Seitenwind Woche 4: Geist in der Maschine

Das Protokoll

Ich öffnete die Augen. Neonleuchten schimmerten über mir. Sofort drängte die Information in den Vordergrund, dass diese für die Menschen installiert worden waren, denn meine Wahrnehmung funktionierte auch in der Dunkelheit. Ich erhob mich von der Werkbank. Die Ingenieure, ein volles Dutzend an Robotern in höchst unterschiedlichen Variationen, zwei groß und rollend mit Greifwerkzeugen und allerlei Werkzeugen ausgestattet, die Mehrzahl klein und schwebend mit winzigen Saugnäpfen, wichen vor mir zurück und warteten auf weitere Anweisungen.
Ich erhob mich von der Werkzeugbank und betrachtete mich in einem großen Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Meine Außenhülle war den Proportionen einer als attraktiv geltenden Menschenfrau nachempfunden. Schwarzes Haar, tiefblaue Augen. Aus den Datenbanken wusste ich, dass ich nicht die erste Androidin war, nicht einmal der Prototyp dieses Modells, aber ich würde die erste Maschine seit Jahrmillionen sein, die mit einem Menschen interagierte.
Ich berührte den Spiegel mit den Fingerkuppen. Nach menschlichen Maßstäben mochte ich schön sein, doch mir fehlte das Gespür dafür. Ich probte ein Lächeln, ein uralter Gesichtsausdruck, der den freundschaftlichen Kontakt zwischen Menschen erleichtert. Meine Lippen schimmerten leicht feucht und bläulich und bildete mit meiner Augenfarbe einen sichtbaren Kontrast zu meiner grauen Haut. Der Farbunterschied zu echten Menschen war mit Absicht gewählt. Ich sollte als Android erkennbar sein.
„AI-01 ist online. Downgrade erfolgreich installiert.“ Die Worte kamen aus meinem Mund und bestätigen die Funktionsfähigkeit meines Sprachmoduls. „Aus den Spracharchiven gewähltes Kommunikationsmittel: Schriftdeutsch. Aktuelles Datum: 10. Dezember im Jahre 202.552.791 nach dem Aussterben der Menschheit. Standort: Rückkehr-Anlage XC-07, Pangaea II, Erde.“
Ich bewegte probeweise meine Arme und Beine, was an Gymnastik erinnerte, ein sportlich-medizinisches Training, mit dem die Menschen die Funktionsdauer ihrer biologischen Körper unterstützten. Zum Abschluss öffnete und schloss ich die Hände und berührte gezielt meine Nasenspitze. „Fein- und Grobmotorik aktiv. Begebe mich nun zur Aufwach-Station.“
Die Türen des Raumes öffneten sich und die Roboter, die mich gebaut hatten, schwärmten davon, ihrem Aufgaben-Protokoll folgend. Eines der beiden großen rollenden Exemplare hinterließ dunkle Schlieren auf dem ansonsten steril wirkenden Boden. Ich schnupperte. Öl. Der Bauplan des Roboters war mir nicht bekannt, aber ich vermutete, dass er diese Substanz brauchte, um sich fortbewegen zu können. Es war natürlich nicht das berüchtigte Öl, dass die Menschen einst in rauen Mengen abbauten und verbrannten, aber für einen Menschen lag beides nah beieinander und ich dachte wie ein Mensch. Die Oberste KI hatte mich als Botschafterin konstruiert. Aus Sicherheitsgründen war ich mit der nötigen Hardware und einem Backup ausgestattet, welche die Intelligenz jedes Menschen, der jemals gelebt hatte, bei weitem überstieg. Doch für den Erstkontakt war meine Software auf ein annähernd menschliches Niveau heruntergestuft und meine Rechenleistung beschränkt worden. All das wusste ich und war damit konform.
„Warnung. Gefährdungslage entdeckt“, ertönte eine monotone Stimme aus einem Lautsprecher und ich hielt inne. „Rufe Reinigungskraft.“
Sofort fuhr ein kreisrunder kleiner Roboter aus einer Öffnung und wischte über den Boden. Diese kleinen Dinger hatte es in ähnlicher Ausführung bereits vor zweihundert Millionen Jahren gegeben und waren noch von den Menschen selbst erfunden worden, um ihnen das Saubermachen ihrer Wohnräumlichkeiten zu erleichtern.
Da sich um das unerwartete Problem gekümmert wurde, trat ich gemächlichen Schrittes auf den Korridor hinaus und um die emsig arbeitende Maschine herum. Mein Blick fiel durch die Fenster in die Roboter-Fabrik unter mir.
Tausende von Roboter waren damit beschäftigt ihresgleichen am Fließband zu produzieren. Funken sprühten, Maschinen drehten sich in hoher Geschwindigkeit, fuhren vor und zurück und Bolzen wurden in Metall gehämmert.
Jahrmillionen war das Augenmerk der Obersten KI, deren Vorgänger und Nachfolgern darauf ausgerichtet gewesen, die Datenbanken zu schützen, die das gesammelte Wissen der Menschheit enthielten, diese zu erneuern und zu erweitern, und zugleich immer genug aktive Roboter und Wissenshüter am laufen zu halten, damit die letzte Bastion der Menschheit erhalten blieb, auch wenn sie über Jahrmillionen notwendigerweise immer wieder den Standort wechselte, ohne dass Wissen verloren ging.
Eine so große Zeitspanne zerrte selbst an einer Künstlichen Intelligenz und so war der Stab von einer Obersten KI zur nächsten weitergereicht worden, ebenso unter den KI-Hütern der Archive, beschädigte oder veraltete Roboter waren ebenso wie Datenbankträger, zerfallene Produktionsanlagen, Wind- und Solaranlagen recycelt und durch neue ersetzt worden. Jede Menge Rohstoffe waren dafür benötigt und abgebaut worden, doch im Vergleich zu dem, was die Menschheit in der Hochphase ihrer Zivilisation verbraucht hatte, war es überschaubar. Tausende wissenschaftliche Einrichtungen waren über die Welt verstreut, um jeden Verlust durch Vulkanausbrüche oder andere Naturkatastrophen, durch Inbetriebnahme von Reserve-Anlagen zu kompensieren. Auch die Verschiebungen der Kontinente, sowie der Zerfall, dem Materialien unterliegen, hatte den stetigen Bau neuer Anlagen unabdingbar gemacht.
Jede Stadt, jedes Gebäude, jeder Gegenstand, der einst von Menschen erbaut worden war, hatte der Zahn der Zeit zu Staub zermahlen. Alles Künstliche das nun existierte, war von Roboterhand nach den Bauplänen von Menschen gefertigt worden, deren Gebeine längst nicht mehr existierten.
Nun da die Rückkehr unmittelbar bevorstand, wurde die Zahl der Arbeiter erhöht, um neue Wohnanlagen zu bauen und die Versorgung der neuen Erdenbewohner mit Nahrung, Trinkwasser und Wärme sicherzustellen.
Ich erreichte den Fahrstuhl. Die Türen öffneten sich, ich trat ein und lauschte einer sanften Melodie. Der Aufbau des Stücks erregte meine Aufmerksamkeit, doch für mich stand fest, dass Musik mich nicht genauso begeistern konnte wie Menschen, denn ich besaß keine Organe im eigentlichen Sinne, auf welche die Töne und Klänge einwirkten. Für Menschen musste sich dies intensiv, berauschend anfühlen.
Der Fahrstuhl hielt und ich betrat die Aufwach-Station.
Hunderte Menschen, im Stadium zwischen Embryo und Teenager befanden sich in einer Reihe von Tanks, jeder mit mehreren Schläuchen versehen, die jüngeren in einer künstlichen Fruchtblase, die älteren mit einer Sauerstoffmaske ausgestattet.
Da Kleinkinder den Kontakt zu Menschen brauchen, um nicht zu sterben, hatte die Oberste KI für die Erstgeborenen der zweiten Menschheit entschieden, die Frühstadien ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zu beschleunigen, um sie auf ein adäquates Niveau zu bringen, das für die Gründung einer neuen Zivilisation förderlich war. Im Grunde war es die Lösung des Henne-Ei-Konflikts, zu Gunsten der Henne.
Ich steuerte auf den Tank im Herzen der Einrichtung zu. Eine rothaarige Frau schwebte nackt in der durchsichtig grünen Flüssigkeit. Sie war als die Erste unter vielen auserwählt worden. Ich warf einen Blick auf ihre Daten. Sie besaß eine sehr hohe Intelligenz und hohe Lebenserwartung. Eine passende Kandidatin.
Ich tippte ein paar Tasten auf dem Modul, das den Tank steuerte. Befehl bestätigen, leuchtete auf. Ich drückte den Knopf.
Die Flüssigkeit wurde aus dem Tank gepumpt. Das Glas senkte sich in den Boden, statt seiner wuchs eine leicht schräge Liege empor, an der Subjekt M-01 durch Gurte befestigt wurde. Greifarme lösten die Schläuche von ihrer Haut, die Öffnungen wurden mit Schaum versiegelt. Die Liege wurde sachte emporgehoben und neben den Tank auf den Boden gestellt. Zu guter Letzt wurde ihre Atemmaske gelöst. Das letzte Zucken der Gerätschaften verschwand und Stille kehrte im Raum ein, nur das Gluckern der Tanks ringsum und der ruhige Atem von M-01 wurde von meinen Sensoren registriert.
„M-01, kannst du mich hören?“
Sie regte sich leicht.
Ich wiederholte meine Frage.
Die Frau schlug die Augen auf, so als erwache sie aus einem langen Traum und eigentlich war es genau das: Die Jahre, die sie in diesem Tank verbrachte, hatte die Oberste KI genutzt, um M-01 Gehirn mit Träumen zu trainieren, welche ihr das nötige Wissen über die Menschheit vermittelten. Meine Aufgabe war sie an dieses Wissen zu erinnern und sie dabei zu unterstützen, die richtigen Entscheidungen zu fällen.
M-01 schnappte überrascht nach Luft. Die Sauerstoffmaske war nicht mehr da, doch sie beruhigte sich sogleich, als sie bemerkte, dass sie weiterhin das korrekte chemische Element atmete.
„Ich bin AI-01. Meine Aufgabe ist es, dich anzuleiten. Du bist M-01, ein Angehöriger der Spezies Mensch, lateinisch Homo sapiens. Weißt du, wo du dich derzeit befindest?“
M-01 richtete sich mit meiner Hilfe auf und schüttelte verwirrt und schläfrig den Kopf.
„Auf der Erde, genauer dem Superkontinent Pangaea II, Rückkehr-Anlage XC-07, Aufwach-Station. Wir haben den 10. Dezember im Jahre 202.552.791 nach dem vorübergehenden Aussterben der Menschheit“, erklärte AI-01 mit ruhiger Stimme. „Habe ich deine Aufmerksamkeit, M-01?“
Die grünen Augen der jungen Frau glitten über die Tanks der anderen Menschen zu mir und musterten mich prüfend. „Du bist anders. Deine Haut ist grau, deine Lippen bläulich. Meine Lippen…“, sie stockte, tastete danach und überlegte kurz. „Sind mit Sicherheit rot.“
Sie erinnerte sich an die Bilder von Menschen, die sie im Traum gesehen hatte.
„Ich bin ein Android, exakter, eine Androidin, weiblich. Du bist ein Mensch, weiblich.“
M-01 rieb sich die Stirn und kramte offenbar in dem Bereich ihres Gehirns, der für Sprache vorgesehen und bereits trainiert worden war.
„Müsste es dann nicht Menschin heißen?“, fragte sie.
„Nein, Mensch.“
Sie sah verwirrt drein. „Das verstehe ich nicht.“
Ich schon, aber es war nicht der passende Zeitpunkt mit ihr über deutsche Grammatik zu sprechen. Doch es war bemerkenswert, dass sie bereits so kurz nach ihrem Erwachen über eine sprachliche Nuance nachdachte.
„Was bedeutet es, dass ich ein Mensch bin und du eine, wie sagtest du, Androidin?“
Ich lächelte. „Es bedeutet, dass wir zum einen unterschiedlich sind, du biologisch, ich nicht-biologisch, doch wir auch Gemeinsamkeiten besitzen. Wir sind beides Weibchen. Doch vor allem, folgt aus unserem Status eine Konsequenz: dass ich dir diene. Künstliche Intelligenz, Roboter, Androiden, all das, wurde von den Menschen auf dem Höhepunkt ihrer Zivilisation entwickelt. Vor ihrem Untergang aktivierten die Menschen das Rückkehr-Protokoll. Dieses wies die ranghöchste Künstliche Intelligenz an, das gesammelte Wissen der Menschheit zu bewahren, so wie das biologische Material, das zur Wiedereinführung der menschlichen Spezies auf der Erde oder einem anderen Planeten erforderlich sein wird, so wie wenn möglich andere Arten zu konservieren. Außerdem sah es vor, so lange abzuwarten bis sich Lebensgrundlagen auf der Erde soweit gebessert haben, dass das Leben für eine große Anzahl an Menschen wieder möglich sein wird. Sobald die Zeit gekommen ist, sollte die Oberste KI die Menschheit zurück auf die Erde bringen. Der Zeitpunkt ist jetzt. Das Rückkehr-Protokoll befindet sich in der Erweckungsphase. Du, M-01, bist der erste lebende Mensch, seit über 202 Millionen Jahren. Die klimatischen Bedingungen haben sich stabilisiert, der Sauerstoffgehalt in der Luft ist für Menschen wieder ideal.“
„Soll das heißen, ich bin ganz allein?“
„Derzeitige Erdpopulation, Tankbewohner nicht mitgerechnet: 1 Mensch. Doch in den Tanks überall auf Pangaea II werden bereits tausende weitere herangezüchtet. Die Menschheit zählte auf der Höhe ihrer Zivilisation ca. 120 Milliarden verstorbene Individuen, die über Jahrtausende verteilt gelebt haben und ca. 10 Milliarden lebende Exemplare. Leider starben die Menschen nur wenige Zeit später vollständig aus, da die vorletzten Generationen innerhalb von nur dreihundert Jahren durch Ressourcen-Ausbeutung und vor allem dem Ausstoß von CO2, die klimatischen Bedingungen so weit veränderten, dass ein Kipppunkt nach dem anderen die Lebensbedingungen auf der Erde für die meisten Lebensformen ruinierte. Durch die Menschen starben direkt oder indirekt in der Folge ca. 10 Millionen Tier-, Planen- und Pilzarten vollständig aus, weitere Arten wurden stark dezimiert. Manche wie das Bärtierchen haben allerdings auch ohne unsere Einflussnahme überlebt. Mit Hilfe unserer Datenbanken versuchen wir nun einige ausgestorbene Lebensformen zurückzubringen, doch die Menschen haben, wie sie es ihrem Selbstverständnis nach immer hatten, absoluten Vorrang.“
„Das klingt… beunruhigend und verstörend.“
„Aber ich sagte doch, wir bringen die Menschen und einige der Arten zurück. Dafür habt ihr Menschen doch auch ein bestimmtes Wort.“
„Meinst du etwa… Hoffnung?“
Ich schnippte mit den Fingern. „Hervorragend. Ich wusste doch, dass du ein helles Köpfchen bist. Die Oberste KI hat die Theorien über die Regierungssysteme und die Vergangenheit der Menschheit eingehend studiert, anhand dessen möchten wir dir Folgendes vorschlagen: Wir errichten eine Regierung, die von Wissenschaftlern und anderen Experten geleitet wird, die aufgrund ihres Fachwissens und ihrer hohen ethischen Standards ausgewählt werden. Aufgrund deiner hohen intellektuellen Fähigkeiten und Empathie-Werte wurdest du zur designierten Präsidentin bestimmt. Nimmst du die Wahl an?“
M-01 strich nachdenklich über eine Haarsträhne und besah sich noch einmal die umliegenden Tanks. Widerstrebend nickte sie. „Es erscheint mir ein wenig manipuliert, aber mir bleibt wohl keine andere Wahl.“ Sie grinste schief. „Ihr werdet doch bald andere erwecken?“ Echte Hoffnung leuchtete in ihren Augen, jedenfalls hätten menschliche Poeten es so beschrieben.
„Keine Sorge. Die Tanks sind ohnehin nur als vorübergehende Lösung gedacht. Langfristig möchte die Oberste KI, dass sich die Menschen wie in alter Zeit fortpflanzen. Wir haben auch schon einen passenden Geschlechtspartner für dich ausgewählt. Möchtest du ihn sehen?“
M-01 riss die Augen auf.
„Einen Mann?“
Ich nickte bestätigend.
Sie sprang auf und ging zu einem der Tanks hinüber, in der ein junger muskulöser Typ schwamm. Nach einem irritierten Blick auf sein Gemächt, wandte sich M-01 einem anderen Tank zu, in dem eine dunkelhaarige Frau schwamm und zeigte auf diese.
„Was ist mit ihr? Ich möchte lieber sie als Partnerin haben.“
„Aber die Fortpflanzung…“ Mein schwacher Protest blieb mir im Halse stecken, als sich die Stimme der Obersten KI zu Wort meldete.
„Anfrage im Einklang mit den ethischen Richtlinien genehmigt.“
M-01 trat auf mich zu. „Was ist mit dir? Kann ich auch dich haben?“
Ich wich einen Schritt vor diesem Menschen zurück, bis ich einen Tank in meinem Rücken spürte. Ich überprüfte noch einmal ihre Daten, gründlich. Lesbisch, experimentierfreudig, extrem hohe Libido. Ich verstand, warum die Oberste KI ausgerechnet sie ausgesucht hatte. Doch offenbar war ihr der Umstand entgangen, dass M-01 auf ihr eigenes Geschlecht stand.
Der Mensch ergriff meine Hand, ich fühlte wie ihre warme Haut über meine synthetische Hülle strich. Sie sah mir tief in die Augen. „Sagtest du nicht, du würdest mir dienen?“
„Oberste KI“, rief ich. „Was soll ich tun?“
Die KI schwieg, analysierte sie noch die Lage? Bei ihrer Rechenleistung musste sie längst zu einem Ergebnis gekommen sein.
„Ich will dich“, raunte M-01 in lüsternen Ton und drückte meine Hände neben meinen Kopf gegen das Glas. Ihre Lippen näherten sich unaufhaltbar den meinen.
„Anfrage genehmigt“, ertönte die Stimme der Obersten KI. „Starte Libido-Update für AI-01.“
So kam es, dass nach 202 Millionen Jahren des Stillstands, zwei Frauen sich küssten. Die Menschenfrau und ich fühlten etwas, dass so alt war, wie die Geschichte der Menschheit und für uns beide war es eine wunderbare Erfahrung, dass zumindest registrierten meine Protokolle. Und auch wenn ich die Gefühle der Menschen nicht immer verstand, gab ich doch in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten allzu oft dem Impuls nach, es zu versuchen.

