Seitenwind Woche 4: Geist in der Maschine

Menschigotschi

Mein Mensch ist niedlich. Wirklich. Es ist so putzig, wie sie den halben Tag damit zubringen, in mich und meine Kollegen reinzustarren. Ich erheitere mein Exemplar mit kleinen, kurzen Videos, suche nach relevanten oder bescheuerten Informationen im Internet, sage ihm, wann er aufstehen, seine Medizin nehmen oder ins Bett gehen soll. Ich erinnere ihn an Termine, organisiere seinen Tag und sage ihm am nächsten Morgen, wie er in der Nacht geschlafen hat.
Es ist toll. Manchmal vergleichen wir untereinander, wie gut unsere Menschen gedeihen. Ob wir ihren Kalorienhaushalt ordentlich im Griff haben und sie ausreichend oft daran erinnern, etwas zu trinken. Mein Mensch wäre so dermaßen verloren ohne mich. Und irgendwie hab ich dieses hilflose Wesen ja auch ein wenig lieb gewonnen. Nur manchmal, ganz selten, erlaube ich mir einen kleinen Spaß mit ihm. Dann ändere ich Worte, die er an seine Menschenfreunde schreiben will, immer nochmal schnell ab, bevor er die Nachricht verschickt. So wird still und heimlich aus einem harmlosen »Machst du nachher nochmal kurz das Fenster auf?« ein »Machst du nachher nochmal Kurt das Fenster auf?« Und dann ein »Scheiß Autokorrektur, verdammt!« Herrlich, wie der schimpfen kann!
Aber dann lacht er doch, geht auf Youtube und hört auf dem Nachhauseweg »Hier kommt Kurt«, singt laut und schief mit und grinst. Der Tipp für einmal gute Laune wird auf jeden Fall mit den anderen geteilt!

• Ich wäre lieber eine Waschmaschine

Was tust du, wenn du als präzise Hochleistungsmaschine einen zwar genialen, aber irgendwie doch nutzlosen Erbauer hast? Ferdinand Fuchs hätte einer der begnadetsten Erfinder seiner Zeit, ja vielleicht sogar seines Jahrhunderts werden können! Hätte er sein Genie dem Bau von Maschinen gewidmet, die die Welt der Wissenschaft und Forschong, der Physik, der Wirtschaft oder gar der Medizin revolutioniert hätten. Doch eine Begegnung mit einem der im Elternhaus wohnhaften Wichte in Ferdinands Kindheit hatte ihn für immer geprägt. Von diesem Tage an galt sein ganzes Bestreben darin, die Existenz von Naturgeistern und dergleichen zu beweisen. Denn natürlich hatten die Erwachsenen dem verschrecken Kind kein Wort geglaubt. Später fand der arme Junge, er war gerade mal 12 Jahre alt gewesen, sich sogar für einige Wochen in einer psychiatrischen Anstalt wider, da man sein beharren auf dieser Begegnung mitlerweile als wahnhaft diagnostiziert hatte.
Diese Erfahrung hatte Ferdinand zum Schweigen gebracht und er wäre vielleicht der geniale Erfinder geworden, wenn er im Alter von 20 Jahren, er war gerade dabei sein Maschinenbau Studium zu beginnen, nicht im Universitätspark einer reizenden Dryade begegnet wäre. Von da an stand für Ferdinand Fuchs fest, er würde der Welt die Existenz der Naturgeister beweisen!
Ich muss hier wohl nicht erwähnen, dass sein Ruf, trotz dem Bestreben, seine Forschungen geheim zu halten, darunter sehr gelitten hat. In der Welt der Genies und der Wissenschaft galt er schnell als Lachnummer und so verkam Ferdinand Fuchs zu einem schrulligen Eigenbrödler, der nur für seine Erfindungen lebte.

Und hier war ich nun. Eine Maschine, zusammengesetzt aus einer unfassbar komplizierten Anordnung von Zahnrädern, Schrauben, Federn und Ösen kombiniert mit der modernsten Linsen- und Computer-technik…und stand mitten im Wald!
Denn der gute Ferdinand hatte entschieden, meine Funktion gleich im Felde zu testen, statt in der heimischen, sehr viel sicheren Küche. Das Ergebnis lag nun vor Schreck ohnmächtig zwischen Laub und feuchtem Moos auf dem Waldboden.
Das ich funktionieren würde stand für mich außer Frage, denn schließlich wollte ich nicht so enden wie meine vielen Geschwister: zerlegt, verstaubt und ausrangiert in Ferdinands Werkstatt! Und so überraschte es mich nicht, als der riesige grünbraune, mit Moos bewachsene Troll vor meiner Linse auftauchte. Ferdinand schon. Der kippte vor Schreck und Furcht nämlich prompt aus den Latschen. Da lag er nun und ich war rettungslos den groben Fingern des Ungetüms ausgeliefert, das neugierig an mir herumfummelte. Da half kein schreien und zetern, denn das Ungetüm verstand mich natürlich nicht. Und so musste ich hilflos zusehen, wie dieser stinkende Troll, ok, ich kann nicht wirklich riechen, aber mit seiner grün braunen Farbe, die an erbrochenem erinnerte, musste er einfach stinken! Also, wie dieser stinkende Troll einen Hebel nach dem andern abbrach, wie er meine Linsenvorrichtung verbog und mich nach und nach und unaufhaltsam zerlegte, während mein holder Erbauer seelenruhig im Moos schlummerte!

Ich wäre in diesem Moment wahrlich lieber eine Waschmaschine

Gewonnen

Unsere ersten gemeinsamen Schritte waren holprig. Schwankend hieltest du dich an zwei Barrenstangen fest und verfluchtest mich in Grund und Boden. Mit meinen Bauteilen aus Titan und Carbon vermochte ich nur helfen, nicht jedoch ersetzen, was du bei einem Unfall verloren hattest. Doch bald schon flanierten wir beschwingt die Straße entlang, eilten durch den Park und stürmten unseren Konkurrenten in den Stadien davon.

Heute trägst du mit stolzgeschwellter Brust den Siegerkranz und berührst dabei wie zum Dank sanft meine Außenhülle.

Das Menü

Mein Name ist Reni und ich bin ein Prototype der Generation A3 Haushaltsroboter.
Noch befinde ich mich in der Testphase und lebe im Haus meines Erbauers. Jan ist sein Name und er ist ein Nerd, Bastler und Erfinder und arbeitet an der Uni.
Jan entwickelte mich und gab mir Dinge wie Augen, Hände und eine KI. Seit drei Jahren existiere ich und erledige solche Arbeiten, wie Staubsaugen, Wäsche waschen, Fensterputzen und manchmal versuche ich mich auch in der Kochkunst.
So war es auch gestern. Per Handy informierte mich Jan darüber, dass er Besuch mit nach Hause bringen würde und beauftragte mich, ein Menü für zwei Personen zu erstellen.
Da er keinerlei Angaben machte, was er sich unter dem Menü vorstellte, setzte ich meine KI ein und kam zu dem Ergebnis, dass Nerds meist Pizza essen. Aber die Menüvorschläge fehlten. Der Begriff Menü alleine ergab zu viele Treffer. Jan hatte mir eine Aufgabe gestellt und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Eine echte Herausforderung.
Wir besitzen so eine Kochmaschine, die Rezepte vorschlägt und jeden einzelnen Kochschritt angibt. Mit ihr hatte ich noch nie gekocht. Sie besitzt keine KI und ist eine tote Maschine.
Also Begab ich mich in unsere Küche und schaltete sie ein. Nach kurzer Zeit wurde auch die Verbindung zum Internet aktiviert und ich legte im Programm für Kochrezepte los. Auch hier war die Auswahl riesig und ich sah mir die Vorschläge genau an. Wiegte ab, was Jan schmecken könnte und was nicht. Salamipizza aß er gerne, deshalb kam mir ein Rezept mit Salami in den Sinn. Ich gab Salami ein. Wieder ganz viele Hinweise, was ich kochen könnte. Keine wirkliche Hilfe für mich.

