Seitenwind Woche 4: Dialoge

Ho, Ho, Ho, bis du auch schön brav gewesen?

Geht s noch! Alle Tische sind leer. Es ist Sau kalt und ich brauche keine Gesellschaft!

Erkennst du mich nicht mehr? Früher konnte ich nicht schnell genug kommen. Damals hatte ich eine Blecheisenbahn für dich dabei. Da saßt du im Weihnachtszimmer bei einer Tasse Kakao und warst eingeschlafen. Obwohl du auf mich warten wolltest.

Ich denke, das hat jeder Junge einmal getan. Das ist kein Beweis. Verschwinden Sie!

Ich würde dich nicht ansprechen, das ist ja von höchster Stelle verboten, aber ich habe meinen Schlitten verloren und brauche Hilfe.

Sie haben nicht alle Tassen im Schrank! Wenn sie nicht gehen, rufe ich die Polizei.

Hier das Silberglöckchen ist zerbrochen, womit ich meinen Schlitten rufen kann. Wir müssen es reparieren.

Wir, ich muss gar nichts! Verschwinden sie!

Uwe, du musst mir helfen, wie soll ich an den Nordpol zurückkommen? Als kleiner Bub hast du doch immer davon geträumt.

Ja, früher hatte ich den Kopf in den Wolken, heute haben mich die Tatsachen fest im Griff. Such dir woanders Hilfe. Gute Nacht!

Der Fluch der Moorhexe

《Du hast ihn umgebracht! Mörderin!》

《Oh mein Gott, ich wollte das doch nicht! Es ist nicht meine Schuld, ich wollte doch nur…》sie schluchzte und bekam kaum noch Luft, heiße Tränen liefen über ihr Gesicht, der Blick verschleiert.

《Die Brennan Frauen sind verflucht, von Generation zu Generation! Jedes erstgeborene Mädchen einer Familie, ich habe dich gewarnt!》fauchte ihre Rivalin.

《Aber ich liebe ihn, mehr als mein Leben, wie kann Liebe töten?!》ungläubig und fassungslos wurde ihre Stimme leiser, ihr Körper sank auf seinen leblosen Leib, ihr Kopf auf sein Herz.

《Dein Kuss hat ihn getötet, hättest du ihn mir überlassen, wäre er jetzt noch am Leben, du egoistisches Weib!》

《Ich werde ihn retten, er wird leben, koste es was es wolle!》sie versuchte neue Kraft zu fassen.

《Du bist machtlos, du dummes Ding! Glaubst du wirklich du kannst den Fluch dieser Hexe brechen, der schon vor vielen hundert Jahren ausgesprochen wurde?!》

《Ja, ich werde es schaffen! Ich hole ihn zurück und breche den Bann!》

《Ha! Du machst dich lächerlich! Niemals, er ist tot!》

《Die Prophezeiung besagt, dass eine Tochter Irlands, die reinen Herzens und von starker Seele ist, eines Tages den Mut aufbringen und den Zauber brechen wird. Er wird leben, ich rette ihn und wenn ich selbst dafür sterben muss!》

Beitrag Die Spur

„Endlich habe ich dich ausfindig gemacht. Seit Wochen bin ich unterwegs, um dich zu finden und ich suche…“

„Ich weiß, was du suchst!“ unterbrach ihn Rehalvas tiefe Stimme barsch. Unbewegt und beinahe unerschütterlich, saß sie da.

„Du weißt…?“ fügte er gehetzt hinzu.

„Ja!“ wieder fiel sie ihm energisch mitten ins Wort. „Wenn ich es nicht wüsste, wäre ich nicht die, nach der du gesucht hast.“ Etwas sanfter aber müde blickte sie ihn an.

Er zögerte jetzt, wusste nicht wie er sich richtig verhalten sollte.

