Kaffeepause somit verlängert… Ich danke allen die zu meinen Beiträgen kommentiert haben. Ich wünsche euch eine besinnliche Weihnachtzeit und einen guten Übergang ins neue Jahr. Bleibt heil und ganz und vor allem - G´sund…
Was für eine Katastrophe! Da lehnt man sich mal für eine Weile zurück – schließlich habe ich die Menschen nach meinem Ebenbild erschaffen – und nun das. Was sie innerhalb kurzer Zeit mit meiner schönen Erde gemacht haben ist zuviel. Wenn ich gewusst hätte, wie sich das entwickelt, hätte ich viel früher nach dem Rechten geschaut. Dafür ist es vermutlich zu spät. Und dieses ständige konkurieren um den einzig wahren Gott. Furchtbar. Es gibt nur einen Gott, und der bin ich! Warum kapieren die das nicht? Ach, egal. Wozu aufregen? Bringt ja nichts. Aber irgendwas muss ich machen, so kann es nicht weitergehen. Um mir ein genaueres Bild der Lage zu machen betrete ich einen dieser neumodischen Tempel. Doch anstatt zu beten, huldigen die Menschen lieber dem schnöden Mammon. Und überall die kleinen flachen Kästen, in die die Menschen ständig starren. Und nicht nur die. Überall hängen die Kästen. In allen größen. Auf einem dieser Kästen stehen Nachrichten. Du lieber Himmel! Die Lage ist ja noch viel schlimmer, als ich befürchtet habe! Aber jetzt ist schluss! Mit meinem göttlichen Atem werde ich sie alle hinwegfegen und mir etwas besseres einfallen lassen.
Blitzgewitter
Du reißt mich kreischend aus dem Schlaf, der mich von Nymphen träumen ließ, erzählst mir aufgeregt, ich müsse es sehen, unbedingt und sofort. Ich steige 2.917 verdammt beschwerliche Höhenmetern hinab, ohne Frühstück, zu wenig Wasser im Körper, übermüdet, schlecht gelaunt, in brennender Hitze, um mir die Menschen zu zeigen, die sich, zweieinhalbtausend Jahre später immer noch gegenseitig die Schädel einschlagen, weil sie aus Schwäche der Eitelkeit und aus Angst dem Zorn verfallen sind?! Mein Blitz soll dich treffen!
Das ist nicht der Anlass? Ein Gerät? Ich kann ein Bildnis von mir in einem verklärten Ideal von abstrakter Schönheit in endlosen Variationen mühelos reproduzieren und die Menschheit damit belagern? Zeig her!
Weizenähren im Haar
Ich lehrte den Menschen den Ackerbau und trug Sorge für die Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides und der Saat. Sie beteten mich an. Sie haben sogar einen Verein für mich gegründet. Ein eigenes Logo. Weiße Buchstaben auf orangenem Grund, grün unterstrichen. Eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, ganz nach meinem Geschmack.
„Ach, da bist du ja.“ Ein Mann mit Karohemd und Gummistiefeln öffnet mir die Pforte. „Ich bin Willi. Du kannst gleich anfangen.“ Er wirft mir ein paar Handschuhe ins Gesicht, die ich nur knapp auffangen kann. Puh, er hat mich nicht erkannt. Ich lasse das zunächst so. Als Undercover Boss ist es wichtig, unerkannt an der Basis zu sein, um die Probleme ungefiltert zu Gesicht zu bekommen. Mein langes weizenblondes Haar habe ich deshalb heute bewusst nicht zu einem Kranz hochgesteckt und mit Blumen und Weizenähren versehen. Ein einfacher Dutt wirkt seriöser. Meine hellblaue Tunika habe ich gegen eine Latzhose eingetauscht. Wenn schon, denn schon.
Wir gehen an den beiden Gewächshäusern vorbei Richtung Hauptgebäude. Ökohof Waldgeflüster steht immer noch auf dem Schild neben dem Eingang.
„Hast du schon Erfahrungen mit Beetvorbereitung oder Kulturführung und –pflege?“ Knarzend öffnet Willi die Tür. Seine Hände sind wettergezeichnet.
Jede Menge. Ich halte mich bedeckt, schließlich will ich nicht auffallen. „Ja, geht so. Ich habe mal das ein oder andere Buch gelesen.“
„Na das sind doch schon mal gute Voraussetzungen.“ Willis Zahnlücke blitzt auf.
Ich folge ihm in den winzigen Flur. Der Geruch von frischem Kaffee strömt in meine Nase. Das schwarze Zeug kenne ich noch von meinem letzten Besuch. Da hieß Willi noch Fred und war 50 Jahre älter. Die Treppe zum Aufenthaltsraums wurde inzwischen weiß gestrichen. Links geht’s zum Klo und rechts ins Büro. Alles wie immer. Ich folge Willi nach rechts. Er verschwindet hinter dem massiven Schreibtisch, Eiche rustikal, echtes Handwerk, immer noch der gleiche. „Setz dich. Ich hole nur eben den Praktikantenvertrag.“ Er wühlt in einem Stapel Unterlagen.
Praktikantenvertrag. Ich muss mich echt zusammen reißen, damit ich nicht laut loslache. Ich nehme ihm gegenüber auf dem Besucherstuhl Platz.
„Ach, da ist er ja.“ Willi zieht ein Blatt Papier hervor. Er zeigt auf die untere Linie und gibt mir einen Stift. „Hier bitte unterschreiben.“
Ich unterschreibe. Dann falte ich die Handschuhe auf meinem Schoß.
Willi nimmt das Blatt Papier entgegen, sieht auf und starrt mich an. Mist, ich habe wieder nicht mit Emma Gärtner unterschrieben. Immer diese Anfängerfehler. Moment mal, er starrt nicht mich an. Er starrt auf irgendetwas hinter mir. Ich drehe mich um. Meine blauen Augen strahlen mich an. Verdammt, es ist immer noch da. Hinter mir hänge immer noch ich, in Öl und in Farbe, mein Haar zu einem Kranz hoch gesteckt, mit Ähren und Blumen verziert. Ich sehe zu Willi. Schweißperlen sammeln sich auf seiner Stirn. Hoffentlich bekommt er jetzt nicht einen Herzinfarkt, wie der arme Fred. Den mochte ich so gern.
Fixpunkt
In manchen Zeiten, wenn es unbedingt notwendig ist, dass auf der Welt ein bestimmtes Ereignis eintrifft, werde ich geschickt. Und dieses Mal habe ich sogar mehrere Aufträge.
Unsichtbar für die Menschen erscheine ich in einem Café, in dem die neunzehnjährige Büroangestellte Lisa gerade einen Kaffee To Go bestellt und keine Ahnung davon hat, wie bedeutend sie und ihre Zukunft für den Lauf der Geschichte in den nächsten Generationen sein wird. Vorausgesetzt, ihr Schicksal bleibt heute in den richtigen Bahnen. Der Laden ist überfüllt mit Leuten, die bis zur Tür Schlange stehen und alle vorhandenen Plätze besetzen. Sirenengeheul, Hupen und das Rauschen von Fahrzeugen auf der naheliegenden Straße heißt mich in der Stadt Willkommen und macht mir zum ersten Mal klar, wie schwierig mein Unterfangen mittlerweile wird. In dieser schnelllebigen Zeit ist es verdammt herausfordernd, das Schicksal zu beeinflussen.
Es ist unbedingt notwendig, dass Lisa in genau 236 Sekunden den Laden verlässt. Nur dann wird sie auf Thomas treffen, der in diesem Moment auf der Döringerstraße entlangjoggt. Ihre Begegnung ist ein Fixpunkt im Netz des Schicksals. Wird er nicht erreicht, löst das eine ungeahnte Kettenreaktion an Ereignissen aus. Chaos ist die Konsequenz.