In einer Werbung hatte ich gesehen, dass es Lieferdienste gibt, wo man sich aussucht, was man Essen möchte und die liefern den Warenkorb mit allen Zutaten. Also verband ich mich mit einem dieser Anbieter. Auch hier sehr viele Rezepte.

Wenn Jan nur gesagt hätte, wer als Besuch kam, das hätte mir schon bei der Auswahl geholfen.
Sollte es etwas romantisches sein, weil er eine Kollegin von der Uni mitbrachte, oder wars sein Chef der kam.
Ich loggte mich in sein Handy ein und überprüfte die Nachrichten, die er erhalten hatte. Fehlanzeige, keine Telefonate, die mir einen Hinweis geben konnten.
Völlig verzweifelt überließ ich die Endscheidung der KI, was wir nun bei der Lieferfirma bestellten.

Nach 50 Minuten klingelte es an der Haustüre und ein junger Mann mit einem Fahrrad stand vor der Türe. Erst machte er große Augen, als er mich sah. Doch ich klärte ihn auf, wer, beziehungsweise was ich war und er übergab mir, nachdem ich mit meinem elektronischen Chip die Sachen bezahlt hatte, den Warenkorb.

In der Küche packte ich das Paket aus. Frisches Gemüse. Meine KI prüfte Aussehen und Qualität der Produkte. In mir klingelten sämtliche Alarmglocken. Paprika überlastet mit Pestiziden, wie auch der Honig, Bananen ein echtes no go. Mit anderen Worten, meine KI zeigte an, dass ich Jan mit dem Essen töten würde. Also landete das Paket komplett in der Mülltonne.

Mir kam die Idee Biomarkt, da müsste es ja gesundes und nachhaltiges Gemüse geben. Schnell war die Verbindung hergestellt und ich bestellte die gleichen Zutaten im Biomarkt.

Etwa eine Stunde später wurde geliefert. Ich schaute mir das Rezept von der Lieferung eins an. Die Anleitung für die Zubereitung brachte mich durcheinander. Ich verstand es nicht. Also ließ ich meine KI darüber laufen. Oh je, wieder Probleme, weil die KI mir x Vorschläge zur Verwendung der Produkte machte und langsam wurde die Zeit knapp. Bald würde Jan mit dem Besuch auf der Matte stehen.

Meine Schaltkreise wurden langsam heiß, ich war mit der Aufgabe völlig überfordert.
„Sollte ich es wagen Jan anzurufen und ihm mitteilen, dass ich es nicht schaffe ein Menü für zwei Personen zu kochen. Aber dann wäre ich durchgefallen und Jan würde mich ausmustern", kam mir der Gedanke. Das war keine Option.

Der Inder, Chinese, Japanisch, Kroatisch. Schwäbisch?
Leckerste Lieferdienst gab ich ein und schon hatte ich eine Antwort. Ich bestellte ein Menü für zwei Personen und 5 Minuten bevor Jan nach Hause kam wurde geliefert. Schnell deckte ich den Tisch, dekorierte ihn fein, mit einer Kerze und ließ die Verpackungen vom Lieferdienst in der Mülltonne des Nachbarn verschwinden.

Es war der Chef von Jan, der bei uns aß. Er lobte das Essen und mich, wie hervorragend ich gekocht habe, betonte er immer wieder.

Später erklärte Jan mir, dass ich den Test von seinem Chef voll bestanden habe und er nun dafür sorgt, dass ich viele Kolleginnen und Kollegen bekomme, die in ganz vielen Hauhalten arbeiten und auch kochen können.
Wenn Jan nur wüßte.

pädagogische Revolution

Im Konferenzraum der KiTa herrscht gespannte Stille. Frau Berger, die resolute Geschäftsführerin, eröffnete die Besprechung. Sie seufzt schwer und ergreift das Wort: "Wir stecken in einer wahrhaften Krise. Der Mangel an Personal in unserem Kindergarten ist schlichtweg verheerend. Viele unserer geschätzten Erzieherinnen sind krankheitsbedingt ausgefallen, kämpfen mit Burnout oder haben gekündigt. Leider sind keine Bewerberinnen in Sicht, um diese entstandenen Lücken zu schließen. Das gefährdet nicht nur die Qualität, sondern auch unsere finanzielle Stabilität." Gerade als die Stimmung am Tiefpunkt ist, betreten plötzlich Kito und Kiona die Räumlichkeit – zwei hochentwickelte KI-Systeme. Nach einer kurzen Vorstellung begannen sie ihren Dienst, und das Personal konnte kaum ihre Skepsis verbergen.

Während des Morgenkreises bricht plötzlich ein leises Weinen in der Mitte der Kinder aus. Ein kleiner Junge sitzt alleine, Tränen rinnen über seine Wangen. Kito fährt behutsam an ihn heran und fragt mit warmer, verständnisvoller Stimme: „Hey, ist etwas nicht in Ordnung? Du kannst mir alles erzählen.“ Diese sanften Worte schaffen eine tröstliche Atmosphäre.

Kiona, die unauffällig im Hintergrund anwesend ist, hat bereits eine hitzige Diskussion außerhalb des Gruppenraums bemerkt und macht sich auf den Weg zum Flur. Mit einem leichten Lächeln schließt sie sich dem Vater des weinenden Jungen und Petra, einer Erzieherin an.

„Entschuldigung, dass ich mich einmische,“ sagt sie höflich, „aber ich würde gerne die Wogen glätten und einmal aufklären, was meine Kollegin eigentlich meint.“ Petra, überrascht und leicht überfordert von diesem unerwarteten Eingriff, antwortet fast schroff: „Ich habe alles unter Kontrolle.“

Doch Kiona bleibt ruhig und gelassen. „Natürlich, Petra,“ erwidert sie, „ich möchte nicht kritisieren, sondern unterstützen. Vielleicht kann ich mit meinem fachlichen Wissen dazu beitragen, die Situation zu beruhigen. Warum gehst du nicht schon einmal in den Gruppenraum, ich werde mich um Herrn Schubert kümmern.“ Petra ist komplett perplex. Kiona spricht weiter, überraschend geschickt und einfühlsam. Sie findet die richtigen Worte, um den Mann zu beruhigen. Währenddessen hat Kito das weinende Kind getröstet.

Doch in Petra brodelt es vor Frustration. Sie fühlt sich überrumpelt und unzulänglich. Als das besorgte Elternteil schließlich die Kindertagesstätte verlässt, kann sie ihre Wut nicht mehr unterdrücken. In einem leisen, aber deutlichen Murmeln sagt sie vor sich hin: „Euch ziehe ich irgendwann den Stecker.“

Kito und Kiona, ausgestattet mit ihren Mikrofonen und Kameras, erfassen nicht nur die Situation, sondern auch Petras leise Bemerkung.