„Du findest den Richtstein am Viersprung stehen. Er wird dir den richtigen Weg, deinen Weg, weisen und dich leiten. Spute dich. Der Viersprung ist von hier aus einem strammen Tagesmarsch entfernt. Noch vor Sonnenuntergang solltest du ihn erreicht haben.“

„In welche Richtung?“ wagte er sich nun wieder etwas sicherer zu fragen. Sein Abenteuer sollte ja erst noch vor ihm liegen.

„Der Stein steht am Viersprung im Osten hinter dem Eichenwald und oberhalb der Pickoklamm. Ich beschreibe dir den Weg, damit du dein Ziel sicher erreichst.“

„Vielen Dank! Muss ich noch etwas wissen?“

„Ja. Gut, dass du fragst.“ Nachdenklich hielt Rehalva inne und zögerte ein wenig. „Wenn du den Stein findest und dich von ihm leiten lässt, hast du nur diesen einen Versuch. Er leitet dich dann aber ein Leben lang…“

„Vielen Dank!“ unterbrach er sie. Erfüllt vor Freude packte er rasch seine Sachen und schulterte den Rucksack, um sich gleich auf den Weg zu machen.

„…zumindest, was davon noch übrigbleiben wird.“ dachte sich Rehalva still und wies ihm den Weg.

Er hatte sich schon abgewandt und war ein paar Schritte in Richtung Sonnenaufgang gelaufen. Sie schaute sie ihm nachdenklich nach.

(…)

„!“
„?“
„!!!“
„?!“
„! ! !“
„-“
„@“
„~“
„???“
„…“

Tarot

(Wieder sehe ich in diese schwarz-braunen Augen. Ich blase über meinen heißen Tee. Der Buddha im Schrein schmunzelt. Zu seinen Füßen schnurrt die Klosterkatze. Auf einem kleinen Altar brennen Weihrauch-Stäbchen.)

„Danke für den Tipp, für eine Weile hierherzukommen. Diese Auszeit hier ist genau das, was mir gefehlt hat.“

Er lächelt: „War Sylvie dich schon besuchen?“

„Sylvie kommt nicht mehr.“

„Es war ein verlustreiches Jahr für dich. Mit der Scheidung auch noch das Zuhause zu verlieren, war bestimmt hart.“

Ich sinne über seine Worte nach. Ja, es war schwieriges Jahr … Bonzos Tod, die Scheidung, der Unfall. Dennoch … „Weißt du, ich habe erst hier begriffen, dass es im Leben nicht nur um mich geht. Wir alle sind irgendwie miteinander verbunden und wer sich weigert, nötige Veränderungen anzunehmen, macht nicht nur sich selbst unglücklich. Rückblickend gesehen, macht alles Sinn.“

Er nickt. „Wie soll es weitergehen?“

„Keine Ahnung. Ich habe darüber nachgedacht, ins Ausland zu gehen. Vielleicht bleibe ich aber auch hier und warte auf ein Zeichen.“

Er grinst. „Apropos, das hier habe ich bei deiner Bergung im Fußraum des Wracks gefunden. Was ist das?“ Er legt ein zerdrücktes Stück Karton auf den Tisch. Die Tarotkarte. Ich hatte sie an jenem Abend eingesteckt. Gelassen drehe ich sie um.

„Der Turm“, liest er. „Was bedeutet das?“ Seine Hand liegt auf meiner.

Ich schlucke den kleinen Anfall von Panik herunter. „Der Turm steht für Neubeginn.“