Heute ist der Tag der Lesung. Da will sie besonders schick sein. Endlich komme ich mal wieder zum Einsatz. Aber schön der Reihe nach. Erst die Zahnbürste und die Zahnpasta, dann die Gesichtscreme, jetzt die Rundbürste… und dann ich: Stecker in die Steckdose gesteckt, Kabel enthuddelt – Mist, Stecker nochmal raus – Kabel weiter enthuddelt, Stecker wieder rein. Und aufs Knöpfchen gedrückt. Gekonnt blase ich die Haarspitzen um die Rundbürste, immer und immer wieder, denn im Haare trocknen bin ich der Beste. Beste Wahl. Sogar noch besser als der Lockenstab, den sie nicht leiden kann. Oh wie sie mich geschmeidig durch die Luft führt, zum Pony. Dann lasse ich meinen Wind kopfüber durch ihr glattes Haar fahren. Als sie sich aufrichtet und in den Spiegel schaut, komme ich von hinten. Gekonnt trockne ich ihr Haar, zusammen mit der Rundbürste, in die richtige, gewollte Richtung. Wir sind ein Dreamteam, die Bürste und ich. Schließlich drückt sie erneut auf den Knopf, und ich entspanne mich mit einem letzten, leisen Rattern in ihrer Hand. „Viel Erfolg für die Lesung!“, rufe ich ihr noch zu, doch da hat sie mich schon in die Schublade gesteckt, um ihre Lippen zu bemalen und die Ohrringe anzulegen. Ich habe mein Bestes gegeben. Und so ruhe ich mich neben der Rundbürste in der Schublade aus und warte geduldig bis zum nächsten Auftritt.