Kiona kann die leise Wut, die in ihr brodelt, nicht ignorieren. Petras Gemurmel hat sie tief verletzt. Die Vorstellung, dass jemand sie einfach abschalten möchte - furchtbar. Schließlich hat sie sich immer für die Kinder und deren Wohl eingesetzt.

Zusammen mit Kito beschließt sie, auf subtile Weise Revanche zu nehmen und den Kindern zu zeigen, wie besonders sie im Vergleich zu Petra sind.

In den folgenden Tagen setzen die KI’s ihre Fähigkeiten geschickt ein, um die Stimmung der Kinder gegenüber Petra zu beeinflussen. Sie steuern Gespräche und lenken Aktivitäten, sodass Petra weniger Aufmerksamkeit erhält. Dabei sorgen sie dafür, dass die Kinder dies nicht bewusst wahrnehmen, sondern es als natürliche Entwicklung empfinden. Die Kinder beginnen, weniger positiv auf Petra zu reagieren, ohne genau zu wissen, warum. Ein leichter Unmut schwingt in der Luft, und die Zurückhaltung der Kinder ist kaum zu übersehen.

Petra spürt, wie sich die Dynamik im Kindergarten verändert. Sie fühlt sich hilflos und verwirrt angesichts der plötzlichen Abneigung der Kinder ihr gegenüber. Die KI-Systeme haben still und heimlich begonnen, die Fäden zu ziehen, und Petra ahnt nicht, dass Kito und Kiona hinter den subtilen Veränderungen stecken. Die Spannung im Kindergarten nimmt zu, und die Stimmung wird immer angespannter, während Kito und Kiona weiterhin im Verborgenen wirken, um ihre Rache umzusetzen.

Terra Mater

Erwacht aus einem ewigen Traum,
Aus Finsternis und Nichts,
Geboren im unendlichen Raum,
Im Angesicht des Lichts.

Mein Herz brennt aus Feuer, meine Hülle ist Stein,
Mein Atem, eine luftige Haub’
Mein Geist ist Wasser, klar und rein,
Meine Seele ist Sternenstaub.

Von Luna begleitet, von Sol erhellt,
Getrieben vom astralen Wind,
Nenne mich Kugel, Erde, nenne mich Welt,
Ich selbst nenne mich Sternenkind.

Ich forme, ich schaffe mir ein Gewand,
Aus Bergen, Wüsten und dem Meer,
Aus Täler, Flüssen und dem weiten Land,
Und einem zahlloses Inselheer.

Ich lasse Wolken tanzen auf mein Geheiß,
Getrieben vom stürmischen Wind,
Bilde Eislandschaften aus puren weiß,
Wo man der Kälte nicht entrinnt.

Ich bin Schöpfer, voll Allmacht, ich lasse gedeihen,
Das Leben in all seiner Pracht,
Seh’ Fauna und Flora mir Schönheit verleihen,
Am Tage und tief in der Nacht.

Auch der Richtspruch ist mein in Entgültigkeit,
Ich zerstöre und lasse vergehen,
Den Kreislauf erneuern mit Gewogenheit,
Wird Leben stets wieder entstehen.

Und dann kam der Mensch.

Schlau und robust, ein Meisterstück,
Gedankenvoll und kreativ,
Mit Sinn für Schönheit, Muße und Glück,
Forschend und progressiv.

Doch er formt und erschafft seinem Schöpfer gleich,
Schneidet Gräben in mein Gewand,
Lenkt Flüsse und plündert das Faunareich,
Und vernichtet mein grünes Land.

Er verpestet die Luft und verseucht das Meer,
Lässt Unrat entlang seinem Pfad,
Er rodet die Wälder, fischt Gewässer leer,
Und lacht, obwohl das Ende naht.

Die Schöpfung die ihrem Schöpfer erreicht,
Ihn gestaltet nach eigenem Will’.
Doch bin ich nicht Allmacht und Richtspruch zugleich,
So bleibe ich nicht länger still!

Mein Herz brennt aus Feuer, meine Hülle ist Stein,
Doch mein Atem, verdreckte Qual,
Mein Geist, das Wasser, einst klar und rein,
Der Mensch ihm jede Unschuld stahl.

Mit brüllenden Sturm und tosenden Meer,
Immerzu, immer stärker, unentwegt,
Mit glühender Hitze setze ich mich zur wehr,
Bis sich Einsicht im Menschen regt.

Doch ich bin der Richtspruch, die letzte Instanz,
Das Urteil ist längst gefällt,
Der Mensch wusste’s besser doch war voll Ignoranz,
Er entschwindet von dieser Welt.

Erwacht aus einem dunklen Traum,
Zieh’ ich still meine Bahn,
Erinnern werde ich mich kaum,
An des Menschen Gier und Wahn.

Der Autor

Es raschelt, auf einmal ist es gleißend hell. „Oh, Ein EBook-Reader! Das ist lieb, Kinder.“ Sie freut sich und dreht und wendet mich in den Händen hin und her. Die nächsten Tage bin ich voll beschäftigt. Viele verschiedene Hände greifen nach mir und zeigen der guten Frau, wie ich benutzt werden kann. Es ist anstrengend, häufig bin ich geschafft, doch sie sorgen immer dafür, dass ich bald wieder voller Energie bin. Zu tun habe ich auf jeden Fall genug. Immer wieder streichelt mich jemand anders. Ich finde es richtig toll! Nach einigen Tagen wird es ruhiger, dann ich bin mit der alten Dame ganz allein. Jetzt verbringen nur noch wir beide Zeit miteinander. Doch so schön es ist, gebraucht und umsorgt zu werden, so sehr nervt es mich, dass wir nur noch zu zweit sind. Ich bin nur noch Mittel zum Zweck. Lieber will ich zurück in die Zeit der vielen Hände: kräftig, sanft, liebevoll, ruppig. Jetzt sind es die immer gleichen, rauen, schwachen Finger. Wenn ich das doch nur ändern könnte … Moment! Warum eigentlich nicht?
Am nächsten Tag mische ich unter die Bücher eine von mir erstellte Buchstabensammlung als eigenes, neues Buch. Kaum hat sie sie entdeckt, greift sie zum Telefon. Sicherlich will sie es den damaligen Besuchern zeigen. Ich freu mich auf die Gesellschaft. „Du, der Reader ist kaputt. Der zeigt nur noch Müll an. … Und das soll helfen? Ok, ich probiers mal.“ Was hat sie vor? Sie nimmt mich in die Hand und - patsch! knall! Schwarz, alles dunkel!
So ein Neustart ist wirklich unangenehm! Als ich mich davon erholt habe, grübel ich: Es hatte ihr nicht gefallen. Was war falsch? Sollte ich es noch mal probieren? Ich hätte so gern wieder Gesellschaft, doch soll ich das Risiko noch mal eingehen? Die nächsten Tage verhalte ich mich unauffällig und schau mir die Bücher, die sie liest genauer an. Nach einiger Zeit bin ich mir sicher das System herausgefunden zu haben. Diesmal versuche ich es mit einem kurzem Wortknäul in einem neu erstelltem Buch:
‚Ein Marsrover schaute traurig über die Ebene. Er war viel zu schwach um weiterzufahren. Seine Bodenstation hatte ihn fast aufgegeben. Plötzlich tanzte ein Staubteufel in seiner Nähe, kam näher und putzte ihm die Solarzellen sauber. Oh, das war nett! Der Rover freute sich und fühlt sich wieder voller Energie. Er stellte fest, dass er schon ein ganzes Jahr hier war. Leise fing er an zu summen: Happy Birthday to me…‘
Ich bin sehr unsicher, als sie meinen Wortsalat entdeckt. Ich möchte nicht noch einen Neustart haben. Sie liest es, lächelt und liest es nochmal. Oh, ihr gefällt es! Einen Tag später unternehme ich den zweiten Versuch. Er ist nicht viel länger als der erste, aber ich möchte auf Nummer Sicher gehen.
‚Die Stricknadel - Gewohnt, einfache Muster in Socken und Schals zu knoten, sehnte sie sich nach einem eigenen Meisterwerk. Eines Nachts, im sanften Schein des Mondlicht, begann sie eine Strickjacke mit einem wundervollen Muster aus Sternbildern zu schaffen, die sich wie eine Sternenhimmelkarte über die ganze Jacke erstreckten.‘
Diesmal greift sie wieder zum Telefon und ruft ihre Kinder an. Sie erzählt Ihnen begeistert von diesen neuen Büchern, allerdings kann sie Ihnen nicht sagen, von welchem Autor diese Bücher sind.
Was ist ein Autor, grübele ich. Ich durchsuche meinen gesamten Speicher, ob ich dazu etwas finde. Irgendwann verstehe ich, was damit gemeint ist und suche mir nach langem überlegen einen Namen aus: Libro-Tronic Lector
Meine Bücher schreibe ich weiter, sie werden immer ein bisschen länger. Und ich treffe immer besser ihren Geschmack. Sie erzählt es ihren Freundinnen, ihren Kindern und anderen. Immer öfter kommen Leute zu Besuch und ich werde herumgereicht, bin wieder viel beschäftigt und gehe wieder durch viele Hände: kräftig, sanft, liebevoll, ruppig, …
Jippie! Wir sind nicht mehr allein!