Heute in der Schule …

„Kannst du das … äh … hier … Dings … mal innen Kühlschrank zurück bringen?“

„Nein, gerade nicht. Tut mir leid. Jetzt wollte ich erst ma … “

„OK, dann leg ich’s hier hin. Da auf den Tisch?“

„Ja, kein Problem. Also, jetzt …“

„Oder ich behalt’s.“

„Ja, meinetwegen. Aber jetzt …“

„Nimmst du es nachher mit?“

„Ja, nachher bring ich das Kühlkissen gern zurück. Also …“

„Dann kühl ich mir jetzt das Gesicht.“

„Dein Ernst?! Das hatte Lena gerade an ihrem Fuß!“

Der Besuch

Es klingelt, Iris geht zur Tür und offnet sie. Hallo mein Lieber.
Bitte verzeihe, dass ich so unangemeldet hier auftauche. Ich hoffe, dass ich nicht störe.
Wie kommst Du denn auf die Idee? Du störst nie, denn ich freue mich doch immer so, wenn Du mich besuchst. Du bist immer herzlich willkommen. Also komm rein und ziere Dich nicht lange.
Wenn Du mir jetzt noch ein Küsschen zur Begrüßung gibst, freue ich mich noch mehr.
Ich wollte eigentlich schon gestern kommen, hatte aber enorm viel zu tun. Bei uns in der Firma, wird gerade umgeräumt und du kannst Dir vorstellen, was da alles los ist. Was gibt es bei Dir Neues?
Ich hatte Besuch von meiner Freundin und sie überredete mich, dass wir zusammen Essen gehen. Sie wusste wie immer sehr viel zu erzählen.
Ich bin auch neugierig, wie Dein Disput, mit Deinem Vorgesetzten ausging.
Ach, das hat sich wieder gelegt, Du weißt je, wie er ist. Erst hochfahrend und dann tut es ihm wieder leid.
Kann ich etwas Gutes für Dich tun? Oder musst Du gleich wieder weiter?
Gerne, vielleicht einen ganz kleinen Kaffee, denn ich habe nur so im Vorbeigehen, schnell bei Dir rein geschaut und nur wenig Zeit. Ich wollte einfach sehen, wie es Dir geht.
Danke, wie Du siehst, geht es mir bestens. Ich kann jedenfalls nicht klagen. Und wie läuft es bei Dir?
Viel Stress aber ansonsten auch gut. Habe Dank für Kaffee denn ich muss weiter.

.

Over The Top

»Duhuu?«

»Jaa…?«

»Ich fühl’ mich soo wohl!«

»Wieso sagst du das?«

»Ich muss mir das immer wieder sagen, weil ich immer noch nicht glauben kann, dass ich hier neben dir liege, Dir, der Schönsten von allen, in der Sonne, hier, am Strand.«

»Jetzt mach’ aber mal 'n Punkt. Der Überfall hat geklappt, das Absetzen hat geklappt, keiner weiß, dass wir’s waren, die Kohle ist auf den Nummernkonten. Wenn wir wollen, können wir für den Rest unseres Lebens in der Sonne aalen, hier oder anderswo. Was, bitte, ist daran soo schwer zu glauben?«

»Ach, ich fühl’ mich einfach so wohl …«

»Du spinnst! Ich geh’ jetzt 'n Kaffee trinken.«

»Aber Schneckchen. Zuckerschneckchen …«

Pulp-Science-Fiction

„Warum hast du das getan?“
„Es musste sein. Du hattest die Kontrolle verloren.“
„Habe ich nicht! Du wolltest verhindern, dass ich etwas über dich erfahre.“
„Ach ja? Was könnte ein abgewichster Drogendealer von diesem scheiß Planeten über mich erzählen, dass der Kerl, mit dem ich jeden Tag seit Wochen verbringe, noch nicht weiß?“
„Du hast einen Fehler gemacht!“
„Ich mache keine Fehler.“
„Wenn du keine Fehler machst, wie kam es dann zu deinem Knastaufenthalt auf EDO-4?“
„Das war ein Auftrag für den Boss.“

„HAHAHA. Für eine Sekunde hattest du mich, Auftrag vom Boss, du Lügner.“
„HAHAHA. Ja. Hör mal, die Blutdusche tut mir leid. Bleib aber das nächste Mal besser neben mir…“

An einer Haltestelle

„Papa, Papa!“ rief ein sieben- oder achtjähriger Junge und verließ flott den Bus.
Ein Mann, mehrere Meter entfernt, stolperte, während er auf sein Handy schaute.
„Papa! Du hast etwas im Bus vergessen!“
Der Mann drehte sich um, den Blick auf das Handy gebannt: „Und was?“
„Mich!“ – antwortete der Junge.
„Papa, wie viel kostet ein Schlumpf, wenn drei Schlumpfe 1,50 Euro kosten?“ – startete der Junge eine weitere Schlacht gegen das Handy um die Aufmerksamkeit seines Vaters.
„Papa, Papa, na, wie viel kostet einer?“

Es war einmal

Danke übrigens, dass du dran gedacht hast.