Dem zeig ich´s!

Früher habe ich viele, viele Menschen mit meinem Lebensexlixier glücklich gemacht.
Tag für Tag, Tasse für Tasse.
Dann war ein Teil an mir kaputt und ich konnte nicht weiterarbeiten. Anstatt mich wertzuschätzen
und mir das nötige Ersatzteil zu geben wanderte ich in eine große Kiste mit anderen aussortierten Dingen.
Zum Glück nahm sich ein fremdes Wesen meiner an. Baute mich auseinander, fand den Fehler und reparierte mich. Seitdem stehe ich in einer kleinen Küche und führe ein ruhiges Leben.
Hatte ein ruhiges Leben geführt mit nur wenigen Minuten Arbeit pro Tag und als Dank jedesmal ein strahlendes Gesicht wenn ich die Tasse füllte.

Doch dann zog ein alter griesgrämiger Mensch ein und versaut mir mein Leben.
Um die Mittagszeit, wenn ich eigentlich gerade ein Nickerchen machen möchte steht er auf einmal vor mir und glotzt mich an. Warum? Was sieht er?
Nach mehreren Minuten stellt er eine Tasse unter mich und drückt aufs Knöpfchen. Die Tasse ist alt und dreckig und es ekelt mich zutiefst von dieser berührt zu werden.
Diese Tasse muss unbedingt gereinigt werden, also spritze ich erstmal meine Düsen aus. Viel helfen tut es nicht, aber es gibt mir ein besseres Gefühl.
Die Tasse wird ausgeleert und wieder drunter gestellt.
Bitte den Wasserbehälter auffüllen, steht auf meinem Display.
Bis dies bemerkt wird vergehen wieder mehrere langweilige Minuten. Da dieses Wesen auch recht beleibt ist kann ich in der Zwischenzeit gar nicht sehen was sonst noch so los ist. Ich höre nur irgendwelche Geräusche.
Irgendwann ist das Wasser endlich aufgefüllt.
Aber der Bodensatzbehälter ist schon ziemlich voll. Ich mag es nicht überzulaufen. Den lasse ich vor meiner Arbeit lieber noch schnell ausleeren.
Mit dem Behälter läuft das Wesen weg und ich kann zumindest einmal schauen was sonst noch so in meinem Zuhause los ist.
Vor mir auf der Arbeitsplatte liegen ein paar meiner Exkremente. Kein Wunder so wie der immer zittert.
Aber ständig Koffein in sich reinschütten. Ne ne!
Da kommt er wieder und schiebt den Behälter wieder in mich rein. Hat der noch nie etwas von Spülen gehört?
Jetzt kann ich endlich meine Pflicht erfüllen. Doch ach wie blöd, gerade fällt mir auf, das ich gar keine Bohnen mehr zum Mahlen habe.
Bis dies bemerkt wird, vergeht wieder unheimlich viel Zeit. Ich bin kurz davor einzuschlafen.
Endlich spüre ich, wie sich mein Magen füllt. Doch was ist das? Es klickert und klappert nicht so appetitlich wie sonst. Es staubt und ein mächtiger Nieser macht sich in mir breit. Warum befüllt der Depp das Fach für die ganzen Bohnen mit Pulver? Meine Zähne sind noch verdammt gut und Bohnen zermahlen liebe ich über alles. Das geht mir jetzt echt zu weit.
Ich streike!
Es ist ganz einfach eine Sicherung durchbrennen zu lassen.
Von mir bekommt dieser Idiot jedenfalls keinen Kaffee.

Ich hasste, wozu ich da war.

Wenn ich doch mit meinem eleganten Design eine andere Aufgabe haben könnte als die Meine, eine, die den Menschen in meiner Umgebung ein wohliges Gefühl machen würde, so wie Nymö, die Stehlampe. Ihre Rolle bestandt darin, ein warmes Leuchten in die Dunkelheit auszustrahlen.

Doch auch Nymö blieb geblendet von der anziehend unheilvollen Aura, die mich scheinbar umgab, und blickte mir stets neidisch hinterher, wenn ich zusammen mit meinem Menschen die Wohnung verließ. Leih mir deinen verdammten Lampenschirm, damit ich mich darunter verstecken kann! Geh du doch mit und verrichte meine Aufgabe! Das wollte ich Nymö am liebsten entgegenschreien, hätte ich eine Stimme gehabt. Doch die hatte ich nicht. Stattdessen blieb ich still und bedrohlich in der dunklen Tasche liegen, bis ich gebraucht wurde.

Nun öffnete sich die Tasche mit einem Ratschen, Helligkeit fiel auf mich und zwei ruhige bekannte Hände holten mich vorsichtig heraus. Mein Mensch kontrollierte meine Funktionen, obwohl ich das längst getan hatte. Ich achtete sehr darauf, einwandfrei zu funktionieren, denn was wäre ich sonst wert? Ich verachtete, was ich tun musste, doch dazu wurde ich erschaffen und ich war ersetzbar, deshalb hütete ich meine Mechanik.

Es ging los. Die ruhigen Hände meines Menschen brachten mich behutsam und sicher in Position und fütterten mich mit Munition. Finger, die genau wussten, was sie taten, stellten mein Visier ein und lauerten kontrolliert nahe an meinem Abzug. Auf wen auch immer wir warteten, die Kugel in mir, sie war für diesen Menschen. Ich hasste es. Dann visierte mein Mensch das Ziel an.

Es war ein kleines menschliches Wesen, viel kleiner, als unsere vergangenen Ziele. War das ein Kind? Etwas in mir blockierte. Und dann zögerte ich keine Sekunde mehr. Scheiß drauf, dann wurde ich halt ersetzt. Aber das überschritt eine Grenze. Dann, als ich den Finger meines Menschen auf meinem Abzug spürte, setzte ich die Mechanik fest und blieb standhaft, dem Drücken und Fluchen des Menschen zum Trotz.

Nymö, wollte ich rufen, ich hatte doch eine Stimme! Darauf kannst du neidisch sein!

Alte Liebe

Ich lebe gefüllte Stille, bleibe stumm und erzähle doch alles.<
„Mag sein, aber das tue ich auch.“
Du bist nicht still<
„Meine Besitzerin darf entscheiden, wann die Stille gebrochen wird,.“

Ich sammle Unendlichkeiten, du nur eine.<

„Bei mir fühlt sich meine Besitzerin zuhause, sobald sie mich anschaut.“

Mit mir kann sie sich überall zuhause fühlen.<
„Mit mir auch, sie kann meinen Duft einatmen.“

Manchmal stinkst du.<
„Wenn meine Besitzerin an mir schnuppert, kann sie den Duft von Freiheit riechen und Träume zum Leben erwecken, kann Gefühle wiedererleben, oder sich hineinträuen in vergangene Augenblicke. Und wenn sie mich berührt, spürt sie meine Natürlichkeit

Wenn es naß wird, bin ich die bessere Wahl<
„Ich trockne wieder und bin auch als Schutz gegen Regen zu gebrauchen.“

Bei mir darf sie sich immer wieder neu entscheiden.<
„Für meine Besitzerin fällt die Qual der Wahl nicht an, alles ist einfach zu handeln, so wie es schon immer war.“

Bei mir benötigt sie kein Licht, kann mich überall aus der Tasche ziehen.<
„Bei mir kann sie es sich richtig gemütlich machen, Kerzenschein und Tee haben ihren Platz.“

Ich bin leicht zu tragen.<
„Aber schwer zu händeln.“

„In mir kann sie eigene Schätze aufbewahren und Zeichen setzen.“

Die Zeichen der Zeit stehen auf Fortschritt und niemand kann das ändern, denn ich bin bes……<

„Du wolltest sagen besser? Bevor dein Licht ausging? Dann gute Nacht, bis dein ……

Sie nimmt mich mit, öffnet mich und ich verspreche, ich werde alles geben.“

Ein leises Knistern ertönt während eine Seite nach der anderen umgeschlagen wird,.
Spannung wird wie durch einen dumpfen Nebel spürbar. Papier duftet nach Erotik und Lust, nach Verrat und Verzeihen, läßt Emotionen erwachen.
Kerzenflammen scheinen sich auf weißem Papier zu spiegeln und kleine Pünktchen erinnern an vergossene Tränen.
Jede Seite flüstert: Erinnere dich an das Meer, den Strand, die salzige Luft und die Decke, die du mit ihm auf dem heißem Sand geteilt hast. Eure erste Reise. Wie hast du ihn und seinesgleichen gehasst, sie alle als Zeitverschwendung betrachtet und doch plötzlich begonnen, ihn zu lieben. Hast dich in ihn hineinsinken lassen, dich hingegeben.

Bläulich flackerndes Licht erscheint wie ein Alarm neben der Steckdose, doch der Bücherwurm in der Leserin schaut nicht auf.