Früher war es bedeutend leichter dafür zu sorgen, dass solche Fixpunkte erreicht wurden. Die Welt war weniger kompliziert, es gab nicht so viele Ablenkungen. Ich hatte viel mehr Vorlauf, schicksalhafte Begegnungen zu beeinflussen, weil weniger Menschen, Technik und andere Einflussfaktoren auf der Welt waren. Und nun habe ich nur noch wenige Minuten, um einzugreifen. Heutzutage ist meine Arbeit wahrlich anstrengend. Nicht nur, dass ich kaum Zeit habe, ehe das wichtige Ereignis für immer verloren ist, ich bin überrascht davon, wie sehr sich die Welt gewandelt hat. Wie riesig und kompliziert alles geworden ist. Das letzte Mal seit ich hier war ist lange her, damals hatte ich mehrere Tage Zeit meine Aufgabe zu erfüllen. Ich mag gar nicht daran denken wie es sein wird, wenn ich das nächste Mal wiederkomme.
Lisa hat ihre Bestellung aufgegeben.
»Wollen Sie einen Keks dazu? Wir haben auch Kuchen«, fragt sie der Mann hinter der Theke. Wenn sich Lisa für eines von beiden entscheidet, wird die Zeit, die es dauert, die Ware in eine Tüte zu packen, dafür sorgen, dass sie zu spät vor den Laden tritt. Sie wird Thomas nicht treffen. Ich lasse sie bewusst ihren flauen Magen wahrnehmen, den sie aufgrund des Weins am gestrigen Abend hat. Sie schüttelt den Kopf.
Auf Thomas kommt ein Fahrradfahrer zu. Rasch erscheine ich für ihn unsichtbar neben ihm und lenke seine Aufmerksamkeit auf einen großen Käfer in der Nähe des Bürgersteigs. Er dreht den Kopf in die Richtung des Insekts, so dass der Fahrradfahrer sein Gesicht nicht sieht. Anderenfalls hätte der Mann, ein alter Kollege, ihn erkannt. Sie hätten ein Gespräch begonnen und Thomas würde nicht auf Lisa treffen können.
Zurück im Café gibt Lisas Smartphone einen Ton von sich. Eine Freundin hat ihr über den Messenger in den sozialen Medien eine Nachricht geschickt. Wenn sie sie öffnet, wird sie sich dreieinhalb Minuten in Katzenvideos verlieren. Die Konsequenz – nun, du weißt ja bereits, was das bedeutet. Ich überlege fieberhaft, wie ich sie davon abbringen kann. Schließlich sorge ich dafür, dass der Frau neben ihr der gerade entgegengenommene Kaffee aus der Hand rutscht. Durch den Schreck vergisst Lisa ihr Smartphone, allerdings gehen wertvolle Sekunden verloren, weil sie sich einen Überblick über die Situation verschafft. Sie darf auf keinen Fall auf die Idee kommen, der Frau irgendwie zu helfen. Ich stoße einen Mann am Nebentisch dazu an, das zu übernehmen, so kann Lisa guten Gewissens bezahlen und die Frau vergessen.
Bei Thomas lasse ich die Ampel 1,5 Sekunden schneller grün werden. Die Menschen merken diese winzige Veränderung nicht, aber so hole ich hier die Zeit ein Stück weit auf, die Lisa verloren hat. Außerdem lasse ich sie heute spendabel sein. Sie verzichtet aufs Wechselgeld und spendet es der Kaffeekasse für die Mitarbeiter. Noch mal wertvolle Sekunden gespart, da der Mitarbeiter nicht erst herausgeben muss. Sie dreht sich um und geht zur Tür. Die digitale Reklame für das Bekleidungsgeschäft auf der anderen Straßenseite wird ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Rasch sorge ich dafür, dass der LKW, der vor einem Zebrastreifen halten muss, ein Stück zu weit nach vorne fährt und die Werbung so für Lisa verdeckt. Manchmal ist es doch vorteilhaft, dass ich durch die Erfindungen der Menschen neue Möglichkeiten habe. Meine Arbeit lohnt sich. Exakt im richtigen Moment tritt Lisa nach draußen und kollidiert mit Thomas. Zwei goldene Pfeile bohren sich in die Rücken der Menschen und verpuffen kurz darauf. Ich schaue lächelnd zum Schützen. »Amor«, begrüße ich ihn.
»Fortuna«, antwortet er grinsend. »Das war knapp. Du siehst angespannt aus.«
»Es ist schwieriger denn je, Schicksal und Glück in die richtige Richtung zu lenken.«
»Wem sagst du das. Aber hier haben wir gute Arbeit geleistet«, meint Amor und deutet auf Lisa und Thomas, die sich tief in die Augen schauen.
Ich nicke zufrieden und mache mich an meine nächste Aufgabe: Diese Geschichte zu schreiben. Dadurch, dass du sie gelesen hast, habe ich die Minuten herausgeholt, die ich brauchte, um dein Schicksal in die richtigen Wege zu lenken. Fixpunkt erreicht.
Hast du uns jemals geliebt?
„Mutter, warum lässt du zu, dass wir so leiden? Liebst du uns denn überhaupt nicht mehr?“
Er sitzt dort am Ufer des Sees, unter dem Dach der Weiden. Sein Blick schweift über die glitzernde Wasseroberfläche.
„Lieber Gott, hast du uns jemals geliebt?“
Sie kniet vor ihrem Bett, die Hände gefaltet, die Augen fest geschlossen.
„Allah, wo bist du? Ich brauche dich jetzt mehr als je zuvor…“
Er liegt regungslos auf dem Teppich; Tränen auf der Wange.
„Wieso hast du sie sterben lassen?“
„Wann hört dieser schreckliche Krieg endlich auf?“
„Warum hast du zugelassen, dass er mich verlässt?“
„Was tun wir hier eigentlich noch?“ „Wieso…“ „Ich will das alles nicht…“ „Warum bist du…“ „Wohin kann ich…“ „Du bist schuld!“ „Bitte antworte…“ „Ich HASSE dich!“
„Hast du manchmal auch Angst?“
Er ist erst acht. Seine bernsteinfarbenen Augen tragen Neugier in sich; und ein bisschen Furcht. Er blickt Uns an, auch wenn er Uns nicht erkennt.
Die Mutter streicht im sanft über die Wange: „Natürlich habe ich manchmal Angst.“
„Auch vor Monstern?“
Sie muss lachen.
„Ja, auch vor denen.“
„Wovor noch?“
„Zum Beispiel davor, dass du mich eines Tages vergisst.“
„Ich würde dich niemals vergessen, Mama! Ich hab dich doch lieb.“
„Ich weiß, ich weiß und ich habe dich auch ganz doll sehr lieb. Ich hoffe, das vergisst du nie.“
Er lächelt Uns an.
„Niemals.“
Wir nehmen ihn in unsere Umarmung auf.
Wir nehmen euch alle auf.
Die Schöpfung
Die dicke Sternenuhr weckt mich aus meinem Traum, von einer perfekten Schöpfung.
Verschlafen schaue ich zu den Zeigern.
„Ach du meine Güte!“
Ich hatte nicht vor so lange zu schlafen. Eine Schicht Sternenstaub fällt von mir ab, wie ich mich erhebe.
„Warum weckt mich niemand? Wieso ist nicht geputzt?“
Ich schiebe die Wolken von meinem Balkon fort, sehe hinab zu meiner Schöpfung.
„Grundgütiger! Was ist geschehen?“
Ich traue meinen Augen nicht, dass hätte ich nie erwartet.