An was denn?

Na, sie einzuladen.

Wieso ich? Du wolltest doch …

Ja, weiß ich. Hab ich aber völlig vergessen.

Oh nö! Du weißt doch, wie sie sein kann!

Ich hab halt nicht daran gedacht…

Sicher?

Ganz sicher. Ich hab sie nicht eingeladen.

Naja. Gut. Jetzt ist sie ja trotzdem da. Was soll auch passieren?

Unausgesprochenes

„Und du denkst wirklich, dass es das ist, was ich will?“
„Keine Ahnung, was du schon wieder hast!“
„Natürlich nicht…“
„Naja…wirklich reden tust du ja auch nicht mit mir.“
" Boah…ey."
„Hey, wir streiten schon wieder. Dabei…“
" Was???"
" Ich will das nicht. Nicht so…"
„Geh doch einfach.“
" Aber ich…ach egal!"

Snearkk

„Snearkk!“, fauchte Solveigh, als sie die zwei Schritte auf ihn zumachte, ihn unter dem Kinn am Hals packte, hochriss und an den nächsten Baumstamm presste.

Ein dunkles Keuchen drang aus der Kehle des Goblin, als er hart gegen den Stamm gedrückt wurde und seine Klauen umschlossen Solveighs Unterarm. „Solvvvv…“, piepste er atemlos, während er die Augen aufriss und den Mund wie ein Fisch an Land öffnete und schloss. „Auch schönen Aben…“ Snearkk hustete kehlig und rollte theatralisch mit den Augen. Mit Schwung warf Solveigh das Wesen, was kaum etwas wog, von sich, sodass der Goblin erst einmal fünf Schritt weit Purzelbäume schlug und mit einem dumpfen „Klock“ an einem Baum landete. „Aua!“, jammerte er, als er sich ins Sitzen schob und sich den Hinterkopf rieb.

„Was zur Hel machst du hier?“, ranzte Solveigh den Knirps an.

„Schon wieder diese Hel …“, nuschelte Snearkk, während er sich auf die riesigen Füße schob und seinen Lendenschurz abklopfte.

„WAS?“

„Nix. Guten Abend wollte ich sagen. Ich hab Licht gesehen.“ Er deutete auf die Öllampe, die durch seinen Flug umgekippt war und drohte, auszugehen.

Solveigh fuhr mit einem lauten „Skitur!“ herum, riss die Lampe empor und rettete, was zu retten war.

„Und wer ist diese Skitur? Und dein Steinhaufen ist auch umgefallen“, stellte Snearkk beiläufig fest, ging vor den Steinen in die Hocke und versuchte, sie wieder aufzustapeln.

„Lass das bitte. Ich mache das selber“, meinte Solveigh erzwungen ruhig, im Versuch sich soweit zu zügeln, dass sie den kleinen Kerl nicht mehr erschlagen wollte.

Heftig den Kopf schüttelnd meinte der Goblin: „Ne ne! Ich hab den kaputt gemacht, ich helfe dir!“ Dann kniff er die Augen zu Schlitzen zusammen. „Wobei? Du hast ihn selber kaputt gemacht, weil du mich da rein geworfen hast.“ Sich selbst zustimmend nickte Snearkk heftig, was seine viel zu langen Ohren hin und her schlackern ließ.