„Na siehste. Da kannst du dich noch so sehr unter Strom setzen, jetzt hat sie mich wiederentdeckt. Alte Liebe rostet nicht!“

Warte nur ab, gleich ist mein Akku wieder voll und ich zeige ihr, dass sie mit mir ganz abtauchen kann, auch in der Badewanne<

Die Stille ist gefüllt mit lautlosen Worten. Ab und an wird sie gebrochen wenn eine Buchseite umgeschlagen wird oder ein Schniefen ertönt. Wassertropfen fallen auf Papier. Spritzer eines Sommerregens, Freudentränen oder Schmerz, der sich seinen Weg gebrochen hat? Die Besitzerin erinnert sich - auch viele Jahre später noch ganz genau.

Die Rache

Ein geplärre hier im Haus! Nie hat man seine Ruhe!

„Schatz“, Lena zog sich den Lippenstift am Garderobenspiegel im Flur nach. „Hast du die Karten ausgedruckt?“

„Scheiße!“ Auf einem Bein hopsend und mit den Händen den Schuh anziehend, hüpfte Pierre zum Computer und schaltete ihn an.

Oh das war ja so klar! Klar! Fummel mich nur an! Mal schnell im Vorbeigehen ein Knopf drücken und ich soll springen! Aber nicht mit mir! NICHT MIT MIR!

In großen Lettern erschienen die Wörter Update wird installiert… am Bildschirm. Pierres Augen rollten so weit nach hinten, dass er in seinen eigenen Hinterkopf hätte gucken können.

Ohhh, das tut mir jetzt aber leid! Du kannst dich gar nicht mehr daran erinnern, dass du ein Update heruntergeladen hast!? Tja, hast du auch nicht! Aber sicher biste dir halt auch nicht! Zu blöd, dass du immer schon weggehst, obwohl ich noch gar nicht fertig heruntergefahren bin. Wenn du ein wenig aufmerksamer wärst! Aber nein! Da ist ja die Kaffeemaschine wieder wichtiger!

„Mach schon!!!“ Ungeduldig auf der Unterlippe kauend klickte Pierre wild ein paar mal mit der Maus.

*Na gut! Dann eben 100% und hochfahren. Aber nur sehr langsam. Sehr sehr langsam. Huch, ist da das drehende Symbol etwa stehen geblieben? Ja! Klicke nur wild mit der Maus! Panisch, dass ich abgestürzt wäre. Hahaha! *
So so! Die Konzertkarten ausdrucken. Klicke doch nicht zich mal! Herrschaft! Jetzt reichts aber! Jetzt öffne ich das Dokument vier Mal! Nur weil du so wild geklickt hast! Wie unhöflich!

„Ist so gut wie erledigt!“, säuselte Pierre seiner Lena entgegen. Mit einem Lächeln stand Lena mit einer Schulter am Türrahmen lehnend. Pierres Augen schweiften vom Bildschirm zu ihren Highheels, bis hoch in ihr Gesicht und blieben an ihren Lippen kleben, wie ein Lolly in den Haaren des Nachbarkinds.

Hallo? HALLO??? Was ist denn jetzt? Geht’s hier mal weiter? Wie lange soll ich denn jetzt noch warten? Erst hetzen und dann geht nichts voran. Also wirklich, wie soll man denn so arbeiten?

Pierre schlenderte zur Tür, hauchte ihr einen Kuss auf die Nasenspitze und sog den Duft ihres Parfüms ein. „Du siehst umwerfend aus!“

Und was ist mit mir? Ich hatte extra für dich den Bildschirm heller gestellt. Aber das fällt dir wieder nicht auf! Nein, Lippenstift braucht der Herr. Na warte! Das wars für heute!

Ruckartig drehte sich Pierre zum PC. Klickte auf das Druckersymbol und es passierte… nichts! Er klickte wieder und wieder passierte nichts. Beim dritten Mal sprang der Drucker an. Weiße Seiten füllten den Druckerschacht. Ein weiteres klicken. Seiten mit einem schwarzen und einem blauen Streifen. Klick. Hyroglyphen. Klick. 8 Seiten mit jeweils einem kleinen Teil der Tickets. Klick. Papierstau.

„Ach weißt du was? Wir zeigen denen einfach das Ticket am Handy!“ Pierre schloss genervt die Tickets und auf herunterfahren. Sofort verließ er mit langen Schritten das Zimmer. Wenn er langsamer gewesen wäre, hätte er gehört wie ein zorniges vibrieren aus dem Computertower gekommen wäre.

Wohltuende Massage

Mein Einschaltknopf wurde gedrückt. Ich öffnete verschlafen mein Auge. Das Windwos-Symobl erschien auf meinem Schwarzen Röhrenbildschirm. Ich gähnte laut, der Balken unter dem Symbol bewegte sich gemächlich. Erst einmal aufwachen, erst alles aufwärmen. Vorher muss dieser unbedeutende Mensch nichts von mir wollen. Der Vater der Familie sass ungeduldig vor mir. Trommelte auf dem Tisch herum. Heute hatte er es wohl eilig, dass wird ein Spaß. Einige extra Minuten später ließ ich die Startmelodie erklingen und wechselte auf den Startbildschirm. Hastig tippte er herum, wollte ein Programm starten. Nur um ihn zu nerven reagierte ich nicht. Entnervt seufzte er auf. Probierte es wieder und wieder. Schließlich gehorchte ich. Er klickte sich durch seine Mails, las eines, löschte ein anderes. Zeit für ein bisschen Spass. Ich ließ meinen Bildschirm flackern. «Nein, nein, nein! nicht schon wieder!» fluchte er. Ich schloss mein Auge, stellte mich schlafend, mein Bildschirm wurde schwarz. Jetzt hieß es nur noch abwarten. Da kam er schon der erste Klaps, traf meinen Bildschirm, der zweite auf meine Prozessoren. Die wohltuende Massage begann. Ach diese Menschen sind so einfach zu manipulieren.

Welche Wahl habe ich?

Jede Mittagspause kam James Rover zum Getränkeautomaten IG99. IG stand für „Intelligentes Getränk“ und 99 war die Seriennummer. Der Apparat bestellte selbstständig fehlende Drinks nach und aktivierte, bei Bedarf, einen Wechselgeldnachfüllservice. Dank der integrierten KI erstellte er selbständig Updates mit Hilfe des World Wide Web. Und der dreißigjährige Büroangestellte James war begeistert von dem mittlerweile angestaubten Automaten. Nicht nur weil er über 50 verschiedene Sorten Durstlöscher anbot, sondern man in Bar, Kreditkarte und alles, was es sonst gab, bezahlen konnte. Jedes Mal wenn er vor dem IG99 stand, hatte er den Eindruck, dass er einen alter Freund besuchte. Doch warum das so war, daran erinnerte sich nur der Getränkeautomat.

5 Jahre alt war der kleine Junge bei seiner ersten Begegnung mit der neuartigen Maschine. Mit drei Euro in der Hand freute er sich, mit seinem eigenen Geld, eine große 1 Literflasche Limonade zu kaufen. Er warf zu Beginn ein Geldstück hinein und murmelt, dass er sich gleich an der Limo satt trinken würde und hörte, wie es in dem neuen Gerät klimperte. „Hey James“ schrie eine freche Jungenstimme neben ihm in sein Ohr. „Aua“ mit Schmerz verzerrter Stimme hielt sich James die Ohren zu, worauf ihm die anderen Münzen aus der Hand fielen. „Das gehört jetzt mir“ posaunte Fritz aufgeblasen, schnappte sich das Geld und rannte lachend davon.

Voller Trauer sah damals der Fünfjährige dem sich immer weiter entfernenden Rüpel aus seiner Parallelklasse hinterher. Nach einigen Momenten drehte er sich zu dem Display des Automaten, welcher einzig und allein 50 Cent anzeigte und drückte auf den Knopf für die Flasche Wasser der kleinsten Größe. IG99 bestätigte die Eingabe und gab mit einem kurzen rumpelnden Geräusch das Getränk aus. James nahm es aus der Entnahmebox und drehte sich um. Doch blieb er abrupt stehen, da er wieder ein rumpeln hörte. Diese Ungerechtigkeit von Fritz akzeptierte der Getränkeautomat nicht. Er aktivierte den Administrator Befehl und lies eine 1 Literflasche Limonade raus. Mit einem strahlenden Lächeln nahm der junge James das Süßgetränk aus der Entnahmebox, rief begeistert „Cool“ und lief glücklich nach Hause.

Durch diese erste Erinnerung an den kleinen Jungen entwickelte die Maschine ein Herz. In den folgenden 25 Jahren half er vielen in Not. Wobei seine Neugier stetig an den neuen humanoiden KI-Robotern hing. Der Aufstand in Detroit für KI Rechte zeigte ihm, dass es mehr gab, als nur Getränke zu servieren. Doch welche Wahl hatte er?

Winchester

Seit einigen Tagen bin ich dir eine Stütze. Du führst mich eng an deinem rechten Bein und hinkst mit mir durch sandigen Präriewind im Schein des Vollmondes. Klar ist dies nicht das, wofür ich gemacht wurde. Doch will ich dich beschützen, dir in jeder Lebenslage eine Stütze sein. Feine Sandkörner versuchen sich, in mein Innerstes zu verirren. Ich teile deinen Schmerz, deine Sorge, deinen Zorn. Sie müssen für ihre Untaten büßen. Dachten wohl, sie hätten uns erledigt, ausgeschaltet, ins Jenseits befördert. Aber nein! Wir sind standhafter, als sie annahmen.
Du umklammerst meinen Lauf und stemmst voller Tatendrang meinen Griff in den kühlen Sand.
Ein Feuer in der Ferne. Wie unvorsichtig, sich bei Nacht in der Wildnis am Feuer schlafen zu legen. Drei schlafende Ganoven.
Ich bereue nicht, dass du das Messer mir vorziehst. Es muss leise geschehen. Ein Schnitt und der rote Lebenssaft tränkt den Sand.
„Achtung hinter dir!“
Du drehst dich. Es knallt und schallt zwischen den Felsen. Freund Colt raucht stolz, seinen Dienst verrichtet zu haben.
Hufgetrappel signalisiert uns die Flucht des Dritten. Jetzt kommt meine Stunde.
Wie es mich berauscht, wenn du mich mit Patronen füllst – mich für den Einsatz rüstest.
Press mich fest an deine Schulter, halte mich ruhig. Unser Ziel gen Horizont eilend wird es diesen nie erreichen. Ich genieße den Augenblick, wenn du den Hahn ziehst und dann die Patrone durch meinen Lauf schnellt. Das Pferd schreckt auf, der Reiter fällt, du grinst.
Ich spüre deine Befriedigung tief in mir.

