Die Geisteer, die ich rief
Die Geister, die ich rief…
Kurz-Spuk-Speak von Bäärnis Hausabbruch in Chur
«Ich bin das Geisterhaus vom Galgenstrickweg in Chur!» sagte das Haus.
Denn seit die Geister dort eingezogen sind, konnte es sprechen.
Die Geister stammten aus dem Wallis, waren aber nach Afghanopopel
am grauen Meer ausgewandert und galten in der Schweiz als Flüchtlinge.
Zuerst mussten sie vor den Bar-bafghanen fliehen, weil sie
Wermuth angepflanzt und einen geheimen Handel mit Absinth
betrieben hatten. Darauf stand in ihrer Wahl-Heimat im Nahen Osten
die Fuss-Sohlen-Bastonade mit Peitschenschlägen.
Während sie sich noch mühselig von der Abschreckungsstrafe erholten,
kam ein anderes Regime ans Ruder, Scheich Imperum vom Nachbar-
staat BergUmsibum stürzte die Bar-bafghanischen Diktatoren.
Die UNO in New York tobte und verlangte die Wiedereinsetzung des
zwei Jahre zuvor selber durch einen Putsch an die Macht gekommenen
Abdel Johannes Bürkli, einen ehemaligen Kantonspolizisten von
Mädchenfelden, der wegen Veruntreuung von Bussgeldern von Links-
abbiegern über die weisse Linie hinweg seinen Posten als Vize-Polizeichef
räumen musste.
Die eingangs erwähnten Flüchtlinge wurden vom neuen Regime verhaftet
und dann per Flug ins Ausland, zunächst Indien, dann England und
schliesslich in die Schweiz abgeschoben.
Sie hiessen Dora Dürstli, Hannes Süferli und Koni Kater, alle drei
ebenfalls aus der Schweiz, dort aber vorbestraft wegen Absinth-Brennerei
im Val de Travers, kurz vor Aufhebung des Verbots, als klar wurde, dass
der aus Wermutkraut, Anis, Fenchel anderen Kräutern mit Alkohol
bestehende Bittersüss-Liqueur einzig wegen Verunreinigung des Stoffes
und nicht wegen des hohen Alkoholgehalts gesndheitsgefährlich werden
konnte. Absinth übrigens wird mit Wasser gestreckt, das dem Getränk einen
grünlich-milchigen Touch verleiht. Im Canton du Jura wird das Getränk
«la Fée Verte» genannt.
In Chur waren die drei Schnapsbrenner bald bekannt und in den Beizen,
denen sie Ihr Gebräu verkauften, wohl gelitten. Trotzdem galten sie in
der ältesten Stadt der Schweiz als «Üsser-Bündner», etwa gleichbedeutend
wie «Ausser-Schweizer», wie die Migranten in Helvetien oft immer noch
genannt werden.
Sie also waren im Jahr 2001 nach Chur gekommen, nachdem sie in
einem Abschieb-Lager für illegal in die Schweiz eingereiste Wirtschafts-
Flüchtlinge eindeutig als zwar unerwünschte, aber dennoch aufnahme-
berechtigte Auslandschweizer anerkannt worden waren. Weil es in der
Bündner Metropole bereits genügend Schnaps-Brennereien, Wein-
Produzenten, Brauereien und leider auch alkoholkranke Mitbürger gab
erhielten die drei ein lebenslanges Berufsverbot und mussten sich
beruflich anderweitig orientieren. Naheliegend war, dass sie ihre früheren
Beziehungen zu Drogenbossen in Afghanopopel ausnützten und einen
schwungvollen Kokainhandel in gangsetzten.