Meine Schöpfung hat sich verselbstständigt. Großstädte, kolossale Bauwerke, ja ganze Seen, Inseln und Kanäle haben sie geschaffen. Die Erde leuchtet an vielen Stellen der Nachtseite. Sie haben gelernt, Energie zu nutzen. Ich sehe Kraftwerke!
Containerschiffe durchkreuzen die Ozeane, Flugzeuge fliegen am Himmel und um den Planeten herum Satelliten und eine Raumstation! Ich sehe mir das Sonnensystem an. Sonden, die das System verlassen haben, Fahrzeuge auf Mond und Mars!
„Michael! Gabriel! Raphael!“
Meine Stimme donnert und lässt die Sterne erzittern. Die drei Erzengel kommen geflogen.
„Großer Gott! Du bist wieder wach!“, ruft Gabriel
Ich sehe die Engel mit schmalen Augen an.
„Was hat das zu bedeuten?“ Anklagend zeige ich zur Erde hinab.
Michael sieht zur Erde und zuckt mit den Flügeln.
„Sie haben erreicht, was du von Ihnen verlangt hast. Sie haben sich vermehrt.“
„Ja, wachset und mehret euch. Das hast du gesagt!“ Gabriel zupft an den Federn seines Flügels.
„Und macht euch die Erde untertan.“, ergänzt Raphael und schaut auf seine Füße.
Michael sieht mich an. „Daraufhin hast du dich hingelegt zum schlafen, weil du müde warst vom Erschaffen.
Mein Blick streift die Erde.
„Gibt es die anderen Geschöpfe noch? Ich meine die Tiere?“
Alle drei nicken.
Seufzend sehe ich auf die Erde. Zebras galoppieren über die Steppe, ein Blauwal schwimmt im Polarmeer. Seeadler kreisen in der Luft und Ameisen krabbeln über den Waldboden.
„So hat die Menschheit eine Chance verdient.“
HERAKLES
Die Frau saß in einem Sessel, schräg gegenüber von mir. Angeblich sei sie die Beste für einen wie mich. Ich wagte es, zu bezweifeln, aber was hatte ich zu verlieren. Nach all den Jahrhunderten. Um uns herum standen mehrere Kameramänner, die alle nickten, als der Mann mit dem Basecap sie fragend ansah. Dann zählte ein Assistent mit ausgestreckten Fingern rückwärts bis eins und deutete zuletzt auf die Frau im Sessel. Oprah hieß sie, wie sie mir vor der Aufzeichnung verraten hatte. Ein schöner Name, wie ich fand. Passte zu ihr.
Sie lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und sah mich verständnisvoll an. Ihrem Ruf nach war das nicht gespielt. Sich in das Gefühlsleben ihrer Gäste hineinversetzen konnte sie wie keine Zweite. Dafür war ich hier.
»Herakles«, sagte sie mit warmer Stimme. »Ich darf Sie doch Herakles nennen?«
»Natürlich.«
»Nun, Herakles, vielleicht erzählen Sie uns ein bisschen von ihrem Schicksal und warum sie es leid sind, alleine zu leben.«
Ich lächelte ihr zu. »Ja, ich bin es tatsächlich leid. Nicht, dass es mir hier nicht gefallen würde, aber …« Ich beugte mich vor, stütze die Ellbogen auf die Knie und sah ihr in die Augen. »Wissen Sie, es ist auf die Dauer ziemlich einsam, wenn man das Leben eines Highlanders führen muss.«
»Eines Highlanders?«
Ich hatte die Allegorie verwendet, um ihr ein Bild von meinem Leben zu zeichnen. »Ja, ganz Recht. Ein Highlander ist doch auch unsterblich und muss mit ansehen, wie seine Liebsten alt werden und sterben, während er selbst immer jung zu bleiben scheint.
Oprah nickte. »Das ist gewiss nicht einfach«, sagte sie.
»Nein, ganz und gar nicht. Seitdem mein Vater mich aus dem Olymp verbannt hat, ist eine Ewigkeit vergangen. Du willst ein Mensch sein, hatte er damals zu mir gesagt. Dann sieh zu, dass du klar kommst. Du brauchst nicht mehr zurückzukommen.«
»Hat er das wirklich gesagt?«
»Ja hat er. Die ersten Jahrhunderte war es mir egal. Ich hatte bekommen, was ich wollte. Ich mischte mich unter das Volk und genoss das Leben.«
»Dann hat er Ihnen Ihre göttlichen Kräfte nicht genommen?«
»Nicht alle. Ich war genauso stark wie zuvor und mein Körper schien die Zeit zu überdauern. Das hatte ich nicht erwartet. Probleme eine Arbeit zu finden hatte ich nie.«
»Das kann ich mir vorstellen. Wenn man die Pyramiden mit der bloßen Hand errichten kann, ist das gewiss ein gutes Argument beim Einstellungsgespräch.«
»Ja, das hat Spaß gemacht. Allerdings fingen da die Probleme schon an. Natürlich durfte ich es nicht übertreiben. Die Leute werden doch sehr schnell misstrauisch.«
Oprah nickte noch einmal. Mir schien, als würde sie tatsächlich verstehen, wovon ich spreche und sich in meine Lage versetzen können. Als sie jedoch keine Anstalten machte mir eine weitere Frage zu stellen, erzählte ich einfach weiter.
»Wissen Sie Oprah, den Mr. Olympia zu gewinnen war leicht, an den Olympischen Spielen teilzunehmen ebenso, aber eine Frau zu finden, die mich um meiner Selbstwillen liebt, ist eine wahre Herculesaufgabe.«
»Ich bin mir sicher, das die Frauenwelt Ihnen zu Füßen liegt.«
»Schon, was Rendezvous angeht, kann ich mich nicht beklagen. Aber wahre Liebe …«
Ich hielt inne. Sollte ich das wirklich sagen? Vor der Kamera? Vor Millionen Zuschauern? Ich brauchte eine Partnerin, die für mich sterben würde. Keine kurzweilige Leidenschaft, keine fingierte Zuneigung, bei der Aphrodite ihre Finger im Spiel hatte. Aufrichtige selbstlose Liebe war das Einzige, das mich von meinem Fluch erlösen konnte.
»Es tut mir leid«, sagte ich und sprang auf. Eine Talkshow war vielleicht doch keine so gute Idee.
Deimos - Gott des Schreckens
Ich stehe in einer dunklen Gasse und warte. Allein eine schwache Straßenlaterne sorgt für dumpfes Licht. Eigentlich müsste mein Bruder, Phobos, auch hier irgendwo sein. Vielleicht hatte er zu viel Angst heute herzukommen? Ich lache leise auf. Als ob. Angst war sein Metier, so wie der Schrecken meines war.
Ein unheimliches Heulen dringt durch die Dunkelheit und ich atme die finstere Atmosphäre, den nahenden Schrecken, der in der Luft liegt. Ja, ich saugen ihn förmlich ein. Meine Komfort-Zone ist eine äußerst spezielle und es hat einige Zeit gedauert, genau diesen Ort hier zu finden. Nun fühle ich mich so wohl, wie schon lange nicht mehr. Dieser Ort ist mein Thron. Ein ganzer Palast, der mir zu Ehren erbaut wurde. Es konnte nicht anders sein.
