bei einer anderen Geschichte mit mehreren Autor*innen haben wir das so gelöst, dass einer ein Dropbox-Verzeichnis geteilt hat, in dem die Geschichte als pap-Projekt abgelegt ist, mit allem drum und dran. Nachteil: es kann immer nur einer an der Story arbeiten, sonst gibt es “Konfliktversionen”, und das ist mühselig.
Wir nutzen das allerdings nicht direkt zum Weiterschreiben, sondern zum Überarbeiten.

Das wäre vielleicht eine Idee, damit der Text nicht durch die ganzen Kommentare so auseinander gerissen wird - weiter schreiben im Lesezirkel (ohne Kommentare dazwischen), kommentieren etc. weiterhin hier, in diesem Thread?

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Die Kommissare Selina Sommer und Fiete Petersen betraten den Juwelierladen.
Oskar Glanz und sein Assistent Kurt waren gerade dabei, alle Oberflächen sorgfältig mit schwarzem Puder einzustäuben, um Fingerabdrücke zu sichern. Kurt mit dem Pinsel vorneweg und Glanz mit der Spurensicherungsfolie direkt auf seinen Fersen.
Fiete nieste, dieses Pulver reizte ihn immer dazu. Natürlich in seinen Ärmel. Das Medaillon brannte immer noch in seiner Hosentasche. Er schlenderte betont lässig hinter einen der Verkaufstresen, der noch nicht eingestäubt war, und bückte sich, wie um sich etwas genauer anzusehen.
Selina hatte sich zu Glanz und Kurt gesellt, die Gelegenheit war günstig.

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Verstohlen fingerte er in seiner Tasche nach dem Medaillon und wollte es gerade herausziehen …
“Hast Du was entdeckt?” Selinas Stimme erklang direkt über seinem Kopf. Er zuckte zusammen, das Adrenalin sprudelte in seinen Ohren und sein Herz klopfte hoch im Hals. Einmal tief durchatmen.
“Äh, ja, dachte ich zumindest. Aber ist wohl doch nichts.”
“Na gut. Viel werden wir hier wohl nicht erfahren. Lass uns aufs Präsidium fahren, diesen Wernecke in die Mangel nehmen. Der weiß doch etwas.”
Widerstrebend stand Fiete auf.

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**Sylter Krimi 3. Teil
**
Mein Sprachrohr in spe genehmigte sich eine Raucherpause.
“Kurt!”, rief ich.
Er zog sein Handy aus der Tasche und stellte fest, dass keine Verbindung offen war. Er riss die Augen auf und sah sich wieder um.
Ich musste ihm mitteilen, was ich beobachtet hatte. Doch zunächst musste ich sein Vertrauen gewinnen. “Hab keine Angst. Du hast nichts verbockt oder so und ich will Dir auch nichts tun.”
Jetzt steckte er sich je einen Finger in die Ohren und drehte sie.
“Ich bin keine Einbildung.” Offenbar war er der Aufgabe nicht gewachsen. “Wenn Du mich zu jemand anderem bringst, der mich ebenfalls wahrnehmen kann, lasse ich dich sofort in Ruhe.”
“Was willst Du?”
“Es geht mir nur um eine Kleinigkeit. Ich habe gesehen, dass der Kommissar einen Gegenstand aus meiner Hosentasche, also aus der meines Leichnams, genommen und eingesteckt hat. Ein Medaillon.”
Kurt zog schweigend an seiner Zigarette.
“Ich gebe zu, ich habe es selbst in die Tasche da reingesteckt, nachdem der Hund es gefunden hatte, aber ich bin sicher, dass es zur Aufklärung meines Mordes - ich meine, des Mordes an mir - beitragen wird.”
“Und was habe ich damit zu tun?”
“Gar nichts. Aber an wen soll ich mich sonst wenden?”

Kurt starrte vor sich hin, die Zigarette war schon lange aufgeraucht.
Ich wartete.
“Die halten mich doch sowieso schon alle für verrückt. Und jetzt soll ich auch noch mit einem Geist reden, also irre Selbstgespräche führen?”
Ich zuckte mit den Schultern, aber sehen konnte er mich offensichtlich nicht.
“Ich verspreche dir, dass ich mich bemühen werde, dich nicht vollzuquatschen, wenn Leute nahebei sind.” Ich kreuzte die Finger hinter meinem Rücken, sicher ist sicher.
Kurt war inzwischen leicht grün im Gesicht geworden, aber er nickte ergeben. Kein Wunder, dass sein Boss ihn so unter der Fuchtel hatte.
“Und wer bist du? Ich meine, wer bist du gewesen? Und wie bist du da am Strand gelandet?” Neugierig war er also doch.
Diese durchaus berechtigten Fragen stellten mich vor ein erhebliches Problem.
“Ich bin, äh, war, nein, bin immer noch, Philipp Hansen. Aber was da passiert ist, keinen Schimmer.” Er riss die Augen auf.
“Philipp Hansen? Der Philipp Hansen? Vom “Roten Kliff”?” Die Reaktion hatte ich erwartet.
“Du Armleuchter, und dir soll ich helfen? Du hast mich mehr als einmal nicht reingelassen.” Du meine Güte.