Als Dealer wurden sie in Mafia-Kreisen misstrauisch observiert, während
die Bündner Kantonspolizei gemäss der Methode der geteilten Macht
zur Eindämmung der Kriminalität wohlwollend über das neue
Verteilsystem in der Stadt hinwegsah. Damit wurde die neue Konkurrenz
von den Dealern und besonders von den Paten der neapolitanischen
Camorra und der kalabrischen ’Ndrangheta lästig. Sie engagierten ihre
Spezialkiller mit den beinahe geräuschlosen Flinten und liessen sie ihres
Amtes walten, während die Verantwortlichen an der Riviera ein
rauschendes Hochzeitsfest für die Tochter des einen mit dem Sohn
eines anderen Mafiosos feierten und damit ein unerschütterliches Alibi
vorweisen konnten. Der Mord an den Schnapsbrennern fand im
späteren Geisterhaus am Galgenstrickweg in Chur statt und blieb bis
heute ungelöst.
Damit sind wir nun endlich inmitten unserer Spukgeschichte angelangt.
Zehn Jahre nach der Mordtat ereigneten sich im leer gebliebenen
Geisterhaus folgende anrüchigen und spukhaften Ereignisse.
Dieses war längere Zeit leer geblieben. Die drei Morde schreckten ab,
zudem hiess es in der Nachbarschaft, in der baufälligen Ruine würde es
spuken. Unterdessen war in einschlägigen Kreisen bekannt geworden,
dass die drei Wermuth-Brenner vermutlich viel Geld irgendwo versteckt
hatten, das sie mit dem Drogengeschäft erworben hatten. Nach der
Mordnacht gab es für die Polizei keine Hinweise auf einen Diebstahl.
Die Täter hatten ihre Arbeit erledigt und waren eilig wieder abgerückt,
als der Milchmann vorfuhr und wie üblich Milch und Brot für das Früh-
stück der Bewohner abstellte.
Die örtliche Mafia erhielt den Auftrag, das Grundstck diskret zu über-
wachen. Doch nichts geschah, die Baubehörde der Hauptstadt Grau-
bündens verfügte den Abbruch des baufälligen Hauses. Doch dann fand
sich ein Strohmann der Italiener, der das Haus kaufte und es wieder so
weit instand stellte, dass jemand darin wohnen konnte. Die beiden Killer
der Mafia waren bereits im Ruhestand und sollten nun eine ruhige Kugel
schieben dürfen. Also mieteten sie sich ein und hielten zusammen mit
einem Aufpasser aus Catanzaro in Kalabrien den Auftrag, sich im Gelände
um das Haus gründlich umzusehen, ob das vermutete Drogengeld nicht
doch noch aufzufinden wäre.
Aber dann kam es 2011 zu einer seltsamen Horrornacht. Nachbarn
wurden geweckt als es vom Kirchturm her «Dreizehn» schlug. 13, nicht
«zwölf» oder «eins». Auch die beiden Killer waren alarmiert; wie die
meisten Gewaltmenschen fürchteten sie Übersinnliches, Unerklärbares.
Zitternd griffen sie nach ihren Knarren. Da zersplitterten zwei grosse
Fenster in Tausend Scherben. Die zwei Killer liefen zur Treppe, weil
sie glaubten, ein Erdbeben erschüttere ihre renovierte Hütte. Doch wie
die zwei auf die oberste Stufe traten, brach die ganze Treppe zusammen
und beide Ganoven stürzten auf den harten Steinboden.
Zitternd griffen sie nach ihren Mobiltelefonen und riefen Polizei und
die Nothilfe aus dem Bürgerspital. Die beiden Fahrzeuge kamen
unverzüglich und versahen die beiden, die immer noch ihre Pistolen
in den Händen hatten, mit Handschellen. «He, Tschugger» *) protestierte
der eine, der andere wimmerte und konnte nicht fassen, dass er
offenbar ein Bein gebrochen hatte. Beide wurden verhaftet und zuerst
ins Spital gebracht. Der als «Tschugger»*) bezeichnete Beamte schnauzte
die beiden Killer an: «Huara verdammi, wänd er offebar en Baufehlar
mit der Pischtole korrigiera?» **) – Nach gründlicher Untersuchung wurden
die beiden in Polizeigewahrsam genommen. Ein findiger Journalist des
Bünder Tagblatts hatte die Aktion mitbekommen und ausgeschlachtet.