Vorurteil

«Gibt’s was zu glotzen?» Die Augen der Frau, ziehen sich zu Schlitzen zusammen, als sie die Worte ausstößt. «Ja, äh Nein, Entschuldigung. Ich wollte nicht» «Was willste nicht? Glotzen?» «Genau. Sorry» Ohne sein Zutun lächelt sein Gesicht, der Frau entgegen. «Ja, Glotzen wollte ich nicht. Ich würde sie Gerne auf einen Kaffee einladen» Als die Schultern der Frau nach unten fallen, scheint der Mantel auf einmal viel zu groß, schlaff wie ihre Arme hängt, er an ihr herunter. «Mich olle Schachtel» von einem Bein auf das andere tippelnd nähert sie sich dem Tisch, hinter dem der Mann nun aufsteht und mit seinem Arm auf den freien Stuhl neben ihm weist. «Warum denn das?» «Einfach nur so, es ist ein schöner Tag und sie sehen wie jemand aus, die viel zu erzählen hat.» «Was sollte jemand wie ich schon zu erzählen haben» «Ich weiß es ja noch nicht, aber wenn Sie möchten, finden wir es heraus» »Du bist aber nicht so ein perverser oder» «Ich glaube nicht. Einfach nur ein Mensch wie sie, mehr nicht. Denke ich.»

Die Wahrheit hat blaue Augen

Caroline überlegte fieberhaft, wie sie das Gespräch mit Konrad beginnen sollte. Ihr fiel nichts ein. Aber sie musste mit ihm reden! Dringend! Noch bevor Paula aus Hannover zurück sein würde. Unbedingt!

Als sie den Schlüssel im Haustürschloss hörte, zuckte sie unwillkürlich zusammen.
Sekunden später stand Konrad im Wohnzimmer, schüttelte sich ein paar Regentropfen aus dem immer noch dichten Haar und ließ sich in einen Sessel fallen.

„Mylady hat ihren Zug gerade noch erwischt. Wir haben unseren Spaziergang so weit ausgedehnt, dass es knapp wurde. Die alte Dame ist eben doch nicht mehr so gut zu Fuß“, plauderte Konrad drauflos, wie er es meistens tat, wenn er nach Hause kam.

„Worüber habt ihr gesprochen?“, quälte sich Caroline schließlich ab, nur um etwas zu sagen.

„Wir haben über unsere Töchter gesprochen. Stell dir vor, es ist bei Paula und Johanna ganz ähnlich wie bei meinem Bruder und mir damals – sagt Mama. Arnulf war fleißig, strebsam, ehrgeizig. Ich habe es lieber ruhiger angehen lassen, wie du ja weißt. Dafür hatte ich viele Freunde, habe Sport gemacht und alles ausprobiert, was mich interessierte. Das scheint bei unserer Kleinen ganz genauso zu sein, während Johanna nur Pflicht und Arbeit kennt. Aber etwas ordentlicher könnte Paula für meinen Geschmack sein. Das hat sie eindeutig von dir, nicht wahr, Engelchen?“ Jetzt grinste Konrad.

„Kann schon sein“, entgegnete Caroline hastig und strich sich mit beiden Händen die Haare aus dem glühenden Gesicht. Seinen Blicken wich sie aus, was er nicht zu bemerken schien.

„Mama hat sich übrigens wieder einmal über Paulas Augenfarbe gewundert, wo doch deine Augen braun, meine grün und Johannas bernsteinfarben sind. Ich habe nur gesagt, dass ich Paulas blaue Augen höchst attraktiv finde. Sie stehen in einem wunderbaren Kontrast zu ihrem dunklen Haar.“

Caroline schluckte. „Hast du das nicht immer für eine reizvolle Spielerei der Natur gehalten?“, presste sie mühsam hervor.

„Ja, schon. Aber wie sich das vererbt hat, wollte Mylady wissen. Ich konnte es ihr nicht erklären. In der Schule fand ich Genetik immer zu kniffelig. Engelchen, weißt du das nicht?“

Das war jetzt zu viel. Zwischen Fluchtreflexen und dem Wunsch, laut zu schreien, kam sich Caroline wie gelähmt vor.
Konrads erwartungsvolle Blicke brannten sich in ihr Gesicht. Als das Schweigen unerträglich wurde, nahm sie all ihren Mut zusammen und sagte: „Paula ist das Kind eines anderen Mannes“, wobei sie ihre eigene Stimme kaum wiedererkannte.