Die nahenden Schritte zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht. Endlich. Die nächsten Opfer. Ich atme noch einmal tief durch und gehe in Stellung. Alles ist bereit, meine Sense gewetzt. Ich ziehe mich etwas zurück, verstecke mich in einer noch dunkleren Ecke und warte, bis die Personen nah genug sind. Erst dann beginne ich mit einem lauten Schrei auf meine Opfer zuzurasen: Mit wallendem Umhang, blutunterlaufenden Augen und die Sense erhoben. Mein Puls schnellt in die Höhe. Süßes Adrenalin, dass mich in exquisite Ekstase versetzt, immer wenn ich in die verschreckten Gesichter dieser Menschlein blicke. Unglaublicher Schrecken, der nur für einen Augenblick anhält, bevor etwas Anderes in die Gesichter der Menschen tritt. Ich seufze auf. Belustigung. Ja, sie lachen.
„Wow, diese Geisterbahn ist wirklich die Gruseligste, in der ich bisher war“, kichert einer der Menschen, bevor sie den nächsten Raum betreten. Ich seufze erneut. Mein einziger Trost ist, dass bald die nächsten Personen meinen Raum betreten und ich die Ekstase des Schreckens erneut erleben kann. Dafür war es allemal wert, hier zu arbeiten.
Der Götterrat muss tagen
Auf dem Götterhimmel ist der Teufel los. Hermes ist von der Erde zurückgekehrt. Er hat schlechte Nachrichten. So schlecht, dass der Götterrat einberufen werden muss.
Wie immer bei so einer Zusammenkunft, gibt es erst einmal Streit, wer von den Göttervätern oben am Tisch sitzen darf. Jupiter, Zeus und Odin sind sich wieder einmal nicht einig. Fortuna lässt die Würfel rollen. Odin gewinnt mit einer Sieben. „Ungerecht, du hast gemogelt“ murmelt Zeus. Damit ist das Problem gelöst.
Hermes erzählt von den Problemen auf der Erde. „Die Menschheit ist in Bewegung. Kriege, und ein sich rasch veränderndes Klima, zwingt viele zum verlassen ihrer Heimat. Ich habe mit den unterschiedlichsten Menschen über ihre Probleme und Wünsche gesprochen. Solche die ihre Heimat schützen wollen. Andere die eine neue Heimat suchen. Es sind neben Ängste aber auch Zuversicht und Hoffnung zu spüren.
Wir alle hier sind mit verantwortlich. Tyr, Mars und Ares. Ihr seid nicht ganz unschuldig. Es herrschen blutige Auseinandersetzungen. Angst vor Tod, Verlust und Vertreibung sind allgegenwärtig. Minerva, was hast du da den Menschen an Verstand mitgegeben?“ Sie zuckt mit den Schultern: „Ich habe mein Bestes getan.“ „Eris, du streust dauernd Zwietracht. Das geht nicht. An vielen Orten auf der Welt herrscht Chaos, und daran bist du und Chaos nicht ganz unschuldig.“ Chaos kontert: „Das ist schliesslich mein Job.“
„Was gibt es sonst noch zu berichten?“ „Ja Zeus, der Erdball probt den Aufstand. Stürme in nie gekannter Stärke bringen massive Zerstörungen mit sich. Überschwemmungen oder jahrelange Dürreperioden treiben die Menschen zur Flucht. Feuerwalzen fressen sich durch die Wälder.“ „Der Verstand, etwas dagegen zu unternehmen, versagt. Ich verstehe nicht weshalb.“ Das mit Blick zu Minerva, die etwas verlegen wirkt. „Ich sprach mit Leuten welche die Zeichen ignorieren, ja sogar abstreiten.“
Jupiter steht auf. Er ergreift das Wort: „Salus, jetzt bist du gefragt. Du bist der Retter in der Not. Noch ist es Zeit. Ihr Kriegsgötter haltet euch bitte zurück. Pax dein Auftrag ist klar. Bring den Menschen etwas mehr Frieden. Aither, du bist die Seele der Welt. Bring die Erde bitte wieder besser ins Gleichgewicht. Lass sie nicht zu stark erzürnen. Die Menschheit wird aus ihrer Not lernen. Ich will nicht, dass Hermes das nächste Mal mit solch schockierenden Geschichten zu uns zurück kommt. Die Mehrheit der Menschen haben eine gesunde, friedliche Erde verdient. Geben wir ihnen eine weitere Chance. Das soll unser Götterwille sein.“ Er nimmt einen grossen Schluck Met. „Die Sitzung ist damit beendet.“
Göttliches Sterben
Seit die Idee von mir geboren worden war, ließ ich mich treiben durch das Zeitenmeer und es durchzog mich mit stetem Wandel.
Erstmals seit Anbeginn verlasse ich mein Sein – der Riss in der Zeit einen Spalt breit – und öffne ihre Augen. Aus dem Allumfassenden ins vertraute Nichts gefallen. In eine Hülle, in blendend weiß. Ein gelebter Körper und ein befreiter Geist, Leere im Denken, das Sein sickert schwach aus den Poren.
Erstmals spüre ich das Leben, obwohl verlöschend, ist es weise, warm und bunt und trägt sie, wie mich, in wellenden Bändern von Erinnerung. Hier will ich bleiben im Moment und festhalten, was die Zeit zu Ende bringt.
Meeresrauschen
"22. November 2023. Im Südpazifik, bei Vanuatu erschüttert ein starkes Seebeben in der Stärke von 6,7 die kleinen Inseln. Zum Glück blieben Menschen unverletzt.“
Ein Seebeben hat mich aufgeweckt! Mich! Eigentlich ist das seit 3000 Jahren meine Aufgabe. Ich bin der Herr der Ozeane und Seen. Nun gut, jetzt bin ich ja wieder da.
Doch was ist das? Ich sehe Schiffe, die aussehen, wie schwimmende Burgen, eins so groß wie einhundert Segelschiffe der alten Antike. Beim Zeus! Da fällt mir fast ein Zacken aus. Da steht mein Name auf dem Rumpf eines dieser Riesenschiffe. Neugierig schaue ich mir das genauer an. Was machen die da? Eine wildgewordene Herde von Sterblichen hat sich in lächerliche Kostüme gesteckt. Der eine sieht ja aus wie ich! Na, der traut sich was! Es scheint der Anführer der Horde zu sein. Sie küssen toten Fisch und seifen sich ein. Dann werfen sie sich gegenseitig in den Pool und finden das lustig.
Ich verziehe mich. Ich fühle mich verhöhnt. Schließlich bin ich ein Gott! Ich streife durch meine Gebiete und bin entsetzt. Was haben die mit meinen schönen, blauen Ozeanen gemacht? Überall Müll, Plastik und Öllachen. Nein! Ich habe genug gesehen. Ich will gerade los, da kommt mein Neffe angeflogen. Schnittig sieht er aus mit seinen Flügeln. „Na, kleiner Götterbote hast du gesehen, was die Menschen mit meinen Ozeanen angerichtet haben?“ „Habe ich Onkelchen, aber hast du gesehen, was die mit meinen Namen und den Flügeln gemacht haben? Ich bin auf Transportern abgebildet und damit werden Pakete ausgeliefert! Welch Schmach!“
Nun gut, sie wollen es nicht anders. Ich bringe mich in Stellung und ramme mit aller Kraft meinen Dreizack in den Meeresboden.
„Vanuatu gibt es nicht mehr! Die Inseln im Südpazifik wurden erneut von einem noch heftigeren Seebeben, dass einen Tsunami von ungeahnter Größe ausgelöst hat, überrollt. Die Sturmflut war so gewaltig, dass die Fidschi-Inseln und die Küsten Australiens überschwemmt wurden.“
Eine kleine Erzählung über den Schreibgott Qwertyus
In den Weiten des Internet erwachte Schreibgott Qwertyus, der Herr der Tastaturen und Meister der Satzstruktur. Seine göttliche Existenz war von Grammatikregeln und sprachlicher Kreativität durchzogen. Doch statt auf himmlischen Papyrusrollen zu schreiben, fand er sich in einem kreativen Forum der Sterblichen wieder.