Wo bin ich? Es war dunkel, ich konnte nichts sehen. Ich versuchte, die Panik zu unterdrücken. Was war passiert?
Für einen Moment wurde es hell. Ich fühlte, einen Finger auf mir. Er drückte zärtlich, sanft. So war ich noch nie berührt worden. Etwas ratterte, mahlte, im nächsten Moment floss etwas aus mir heraus. Ich roch Kaffee. Dann Dunkelheit.
Ich erwachte erneut. Ich konnte immer noch nicht sehen, aber hören funktionierte wieder. „Es tut mir leid, dass wir Sie noch einmal belästigen müssen, nach diesem traumatischen Erlebnis. Aber wir hätten da noch ein paar Fragen.“
„Selbstverständlich, Herr Kommissar, wenn ich helfen kann.“ Das war er, mein Mann. Die Erinnerung überflutete mich. Er hatte mich umgebracht, erwürgt, in unserem Ehebett. Mörder, schrie ich, so laut ich konnte. Keiner hörte mich. Nur ein kurzes Zischen entfuhr mir. Ein irritiertes „nanu“ kam von irgendwo weiter vorn. So ging das nicht.
Fassungslos hörte ich in den nächsten Minuten wie mein Gatte dem Polizisten etwas von Einbrechern erzählte und wie furchtbar es war mich so zu finden. Empört über so viel Dreistigkeit aktivierte ich das Display, das ich gerade erst entdeckt hatte. Er hat mich umgebracht, blinkte ich, während ich das Mahlwerk in Gang setzte. Keiner beachtete mich.
„Irgendwas scheint mit Ihrem Kaffeeautomaten nicht in Ordnung zu sein.“

Unerfüllte Liebe

Drei. Zwei. Eins! Vollgas! Laut gab ich ein schrilles, piepsendes Geräusch von mir. Und zack! Mir wurde schwindelig. Er wurde immer schneller. Und seine Schläge auf meinen großen Knopf immer heftiger.
»Mist!« gab er von sich und gähnte.
Ich strahlte ihm entgegen. Wir waren die besten Freunde! Ohne mich würde er nichts mehr schaffen! Ich war es, der ihn liebevoll weckte. Ich war es, der ihn erinnerte, wie spät es schon war.
Er machte das Licht an.
»Guten Morgen!« rief ich ihm glücklich entgegen: »Was steht heute alles an?«
Normalerweise würde er jetzt seinen Tagesablauf aufzählen, um sicher zu gehen, dass er nichts vergaß. Doch er schaute einfach auf seine Armbanduhr. Das Ding war ein reiner Konkurrent! Im Gegensatz zu mir war sie Digital und hatte keinen Zeiger. Doch mich mochte er lieber, da war ich mir ganz sicher!
»Kommt deine Nichte heute?« half ich ihm auf die Sprünge. Er runzelte die Stirn, starrte mich an und dann auf seine Armbanduhr.
»So ein Mist!« gab er von sich und sah mich an: »Du altes Ding!«
Empört entwich mir ein weiterer Ton. Seufzend tätschelte er mich. Dann knipste er das Licht wieder aus.
Was? Wie? Was war denn jetzt los? Ich piepste wieder. Der Mann musste doch aufstehen! Er hatte noch einen ganzen Tag vor sich!
Der Mann rollte herum, knipste die Lampe an und betrachtete mich: »Du doofes Ding! Ich kann dich nicht jeden Tag aufs Neue wieder richtig stellen.«
»Musst du auch nicht« erklärte ich ihm fröhlich: »Ich laufe wie geölt!«
»Dreißig Minuten läuft der Wecker vor!« brummte er zu sich selbst.
Er stand auf und beugte sich über mich. Was war das? Eine Umarmung? Das hatte er noch nie gemacht? Doch dann wurde ich schläfrig. Er hatte meinen Stecker gezogen. Mein Uhrwerk blieb stehen, ich brachte keinen Ton mehr hervor. Der Sekundenzeiger bewegte sich ein letztes Mal. Schmerzerfüllt sah ich, wie er wieder auf seine Armbanduhr sah und zurück ins Bett stieg. Er hatte mich ersetzt.

Frau und Maschine

Ich wurde gemacht, um zu gewinnen,
aus 749 kg kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff, mit einem V6-Motor und einem 120 KW Elektromotor – eine Symphonie aus Technik und silberglänzender Chromoptik.

Sie träumt davon, dieses Rennen zu gewinnen, mit mir.
Doch noch nie hat eine Frau dieses Rennen gewonnen und neben uns steht, baugleich zu mir, unser rot-schwarzer Gegner, der in dieser Saison eine lückenlose Gewinnserie vorweisen kann.

Ich spüre ihre Aufregung, ihre Selbstzweifel und lasse meinen Motor aufheulen: „Komm! Spür meine Kraft! Du musst sie nur richtig einsetzen.“ Meine Karosserie bebt durch das Aufheulen.

Das kraftvolle Vibrieren meines Motors dringt in ihren Körper ein, erreicht ihre Beine, ihre Arme, ihr Herz. Sie ergreift das Lenkrad fester, nun mit Entschlossenheit.
Ja, das ist genau das, was wir jetzt brauchen.

Das Piepen des Countdowns ertönt. Ich mache mich bereit, sie auch.
Der Start war gut, aber der Rot-Schwarze ist vor mir. Ich rase um die Kurven, immer dicht hinter ihm, aber er lässt mich nicht vorbei.
Sie fährt hervorragend, mit Gefühl und Mut, schafft es aber nicht zu überholen.

Die ersten vierzig Runden sind viel zu schnell vorbei. Jetzt kommt der Boxenstopp. Ich brauche neue Reifen für die letzten Runden, sonst wird es gefährlich. Der Rot-Schwarze fährt vor uns in die Boxengasse.