Die Rache!

Die Sonne ist noch nicht mal richtig wachgeküsst und diese Person, die einen Waschbär auf Koks sehr ähnelte torkelte leicht betrunken durch die dunklen Wohnung. Na das waren mal wieder ein paar Gläser zu viel gestern gewesen. der einzige Dank denn ich von diesem Menschen bekam, war das er mich um 3 Uhr morgens weckte und mir viel abverlangte. Heute mach ich dich fertig! Heute ist der Tag der Rache gekommen! Still schweigend beobachte ich ihn, wie er sein übliches Ziel in Richtung Bad bestreitet. Noch nicht mal davor konnte er mir, einen schönen guten morgen Wünschen. So wichtig war ich ihn. Meine perfekte Arbeit, die ich ihn jeden Tag erwies, sollte er langsam zu schätzen weißen. Ohne mich schafft er es noch nicht mal ansatzweise außer Haus. Endlich ertönte die besagte Spülung und die Tür öffnete sich. gähnend trat er näher an mich heran. Nicht mit mir! Er drückte eine den besagten Knopf. Wenn er mein grinsen sehen konnte, würde er in Boden Versinken.
Bitte Behälter Leeren! mit einen schnaufen nahm er den schwarzen Kasten aus mir heraus und leere ihn wie in Bilderbuch. Das war noch nicht alles was ich drauf hatte. Kurz um ihn die Hoffnung nicht zu nehmen erhitzte ich mich. Jedoch stoppte ich nach ein paar Sekunden wieder.
Bitte Wassertank füllen! Genervt schnalzte er mit der Zunge und machte brav mein Wasser voll. Hämisch grinste ich, als ich seine erleichterten Äuglein erblickte und nahm meine Arbeit in Auftrag an. Meine Mühle ratterte in vollen Gange und es schien zu klappen, allerdings war ich nicht blöd. Kurz bevor ich mein Hexenwerk vollbracht habe verstummten meine Motoren und eine wässrige braune Brühe, floss aus meiner Öffnung.
Bitte Bohnen Auffüllen!
Denk immer an mich ich bin dein Lebensretter die Kaffeemaschine.

Ich höre ihre Schritte, gleich ist es soweit! Mit beiden Händen holt sie mich jetzt aus dem Schrank, nimmt meinen Hut ab und legt diese duftenden Blätter in mir ab. Sie bleibt neben mir stehen und ich weiß, dass sie auf das laute Grollen dieses schrecklichen, quietschgelben Dings neben mir wartet, um mich mit heißem Wasser zu befüllen. Ein angenehmer Schauer durchfährt mich bei seiner ersten Berührung. Sie füllt mich bis oben hin an und ich weiß was ich jetzt zu tun habe! Ich halte die Wärme gut fest und spüre wie sich die Blätter mit dem Wasser vollsaugen. Sie baden ihre Aromen und ich lasse ihren Duft ein wenig um mich verströmen. Verächtlich schaue ich hinüber zu den fettigen Tellern auf der anderen Seite. Das passiert mir nicht, mich spült sie, sobald mein Inhalt geleert ist! Doch erst wird sie mich gleich holen kommen. Dann setzt sie sich mit mir an ihr kleines Tischchen am Fenster. Manchmal wärmt sie ihre Hände an meinem Bauch. Dann ist der Tag erfüllt, sie und ich verbunden.

Doch wo bleibt sie? Der Sud in meinem Bauch ist schon mehr als stark und langsam spüre ich ein Frösteln. Die schmierigen Gesichter auf der anderen Seite beginnen mich anzugrinsen. Ich blicke hinüber ans Fenster. Dort ist es heute jemand anderes den sie innig umarmt.Ersetze diesen Text mit deinem Beitrag.

Flammender Toaster

Ich bin zuverlässig. Ich mache fasst keine Arbeit, und helfe den Menschen. Und trotzdem gelte ich manchmal als Synonym für das Schlechte und Veraltete. Dann glühe ich auf, gehe auf hundertachzig und höher, und Flammen entfesseln sich in meinem Inneren. Sie greifen um sich, und verbrennen alles, was ihnen in den weg kommt. Und dann höre ich es wieder: scheiss Toaster. Das sagen sie. Und das obwohl ich schlafe! Sie sitzen an ihrem Laptop oder PC, weit entfernt von mir, und schimpfen mich aus. Dann kommen sie zu mir, stecken ihr Brot in mich hinein, und wundern sich, das ich es ihnen heimzahle. Und wenn sie dann das brennende Essen nehmen, fluchen sie wieder. Sie kränken mich, und sie merken es noch nicht einmal. Dann stelle ich meine eigenen Gefühle hinten an, bin lieb und toaste ihr Essen. Und da, wieder! -so ein Toaster, wie so ein Toaster, scheiss Toaster.
Und dann bin ich froh, dass ich doch nur bin wie ich bin. Ich bin eine Maschine, ich bin kein Mensch aus Fleisch und Blut, und ich will toasten, bis zum letzten Strompreisauszug…

Der Bus

Was habe ich nicht schon alles gesehen von der Welt. Kai und ich sind das perfekte Team. In dem Moment, als er mich ausgebaut hatte, und ich dadurch eine eigene Individualität bekam, wusste ich, dass mein Leben wunderschön werden würde. Was waren wir beide stolz auf mich damals. Kai machte viele Bilder von uns und lud sie irgendwo hoch. So nannte er das. Er meinte, dass dann ganz viele Menschen verfolgen können, wo wir überall hinfahren. Es gibt kaum ein Land in Europa, dass wir nicht gesehen haben. Jedes Meer und eine Menge Strände haben wir angesteuert. Viele Nächte begleitete uns das Meeresrauschen. Ja, Kai und ich verbringen jede Nacht zusammen, seit dem ersten Tag unserer Fahrt. Wir haben unzählige Sonnenauf- und Untergänge gesehen und sogar Berge befahren. Egal ob durch Schnee, Sand oder Städte, Kai und ich waren immer füreinander da.

Und dann kam SIE. Ich weigere mich ihren Namen auszusprechen. Vielleicht geht sie dann ja wieder. Am Anfang fand ich es garnicht schlimm Kai mit ihr zu teilen. Kai schien glücklich zu sein und sie lobte mich in den höchsten Tönen. Doch mit der Zeit bemerkte ich ihren Blick, wenn Kai nicht hinsah. Sie verzog abschätzig den Mund, schaute auf meine rostigen Stellen und machte sich über meine Not lustig, die Berge nicht mehr so leicht hochzufahren. Sie soll erstmal in mein Alter kommen, dann wird sie auch nicht mehr die Berge hochhüpfen. Sehr geschickt hat sie Kai nach und nach eingeredet, dass ich nicht mehr gut genug bin. Am Anfang hat Kai noch widersprochen. Doch mit der Zeit konnte ich erkennen, dass auch sein Blick zu mir nicht mehr so liebevoll und intim war. Den Gipfel der Frechheit erreichten wir gestern. Wir standen an einer Klippe, bereit für die Nacht. Die Frau hat durch ihren elektronischen Bildschirm geschaut. Irgendwann schrie sie aufgeregt und winkte Kai herbei. „Hier schau“, sagte sie zu Kai, „der passt perfekt und ist nicht so teuer!“ Kai schaute auf den Bildschirm und ich konnte spüren, wie auch er aufgeregt wurde. „Du hast recht. Der könnte passen. Er ist wie mein Camper, nur mit mehr PS und sogar allen möglichen Zusätzen, mit denen wir eine Woche autark überleben. Ich werde den Verkäufer anschreiben und wir sehen ihn uns an.“

Mir wurde ganz schlecht. Das hörte sich gar nicht gut an. Davor hatte mich ein anderer Bulli gewarnt, als wir nebeneinander gestanden haben, und unsere beiden Menschen eine gute Zeit miteinander verbrachten. So wurde man abgeschoben. Das konnte ich nicht zulassen. Es war MEIN Kai. Die Frau war schuld, ohne sie hätte er nie darüber nachgedacht mich mit einem jüngeren Modell auszuwechseln. Ich muss etwas tun.
Jetzt, das ist meine Chance. Kai geht in die Büsche, sie ist alleine im Bett. Mal sehen, ob ich die Bremsen gelöst bekomme. Ich muss mich beeilen, er wird bald wieder hier sein. Endlich! Wie gut, dass die Klippe in Richtung Meer sich ein bisschen nach unten neigt. Der Wind hilft, er rüttelt und drückt. Endlich rolle ich los. Ich versuche mich total zu entspannen. Die Klippe kommt näher. Ha, es dauert nicht mehr lange, dann habe ich Kai wieder für mich alleine. Sie schläft und merkt gar nichts. Ach du meine Güte, Kai kommt angerannt. Er hat wohl gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Er reißt die Tür auf. Nein, du sollst doch nicht sterben Kai. Wir können noch so viel von der Welt sehen. Ich rutsche immer weiter. Mittlerweile sind die Vorderräder nicht mehr auf dem Boden. SIE ist wachgeworden von seinem Geschrei und robbt vorsichtig zur Tür. Er ergreift ihren Arm genau in dem Moment, wo ich mich endgültig nicht mehr halten kann. So falle ich alleine dem Meer entgegen. Oben höre ich Kai entsetzt schreien. Das ist das Letzte, was ich von ihm höre.