Der Schreibgott betrachtete fasziniert die wilden Diskussionen und chaotischen Threads. In seiner Göttlichkeit beschloss er, den sterblichen Schreibern auf humorvolle Weise beizustehen. Mit einem Augenzwinkern und einem Klick auf seiner himmlischen Tastatur ergossen sich Grammatik-Verbesserungen und Wortspiel-Blitze über die Beiträge.
Ein Nutzer schrieb: „Ich habe ein Problem mit meiner Geschichte, sie fühlt sich flach an.“
Qwertyus antwortete: „Fürchte nicht, tapferer Schreiber! Füge mehr Tiefe hinzu, als ob du deiner Handlung eine Extraportion Guacamole hinzufügst. Keine Geschichte kann flach bleiben, wenn sie von der köstlichen Würze der Details durchzogen sind!“
Die Sterblichen, zunächst perplex, lachten schließlich über die göttlichen Interventionen. Bald wurde Schreibgott Qwertyus zu einer Art Forum-Legende. Schreibfehler und unbeholfene Formulierungen hatten keine Chance gegen seine humorvolle Göttlichkeit.
So hatte der Schreibgott in den Tiefen des Internets seine Heimat gefunden…
Oh Gott, der Deckel klemmt
„Stopp“ schreit es in mir.
Unter mir ruckelt es, ich spüre mich in Einzelteilen.
Vor kurzem, es muss so vor 4000 Jahren gewesen sein, hatte ich mich entschlossen, mal eine Pause von diesen Erdbewohnern zu machen, natürlich mit der Hoffnung, dass die Menschheit nach meinem kleinen Nickerchen ein bisschen was dazu gelernt hat. Und so ließ ich mich einbalsamieren, ließ zu, dass man mich in viele Schichten von Verbänden einwickelte und mich in eine Kiste mit schwerem Deckel legte.
Und da passierte der erste Fehler.
Niemand bemerkte, dass mit dem Deckel etwas nicht stimmte, der war doch tatsächlich nicht korrekt ausgemessen. Mit der Auferstehung hatte ich damit erstmal so meine Probleme, der Deckel klemmte und meine Kräfte konnte ich durch die Bandagen nicht in ihrem vollem Maß und Glanz aktivieren.
„Gut“, sagte ich mir, „kann ja nicht so lange dauern, bis meine nächste Reinkarnation kommt und mir aus diesem dunklen Loch heraus hilft.“
Falsch gedacht. Zweiter Fehler. 2000 Jahre später wurde ich von meinem Nachfolger vergessen, also nochmal 2000 Jahre Tiefschlaf in einer Kiste.
Zwar sind 4000 Jahre für einen Gott wie mich nicht besonders lang, aber für die Menschen und ihre Dummheiten schon. Aber darum muss ich mich später kümmern, am Besten noch bevor dieser blaue Planet, der schon fast mein Meisterstück geworden war, völlig ruiniert ist.
Jetzt muss ich mich erstmal wieder zusammensetzen. Bei diesem Geholper ist das fast nicht möglich. So ein paar Holzköpfe haben meinen mumifizierten Körper einfach auf einen LKW gelegt und mich auf den Weg nach Kairo geschickt. Es klappert und ruckelt und zerlegt mich in noch mehr Kleinteile, gehalten von ein paar Stofffetzen. „Na gut,“ denke ich, und hüpfe mit den Schlaglöchern solange mit, bis ich endlich auf eine Wüstenstraße plumpse.
Erstes Etappenziel geschafft.
Geier zupfen an mir. „Passt doch auf, das war mein Ohrläppchen“ schimpfe ich, und endlich lösen sich die Verbände. Einzelne Teile meines Körpers rollen über den Wüstensand. Wind zieht auf und trägt meine Nase mit sich. „Stopp“ schreie ich dem Wind hinterher, und brülle meinen Namen als Nachtrag. Gott sei Dank, noch ist nicht alles verloren, er hört die Stimme seines Herrn.
Die Sonne ist da nicht so folgsam, unerbittlich brennt sie mir die Haut vom Leib, kein Wunder, ist ja auch die Konkurrenz mit dem Namen Ra.
Jetzt muss ich auch noch den Regen bitten, mir zu Hilfe zu kommen. Der ruft seine Wolken und lässt es richtig krachen, eine Sturzflut prasselt auf mich herab, mein rechter Fuß und meine linke Hand schwimmen mit einer wahren Sintflut davon. Ich zupfe all meine anderen Teile zusammen und sprinte humpelnd hinterher. In einem beherztem Sprung, ach ja, mein Herz ist noch da, hechte ich den dahingleitenden Gliedmaßen nach und kriege sie zu packen. So jetzt bin ich wieder vollständig, fast. Ein Ohrläppchen muss reichen.
Ich setze mich und warte. Warte und warte, suche Verbindung zu meiner Quelle, bis es mir zu bunt wird. Diese vermaledeite Quelle gewährt mir ohne Passwort keinen Einlass, das war auch schonmal anders. Gut, dann mache ich das Ding mit der Klimarettung eben alleine, oder gibt es irgendwo noch ehrliche Menschen mit Idealismus, die nicht das schnöde Mammon anbeten? Oder wenigstens jemanden der Second-Hand-Kleidung toll findet und nicht jeden neuen Modetrend zur Schau stellen muss.
Ich tausche meine etwas in die Jahre gekommenen Echtleder-Jesuslatschen gegen ein Paar Allwetterschuhe aus 95 % recyceltem Kunststoff und latsche demonstrativ Richtung Stadt. Meine Füße beginnen zu qualmen, das integrierte Fußdeo lässt auf sich warten. Egal. Das muss jetzt reichen, so wie ich bin.
Ich nehme mir ein Taxi zum Flughafen, der fliegenden Teppich ist blöderweise in meinem Sarkophag geblieben, buche einen Flug und leihe mir das Handy des freundlichen Taxifahrers. Dafür bekommt er einen Sonderpluspunkt auf seinem Gutmenschkonto und ein extra Karma-Plus und ich einen Termin mit IHR.
Frisch gelandet und auf alt gestylt warte ich mal wieder - auf SIE. Minuten später, die zu Stunden und gefühlt zur Ewigkeit werden, als ob ich die nicht schon zur Genüge kenne. Dann, endlich!
Ein weibliches Geschöpf mit strengen Zöpfen tritt vor mein Antlitz und meckert mich an, warum ich auf den letzten Drücker komme, schließlich geht es um die letzte Gereration.
„Hallo“ begrüße ich sie betont freundlich. „Mein Gott Vater ist heute nicht mit von der Partie, deiner wohl auch nicht?“
„Nein," zischt sie zwischen zusammengekniffenen Zähnen hervor. „Der ist zur Arbeit." Bei den letzten Worten ziehen sich ihre Mundwinkel verdächtig in die Höhe. Sollte dieses Wesen ihr Lachen tatsächlich nicht an Luzifer verkauft haben?
Aus meinem Juterucksack ziehe ich ein Banner hervor: „Sollen wir die Welt retten?“ prangt es ihr in dicken Edding-Lettern entgegen. Zugegeben, die Flower-Power-Blümchen hätte ich auch weglassen können.
„Natürlich,“ flüstert sie mir in das Ohr mit dem Ohrläppchen. „Dafür nehme ich mir jeden Freitag frei. Das muss reichen“.
Ich denke, aller guten Dinge sind drei. Wenn das jetzt bloß nicht der dritte Fehler wird.
Die Rettung der Bienen
«Aristaios! Wach auf!»