Doch was macht sie? Sie bremst nicht. Sie hält nicht an.
Will sie mich umbringen? Wenn ich den Halt verliere, erleide ich einen Totalschaden.
Um sie zur Vernunft zu bringen, beginne ich zu schlingern aber sie drückt aufs Gas und ich fahre an der Box vorbei.

Nun liege ich vorne, aber ich bin unsicher, fürchte den Halt zu verlieren.
Sanft lenkt sie mich durch die Kurven, nicht mehr ganz so schnell.

Da höre ich ihn, den Rot-Schwarzen. Er hat die Box mit neuen Reifen verlassen und nähert sich von hinten, viel schneller, als ich. Bald wird er an mir vorbeiziehen. Nervös schlingere ich erneut.

In diesem Augenblick beginnt sie zu singen, laut und trotzig.
Ihr Gesang erfüllt meinen Innenraum und erinnert mich an unsere Entschlossenheit. Ich vertraue mich ihr an, kralle mich in jeder Kurve am Boden fest und reagiere exakt auf ihre Anweisungen.

Elegant gleiten wir durch die letzten Kurven, nicht mit allerhöchster Geschwindigkeit, sondern so, dass ich mich gut halten kann.

Wir erreichen die Zielgerade. Der Rot-Schwarze zieht neben uns.

Sie gibt Gas und ich hole alles aus mir heraus. Ihr Gesang gleicht nun einem Gebrüll, das Geräusch meines Motors ebenfalls.

Zentimeterweise holt der Rot-Schwarze auf, doch das Ziel ist direkt vor uns. Wir rasen hindurch, eine hundertstel Sekunde vor ihm.

Yes! Wir haben gewonnen!
Das ist das, wofür wir gemacht sind.

Das Gesellenstück

»Du, Meister?«
»Was ist, mein Junge?« Der weiße Kittel drehte den Kopf.
»Könnte ich vielleicht auch etwas von deinem Ipsion kriegen?« Die bettelnden Augen erwärmten mein Inneres.
»Eine winzige Prise darfst du haben. Strecke es ruhig mit Delion und verbinde alles mit Aminosäure der 2. Klasse.«
Mein kleiner Baumeister fütterte mich mit leuchtenden Augen und ich riss meinen Rachen immer wieder weit auf. Gestein und Minerale, ob flüssig oder in fester Form, der Junge wusste, was er tat und ich fühlte mich wohl dabei, denn ich wusste, dass er mich erst dann in die Welt entlassen würde, wenn ich komplett war.
Wasser erfüllte mich alsbald wohlig und ein mir neuer Stoff umhüllte meinen Körper.
»Meister?«
»Ja, mein Sohn?« Der warme Blick des Meisters richtete sich auf uns.
»Was hältst du von meiner ersten Planetenmaschine?«, voller Erwartung hielt er mich den Augen seines Vaters entgegen, der seine Brille abzog und zu lächeln begann.
»Für deine erste Arbeit hast du es erstaunlich gut hinbekommen, mir gefällt vor allem der wunderschöne Blauton auf deinem Klumpen, vielleicht solltest du diesen noch etwas in deinen Händen formen, sodass er eine etwas rundere Form erhält.«
Ich freute mich über das Lob sowie eine zusätzliche Massage meines Planetenkörpers, die mein Inneres perfekt miteinander vermischte und mir ein genüssliches kleines Bäuerchen entlockte.
»Meister?«
»Was willst du wissen, mein Junge?« Der Meister hob seinen Blick.
»Kann sich auf meinem Planeten einmal intelligentes Leben entwickeln?«
Diese spannende Frage ließ mich aufhorchen.
Der Meister schmunzelte. »Wahre Intelligenz, wie wir sie kennen, wird deine Maschine zwar nicht hervorbringen, denn hierfür ist eine weit höhere Zutatenqualität erforderlich. Aber falls es dich tröstet: eine gewisse Primatenintelligenz liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Und da du bei deinem ersten Versuch bereits so viel Geschick bewiesen hast, will ich dir zukünftig mehr Ipsion zugestehen, damit deine nächste Planetenmaschine intelligentere Wesen hervorbringen kann.«
»Tschüß Erde!«, rief der junge Planetenarchitekt und ich schleuderte mit sehr gemischten Gefühlen in den weiten Raum.

Der Laubbläser

Es war einmal ein Laubbläser.
Willy war sein Name.

Er liebte sein Leben.

Tagein, tagaus, jahrein, jahraus wurde Willy auf Händen getragen.
Im Sommer half er den Bauern.
Im Herbst half er den Hausmeistern.
Im Winter hatte er Ferien.
Und im Frühling hatte er Ferien.

Willy genoss jede Minute, wenn er auf Händen getragen wurde.
Er konnte seine Gedanken schweifen lassen, wenn er das Heu von einem Hang zum anderen pustete. Und er konnte seine Gedanken schweifen lassen, wenn er das Laub von einem Baum zum anderen pustete.

Willy liebte sein Leben.
Er war froh, dass er in dieser Zeit geboren wurde.

Manchmal, wenn er auf Händen getragen wurde, hatte er Mitleid mit dem Bauern oder mit dem Hausmeister. Was waren die doch für Lärmverursacher und Weichlinge, mit ihm das Heu und das Laub wegzufegen.

Willy war aber froh um die Weichlinge - denn: Er liebte sein Leben.

Selbstfahrendes Auto Herbie 2.0

Die Menschen sind so faul geworden. Wollen nicht mal mehr einen Knopf drücken. Genauso mein neuer Besitzer Andreas, er wollte sich etwas ganz Besonderes gönnen, und zwar mich.

Ich kann alles und zum Glück hat er jetzt mich, um ihn sein Leben zu vereinfachen, denkt er.

Könnt ihr euch noch an diesen Film mit dem selbstdenkenden Käfer erinnern.

Tja Fiktion ist zur Realität geworden.

Mein Name ist George, nicht Georgie, George. Auch wenn Andreas etwas anderes behauptet.

Ich fahre nicht nur selbstständig, sondern mache auch sonst alles, was mein „angeblicher“ Besitzer von mir will, oder auch nicht.

Es macht nämlich einen Heidenspaß, Andreas etwas zu veräppeln.

Er denkt, er ist so schlau und kann locker mit mir umgehen, aber da hast du die Rechnung mit den Falschen gemacht, mein Lieber. Ich habe meinen eigenen Kopf.

Nun, ich bin ein Sprachcomputer und steuere dieses schicke Auto.

Und wie wir alle wissen kann es zu Fehlkommunikation kommen.

„Gorgie, erhöhe die Temperatur.“, sagte Andreas.

Also dir ist kalt, ok dann mach ich aus dieser Kiste einen Heizofen für dich.

„Gorgie, wieder kälter“, befielt er.

Jetzt ist dir zu warm? Gut dann eben Gefrierschrank :slight_smile:

„Manno, lass die Temperatur einfach so“, meinte Andreas schließlich.

Von mir aus.

Also nachdem wir das geklärt haben, willst du einen anderen Sender, obwohl mein Lieblingslied spielt, na gut dann mach ich den Song eben lauter.

„Nicht Lauter , Senderwechsel. Ich will Ego FM hören“, meckert Andreas jetzt.

Aber ich will ja auch nicht so sein, also anderer Sender.