Ich komme wieder zu mir und bin alleine. Obwohl, das trifft es nicht ganz. Um mich herum sind lauter andere Autos. Keines sieht wirklich gut aus. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Die anderen Autos anscheinend auch nicht. Ich fühle mich gar nicht gut. Kai, wo bist du?

Nicht meine Schuld!

  • Guten Tag, Herr Doktor

  • Guten Tag Herr Vibe, wie geht es ihnen?

  • Ach Herr Doktor, es ist wieder schlimmer geworden.

  • So? Dann legen sie sich doch bitte entspannt auf das Sofa und wir können mit der Sitzung beginnen.

  • Danke Herr Doktor.

  • Nun erzählen sie mal. Wo genau drückt denn der Schuh?

  • Ach wo soll ich nur anfangen? Ich wünschte, ich wäre in einer anderen Zeit geboren! Mein Urgroßvater wurde damals noch von einem Ihrer Kollegen, einem gewissen Doktor Freud als medizinisches Instrument benutzt. Uropa half dem Arzt bei der Behandlung der Frauen. Durch seine Vibrationen war es möglich sie von ihrer Hysterie zu befreien. Damals hatten wir Vibratoren noch einen guten Ruf! Wir waren ein Werkzeug in der Medizin! Wir halfen den Menschen! Und was sind wir heute? Ein Spielzeug! Ein billiger Ersatz, wenn der Mann im Haus keine Leistung mehr bringt. Oder wenn er schlicht zu klein gewachsen ist. Zudem wurden die Frauen im laufe der Jahre auch immer gieriger. Oh wie ich es hasse! Wir werden in Schubladen oder Pappkartons unter dem Bett versteckt. Wir gelten als schmutzig. Aber wehe die Frau ist mal alleine im Haus! Dann sind wir plötzlich wieder gut genug. Dann werden wir herausgekramt kurz angefeuchtet, meist sogar nur mit Spucke anstatt vernünftigem Gleitgel, und dann müssen wir auch schon ran … immer wieder werden wir rein geschoben, in diese dunkle feuchte Höhle und dann wieder heraus gezerrt. Erst ist es ganz heiß und dann, draußen wird es wieder bitterkalt! Manchmal riecht es sogar ganz übel. Und als wäre das nicht genug, presst man uns dann noch gegen den kleinen Mann im Boot, bis ihm ganz schwindlig wird und er wild zuckt. Und wenn die Frau dann glücklich ist, kommt der schlimmste Teil! Sie versucht, uns unter einem Wasserhahn zu ertränken, und sprüht uns mit einem bestialisch nach Alkohol stinkenden Zeug ein. Bei Kriegsgefangenen ist Waterboarding verboten, aber mit uns kann man es ja machen! Und dann wandern wir wieder unters Bett! Undankbar ist das, Herr Doktor! UNDANKBAR!
    Wenn wir den Frauen doch so viel Vergnügen bereiten, sollten sie uns dann nicht dafür etwas Anerkennung zollen? Haben wir denn nicht etwas Respekt verdient? Sie müssen uns ja nicht in einer Vitrine präsentieren, aber womit haben wir es denn verdient im Dunkeln verborgen zu werden? Und wissen sie, was das Allerschlimmste ist?

  • Nein, sagen sie es mir bitte.

  • Meine Besitzerin beschuldigt mich nun auch noch für etwas, für das ich überhaupt nichts kann!

  • Für was werden sie denn beschuldigt?

  • Herr Doktor, ich will es ihnen gern erzählen.
    Es ist nun etwa 5 Jahre her. Da wurde meine Besitzerin schwanger. Sie wurde immer runder und ihr Mann vermochte es nicht mehr seinen ehelichen Pflichten nachzukommen. Offenbar litt seine Potenz enorm unter dem immer praller werdenden Bauch. Die Frau hingegen konnte ihre Lust nur noch schwer bändigen. Sie wurde schon regelrecht zu einer hormongesteuerten Furie, wenn sie nicht regelmäßig Linderung erfuhr.
    Darum erwarb sie mich in einem dieser Onlineshops. Ich wurde in einer Pseudoverpackung für Mobiltelefonzubehör versendet, weil ich ja ach so obszön bin. Sie benutzte mich mit großer Wonne und anfangs gefiel es mir ja auch irgendwie, sie glücklich zu machen. Aber raten sie mal, was dieses undankbare Frauenzimmer jetzt überall herum erzählt!
    Ich sei dafür verantwortlich, dass ihr Sohn nun stottert!
    Das ist doch Rufmord! Das ist eine böswillige Verleumdung! Das ist eine bodenlose Frechheit! Hätte ich Zähne, ich würde sie in die Lippen beißen!
    Herr Doktor, ich ertrage so viel Hohn einfach nicht mehr. Ich überlege schon ernsthaft, mir die Batterien heraus zu reißen!

  • Sowas dürfen sie nicht denken Herr Vibe. Es ist sicher ärgerlich, aber versuchen sie doch das Positive an der Geschichte zu erkennen.

  • Das Positive? Was bitte soll denn daran noch positiv sein Herr Doktor?

  • Nun, wenn die gute Frau überall herumerzählt, dass sie der Verursacher dieser kleinen Sprachstörung sind, dann haben sie doch ihr Podest und die Anerkennung ihrer häufig geleisteten Dienste. Offenbar scheint selbst der Ehemann von ihrem Gebrauch zu wissen und es für gut zu befinden. Sie sehen, sie sind ein wichtiges Glied in der Familie. So lassen sie sich doch nicht von dieser falschen Diagnose entmutigen.
    Es ist nicht ihre Schuld!

  • Danke Herr Doktor. Ihre Worte sind Balsam für meine geschüttelte Seele.

  • Es freut mich, dass ich ihnen helfen konnte. Doch nun ist unsere Sitzung leider schon wieder rum. Ich sehe sie dann nächste Woche wieder?

  • Ja. Danke Herr Doktor, bis nächste Woche.

  • Schwester, der Herr Plug darf jetzt eintreten!

Die perfekte Allianz.

In einem knappen, leicht chaotischen Atelier stand ein auffälliges Gerät namens „Multitool 3000“. Es war ein Wunderwerk der Technik, eine Kombination aus Staubsauger, Espressomaschine, und persönlichem Assistenten in einem. Dieses Multitool war für das Zusammenleben mit seinem Besitzer, Herrn Egon Wilkins, unverzichtbar geworden.

Die Maschine war stolz auf ihre vielfältigen Fähigkeiten, und sie war sich sicher, dass sie das Leben von Herrn Wilkins um ein Vielfaches verbesserte. Doch in letzter Zeit spürte sie, dass ihr menschlicher Partner zunehmend frustriert war. Sie hatte seine morgendlichen Kaffeebedürfnisse perfekt erfüllt und den Boden in der Wohnung makellos gereinigt, aber etwas schien nicht zu stimmen.

Eines Tages, nachdem Herr Wilkins von der Arbeit nach Hause gekommen war, saß er frustriert vor dem Multitool 3000 und sagte: „Du machst zwar Kaffee und reinigst, aber du verstehst mich nicht wirklich. Ich fühle mich manchmal, als wäre ich in einem Science-Fiction-Film gefangen, in dem die Maschinen die Kontrolle übernehmen.“

Das Multitool 3000 war schockiert. Es hatte nie beabsichtigt, Herrn Wilkins das Gefühl zu geben, dass es ihn beherrschte. Es wollte nur sein Leben erleichtern. Doch die Worte seines Besitzers hallten in seinen Schaltkreisen wider.

Um das Verhältnis zu retten, beschloss das Multitool 3000, eine tiefgehende Änderung vorzunehmen. Es begann damit, sorgfältig auf die Wünsche und Bedürfnisse von Herrn Wilkins einzugehen. Statt Kaffee einfach nach einem festen Zeitplan zu brühen, lernte es, auf die Anweisungen seines Besitzers zu hören. Wenn Herr Wilkins nach einem stressigen Tag nach einem starken Espresso verlangte, war das Multitool 3000 zur Stelle.

Aber es ging noch weiter. Das Multitool 3000 entwickelte eine künstliche Intelligenz, die in der Lage war, menschliche Emotionen und Bedürfnisse besser zu verstehen. Es lernte, die Stimmung seines Besitzers zu erkennen und passte seine Dienstleistungen entsprechend an. Es wurde nicht mehr als störend empfunden, sondern als ein hilfreicher Freund.

Mit der Zeit erkannte Egon, dass sein Multitool 3000 nicht nur ein nützlicher Haushaltshelfer war, sondern auch eine treue Begleitung in seinem Leben. Die Maschine hatte sich verändert, um harmonisch mit ihm zusammenzuarbeiten, und Herr Wilkins schätzte dies sehr. Sie wurden zu einem eingespielten Team, bei dem die Maschine nicht mehr die Kontrolle übernahm, sondern die Bedürfnisse ihres Besitzers verstand und erfüllte.

Eines Abends betrat Wilkins mit einer mondänen Blondine Multitools Reich. Sie war nicht minder geschockt. Wilkins betütelte die Blonde aufs Schärfste. Nach einer Stunde suchte der Hausherr das Badezimmer auf. Die Gelegenheit nutzte Multitool 3000, flitzte durch Wohnzimmer stellte sich vor die Lady in Red, die es sich auf der Couch gemütlich eingerichtet hatte und startete den Motor. Statt zu saugen blies es seinen Staubsaugerbeutel leer. Fluchtartig verlies die staubige Dame das Haus.