“Nun ja …” Ich machte eine unbestimmte Geste.
Mit zitternden Fingern zündete Kurt sich eine weitere Zigarette an. Er tat einen tiefen Zug und schien sich ein wenig ruhiger zu fühlen. “Okay, lassen wir das jetzt mal.” Kurt fuhr sich nervös durchs Haar und zog erneut an seiner Kippe. Er schlurfte zu einer Bank, die in der Grünanlage vor dem Polizeigebäude stand. Ich folgte ihm abwartend. “Und … und du kannst dich wirklich an gar nichts mehr erinnern?”, fuhr er fort.
“Ich erinnere mich nur daran, dass ich gefallen bin”, antwortete ich.
“Ein Geist mit Amnesie. Ich glaube das einfach nicht.” Kurt schloss einen Moment die Augen. Er tat mir schon ein wenig leid.
“He, Kurt, hol mal eine Ladung Fischbrötchen. Aber bei Margarete, nicht bei Blum”, rief einer seiner Kollegen. Mir lief sofort das Wasser im Mund zusammen. Aber können Geister überhaupt essen? Nun, einen Versuch war es alle Mal Wert.

Selina fuhr mit einem sportlichen Tempo Richtung Kampen. Wegen den Ausgangsbeschränkungen waren die Strassen meistens leer. Fiete sass neben ihr und sinnierte vor sich hin. Warum hatte er nur das Medaillon eingesteckt? Das kann nicht gut ausgehen. Sollte er es an den Fundort zurücklegen, damit es später gefunden wurde? Aber Glanz war ein gründlicher Mensch. Der würde sofort misstrauisch. Er hatte ja gesehen, wie er den Sand umgepflügt hat. Ein Kauf? Ohne Quittung? Als Polizist würde er keinem Verdächtigen glauben, er hätte die Quittung für eine teuren Kauf weggeworfen. Zum anderen müsste der Kauf im Laden registriert sein. Er konnte es drehen wie er wollte. Es gab keinen sauberen Ausweg.

„Fiete! Aufwachen, wir sind da.“ Selina bog gerade auf einen Vorplatz ein und parkte den Wagen neben dem Streifenwagen. Vor der Ladentüre standen zwei Streifenpolizisten neben einem untersetzten Mann in Zivil. Selina und Fiete stiegen aus und gingen auf die Drei zu.
„Guten Tag, ich bin Kommissar Petersen und das ist Kommissarin Sommer. Was haben wir hier?“
„Guten Tag“, begann ein Streifenpolizist. „Das hier ist Erich Wernecke, der Geschäftsführer des Juwelierladens. Bei ihm ist eingebrochen worden.“
„Verstehe“, erwiederte Fiete. „Ich sehe noch keine Absperrung. Könnten sie das jetzt erledigen.“ Die beiden Streifenpolizisten gingen zu ihrem Wagen, holten das Material heraus und begannen mit der Absperrung. Fiete wandte sich Wernecke zu. Trotz Massanzug machte er einen unordentlichen Eindruck. Seine Augen irrlichterten umher. Auf seiner Stirn bildeten sich Schweissperlen.
„Nun, Herr Wernecke. Dann erzählen sie uns mal, was passiert ist.“
„Ich ging wie jeden Tag zum Laden, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist“, fing er mit zitternder Stimme an. „Auch wenn der Laden geschlossen ist, fühle ich mich dazu verpflichtet. Schon als ich die leeren Schaufenster sah, ahnte ich Übles. Als ich zur Tür kam, war sie nicht verschlossen.“
Fiete und Selina gingen näher zur Tür und schauten sie genau an.
„Ich kann keine Spuren eines gewaltsamen Einbruchs entdecken“, sagte Fiete zu Wernecke. „Die Tür muss mit einem Schlüssel geöffnet worden sein. Wer hat alles einen Schlüssel für den Laden?“
„Nur ich und die Kassiererin Marika Röhn.“
„Dann werden wir diese Frau Röhn befragen müssen. Oder haben sie eine Erklärung dafür, wieso die Tür offen war?“
Wernecke holte sein Taschentuch aus der Hose und wischte sich den Schweiss von der Stirn.
„Nun, ja … äh … es ist mir etwas peinlich, das zu sagen. Aber ich habe gestern vergessen, den Laden abzuschliessen und die Alarmanlage einzuschalten.“ Selina runzelte die Stirn. Fiete liess sich nichts anmerken.
„Herr Wernecke, ich glaube, es ist das Beste, wir setzen das Gespräch auf dem Revier fort. Bitte geben sie mir noch den Schlüssel für den Laden, damit wir abschliessen können, wenn wir mit der Arbeit fertig sind.“
Er winkte die beiden Streifenpolizisten herbei.
„Bitte bringen sie Herr Wernecke aufs Revier. Und fordern sie einen Streifenwagen und die Spurensicherung an. Wir warten hier, bis diese eingetroffen sind.“
Als sich die Polizisten mit Wernecke entfernt hatten, platzte es aus Selina heraus:
„Mann, das darf doch nicht wahr sein. Vergessen abzuschliessen und rein zufällig marschieren dann Einbrecher rein. Hält der uns für blöd?“
„Ja, da stimmt einiges nicht. Aber ich habe das Gefühl, er hat Angst.“
„Überlässt du ihn mir? Ich bin gerade in Stimmung“, fragt Selina mit grimmiger Miene. Fiete nickte.