Das zierliche Mädchen rüttelte an der Schulter des schlafenden Gottes.
«Hey, wach auf, Onkel!»
«Mmmh, wasnlos?», murmelte der erwachende Gott schlaftrunken.
«Persephone! Warum zum Hades weckst du mich?», brummte er ungehalten.
«Meine Mama schickt mich, ich soll deinen langen Schlaf beendet. Es ist Zeit, auf zu stehen! Es gibt göttliche Arbeit zu verrichten.»
«Was will die alte Demeter von mir?» Missmutig richtete er sich auf.
«Das ‹alt› lass sie lieber nicht hören, Onkel!», schmunzelte die junge Frau. «Sie ist in letzter Zeit für keine Späße zu haben und stets sehr streng. Jede Kleinigkeit gerät zu einem Wutanfall.»
Der erwachte Gott runzelte verwundert die Stirn. «Was ist denn los?»
«Deine Schützlinge brauchen dich, Aristaios, sie sind in Not!», erklärte Persephone.
«Welche von ihnen? Wessen Pein ist so groß, dass ich nicht mal für ein paar Jahrhunderte schlafen darf? Sind es die Olivenbauern, die Winzer oder die Jäger?»
«Weder noch. Es sind die Bienen. Es geht ihnen gar nicht gut.»
Aristaios sprang auf.
«Was?», rief er aufgebracht. «Meine Lieblinge? Was ist denn geschehen, so sprich!»
Sein schroffer Ton ließ Persephone zusammenzucken. «Am besten, ich zeige es dir.», sagte sie sanft. «Begleite mich zu den Gestaden der Menschen und siehe selbst.»
Gesagt, getan. Die Reise dauerte keinen Wimpernschlag und sie schwebten über der irdischen Sphäre, um das weltliche Treiben zu betrachten.
Aristaios studierte das Geschehen genau. Halblaut murmelte er gelegentlich Unverständliches in seinen Bart. Schließlich wandte er sich, sichtlich erschüttert, Persephone zu.
«So viele Menschen!», rief er aus. «Als ich zuletzt hier war, gab es nur ein paar Millionen von ihnen! Wie konnten sie sich derart im Übermaß vermehren?»
«Sie sind erfinderisch, auf allen Gebieten.», sagte Persephone. «Sie fabrizieren sogar neue Bausteine der Welt und nennen es Chemie.»
«Und schaffen Gutes damit – aber noch mehr Schlechtes!», erboste sich Aristaios.
«Mit Tod und Verderben vergiften sie Welt. Sieh die Wasser der Meere – Plastik überall. Die Gewässer des Landes - verpestet und verdorben. Selbst die schier endlosen Wälder haben sie abgeholzt.
Wo sind all die Blüten auf den Wiesen und Steppen geblieben? Die Vielfalt und Unermesslichkeit des Nektars und Mannas! Deine Mutter hat sie den Bienen gescheckt. Sie sollten ihnen zur Nahrung dienen und sie stärken. Doch nun sind sie fort!» Fassungslos starrte er auf den Erdenkreis hinab.
«Und niemandem geht es gut in dieser verdorbenen Welt!», stellte Persephone aufgewühlt fest. «Nicht einmal den Menschen selbst. Alles leidet – Tiere, Pflanzen und Insekten.«
Erschüttert erwiderte Aristaios: «Und meine Bienen! Wo sind die vielen Schwärme geblieben, die großen Völker? Ich höre kaum ihr Summen. Sie vegetieren dahin, dem Tode näher als dem Leben! Wie konnte es nur so weit kommen!»
Tränen des Zorns stiegen ihm in die Augen und grenzenlose Wut überkam ihn. Voller Not blickte er zu seiner Begleiterin und bat sie: «Persephone, hilf mir! Du bist die Göttin der Jahreszeiten – lass einen nicht endenden Winter über die Erde kommen. Überziehe alles mit Eis und Schnee, bis die Menschen von dieser einst so schönen Welt getilgt sind! Für immer!»
Nachdenklich wiegte Persephone ihr Haupt. Doch dann schüttelte sie ihren Kopf und sagte: «Nein, Aristaios, das kann ich nicht machen, es tut mir leid. Da bekämen wir viel zu viel Ärger.»
«Aber wir sind Götter, zum Zeus!» Ein gewaltiger Donner rollte krachend durch die Welten und Blitze zuckten über die Himmel.
Persephone blieb ruhig. «Trotzdem, man würde uns aus der göttlichen Sphäre verbannen. Was würde meine Mama sagen, wenn nur noch Winter wäre! Nichts würde gedeihen, nichts mehr wachsen! Ihre Gärten erfrören und verdorrten. Sie wäre total aus dem Häuschen!» Bei diesem Gedanken huscht ein kalter Schauer über ihre zarte Haut.
«Und die neuen Götter würden uns den Hades heiß machen! Glaube mir, das ist keine gute Idee!» Bedauernd sah sie zu ihm auf.
Wütend schnaubte Aristaios und war voller Zorn. Er erkannte, dass sie die Wahrheit sprach. «Aber es muss etwas geschehen! Ich muss die Bienen retten!»
Lange standen sie schweigend da, ihre Blicke unverwandt auf das Antlitz der Welt gerichtet. Sie verfolgten die langsame Zerstörung der Natur, deren Schönheit immer mehr schwand.
Doch mit einem Mal ging eine Wandlung in ihm vor. Entschlossenheit und göttliche Ruhe strömte von ihm aus. Persephone blickte überrascht auf.
«Was ist?», fragte sie.
«Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe.», antwortete er.
«Was willst du tun?», rief sie erstaunt.
«Ich nehme sie mit.»
Verständnislos starrte Persephone ihn an. «Was meinst du mit ‹mitnehmen›?»
«Ich entrücke alle Bienen dieser kranken Welt und hole sie in die göttlichen Sphären. Dort wird es ihnen gut ergehen.» Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und richtete einen festen Blick auf Persephone.
«Bitte was?» Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie die Tragweite des Vorhabens erkannte. «Nein, das kannst du doch nicht machen!», rief sie entrüstet.
An seinem Blick konnte sie erkennen, wie aussichtslos es war, ihn von diesem Plan abzubringen. Dennoch versuchte sie es.
«Das hätte Auswirkungen auf die gesamte Welt! Wenn du die Bienen weg nimmst, wird es Hungersnöte geben, Arten werden aussterben. Das kannst du wirklich nicht machen!» Aufgeregt griff sie nach seiner Hand. Doch Aristaios ließ sich nicht beirren.
«Ich bin der Schutzgott der Bienen. Es obliegt alleine mir, was mit ihnen geschehen soll!». Er schüttelte den Kopf. «Sie hier zu lassen, bedeutet ihren sicheren Untergang. Das werde ich verhindern!»
Persephone gab nicht auf. «Aber die Menschen werden sich ändern! Sie lernen! Sie denken um und werden die Zerstörung der Welt abwenden!» Sie rüttelte an seinem Arm. «Hörst Du?!»
Aristaios lächelte bitter und schüttelte den Kopf.
«Das werden sie nicht. Sieh doch hin!
Sie wissen genau, was sie anrichten. Schon seit vielen Jahrzehnten! Und dennoch ändern sie ihr Tun nicht. Nein. Ich habe mich entschieden!»
Persephone schwieg. Sie wusste, dass sie ihn nicht mehr umstimmen konnte.
Und so richtete sich Aristaios auf, erhob sein Haupt und breitete die Arme aus. Große Ruhe kam über ihn, als er die Augen schloss und das Wunder bewirkte.