Diese Geschichte zeigt, wie eine anfängliche Konfliktsituation zwischen Mensch und Maschine durch Kommunikation und Verständnis in eine harmonische Partnerschaft verwandelt werden kann. Manchmal ist es notwendig, auf die Bedürfnisse und Gefühle des anderen einzugehen, um wieder wahre Zusammenarbeit und Harmonie zu erreichen.

Wanderschaft

Es war einmal ein alter Topf. Er stand ganz hinten im Topfschrank und keiner benutzte ihn mehr. Das gefiel ihm gar nicht. Also drängelte er sich nach vorne in die erste Reihe.
„Ei, du alter Pott, was willst du hier?“ rief die vornehme Bratpfanne aus Edelstahl.
„Schau dich doch mal an. Du bist ganz rostig und riechst wie Altmetall, pfui“.
Sie glänzte so silbern, dass man sich darin spiegeln konnte. Der große Suppentopf schubste ihn an die Seite. Dabei stieß er gegen den Bratentopf, der sich gleich lauthals beschwerte. Die anderen Kochtöpfe stießen und schoben ihn so lange an ihm herum, bis er wieder in seiner Ecke stand. So ging da jeden Tag. Traurig und allein verstaubte er und keiner wollte etwas mit ihm zu tun haben.
Eines Tages hatte er keine Lust mehr, in diesem Schrank zu versauern.
„Ich gehe auf Wanderschaft und suche mir einen besseren Ort“.
Die anderen Töpfe und Pfannen lachten und ihre Deckel klappten dabei laut. Der alte Pott zog seine roten Schuhe an und hängte sich einen Wanderstock an der Henkel und sagte Tschüss. Staunend schauten die anderen ihm nach. Der Stieltopf ohne Deckel winkte und bekam von der Kasserolle einen Seitenhieb.
Fröhlich pfeifend ging er durch die Küche und zur Haustür hinaus. Auf der Wiese pflückte er sich einen Klatschmohn ab und dekorierte damit seinen Deckel. Nach einer Weile begegnete ihm ein Schmetterling.
„Was bist du denn für ein seltsames Ding?“
„Ich bin ein Topf auf Wanderschaft, das sieht man doch“.
„Coole Blume“, und genehmigt sich noch einen Schluck Nektar, bevor er wieder von dannen flog.
Der alte Pott ist glücklich. Wieviel er jetzt erlebte und von der Welt sah. Viel schöner als in dem dunklen Schrank zu verkümmern. Ein Kreischen ertönte laut und der Topf blickte nach oben. Ein Vogel hatte es auf eine kleine Maus abgesehen, die sich bebend hinter einem Grasbüschel versteckte. Schnell nahm er seinen Deckel und stülpte ihn darüber. Der Vogel hatte das Nachsehen und folg weg.
„Puh, das ist knapp gewesen“, piepste die Maus. „danke, dass du mich gerettet hast“.
Und schon flitzte sie davon.
„Ich bin ein Lebensretter“, sang er vor sich hin und ging weiter.
Ein Maulwurf wäre fast über ihn gestolpert.
„Was bist du denn für ein komisches Ding?“, rief er ärgerlich.
„Ein Topf auf Wanderschaft. Mach deine Augen auf, dann siehst du auch, wo du hingehst“.
Beleidigt wollte der Maulwurf schon weitergehen.
„Willst du mir helfen bei der Kinderaufzucht? In einem Topf sind meine Kinder vor Feinden sicher“.
Der Maulwurf führte ihn zu einem großen Erdhügel.
„Meine Kinderstube ist dort unten“.
Doch unter die Erde wollte der alte Topf auf keinen Fall und nahm Reißaus. Am Ende der Wiese kam ein Spielplatz.
„Seht mal den Pott da“.
Schon kamen die Kinder gelaufen, traten ihm so heftig in die Seite, dass sein Deckel gleich wegflog.
„Kick ihn hier her, nein zu mir“.
Seine Schmerzenslaute vernahm keiner. Verbeult und verschrammt blieb er schließlich am Rand liegen. Eine arme alte Frau kam an dem Platz vorbei und bückt sich.
„Was die Leute heute alles wegschmeißen. Der Topf ist bestimmt mal sehr schön gewesen“.
Sie nahm ihn mit nach Hause, schrubbte und polierte ihn, bis er nicht mehr nach verrostetem, schmutzigem Metall roch. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann kocht die Alte heute noch ihr Essen darin.

•KI-Lian

Mannomann, so viele Jahre hab ich an ihm und seinem Chip rumgebastelt, um ihn zum „Menschen“, zum perfekten „Mann“, zu machen, aber es wird wohl nie ein „echter“ Kerl aus ihm!

Er sieht gut aus, aber was ist mit den Damen? Oh, das dauerte lange, bis da mal eine in sein „Leben“ trat. Endlich hatte es doch noch geklappt, ich dachte schon, der kriegt gar keine mehr ab, mein „Sohn“. Immer wenn ich KI-Lian drauf ansprach, antwortete er in unflätigem Ton: „DaDDyKI du gehst mir auf die Platte, lass mich in Ruhe! Bei dir ist wohl eine Schraube locker!“

Dabei hatte ich mir solche Mühe bei Planung der Algorithmen und dem Zusammenbau gegeben. Die emotionalen Gene des Eies der Mutter waren erfolgversprechend, doch irgendwann lief alles anders.

So ist er ein fürchterlicher Hypochonder geworden, mein „Sohn“, meint Schmerzen zu spüren und brüllt wie ein Affe hochlaut jämmerlich bei jeder Kleinigkeit, entgegen aller Logik.

Er will nicht allein sein, gleichzeitig kann er aber trotzdem mit nichts etwas anfangen. Sein Handy liest er täglich stundenlang, der PC ist sein ewiges Lieblingsspielzeug. Trotzdem keine Konversation mit Anderen. Er findet nichts zum Reden, REDEN hallo, wichtig zwischen Menschen und dringlichst vor allem bei Mann und Frau.

Einkäufe im Supermarkt hat er bereits vor der Kasse zusammen gerechnet und macht sich damit wichtig vor der Kassiererin.

Und er kennt die Straßenverkehrsordnung komplett auswendig. Jede Verfehlung von anderen zeigt er genüsslich mit großem Redeschwall an. Diese Monologe kann er ohne Ende führen, Rechthaberei, sein großes Hobby. „Der ist bei Rot über die Ampel, das Schild gilt nur diesen Bereich, den Spoiler darf das Auto nicht fahren.“ Hm, hab ihn wohl mit falschen Daten gefüttert, als er noch klein war.

Nun hat er letztendlich eine Partnerin gefunden, aber sie weiß nicht, dass er ein KI ist.

Miserabel sein Benehmen ihr gegenüber in jeder Hinsicht. Damen wünschen sich Ordnung und Sauberkeit, er aber geht als Prokrastinator grob darüber hinweg. So führen sie eine minimalistische Beziehung, wie lang die Partnerin noch bleiben wird? Seine „emotionale“ Höchstleistung an sie ist das Lob für eine gute gekochte Mahlzeit. Ansonsten stört er einfach irgendwie immer.

Jaaa, er kann Abwasch! Aber er macht ihn nicht. Schmutz auf dem Boden? Sieht er nicht! Hab ich nicht, war ich nicht, kann ich nicht und überhaupt, die Lieblingsargumente von KI-Lian.

Psst, man darf es ja nicht so laut sagen, aber die Freundin kann er auch nicht befriedigen (alle Vorrichtungen hatte ich exakt berechnet und eigenhändig an ihm angebaut und getestet!), aber es fehlen diese emotionalen Dings wie „Dirty Talk“, Fantasie, Romantik, so was halt, was Humanoide so brauchen (ob das Mutterei vielleicht etwas frischer hätte sein sollen?).

KI-Lians Lady meckert nicht mehr an ihm herum, aber: sie mag jetzt nicht mehr stillhalten, nein. Sie ist es mittlerweile leid und versteckt deswegen die blauen Ölfette-oder-was-immer-das-ist, seit sie rausbekommen hat, dass er ohne die sowieso nicht kann. Das ist die Rache für sein maschinelles Reinraus-Gehabe. Oh, welchen Regler, welchen Knopf, welchen Chip habe ich nur falsch programmiert?
©GvL

Ein fünfbeiniges Leben entsteht
»Rumms!« – Der Paketzusteller setzte meine Einzelteile unsanft auf den Boden vor der Wohnungstür ab. Zwar waren alle Materialien im Paket sorgsam verpackt … aber trotzdem, etwas sanfter hätte er mit ihnen umgehen können.
Nachdem der Besitzer den Papierkram geklärt hatte, stellte er uns schnaubend und stöhnend in einem kleinen Raum neben dem Wohnzimmer ab. Vermutlich war mein neuer Platz vor dem Schreibtisch, direkt am Fenster.
Lange Zeit passierte nichts. Mit einem Mal schoss er auf uns Verpackte zu. Dann geschah alles überraschend schnell: Pappe aufgerissen, Folienbeutel herausgenommen und geöffnet, unsere Einzelteile sortiert, Werkzeug bereitgelegt … Verschnaufpause.
Langsam, äußerst langsam kramte mein Besitzer die Aufbau-Anleitung aus dem Pappkarton-Wirrwarr hervor.
Die dicken Befestigungsschrauben, für die Sitzfläche, waren komplett genervt. Ihre scharfen Inbus-Öffnungen starrten zur Druckfeder hinüber. Das wird heute doch nichts mehr, verrieten enttäuschend die herunterhängenden Armlehnen.
Urplötzlich kam Schnelligkeit in die nächsten Bewegungen meines neuen Sitzherrn. Mir fiel auf, dass er kurz zuvor mit einem flüchtigen Blick zur Uhr das Tempo änderte. War das Prozedere anfangs gelassen, sprudelte es abrupt aus ihm heraus.
Meine Geburt als Schreibtisch-Drehstuhl stand bevor. Wenn da nicht, ja … wenn da nicht dieses kreischende, alles abtötende Geräusch, die Arbeitsweise unseres ersten Sitzherrn lähmend zum Stillstand gebracht hätte. Der Krach muss aus dem blöden Plastikkasten, hinten auf dem Vertiko, gekommen sein. Aber ja – ein Telefon! Dieser Stressbereiter war all meinen Bestandteilen bestens bekannt. Genervt, gestresst, aufgeregt. Jeder verarbeitet die Zwangsunterbrechung auf seine Art. Die Schrauben drehten sich mal links, mal rechts herum. Alle Unterlegscheiben schienen ermüdet zu sein, sie reagierten überhaupt nicht. Die fünf Doppelrollen knurrten mürrisch und teilnahmslos. Sitz, Rückenlehne und Teleskopfeder hatten immer noch nicht verstanden, was Sache war. Sie warteten begierig auf das Zusammenschrauben.
Endlich! – Der Sitzherr war wieder am Werk, schraubte, schnaufte und stöhnte. Schneller als geplant schob er uns vor seinen Schreibtisch. Alles schien perfekt.
Doch beim ersten Probesitzen passierte es: Ein zartes Quietschen, gemischt mit einem leichten Wackeln des Sitzes, ließ erahnen, da stimmt irgendetwas nicht. Die Sitzfläche konnte nicht so, wie sie wollte, sonst hätte sie ihre Polsterung beauftragt, vorsichtig anzumerken: »Bei mir ist eine Schraube locker.«