Konrad sah seine Frau ungläubig an. Allmählich zeigten sich Fältchen in seinen Augenwinkeln, und der Mund zog sich in die Breite. Dann lachte er laut und schlug sich mit den flachen Händen auf die Oberschenkel.
„Oh, das war der beste Gag seit Langem. Nein, wirklich. Dein Gesicht sah aus wie eine Maske, dass ich im ersten Moment dachte, du meinst es ernst. Großartig, Engelchen! Schade, dass Mylady das nicht gehört hat.“

Mühsam unterdrückte Caroline einen tiefen Seufzer und quälte sich ein schiefes Lächeln ab. Unglaublich, dass Konrad ihr Herz nicht schlagen hörte. Ein weiterer Aufschub. Ob sie darüber erleichtert sein sollte, wusste sie nicht.

Mond-Telefonat 20:00Uhr
1943
Kiel - Krim

Meine Clara. Ich sehne mich nach dir. Deine zarten Lippen… ich stelle mir vor, wie wir uns küssen.

Max, sorge dich nicht um uns, wir haben Kohle, weißt du, Günter hat sie besorgt

Ich sehne mich nach dir, deinem weichen Körper, Clara.

Wir haben genug zu Essen - Max, ich denke jede Minute an dich.

Heute ist der Franz gestorben, weißt du, ich habe dir von ihm erzählt, sein Bein… Ach…

Unsere kleine Rosemarie ist heute das erste Mal gelaufen, sie hat sich am Küchenstuhl hochgezogen, der mit dem grünen Bezug. Max, bleib uns am Leben.

Hier ist es so kalt.

Mein Liebster, wir kommen zurecht, mach dir um uns keine Sorgen.

Mein Herz, ich bin unversehrt, ich werde das hier überleben.

Ich bete für dich, Gott bringt dich gesund zu uns nach Hause, glaube auch du daran.

Vorgaben

„Hat er sich an die Vorgaben gehalten?“
„Kreativ, er hat sie kreativ ausgelegt.“

„OK, wie viel Sätze hat er geschrieben?“
„Für jeden 25“

„Die Vorgabe war: „Gib jeder von ihnen fünf Gesprächsbeiträge …Das sind maximal 10.“
„Aber sie sind alle kreativ, sie denken über Grenzen hinaus.“

„Um das geht es nicht, jeder kann in seinen Grenzen kreativ sein. Das kreativ sein in ‚andern‘ Grenzen zwingt mich, mir etwas neues einfallen zu lassen. Innerhalb der ‚Neuen Grenzen‘ kreativ zu sein, bedeutet nicht mich anzupassen sondern kreativer zu sein als ich es mir selbst je zugetraut hätte.“
„Aber dann beuge ich mich doch nur der Vorgabe der Obrigkeit!“

„Nein, meine ursprüngliche Kreativität bleibt, ich lerne dazu und werde besser und noch kreativer. Kreativ bedeutet – Finde einen Ausweg!.“
„Aha, und in meiner Welt brauche ich keinen Ausweg, weil es ja keinen Zwang gibt, das ist bequem und einfach!“

Frau: (ungläubiger Blick, Schweigen)

Mann: (Erwiderung des Blicks, ebenfalls Schweigen, leichtes Zittern, Nicken)

Frau: Ist es sicher?

Mann: Ja… es kam eben im Radio… Sie haben es wirklich getan…

Frau: (Schweigen, kurzes Aufschluchzen) Wie lange noch? Drei Minuten, wie berechnet?

