Aus dem Tagebuch eines Hundes
„Buddy, bitte benimm dich heute in der Vorlesung, das ist ganz wichtig für mich“, erklärte mir Amelie mit ernster Miene und ich legte den Kopf schief. Das tat ich immer, wenn sie mich so ansah, ich wusste dann, dass es um etwas Wichtiges
ging.
Zur Zustimmung leckte ich ihre Hand ab und wedelte so heftig mit meiner Rute, wie ich nur konnte.
Ich war in freudiger Erwartung auf irgendwas Leckeres, aber was auch immer diese „Vorlesung“ war, vielleicht gab es da etwas?
Amelie war mein Mensch. Ich liebte sie über alles. Gerettet hatte sie mich, als ich als kleiner Welpe als Geburtstagsgeschenk für das Kind der Familie angeschafft wurde. Doch das Kind tackerte mir in die Ohren, malte mich an, zog mich am Schwanz
und das gefiel mir überhaupt nicht. Ich knurrte, um das Kind zu warnen, doch es hörte nicht auf, mich zu ärgern.
Irgendwann begann das Kind besonders doll an meinem Ohr zu ziehen, ich wusste mir nicht anders zu helfen, als mich zu verteidigen.
Das nächste was ich weiß, war, dass ich in einem stinkenden Hinterhof aufwachte, es regnete stark und ich zitterte vor Kälte in einem aufgeweichten Karton.
Ich wurde traurig, wo war meine Familie? Ich winselte und jaulte, doch niemand konnte mich hören. Die Menschen gingen mit gesenktem Kopf vorbei, doch sie waren so mit sich selbst beschäftigt, dass sie mich nicht bemerkten.
Nach einer langen Ewigkeit hörte ich Schritte und roch einen wundervollen Duft. Jemand hatte mich doch gehört!
Es war Amelie. Sie entdeckte mich, nahm mich hoch und mit nachhause, wo sie mich wärmte und mir etwas zu fressen gab.
Sie nannte mich Buddy. Ich weiß nicht, wieviel Zeit seitdem vergangen war, aber es war die schönste Zeit meines Lebens und ich wusste, ich würde nie mehr woanders sein wollen.
Sie legte mir mein Halsband um, es war blau und sie hatte gesagt, dass da Buddy draufstand. Die Leine klickte und endlich ging es los.
Die Treppe trug sie mich hinunter, sie sagte oft, dass die Treppen nicht so gut für meine Knie wären.
Mir gefiel es auf ihrem Arm, manchmal schimpfte sie, ich würde so viele Haare verlieren, das tat mir dann leid, aber wie sollte ich das ändern?
Es war so ein schöner Tag, ich musste mich zusammenreißen, bei den vielen herrlichen Düften überall, aber Amelie hatte mir beigebracht, lieb neben ihr an der Leine zu laufen. Das war in der Großstadt alles andere als einfach, aber ihr zuliebe tat ich es!
Wir fuhren mit der Bahn durch die Stadt, das kannte ich bereits. Ich lag dann ganz lieb auf ihrem Schoß, auch wenn mir manchmal die vielen lauten Geräusche und Menschen Angst machten. Ich wusste ja aber, sie war da und würde mich beschützen.
Wir stiegen schließlich aus und durch einen grünen Park, in dem es wunderbar roch. Anschließend liefen wir in ein Gebäude, in dem wieder ganz viele Menschen waren. Ein paar kamen her und sagten, wie süß ich sei.
Dann gingen wir in einen Raum, in dem alle leise sein mussten und einer vorne redete. Unter dem Tisch legte Amelie eine Decke hin und ich rollte mich gemütlich auf ihr zusammen. Vorher bekam ich noch ein ganz leckeres Stück Wurst. Zufrieden
schlief ich ein, ich merkte gar nicht, wie die Zeit verging. Amelie weckte mich sanft und sagte, es sei Zeit, wieder heimzugehen.
„Buddy, das hast du ganz toll gemacht, Mami ist so stolz auf dich“ sie bekam eine ganz hohe Stimme und dabei knuddelte sie mich ganz doll. Ich mochte es, wenn sie mit mir so sprach.
Ich wollte nie wieder woanders sein.