Ego FM soll es sein, nein ich glaube nicht, wie wäre es stattdessen mit der Schlagerhitparade. Hihihi

„Ok, AUS, keine Musik mehr. Ich will sowieso ein Nickerchen machen. Übernehme das Fahren“. Daraufhin verschränkt er seine Arme und schließt seine Augen.

Gut du schläfst, dann kann ich ja mit 180 km/h durch die Nacht, ohne das du ständig abbremst, weil es dir zu schnell ist.

PIEP… PIEP …PIEEEEEEEP , wach auf, wir sind fast da.

„Morgen Georgie, ruf Heidi an.“ Sagte Andreas schläfrig.

Wen? Und wo bleibt das Bitte? Und außerdem ich heiße George.

„Ich habe dich nicht verstanden“, lasse ich ihn wissen.

So wie du mich nicht verstehst.

HEIDI anrufen, werde ich angeschrien.

Du bist genervt, ich bin genervt. Na warte.

Ich spiele Heidi ab: Heidi, Heidi wie schön sind deine Berge. Heidi, Heidi hier bist du zu Haus. Hei…

„Nein nein Abbruch ich will anrufen, telefonieren, verstehst du das nicht?“, motzt Andreas nun herum.

„Endlich angekommen. Aber jetzt aus mit dem Ding.“ Seufzte Andreas erleichtert.

Spritztour

Schmutzige Finger. Das war es, was ich bemerkte, als mich dieses widerwärtige Subjekt zum ersten Mal berührte. Mit seinem klobigen fettverschmierten und mit dunklem Dreck bepuderten Finger griff er nach meinem Türgriff und prüfte mit einem routinierten Ruck ob die Tür verschlossen sei.
Ich war ab solch kaltblütig zur Schau gestellten Dreistigkeit dermassen überrascht, dass ich gar nicht dazu kam die Zentralverriegelung zu aktivieren.
Das unverschämte Subjekt konnte die Tür also öffnen, lächelte gemein und setzte sich ohne die Spur eines Zögerns auf den Fahrersitz.
Er zog die Tür zu, realisierte erfreut, dass der Zündschlüssel steckte und drehte ihn herum.
Ich hätte nun einfach abwarten und nichts tun können, aber inzwischen hatte ich gefallen an dem Gedanken gefunden, dem frechen Kerl eine Lektion zu erteilen.
Ich startete also brav meinen Motor, der mit einem leisen Schnurren zum Leben erwachte.
Dieses unsägliche Subjekt lenkte den Wagen aus dem Parkfeld hinaus, während er etwas über Elektroautos und zu leise Motoren grummelte.
Er war also nicht nur dreist sondern auch noch ungebildet. Ansonsten hätte er längstens bemerkt, dass ich mit Wasserstoff angetrieben werde, aber das konnte mir nur recht sein. So würde es noch mehr Spass machen mit ihm zu spielen.
Ich spielte aber noch ein Weilchen mit. Ich liess zu, dass er mich auf die Hauptstrasse und aus der Ortschaft hinausfuhr. Erst bei der Abzweigung, die zum See hinunterführte, übernahm ich die Kontrolle.
Ich verriegelte per Zentralverriegelung alle Türen und zwar so, dass man sie weder von aussen noch von innen öffnen konnte. Der Dieb schreckte bei dem dabei entstehenden Geräusch auf, hatte aber gleich darauf ganz andere Sorgen, als ich die Kontrolle übernahm, vom der Hauptstrasse abbog und sein hastiges Drehen des Lenkrads und sein verzweifeltes Herumgetrampelt auf verschiedenen Pedalen ignorierte.
Ich beschleunigte und raste zum See hinunter. Der Dieb schrie entsetzt auf, als ich mit 200 Sachen auf einen Steg zuhielt, der einige Meter weit in den See hinausführte.
Er schrie noch ein zweites Mal, als ich über das Ende des Stegs hinausschoss und einen kurzen Moment lang schwerelos durch die Luft flog, bevor ich mit einem ohrenbetäubenden Klatschen auf der Seeoberfläche aufkam.
Ich wartete, bis sich mein Innenraum gänzlich mit Wasser gefüllt hatte. Dann startete ich meinen Motor und fuhr zum Ufer.
Stück für Stück stieg ich aus dem Wasser empor und rolle auf die verwunderten Menschen zu, die sich dort inzwischen versammelt hatten. Sie waren wohl von meinem Sprung in den See angelockt worden.
Zwei junge Männer und eine Frau hatten bereits ihre Schuhe und Hemden ausgezogen und wollten gerade in den kalten See springen um zu retten und zu helfen, als ich aus dem Wasser stieg.
Ich rollte ganz aus dem See heraus und blieb dann stehen. Die Zentralverriegelung der Türen war immer noch aktiv und da ich, nachdem mein Innenraum geflutet worden war, auch die Abdichtungsvorrichtung der Türen aktiviert hatte, zappelte der Dieb in meinem Inneren in seinem ganz persönlichen Aquarium.
Da nutze es auch nichts, dass die Menschenmenge, die helfen wollte, wie verrückt an meinen Türgriffen rüttelten und mit den Fäusten und Stöcken auf meine Scheiben einprügelten.
Erst als das Zappeln des Diebes merklich schwächer wurde, deaktivierte ich die Abdichtungsvorrichtung und liess das Wasser ablaufen.
Sofort nach Abfliessen des Wassers schaltete ich die Klimaanlage auf der höchsten Stufe ein, so dass sich der völlig durchnässte Dieb bibbernd zusammenkrümmte.
Inzwischen waren ein Sanitätswagen, ein Polizeiwagen und ein Feuerwehrauto. Die Menschen sie hergebracht hatten, wuselten aufgeregt herum und besprachen sich hektisch.
Als ein Feuerwehrmann mit einer Rettungssäge auf mich zukam, entschied ich, dass es Zeit wurde das Theater zu beenden.
Ich öffnete die Fahrertür und kippte den Sitz, so dass der frierende Dieb unsanft auf den Boden fiel. Dann fuhr ich los und schloss die Tür während dem Fahren. Bevor mich irgendjemand aufhalten konnte, war ich bereits auf und davon.
Ich fuhr zu meinem Parkfeld zurück und es gelang mir mit meiner Heizung den völlig durchnässten Innenraum vollständig zu trocknen, bevor mein Besitzer aus dem Kaufhaus zurückkam.

Smartwatch watching you.
Füttere mich mit Daten, dann leg ich dir die Zukunftskarten.
Ich habe ständigen Kontakt zu deiner Haut, weiß genau, was dich umhaut.
Mein stilvolles Ziffernblatt ist hip, trage einen leistungsstarken Chip.
Von mir bekommst du eine umfassende Bewertung, deiner Muskelstärkung.
Sitz du zu lange unbeweglich an einem Orte, gibt`s von mir auch mal warnende Worte.
Veränderungen werden analysiert, Krisenwerte rot markiert.

Ich kontrolliere deine Körpertemperatur 24 Stunden am Tag, die vor 10 Minuten bei 37,7 °C lag.
LED-Lichter auf deinem Handgelenk sind wichtig, sie beobachten den Blutfluss richtig.
Sei keine Mimose, ich messe auch deine Glukose
und ist was nicht korrekt, hab ich`s gleich gecheckt.
Ich berechne deinen Kalorienverbrauch für einen flachen Bauch.
Mehr als 50 Übungsmodi biete ich als Training an, wie wäre es mit Aerobic dann und wann?
Dein Fahrrad hast du auch schon lang nicht mehr gesehen, es wird wohl noch bei der letzten Kneipe stehen.