Gruppentherapie
Es hat nicht lange gedauert, bis ich wusste, wo ich war. Viele Zimmer mit weißen Betten, ein Haltegriff an jeder Seite des Flurs, ganz klar: ein Siechenhaus. Da war ich früher oft, es gab immer was zu tun.
Ich muss sagen, zu meiner Zeit ging es den Menschen im Siechenhaus wesentlich schlechter. Wen ich hier so sehe, die wirken doch puppenlustig im Vergleich.
Es blinkt und piept überall, das macht mich nervös. Überhaupt ist alles so grell, die Lichter, aber auch das Weiß der Heilerinnen. Ich gehe den Gang runter, eine Treppe, noch eine. Schlussendlich lande ich in einem Raum mit bunten Fenstern und einem Altar. Hier fühle ich mich wohl. Vergeblich suche ich mein Wahrzeichen, das St. Brigid‘s Kreuz, hier hängt zwar ein Kreuz, aber ein magerer Mann klemmt daran fest.
Stimmen nähern sich, ich verstecke mich schnell hinter einer Säule. Sicher wird jetzt ein Gottesdienst abgehalten, ich freue mich schon. Stühle werden in einen Kreis geschoben.
„Neu hier?“ spricht mich eine weißhaarige Dame an, deren dürre Beine in flauschigen Pantoffeln stecken, ihre rechte Hand umklammert einen Metallständer, von dem ein Beutel mit Flüssigkeit herabhängt.
„Äh… ja.“ Es stimmt irgendwie, nur nicht so wie sie meint.
„Setz Dich ruhig! Da vorne ist noch ein Platz frei. Ich bin Elfriede.“ Die Weißhaarige reicht mir ihre knorrige Hand und schiebt mich mit ihrem Metalldings in Richtung Stuhlkreis.
Dass ich einfach geduzt werde! Immerhin bin ich eine Göttin! Mit verkniffenem Mund nehme ich neben Elfriede Platz.
Der Raum füllt sich, schnell sind ein Dutzend Kranke versammelt. Diese Zahl wird sicher kein Zufall sein, auch die Tatsache, dass sie einen Kreis bilden. Ganz klar, hier wird gleich eine Beschwörung stattfinden, vielleicht gar eine Opfergabe dargebracht. Unauffällig sehe ich mich um, kann aber weder Schaf noch Ziege entdecken. Mein Blick schweift über die Anwesenden. Einige sind wirklich extrem alt, sicher an die 60! Vielleicht haben sie sich freiwillig gemeldet. In diesem Alter bleibt ja oft nur noch der höchste Dienst an der Gemeinschaft. Lebenswert ist der Zustand sicher nicht mehr. Ich drücke unwillkürlich den Rücken durch und richte mich auf. Meine Fingerspitzen kribbeln erwartungsvoll. Wenn diese tapferen Seelen bereit sind, für den Segen der Heiligen Brigid zu sterben, so will ich den Verbliebenen die Gesundheit schenken.
Doch ich irre. Anstatt Gesang anzustimmen um in Trance zu geraten, sitzen alle nur herum und erzählen abwechselnd von ihren Malesten. Viele nennen Heilmittel, und wie gut sie helfen oder eben nicht. Keiner weint, schreit, oder hat eiternde Wunden. Von Selbsttötung für das Wohl der Gruppe ist keine Rede, die Ältesten haben das größte Anspruchsdenken! Da wird gefaselt von zu wenig Rente (was ist Rente), von Krankenversicherung (häh?) und Aufstockung durch Bürgergeld. Ich verstehe kein Wort.
Erst als eine Dame von der Unterstützung durch ihre Familie berichtet, bemerke ich, wie die anderen still werden und zu Boden schauen.
„Habt ihr denn keine Familie, die sich um Euch kümmert, jetzt wo ihr in Not seid?“ frage ich und ernte skeptische Blicke, als wollte ich sie auf den Arm nehmen. Einige schütteln den Kopf.
Auf Nachfrage erzählen mir die Menschen, dass der Familienverbund, wie ich ihn kenne, in dieser Zeit nicht mehr existiert. Eine Familie kann froh sein, aus drei Leuten zu bestehen, vier wäre noch besser. Alte wohnen häufig nicht bei ihren Familien, sondern in einem Heim. Meine Stirn legt sich in tiefe Furchen, je mehr ich erfahre. Ich spüre, wie eine Migräne im Anflug ist (ja, ich krieg die auch, guckt nicht so). Auch wenn ich diese seltsame Zeit nicht ändern kann, in der ich gelandet bin, den Menschen hier im Raum kann ich helfen! Ich breite meine Arme aus und sende Genesung in alle Zellen. Als mein Licht erlöscht, blinzeln die Menschen.
„Ich bin gesund!“ ruft die erste.
„Keine Schmerzen mehr!“ lacht eine weitere.
Jubelschreie und Dankesrufe begleiten mich zur Tür. Mit dem guten Gewissen, meine Aufgabe erfüllt zu haben, verlasse ich den Raum.
Ich überlege, was sie nun tun werden, wo ihnen die Gnade der Heiligen Brigid zuteil geworden ist. Werde ich von nun an präsenter in ihrem Leben sein? Wird das St. Brigids‘ Kreuz an allen Türen hängen, so wie damals?
Aufgeregt gehe ich zurück, ich will sie fragen. Doch als ich den Raum betrete, ist von der Freude von vorhin nichts mehr zu spüren. Betreten schauen sie mich an, Zweifel in den Gesichtern.
„Aber was ist denn los?“ rufe ich. Schweigen. Ich befürchte schon, dass mein Segen nicht gewirkt hat. Verlässt mich meine Kraft etwa?
„Naja“, meint Elfriede, „wir sind ja jetzt geheilt und so, und wir danken Dir natürlich sehr dafür. Aber… wer sind wir denn jetzt, wenn wir nicht mehr krank sind?“
„Ja“, ruft ein Mann, der noch vor einer halben Stunde eine ganze Batterie von Medikamenten aufgezählt hat, „wie sollen wir die Zeit totschlagen, wenn wir nicht mehr zum Arzt gehen müssen?“
Zustimmendes Gemurmel von allen Seiten. Davon bestätigt, schiebt er hinterher:
„Ich bin schließlich frühverrentet!“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mit hängenden Schultern drehe ich mich um und gehe.
Stippvisite
Endlich mal wieder hier! Wie schön. Ich saß auf dem Rand des riesigen Springbrunnens mitten in der Stadt und beobachtete die Menschen. Nein, ich beobachtete sie nicht nur, ich spürte sie. Wenn ich die Augen schloss umhüllten mich die Frequenzen ihres Seins, so facettenreich, so wunderbar. Gemeinsam spielten sie die Melodie des Lebens. Sie verwob sich mit allem anderen, was sie und mich umgab, zu einem einzigartigen Ton.
Hoppla! Staunend öffnete ich meine Augen. In den mir so vertrauten, so lebendigen und fröhlichen Klang hatte sich ein Quietschen geschlichen, sehr laut, nervtötend sozusagen. Als ich genauer hinsah, erkannte ich den Riss in der sonst so gleichmäßig schönen Struktur. Die Menschen verloren ihr Gefühl für das Menschliche! Bereits bei meinem letzten Besuch hatte ich es gespürt. Aber da war das, was jetzt mein Gehör zerriss, nur eine Ahnung gewesen. Ich war aufs Höchste alarmiert.
Mensch zu sein bedeutete, sich zu fühlen, im Kontakt mit der Welt und mit seinen Mitmenschen. Das Leben war ein System, in dem jeder dieser Aspekte wichtig war. Wenn einer fehlte, herrschte Chaos.
