Ich bin nicht genügend vorbereitet. Eigentlich hätte Nr. 783.299 diese Aufgabe übernehmen sollen, aber er hat eine dieser irdischen Krankheiten bekommen. Er hat Verdauung, eine übelriechende Fehlfunktion. Und das nur, weil Nummer 9 ihn auf eine Mission geschickt hat, in der er essen musste. Unsere Einsätze sind sehr gefährlich.
Deshalb muss ich diesen Auftrag von Nummer 783.299 übernehmen. Es war sehr kurzfristig, man hat mir diesen Körper gegeben und den Chip mit Basisinformationen.
Ich betrachte mich in der Fensterscheibe des Cafès, vor dem ich warte. Auf unserem Planeten wären die Weibchen schreiend vor mir davon gelaufen. Aber Nr. 57, unser oberster Analysator hat mir versichert, dass alle meine körperlichen Merkmale den Weibchen die richtigen Signale senden werden.
Ich bin da nicht so sicher. Menschen, wie können sie so etwas anziehend finden? Diese Körper sind langweilig, sie haben von allem nur zwei. Und im Gesicht nur eine Nase und einen Mund.
Ein Weibchen kommt auf mich zu und ich erkenne sie aus dem Memo, dass Nummer 9 mir geschickt hat. Sie ist meine Mission.
„Hei“, sagt sie und streckt mir ihre Hand entgegen.
Ich bin irritiert. Hai? Wieso nennt sie mich wie diesen hässlichen Fisch? Oder ist das ihr Name? Und was zum Proximal Centauri soll ich mit ihrer Hand anfangen?
Ich starte auf meinem inneren Chip das Einführungsvideo für Erdbesuche und scrolle zum Bereich Begrüßungen.
„Guten Tag“, sage ich und drücke dann ihre Hand. Das war gerade noch einmal gutgegangen.
Sie verzieht das Gesicht und schüttelt ihre Hand aus. „Ich bin Chantal, wartest du schon lange?“
Ich verziehe ebenfalls das Gesicht und schüttele meine Hand. Das gehört wohl zum Begrüßungsritual und wird erst später im Video erklärt. „Ich bin Fred“, sage ich. „Und ich warte seit sieben Minuten und 23 Sekunden.“
Sie lacht und ich weiß nicht warum. „Wollen wir hinein gehen?“
Sie wartet meine Antwort nicht ab, öffnet die Tür und geht voraus.
Ich folge ihr und betrachte sie von hinten. Sie hat zwei Beine und einen Hintern, das ist alles sehr verwirrend.
Sie steuert auf einen Tisch mit zwei Stühlen zu, setzt sich und winkt einem Mann heran. „Ich nehme einen Capuccino und einen Heidelbeermuffin“, sagt sie zu dem Mann. „Was möchtest du?“
„Wasser“, sage ich. Auf keinen Fall will ich Verdauung bekommen.
„0,3 oder 0,5, still oder mit Sprudel? Glas oder Flasche?,“ leiert der Mann herunter.
Ich scrolle gedanklich auf meinem Chip, finde aber nichts.
„Bringen sie eine Flasche und zwei Gläser“, sagt Chantal und kneift ein Auge zu. „Das ist dir doch recht?“
Ich nicke stumm. Was ist mit ihrem Auge? Eine Fehlfunktion?
Chantal sieht mich an und verzieht ihren Mund. Ah, das kenne ich, das ist ein Lächeln. Sie streicht sich mit ihren Fingern durch die Haare und legt den Kopf schief.
„Erzähl mal von dir, wieso bist du auf Loveship und wieso habe ich dir so gut gefallen?“
Ihre Augen klappen ein paar Mal auf und zu. Definitiv eine Fehlfunktion.
„Loveship ist eine App, auf der man kopulationswillige Weibchen findet. Und du entsprichst zu 91 Prozent den Anforderungen. Das garantiert das Gelingen der Mission.“
Chantal schaut mich an und fängt dann an zu lachen. „Du bist ja süß.“
Süß? Ich scrolle auf einem anderen Chip und finde Informationen über Diabetes. Aber das kann nicht sein, dieser Körper hat keine irdischen Krankheiten.
„Und so witzig.“ Sie lacht noch immer.
Wieso witzig?
„Bist du nicht kopulationsbereit?“, frage ich. Es kann doch nicht sein, dass Nummer 57 ein Fehler unterlaufen ist.
„Meinst du Sex?“ Sie senkt den Kopf ein wenig und schaut mich von unter her an. Ihre Augen sind aufgerissen, ihre Stimme ein wenig tiefer.
Ich atme erleichtert auf. Das erkenne ich wieder, ich habe ein Video über Balzverhalten von Gänsen auf meinem Chip.
„Ja.“
Chantal leckt sich mit der Zunge über die Lippen. „Du gefällst mir,“ sagt sie. „Ich steh auf große blonde Typen. Und deine Muckis…“ Sie sieht auf meine Arme und auf meinen Bauch. „Die machen mich echt an.“
Sie ist paarungsbereit, das lief ja besser als gedacht.
„Kennst du einen Ort, an dem wir… „Ich suche nach dem richtigen Wort.
„Sex haben können?“ Sie steht auf und ergreift meine Hand. Dann zieht sie mich hinter sich her. „Ich wohne ganz in der Nähe.“
Ich stehe vor Nummer 9 und muss Rede und Antwort stehen.
„Nein, Nummer 9, ich habe die Mission nicht erfüllt. Ja, es lief alles sehr gut. Sie war kopulationsbereit, sie hat mich mit in ihre Behausung genommen. Wir haben uns ausgezogen und sie sah aus, wie Nummer 57 die Weibchen beschrieben hat. Von allem zwei.
Wieso ich die Mission nicht erfüllt habe? Ich weiß es nicht, Nummer 9. Ich habe mich ausgezogen und da war sie noch willig. Aber als ich die Hose fallen ließ… Sie hat gekreischt und immer „Zwei, oh mein Gott zwei Stück“ geschrien und ist dann davon gelaufen. Ja, Nummer 9, sie war definitiv ein Exemplar mit einer Fehlfunktion.“