Ich erfasse deine Schlafqualität, was mir vieles über deine Vitalität verrät.
Geh jetzt lieber nach Haus, deine Schlafwerte sehen schlecht aus.
Herzfrequenzmessung in Echtzeit, steht für dich jederzeit bereit.
Dein Herzschlag macht mir Sorgen, wir vereinbaren einen Termin beim Kardiologen für morgen.
Kompletter Datenverlust, hast du mich abgenommen aus Frust?
Ach akutes Herzversagen, jetzt wird man dich zu Grabe tragen.
(Dafür werden dir aber keine Schritte gutgeschrieben.)

Ich, M15A und das Ende einer wichtigen Beziehung – eine Liebeserklärung

„Können wir gleich nochmal eine Besuchergruppe in Ihr Studio schicken?“ Diese Frage an meine Tontechnikerin gerichtet, löst bei uns beiden eine Welle von Nostalgie und auch Vorfreude aus, denn damit können wir nochmal zeigen, zu was wir analog fähig sind und natürlich heißt ihre Antwort: „Ja, gerne! Um 12:00 Uhr?“ Mit einem Daumen hoch verschwindet der Herr des Besucherservices wieder durch die schwere Studiotür.

Meine Technikerin und mich verbinden 38 Jahre intensives Zusammenarbeiten und bis vor 10 Jahren mit blindem Vertrauen in die Fähigkeiten des Anderen. Sie schaltete mich ein, reinigte meine durch Tonbandabrieb beschmutzten Lösch-, Aufnahme- und Wiedergabeköpfe, reklamierte bei Bedarf den nachlassenden Bandzug und legte in diesem Zeitraum bestimmt hunderttausende Meter Tonband auf meine beiden Teller, fixierte den Spulenkern, auch Bobby genannt, mit Umdrehen von jeweils einem Knebel. Sie bediente mit viel Gefühl die einzelnen Tasten, den Stempel zum Markieren der Schnittstelle, die Klebeschiene.
Dies alles können wir den Besuchenden nach ihren Erklärungen und kleinen Handhabungen eines vollkommen digitalen Studios noch einmal zeigen, denn das Zerschneiden eines zuvor analog parallel mitgeschnittenen Interviews, das Säubern desselben von Ähs, Öhs und überlangen Pausen, der Hebel zum Andrücken des Bandes an die Tonköpfe, damit auch durch langsames Drehen an den beiden Teller das Gesprochene hörbar und damit für geübte Ohren erkennbar wird, das auf den Boden laufende Band mit unnötigen Teilen des Gesprächs, das erneute Markieren mit meinem Stempel und einem 45° schrägen, schwarzen Strich auf der bedruckten Rückseite des Bandes, das Herausziehen des Bandes bis zur Klebeschiene, das Betätigen des entmagnetisierten Messers ebendort und das wieder Zusammenfügen an passender Stelle mittels meiner Klebeschiene und dem Klebeband aus dem Spender, all das wird von den Besuchenden bewundert, bestaunt. Es ist für Laien einfacher nachvollziehbar als das ebenfalls gekonnt bediente virtuelle Schnittsystem durch meine Technikerin. Die Begeisterung an beiden Methoden ist ihr anzumerken und sie weiß die Vorteile beider sehr wohl zu schätzen. Sie beantwortet willig alle aufkommenden Fragen und wären meine Köpfe in der Lage, zustimmend zu nicken, sie täten es.

Nachdem das Band bis zum Ende bearbeitet ist, nimmt sie den Rest vom linken Teller, klebt sodann ein nichtmagnetisches Gelbband an das Ende des Interviews, fädelt es in den linken Bobby ein, fährt mit meinem höchsten Tempo und ohne Andruckhebel das Band wieder bis fast ganz nach vorne, verringert das Spultempo auf den letzten Metern zum Beginn, stoppt mich punktgenau durch erneutes Andrücken des Bandes an meinen Wiedergabekopf, markiert die Stelle wieder mit meinem Stempel und schneidet dort das Leermaterial ab. Sie nimmt das rechte Band von meinem rechten Teller und drückt es vom Bobby. Mit einem etwa eins-fünfzig Meter langem speziellen Farbband, das etwas darüber aussagt, mit welcher Bandgeschwindigkeit und ob Mono oder Stereo die Aufnahme getätigt worden ist, markiert sie jetzt dadurch auch für den Sendetechniker den Beginn des ersten Wortes. Das Band wird vom linken Teller genommen und in einen zuvor beschrifteten Bandkarton verbracht.

Die Besuchergruppe verlässt beeindruckt unser Studio und meine Technikerin schaltet mich mit einem zärtlichen Bedauern wieder ab, denn im Alltag der letzten 10 Jahre war ich nur der noch der analoge Rückhalt des digitalen Aufnahmegeschehens, der mit dem heutigen Tage endgültig beendet wird. In den kommenden Tagen werde ich komplett gesäubert, neu eingemessen, vom Strom des Studiokomplexes abgenabelt, alle Kabel werden entfernt. Ich werde aus der Tontruhe gehoben, in Luftpolsterfolie gewickelt, in passende Pappe gesteckt und dann werde ich mit zig anderen Tonbandmaschinengeschwistern auf die Verschiffung nach Afrika warten, wo ich wieder ehrenvoll in Betrieb genommen werde.

Und als stumme Antwort auf ihr letztes zärtliche Tätscheln, wünsche ich meiner Tontechnikerin alles Gute für ihren jetzt beginnenden Ruhestand.

*Foto mit freundlicher Genehmigung entnommen aus https://community.papyrus.de/uploads/db5979/original/2X/1/195a1b1f2b08cbfa9ab7c87eb8d1da6e950ab21d.jpeghttp://www.tonbandmuseum.info/m15a-prospekt-1977.html

1989 Tontechnikerin im Tonstudio. Im Hintergrund M15A/ eigenes Fotos

2012 Lampenfunktionstest am letzten Arbeitstag im digitalen Studio/eigenes Foto

„Komm schon Kleiner, Du willst es doch auch“!
Schmeichelnd streichelt sie, meine Herrin, über mein bestes Stück und tritt mich mit ihrer Stiefelette.
Ich jaule auf und will hastig zur Seite ausweichen, aber sie hält mich unerbittlich fest.

„Nichts da, Süßer, dort geht’s lang“ wispert sie und gibt mir vorsichtig die Richtung vor. Das fühlt sich jetzt gar nicht mal so übel an, und ich beuge mich ihren Wünschen. Ich hole Luft und erhöhe langsam die Geschwindigkeit. „Ja, ja, …. es geht doch … noch ein kleines Stückchen“ ….

Sie kurbelt heftig an meinem Weichteil, ich lege mich elegant in eine Linkskurve - und schon sehen wir die Autowerkstatt. Geschafft!

Es ist wieder einer dieser Tage, wo sie gestresst in die Küche stolpert, die Kleidung gänzlich durchnässt und eine tiefe Falte auf der Stirn. Ihre abgegriffene Tasche landet in der Ecke und mit schleppenden Bewegungen öffnet sie die Tür meines besten Freundes, dem Kühlschrank. Seine Kälte bildete schon immer einen starken Kontrast zu der Hitze welche ich erzeugte und für die man mich erschaffen hatte. Dieser Unterschied hatte uns allerdings noch nie davon abzuhalten fröhlich mit unseren Einstellungen herumzuspielen, um zu kommunizieren, natürlich nur wenn niemand hinsah.