Traurig streckte ich meine Fühler in alle Teile der Welt aus. Überall kämpften die Menschen um etwas: um Nahrung, um Liebe, um Gesundheit, um die Umwelt, um Geld, um ihr Land. Sie kämpften! Ja, sie kämpften und sie vergaßen. So viele Gruppen und Grüppchen waren gerade dabei, die Welt zu retten. Aber sie verloren sich dabei selbst, denn sie verloren den Kontakt zum Menschsein. Mit geradeaus gerichtetem Tunnelblick überrannten sie panisch alles andere auf dem Weg zu ihrem Ziel. Sie hielten nicht einmal inne, um sich die Verwüstung zu betrachten, die sie auf ihrem Weg hinterließen.
Wie würden sie sich fühlen, wenn sie es täten? Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Mit einer winzigen Geste meines kleinen Fingers zwang ich sie, die Welt in ihrer Gesamtheit wahrzunehmen, in die Augen der Lebewesen zu blicken, auf deren Rücken sie ihren Weg zum Ziel geteert hatten. Ich zwang sie, ihre Verzweiflung zu spüren, ihr Flehen zu hören. Nur für einen Augenblick, holte ich ihre Wahrnehmung ins Hier und Jetzt und konfrontierte sie mit den Folgen ihres Tuns. Ich ließ sie ihr Handeln von allen Seiten betrachten und beobachtete, wie sie es umkreisten. Dabei dämpfte ich die Wirkung erheblich. Schließlich wollte ich nicht, dass sie verrückt wurden.
Zufrieden ließ ich meine Hand sinken. Sie würden es schaffen, da war ich mir ganz sicher. Dann schuf ich ein Portal und verließ die Erde, ohne noch einmal zurückzublicken.
Und die Welt hielt den Atem an.
Wenn die Sonne aufgeht
Es ist so laut und grell hier. Die Nacht ist erhellt von künstlichen Lichtern, die sogar den Schein des Mondes überdecken. Bei dem Gedanken muss ich schmunzeln, denn mein Bruder Tsukuyomi bildet sich gerne etwas auf den kalten Glanz seines Reiches ein. Die Menschen haben uns Götter vergessen. Wir sind zu Sagen und Mythen geworden. Unsere Geschichten wurden so oft erzählt, dass kaum noch etwas Wahres darin steckt. Die Tempel die zu meinen Ehren errichtet wurden, existieren noch immer, doch die Menschen leben nicht mehr nach den alten Geboten. Ich bin auf dem Weg zu einem kleinen Teehaus im Herzen Tokios. Die Menschen dort behandeln mich mit Ehrfurcht.
Ich betrete das Gebäude und mir kommt ein eigentümlicher Duft entgegen. Würzig und maskulin. Meine Augen erstrahlen.
„Du bist gekommen.“, erklingt einen tiefes raunen nah an meinem Ohr.
Ich blicke über die Schulter in mandelförmige braune Augen.
„Deine Augen strahlen heller als die Sonne.“, sagt er und kommt mir näher.
„Ich bin die Sonne. Ich bin Amaterasu." Die Welt wird sich bald wieder an mich erinnern, aber bis dahin genieße ich die Ehrfurcht dieses interessanten Mannes.
Aus dem linken Auge meines Vaters geboren, wird keine irdische Persönlichkeit mein Licht dämpfen, dafür werde ich sorgen. Später!
Eine Welt des Vergessens
Als ich aufwachte und mich umsah, war ich irritiert. Die Welt um mich herum hatte sich verändert. Moderne Gebäude ragten in den Himmel, Autos rasten über asphaltierte Straßen und Menschen liefen hektisch an mir vorbei, in ihre Handys vertieft.
Aber wie war ich hierher gekommen? Meine Erinnerungen waren verschwommen, wie von einem dichten Nebel umhüllt. Ich versuchte, mich zu erinnern, aber alles, was blieb, war ein Gefühl der Verzweiflung und des Verrats.
Ich beschloss, meine neue Umgebung zu erkunden. Also ging ich durch die Straßen der Großstadt und beobachtete die Menschen um mich herum. Sie schienen so sehr von ihren technischen Geräten abhängig zu sein, dass sie kaum miteinander interagierten. Es war eine Welt der Isolation und des Vergessens.
Während ich durch die Straßen lief, spürte ich eine wachsende Wut in mir aufsteigen. Wie konnten die Menschen so leichtfertig mit ihrer kostbaren Lebenszeit umgehen? Ich beschloss, dass es an der Zeit war, ihnen eine Lektion zu erteilen. Als Prometheus hatte ich einst das Feuer gestohlen und es den Menschen gegeben, um ihnen zu helfen und ihre Zivilisation voranzubringen. Doch nun schien es, als hätten sie den Wert dieses Geschenks vergessen.
Ich begann, die Technologie der Menschen gegen sie zu verwenden. Mit meinen übernatürlichen Kräften manipulierte ich ihre Handys und Computer, um sie zu kontrollieren. Ich ließ ihre Bildschirme flackern und ihre Geräte abstürzen. Die Menschen waren verwirrt und verängstigt, als ihre geliebten Spielzeuge plötzlich nicht mehr funktionierten.
Doch das war erst der Anfang. Ich wollte ihnen zeigen, wie abhängig sie von ihrer Technik geworden waren. Ich ließ die Straßenlaternen ausgehen und die Ampeln verrückt spielen. Das Chaos brach aus, als die Autos in heftigen Unfällen kollidierten und die Menschen in Panik durch die Straßen rannten.
Die Stadt versank in Dunkelheit und die Menschen wurden immer verzweifelter. Sie hatten keine Ahnung, was vor sich ging und wie sie ohne ihre technischen Hilfsmittel zurechtkommen sollten.
Es war eine bittere Ironie - sie hatten sich so sehr auf ihre Geräte verlassen, dass sie vergessen hatten, wie man ohne sie lebt.
Doch inmitten der Dunkelheit erhob ich mich, bereit, das Feuer der Erkenntnis erneut zu entfachen und den Menschen den Weg aus ihrer Verzweiflung zu zeigen.
Bunte Liebe
" Soll das ein schlechter Scherz sein? Ich erschaffe doch nicht so etwas Großartiges wie die Liebe, um dann so ein Chaos anzurichten!
Nein, mein Schatz bei aller Liebe, diesen eigenartigen Wunsch kannst du gleich wieder streichen!"
"Mama, ich spüre und sehe es ganz deutlich. Soviele Menschen können wir nicht wirklich erreichen.
Wir treffen sie mit unseren Pfeilen. Ihre Herzen sind gefüllt mit Liebe und in ihren Augen lodert das Verlangen.
Aber irgendetwas hält sie zurück frei lieben zu können.
Sie sehen so traurig und unglücklich aus. "
" Unglücklich sagst du? Nein,das geht nun wirklich nicht!
Alle müssen lieben und das ein Leben lang!
Auch wenn eine Liebe zerbricht, muß ich ihnen eine neue schenken. Ein Kreislauf der niemals…
" Unterbrochen werden darf. Ja,ich weiß. Umso wichtiger, daß jeder seinem Herzen folgen sollte!
Glaube mir, die Welt ist bereit dafür und wird sehr dankbar sein!"
Einige Wochen später…
" Mama komm schnell im Radio läuft wieder unser Lied!"
HAST DU TRÄUME, DIE DU NICHT ERREICHEN KANNST?
GEFÜHLE, DIE DU NIEMANDEN ZEIGEN DARFST?
DIE GIBT ES NICHT!
KOMMT LASST UNS DIE WELT BEMALEN.
IN REGENBOGENFARBEN.
WIR WOLLEN SIE ÜBERALL.
REGENBOGENFAHNEN.