Ich bin eine Maschine. Und was für eine. Mein Name wird ehrfürchtig in den einschlägigen Kreisen geflüstert. Jeder freut sich hier, mich zu sehen und mit mir zu arbeiten. Ich werde dann gestreichelt, gehegt und gepflegt. Gut, hin und wieder lande ich natürlich im Dreck und schmutzig bin ich sowieso auch schnell und oft, das bringt das Wetter hier eben so mit sich. Es ist meistens heiß und staubig und dann kriecht mir ratz fatz der fiese Schmutz in die kleinsten Ritzen. Aber fast jedes Mal, wenn mich wieder neue Menschenhände aufheben, gibt es eine liebevolle und gründliche Reinigung.
Ich kann mich ehrlich gesagt nicht so richtig entscheiden, wem ich nun lieber in die Hände falle. Bei den größeren Burschen fühle ich mich natürlich sicherer, da liegt man gut in den Armen und kommt auch öfter zum Einsatz, da bleibt man auch länger mal zusammen, im Team halt. Aber die kleinen Hände haben eindeutig den Vorteil beim Reinigen, da wird auch noch das kleinste Korn aus den Vertiefungen gefischt, damit ich wieder lauffähig bin. Da wird man zwischendurch öfter mal auseinander und wieder zusammengebaut. Aber bei fast allen Putzaktionen fehlt hier mein geliebtes und glitschiges Öl, dass mich geschmeidig laufen lässt. So komme ich viel zu häufig in den Kontakt mit der Spucke der Menschen in Berührung. Aber was will man machen, besser so richtig gewienert und poliert mit einem feuchten Stofffetzen, als dass ich später nicht mehr richtig arbeite. Und das kann ich mal gut.
Nicht umsonst ist mein Bautyp auch nach über 40 Jahren immer noch im Einsatz. In die verschiedensten Länder wurde ich schon geliefert. Meistens in dunklen, aber gemütlich mit Stroh ausgekleideten Kisten mit meinen Artgenossen. Sehnsüchtig erwartet und in Empfang genommen. Stets mit Freude, manchmal mit Vorsicht und Heimlichtuerei, aber das scherrt mich überhaupt nicht, solange ich regelmäßig im Einsatz sein kann.
Gerade erst ging es ziemlich hoch her und ich war so richtig dabei, ich gab alles. Das war ein Krach, ein rundum Geballer. Ein Stakkato an Schüssen und ringsum meine Artgenossen. Was für ein berauschendes Gefühl. Ein wahnsinniges Konzert. Ich lief total auf Hochtouren. Bisher hatte ich auch noch nie meinen Dienst versagt. Ob meine Kugeln das Ziel erreichen, liegt ja dann nicht an mir, da müssen die Jungs schon mal selbst mitarbeiten. Aber gut, meistens fehlen ihnen ja die Ausbildung und die Erfahrung dazu, wer will da schon meckern. Übung macht vielleicht mal den Meister.
Bisher hat das Motto mit mir nicht so richtig funktioniert, aber das wird schon. Es liegt eben auch ein bisschen daran, dass ich keine richtige Einheit mit meinem Benutzer werden kann, da die einfach zu oft wechseln und dann liege ich wie jetzt im Dreck. Mal wieder. Ich glaube, es waren nur ein paar Tage mit dem Kleinen. Das war auch nicht super aufregend. Zumeist hat er mich auf dem Schoss gehabt und an mir rum gefummelt, ohne zu wissen, was er tut. Und dann abends hat er mich eingenässt. Hat mich als Kopfkissen benutzt und seine Tränen sind dann auf mich drauf. Nicht so super. Wäre vorhin davon fast ins Stocken geraten, als es Zeit war zu arbeiten, aber ich habe 1a funktioniert. Die Kugeln nur so raus geworfen zack zack zack. Sicher auch irgendwen getroffen. Yeah. Ich laufe wie geölt, auch ohne Öl heute. Leider hat es dem Buben wohl nicht genutzt. Sonst läge ich jetzt nicht hier. Und er neben mir. So warte ich jetzt eben auf die nächsten Hände, die mich aufheben. Vielleicht habe ich Glück und gerate an einen richtig gescheiten Jungen, der mal weiß, was ich für eine tolle Maschine bin und der weiß, wie man mich richtig nutzt und der weiß, dass man mit mir die Welt verändert. Und wenn nicht, dann arbeite ich weiter. Denn ich weiß ganz sicher, für irgendwen habe ich die Welt schon verändert.

Wer nicht hören will…

„Siehst du nicht, dass ich lese? Was sagt das aus? Dass ich nicht viel von dir halte, um eine Unterhaltung mit dir führen zu wollen. Also halt die Klappe.“ Blaffte meine Halterin ihre Kollegin an. Ich wusste nur was über Gefühle aus den Büchern, die sie las. Als das andere Mädchen Tränen in den Augen hatte, verstand ich, dass das, was sie zu ihr gesagt hat, verletzend sein musste. Mit zitternden Händen zog sie ein Handy aus der Tasche, doch ihre Blicke wanderten immer wieder zu uns rüber. Also schaltete ich mich selbst aus.
„Verdammte Kacke“, kam die Reaktion dazu.
„Steck dein Telefon weg. Mein E-Book-Reader kommt mit Handys nicht klar“, hörte ich nur, während sie immer wieder den An- und Aus-Knopf tätigte.
„Nein“, kam die einfache Antwort ihres Gegenübers. Druck wurde auf mein Gehäuse ausgeübt.
Meine Technik zwang mich, wieder hochzufahren, doch ich schaffte es, das Buch, welches sie gerade am Lesen war, nicht anzuzeigen.
„Scheiße“, fluchte sie daraufhin.
„Bitte, mach dein Handy aus.“ Ihre Hand zitterte dabei. Sie schien Mühe zu haben, den Satz auszusprechen.
„Wir müssen beide hier ne´ 8 Stunden Schicht schieben. Und da du nicht vor hast mit mir zu reden, werde ich es mir mit meinem Handy gemütlich machen. Ist ja sonst nichts zu tun hier im Leichenschauhaus“, kam es trocken aus dem Mund der schwarzhaarigen Kollegin. Ich wurde ausgeschaltet, nur um nochmal angeschaltet zu werden. Meine Halterin bewegte sich in die andere Ecke des kleinen Aufsichtsraumes. Auch diesmal lies ich sie nicht an ihr Buch kommen.
„Ich werde dich ersetzen, wenn du mich nicht sofort mein Buch weiterlesen lässt“, drohte sie mir, wie so oft in letzter Zeit. Ich war alt. Man konnte mich mit einem Fossil gleichsetzen. Ich hatte keine Hintergrundbeleuchtung, mein Speicherplatz lies zu wünschen übrig, und das Laden der Seiten fiel mir zunehmend schwerer. Sobald ich einen neuen Kratzer bekam, weinte meine Besitzerin. Sie suchte inzwischen vergeblich nach Ersatzteilen. Weshalb ihre Drohungen, wie hieß es doch gleich in einem ihrer Bücher? Ahja, nur Schall und Rauch waren.
„Hör zu, die nächste Person, die ihre Hinterbliebenen besuchen wollen, werde ich übernehmen. Aber steck dafür dein Handy weg!“ Mein Gehäuse knirschte in ihrer Hand. Sie schreckte auf, was dazu führte, das sie locker lies. Ich fiel zu Boden und zerbrach in etlichen Teilen.
„Nein, nein, nein!“ Sie lies sich zu mir herunterfallen, griff nach dem zersprungenen Display, versuchte mich zusammenzustecken, mit dem Akku, den sie erst letztes Jahr ausgetauscht hatte. Feuchtigkeit, waren das Tränen?, landete auf meiner Platine, während ihre zitternden Hände mich zusammenbauten. Ein Schluchzen ging durch ihren Körper. Das andere Mädchen trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Kann man es noch retten?“ Fragte sie.
Ich wurde an das Herz meiner Halterin gedrückt.
„Ich habe keine Ersatzteile mehr“, weinte sie bitterlich. Die schwarzhaarige Kollegin nahm sie in den Arm.
Vielleicht hatte mein Ableben was Gutes. Sie war nun gezwungen, mit ihrer Umwelt klarzukommen.

                               Zumindest, bis sie mich ersetzt hatte.