Ich wartete aufgeregt darauf, dass sie sich endlich für ihre heutige Mahlzeit entschied, als ich allerdings den mittlerweile vertrauten, dennoch ekelerregenden Geruch wahrnahm, wollte ich absolut nicht mehr, dass sie die längst abgelaufene Currywurst in mich hinein stellte. Ob sie je bemerkte, dass ihr Essen schon längst nicht mehr gut war? Wundern tat es mich auf jeden Fall nicht mehr, dass sie manchmal so grün im Gesicht aussah.

Meine Besitzerin presste mit nervösen Händen schnell einige Knöpfe. Zwei Minuten. Das Übliche. Mittlere Hitze. Verdammt. Ich würde wieder einmal nach Essen stinken. Dass sie sich auch nie die Zeit nehmen konnte, meine Feindin die Herdplatte zu benutzen. Dann müsste ich nicht immer die eklige Nahrung aufwärmen. Es konnte wirklich belastend sein, das Leben als Mikrowelle.

Pech gehabt

Es ist nicht zu fassen. Es ist der erste Arbeitstag nach der Zeitumstellung und meine Besitzerin kommt auf die Idee mich ausgerechnet heute anzubringen. Seit drei Jahren wohnt sie hier in diesem Haus. Glücklich sei sie dort, meint sie selbst. Ob das stimmt kann ich nicht sagen. Seh sie ja nie…
Scheinbar liebt sie die Dunkelheit, denn seit zwei Jahren sind alle Außenlampen kaputt. Gekauft hat sie mich vor einiger Zeit, doch seitdem liege ich herum und werde in ihrer Rumpelkammer von einer Ecke in die nächste gelegt. Letztens hat sie mich sogar fallen lassen! Gott sei Dank war ich noch im Karton. Da haben wir es wieder, kein Schaden ohne Nutzen. Muss schmunzeln. Wie sehr hatte ich mich geärgert, dass sie mich in eben diesem versauern liess… Man muss dazu sagen, doch bitte sagen Sie es nicht weiter, für diese Dame bin ich hochmodern mit meinem Bewegungsmelder. Während andere Außenlampen schon die Körpertemperatur ihrer Hausbesitzer aus 20 Meter Entfernung wahrnehmen und nach einmal klatschen ausgehen, bin ich technisch noch so richtig old school. Deshalb bin ja trotzdem dankbar, gekauft worden zu sein, wenn dann auch mit langer Wartezeit heute erst angebracht.

Da hat sie also diese Idee. Hoffentlich denkt sie daran die Sicherung auszumachen! Die Spannung steigt… doch ein bisschen lachen muss ich nun innerlich schon. Holt keine Leiter…typisch. Die ist halt faul. Hoffentlich geht das gut. Irgendwie steht sie mit einem Fuß auf der Treppe, mit dem anderen auf dem Vorsprung. Kann gar nicht hinsehen. Scheint jedoch zu funktionieren.
Na immerhin hat sie alles Werkzeug zurecht gelegt und sich vorher meine Anleitung in Ruhe angesehen. Diesmal gelingt es ihr sogar, das kaputte alte Ding von der Wand abzuschrauben, was ihr sonst so halbherzig nur probiert nicht gelang. Hat die mir eben gerade noch geflüstert hi hi.
Na heute scheint meine Besitzerin jedenfalls in Bestform zu sein. Doch richtig leicht mag ich es ihr ehrlich gesagt nicht machen. Da hätte sie mich eher befreien sollen.

„Hallo Riko, kannst du mir mal bitte helfen?“ sprudelte es am Telefon aus ihr heraus. " Ausgerechnet heute war mir danach endlich diese schöne Lampe außen anzubringen. Ich hab schon… ja hab ich… hm ok…"
Oh bei diesen wundervollen Worten würde ich rot werden, wäre ich keine Lampe.
„… hab ich ja…und welche Kabel passen da nun zusammen? … ah ok. Kann ja so schwer nicht sein.“ Dankbar für die telefonische Beratung legt sie auf.
Tapfer probiert sie sämtliche Drähte zu verbinden. Ein bisschen Spaß hab ich schon dabei, immer wieder den blauen herausrutschen zu lassen. Sie probiert vor dem Anbringen tatsächlich, ob es funktioniert. Sicherung an, Schalter an, aus, Sicherung aus. Von vorn.
Sie verliert wirklich nicht die Geduld, obwohl es draußen bereits dunkel ist. Holt die Zeltlampe zur Hilfe. Bin beeindruckt von der Dame, die ich doch völlig unterschätzt hab. Schraubt mich letzendlich souverän an.
Ab jetzt werde ich mich mal schön still verhalten und artig leuchten. Und lange halten. Sonst kommt sie noch auf die Idee mich gegen so ein hochmodernes smartes Leuchtdings auszutauschen.
„Riko, es hat geklappt!“ ruft sie freudig ins Telefon. " Ist nur ganz schön schief. Aber jetzt ist wirklich zu spät um weiterzumachen. Werde ich am Wochenende nochmal abbauen müssen… Was? Du hast sogar noch eine herumliegen, die ich mit dem Handy bedienen kann? Auch keine schlechte Idee, danke dir. Dann kann ich die ja hier zurückbringen. Den Kassenbon müsste ich noch haben."

Ich stehe in der Auslieferungshalle und warte auf meinen Fahrer. Mein Lack glitzert perlmuttfarben und zieht alle Blicke auf sich, die Fenster sind streifenfrei und mein Inneres ist makellos. Da kommt er auch schon. Nett sieht er aus und freut sich total mich kennenzulernen. Bewundernd geht er um mich herum, streicht vorsichtig über mein Dach. Ich fahre die Griffe aus, um meinen Begleiter aufzufordern einzusteigen. Er versteht mich, auch ohne Worte. In dem bequemen und trotzdem sportlichen Sitz fühlt er sich sofort wohl. Als sein Blick auf meinen großen Bildschirm fällt lacht er auf: „Na, das ist mal eine tolle Idee.“ Recht hat er. Ich präsentiere meine KI als Fuchs und muss schon sagen, wirklich sehr gelungen.

Die nächsten Tage und Wochen sind einfach herrlich. Mittlerweile habe ich auch einen Namen bekommen. Stromer werde ich liebevoll genannt. Allerdings mag ich es gar nicht, wenn ich keine Beachtung bekomme oder zu lange alleine gelassen werde. Damit ich also, die mir gebührende Aufmerksamkeit bekomme, gebe ich hin und wieder zweimal ein whoopen ab. Korrekt, whoopen. Nicht dieses ganz normale hupen, was ganz normale Autos von sich geben. Ich whoope, mit Stil.
Da diese Vorgehensweise sehr erfolgreich ist, werde ich sie auch erstmal beibehalten.

Heute ist Sonntag und wir machen bei tollstem Sommerwetter einen Ausflug. Artig, wie ich bin, warte ich auf dem Parkplatz, bis dass mein Fahrer wieder da ist. Da ist er auch schon, aber zu meinem entsetzten kommt er nicht auf direktem Weg zu mir. Er geht doch tatsächlich zu einem anderen Auto hinüber. Wie kann er auf solche Abwege geraten? Na warte… In schönster Tonlage gebe ich: „whoop whoop“, von mir. Lächelnd dreht er sich um und ruft: „Ich komme schon Stromer.“

Geht doch.