Die italienische Kriminalpolizei forderte die in Kalabrien gesuchten
Profikiller für ihre Straftaten im Bel Paese an und versenkte sie in einem
Untersuchungsgefängnis in Rom, wo sie heute noch auf ihren Prozess
warten.
Im Zug der Untersuchung gingen ein Professor und drei Studenten der
Parapsychologie aus Zürich dem Phänomen des unterdessen von allen
Churern als «Geisterhaus» bezeichneten Logis am Galgenstrickweg nach
und stellten tatsächlich fest, dass es dort spukte. Die Presse nahm sich
über Chur hinaus der Angelegenheit an. Geistheiler, Psychologen, Aben-
teurer aus der ganzen Schweiz pilgerten nach Chur, um das Haus zu
besuchen. Einige wenige entschlossen sich, eine Nacht dort zu verbringen.
Es passierte wieder einiges in jener Nacht, doch die ganze unverständliche
Spuk-Geschichte sollte geheim bleiben. Immerhin wurde bekannt, dass
ein «zufällig» in Chur gelandeter Mafioso im Geisterhaus einen Herzinfarkt
erlitten hatte. Die Schweizer Bundespolizei kam mit einem Geisterseher aus
Haiti und untersuchte das Haus, bevor es zwecks baldigem Abriss abge-
schlossen und mit Polizei-Siegel versehen wurde. Andere Ereignisse erober-
ten die Schlagzeilen der Medien und das Geisterhaus wurde geschlossen.
Ich kaufte die ganze Liegenschaft, die ja abgerissen werden sollte, für ein Ei
und ein Butterbrot. Wohlweislich näherte ich mich dem Haus nur bei
Tageslicht. Ich durchsuchte in der ersten Schulferienwoche im Sommer
2023 das ganze Haus und wurde in einem alten Abwasserschacht, der längst
nicht mehr benutzt worden war, fündig. Dort versteckt war ein A4-grosser
und zehn Zentimeter hoher Safe, zu dem ein Schlüssel passte, der im
Schornstein aufbewahrt worden war.
In dieser Kassette fand ich Banknoten in Höhe von 28 Milliarden Reichsmark –
aus der Inflation von vor rund 100 Jahren im Deutschen Reich.
Längst kein erspartes Vermögen mehr, sondern Ramsch, der allenfalls noch
einen verschrobenen Sammler interessieren konnte. Ich brachte den ganzen
«Geisterschatz» nach Hause nach Kölliken. Von Bekannten erfuhr ich, dass
das Haus anlässlich seines Abrisses noch einmal gesprochen hatte: «Ohje,
ohje – « murmelte das Haus, während die Abbruchkugel von einem Traktor
an die Hausmauer bumste, «Jetzt isch fertig geischterlet.»
Schliesslich fuhr ich mit meinem «Riesenvermögen» nach Köln an eine Ver-
Anstaltung der Fernsehsendung «Bares für Rares» von Moderator und Alt-
Sternekoch Hors Lichter. Tatsächlich zahlte ein Trödler 495 Euro dafür, die
ich selbstverständlich in meiner Steuererklärung als Verkaufserlös unter
Einkommen und Vermögen abbuchte. Damit war wohl auch dem übersinn-
lichen Gerechtigkeits-Sinn der Spuk-Speaker, der Autoren der Zauberbücher
und der Gedankenleser genüge getan. Jedenfalls habe ich nie mehr etwas vom
Spukhaus am Galgenstrickweg in Chur gehört.
… die bin ich endlich los! –
Wenn dieses Happyend keine Perspektive ist?
*) Tschugger – Ein vom Wallis übernommener Ausdruck für Polizist. Der in den Walser Siedlungen in Graubünden
noch immer als Spottname gilt.
**) Churer Deutsch, von Martin Luther als «Chauderwelsch» bezeichnetes Sprachrestchen aus der Zeit, als Romanisch
bis weit im Westen, am Walensee, gesprochen wurde.Ersetze diesen Text mit deinem Beitrag.