Der Imbisswagen von Margarete stand gegenüber der Polizeistation. Ich sah Kurt nach, wie er über die Straße hastete und sich an die lange Menschenschlange anstellte, die sich mittlerweile gebildet hatte. Durch die Abstandsregelung war sie noch viel viel länger als sonst, denn bei Margarete gab es die besten Fischbrötchen auf der ganzen Insel. Kurt hatte die Hände in den Hosentaschen vergraben und hielt den Kopf gesenkt. Er schien bei seinen Kollegen nicht sehr beliebt zu sein. So kam es mir jedenfalls vor. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis Kurt an der Reihe war. Kaum hatte er die Brötchentüte in der Hand, rannte er so schnell er konnte zurück und riss die Tür des Polizeigebäudes auf.
“Wart doch mal, Kurt”, rief ich und stürzte auf ihn zu.
“Lass mich in Ruhe”, knurrte er und warf die Tür hinter sich zu. Sofort streckte ich den linken Fuß vor, um die Tür aufzuhalten, doch sie ging durch mich hindurch und klickte ins Schloss.
“Verdammt! Na ja, dann warte ich eben, bis jemand die Tür öffnet.”
Wenig später erschienen Kurt und sein Chef Glanz. Sie trugen wieder ihre weißen Anzüge und hatten es offenbar eilig.
“Was ist denn los?”, frage Kurt seinen Chef während er hinter ihm her rannte.
“Beim Juwelier in Kampen wurde eingebrochen.”
Das war ja interessant! Ob das etwas mit dem Medaillion und mir zu tun hatte?

Ich heftete mich an die Fersen der beiden. Ich werde einfach mit ihnen mitfahren. Anderes hatte ich eh nicht zu tun. Vielleicht finde ich in Kampen Informationen, die mir weiterhelfen.
Beim Wagen schlüpte ich sofort hinein, als die Türen geöffnet wurden. Ich machte es mir bequem und los ging die Fahrt.

„Ein Scheisstag ist das wieder heute“, begann Glanz. „Jetzt müssen wir schon wieder raus. Ich konnte den Toten nicht mal richtig untersuchen. Kennst du den zufällig?“
„Öhm, ja. Ich ging mal zur Schule mit ihm.“
„Das ist ja ein Ding. Tja, so sieht man sich wieder. Ha,Ha,Ha.“
Kurt wurde es unwohl. Wenn Philipp auch im Wagen sass?
„Kurt, dann kannst du die Obduktion machen. Deinen Kumpel mal so richtig auseinandernehmen. Ha,Ha,Ha.“
„Er war nicht mein Kumpel.“
„Nicht? Dann war er wohl der, der dich verprügelte. Stimmts! Du warst damals ein Loser und bist es heute noch.“
Kurt war froh, dass sie in Kampen ankamen und er aussteigen konnte. Sein Chef konnte so ein Arschloch sein.

2 „Gefällt mir“