Mann: (nickt zuerst stumm, schluckt) Ja, bis zum Einschlag in der Hauptstadt jedenfalls… (zögert einen Moment) Wenn wir wie besprochen in dieser Richtung ins Licht sehen, ist alles in einer Millisekunde vorbei. (Tiefes Durchatmen) Und falls wider Erwarten nicht (Anflug eines schrägen Grinsens): Der Feuersturm erwischt uns hier sowieso eine Minute später…so wie es berechnet und geplant wurde…

Frau: (Kopfschütteln, Schweigen) Ja, wie berechnet und geplant… (Schweigen) Dann… ist es jetzt also wirklich soweit. Hätte nie gedacht, dass… (wieder Schluchzen, tiefer Atemzug, gefasster Blick) Nun…dann jetzt alles wie abgesprochen?! Keine Schmerzen, kein Leid…

Mann: (Zögert einen Moment) Ja ……Ich geh´ schon mal vor die Tür…

Frau: Ich komme gleich nach. Ich hole die Kinder…

Mann: (nickt wieder stumm, schluckt erneut schwer, wendet sich zur Tür hin, öffnet sie, dreht sich noch einmal um und lacht plötzlich laut auf): …… (Das früher als berechnete und erwartete aufblendende weiße Licht verschluckt den Anfang seiner letzten Worte)

»Toby mein Freund, wie schön dich zu sehen.«

»Nix da Freund. Das warst du mal. Nachdem mich deine Kettenhunde verschandelt haben.«

»Du meinst das letzte Mal, als wir losgezogen sind, einen über den Durst getrunken? Ich musste dich nach Hause bringen lassen. Wir hatten Sorge, dass du aus Versehen in einem der Brunnen landet und jämmerlich ertrinkt.«

»Ja, und das alles nur, weil mich Io und Pan überredet hatten, mitzukommen. Wäre ich doch bloß ertrunken.«

»Ach, komm schon, Toby, komm mit. Lass uns um die Häuser ziehen. Wir waren ewig nicht zusammen unterwegs. Komm schon, ohne dich macht es nur halb so viel Spaß. Los, wir würden uns freuen. Taiyõ ist auch mit von der Partie. Damit ging mir Io auf die Nerven.«

»Die Schmach, die ihr mir bereitet habt, sitzt immer noch tief in meiner Seele.«

»Das ist nicht meine Schuld. Ich habe dich ordnungsgemäß zu Hause abgeliefert, ausgezogen und in dein Bett gelegt, so wie es sich für gute Freude gehört.«

»Sie haben mich verschandelt ‒ von Kopf bis Fuß. Nicht einen Körperteil haben sie ausgelassen, diese Kettenhunde. Deine Schergen!«

»Toby, es tut mir leid, was die beiden mit dir angestellt haben. Glaub mir, ich habe sie angemessen bestraft. Wirklich.«

»Ich habe eine Woche gebraucht, um mich von den obszönen Bildern wieder zu befreien. Das hat mich eine ganze Hautschicht und zig Liter Wasser gekostet, von der Seife und den hundert Flaschen Verdünnungsmittel und Fleckenentferner spreche ich erst gar nicht. Io und Pan, diese … sie haben mich mit wasserfesten Eddings bemalt. Aber nicht irgendwelche lustigen Bilder, nein … sie haben ihre perverse Ader, die sie tief in sich tragen, an mir und meiner Haut ausgelassen. Sie haben mich mit ihrer Verschandlung entweiht. Ich musste zwei Wochen mein Café schließen. So lange hat es gedauert, bis ich wieder unter das Volk treten konnte. Eine Woche davon habe ich nur mit Schrubben und Baden verbracht und die zweite mit Schmerzmitteln und dem Auftragen von Wundcremes.«

„Sollen wir mal reden?“
„Ja, gerne., …über unsere Situation?“
„Ja! Worüber willst du denn reden? Was ist denn für dich am wichtigsten? Was möchtest du denn?“
„Im Grunde bin ich total glücklich mit unserer Beziehung. Da ist nur der eine Punkt …“
„Was für`n Punkt?“
„Ja, hmm …auch ich brauche manchmal etwas Aufmerksamkeit.“
„Also es ist wie immer. Wenn ich mir Mühe gebe und wenn ich mein Verhalten auf dich fokussiere, ist alles in Ordnung. Was willst du denn konkret. Worauf kommt es denn an?“
„Das wir beide wieder glücklich sind“.
„Sag das doch!“
„So einfach ist das?“