Die Hülle meiner selbst
Die Zeit scheint stillzustehen, als ich wie angewurzelt als meiner selbst, neben mir stand und sah, wie mein kleiner Käfer von einer blauen Limousine überrollt wurde. Leute liefen dort hin und versuchten, erste Hilfe zu leisten, und riefen den Rettungswagen. Mein Körper war übel zugerichtet und ich muss mich entscheiden, will ich leben oder sterben. Im Krankenhaus angekommen taten die Ärzte ihr Bestes und ich entschied mich dafür, zu leben, und stieg mit meiner Seele wieder in meinen Körper zurück.
Sie legten mich auf die Intensivstation, an Geräte und Schläuche angeschlossen und da lag ich nun, im Koma.
Die Hülle meiner selbst.
Nach mehrern Wochen und Operationen holten mich die Ärzte endlich aus dem Koma und erzählten mir, was passiert sei und was von Tetraplegie/Tetraparese und Quetschungen.
Als ich zu mir kam, war ich in voller Panik, da ich schlecht Luft bekam und meine Arme und Beine nicht bewegen konnte.
Ich wollte was sagen, aber es kamen keine Wörter aus meinem Mund. Ich wollte weinen, war aber ganz ausgetrocknet.
Die ersten Tage stand ich erst mal unter Schock. Ich sah keinen an, ignorieren viel mir ja leicht, weil ich ja nicht sprechen konnte.
Nach einer Woche begannen die Ärzte mich zu untersuchen und zu testen, ob ich mich vom Schock erholt hatte und mit der Reha anfangen könnte. Um festzustellen, ob sich durch Logopäde und Physiotherapie, die Sprache und Bewegung wieder ins Rollen bringen lässt.
Es ist schwer, wenn man sich nicht währen kann und nur durch ein Augenblinzeln zu kommunizieren. Das war eine harte Zeit.
Nach drei Monaten wurde mir ein Arzt vorgestellt, der bei mir einen Versuch wagen möchte.
Frau Krüger, wir würden gerne bei ihnen einen Chip, wie eine Computer-Schnittstelle, im Gehirn einpflanzen. Diese ist mit einem Gerät gekoppelt, wodurch sie über eine Software mit uns kommunizieren können.
Des Weiteren ist es so das, wenn Elektronen angeschlossen sind, wird ein Impulsgeber des Hirnschrittmachers im Brustbereich eingesetzt. Somit können sie z.B. eine Tasse heben. Den Arm beugen usw.
Wenn sie sich dazu entschließen, besprechen wir die Details. Ich komme morgen wieder. Bis dann Frau Krüger.
Oh man, was war das. Klingt gruselig. Aber ich wäre ja blöd, wenn ich das nicht machen würde. Was habe ich denn noch zu verlieren. Nur so daliegen und drauf hoffen, dass sich was verbessert.
Gemacht, getan. Eine Woche später. Der Chirurg meinte, der Eingriff wäre gut verlaufen.
Der Logopäde hat mit mir schon Übungen gemacht und die Klappen von Tag zu Tag besser. Endlich bin ich vom Blinzeln weg. Denn jetzt kann ich über ein Wort nachdenken, wie mein Befinden ist, und es erscheint auf meinem Notebook.
Hallo Frau Krüger, wie geht es ihnen heute?
… Gut…Herr Wagner.
Das funktioniert ja schon sehr gut. Wie sieht es mit ganzen Sätzen aus?
…Wann kann ich mit meiner Hand nach einer Tasse greifen…?
Das wird der Physiotherapeut mit ihnen üben, fragen sie ihn danach.
Jetzt wissen sie ja wie es geht.
…Wann habe ich Gymnastik?..
Frau Winz kommt heute Nachmittag zu ihnen.
Sie üben jetzt schön weiter. Hier sind noch ein paar Sätze auf dem Zettel.
Ich möchte sie bitte diese, bis zu unserem nächsten Treffen zu üben.
Machen sie gut, bis morgen.
…Bis morgen…
Das Üben ist so anstrengend und frustrierend aber so vergeht die zeit wenigstens.
…Guten Morgen…
…wie geht es ihnen…
…wie geht es dir…
…ich habe Durst…
…was machst du heute…
…ich bin krank…
…ich habe Kopfschmerzen…
…ich fühle mich nicht wohl…
…kannst du mir bitte helfen…
…ich würde gerne einen Kaffee trinken…
Ich brauche eine Pause und ruhe mich lieber mal was aus, bevor die Physiotherapeutin nachher kommt.
Klopf, klopf.
Hallo Frau Krüger, ich bin hier wegen ihrer Bewegungsübungen.
Haben sie einen Wunsch, womit sie anfangen möchten?
…Ja… ich würde gerne eine Tasse halten…
Ok, versuchen wir es. Denken sie an ihre bevorzugte Hand, ihre Finger. Sie können auch gerne in Gedanken den Arm runtergehen. Das könnte helfen darauf fokussiert zu bleiben. Bleiben sie ruhig und Atmen sie ein und aus. Wenn sie schon ein leichtes Kribbeln spüren, ist das schon ein großer Fortschritt für heute.
…Ich spüre ein Zucken in den Fingerspitzen…
Ich habe es gesehen, das ist super.
Machen sie die Übung, so oft wie es geht. Bis wir uns das nächste Mal sehen.
Sie werden schnell lernen, auch wenn es am Anfang etwas mühselig erscheint.
Aber sie schaffen das. Wir sehen uns, bis morgen.
Ich weiß noch nicht was mich erwartet oder was alles möglich ist aber ich kann es kaum erwarten, rauszufinden und werde hart dafür trainieren. Ich trage die künstliche Intelligenz in mir und ich bestimme was, als Nächstes passiert.
Meine Hülle ist eine Maschine und ich Kontrollire sie.