Rechtschreibung oder Falschschreibung?

Aus aktuellem Anlass: In dem Spiegel-Artikel „Ist es egal, wie unsere Kinder schreiben?“ vom 10.04.2024, hält der Ministerpräsident von BW die Erhebung von Rechtschreibfehlern bei Prüfungen und Klausuren im Deutschunterricht für sinnlos, da Computerprogramme heutzutage diese Fehler sowieso korrigieren würden. Dazu: „Schleswig-Holstein möchte in Deutschklausuren keine Fehler mehr zählen.“

Als angehender Autor, mit dem Wunsch, in Rechtschreibung deutlich besser werden zu wollen, wirft diese Aussage bei mir einige Fragen auf:

  1. Wie wichtig ist die Rechtschreibung, wenn ein guter Lektor - oder ein gutes Computerprogramm - die Korrektur derselben im Nachgang übernimmt?

  2. Was unterscheidet eine traditionelle Rechtschreibung von einer künstlerisch veränderten Rechtschreibung in einem literarischen Werk? Und wie erkenne ich diese?

Beispiele:
a.) Die bewusste Weglassung der Großschreibung oder der Zeichensetzung in einem Text;
b.) teilweiser oder völliger Verzicht auf Rechtschreibung bei Dialekt oder Kunstsprache.

  1. Wird in Zukunft die Rechtschreibung im Schulfach Deutsch nicht mehr berücksichtigt, welche Auswirkungen hat dies auf die Herstellung von Literatur?

Eure Einschätzungen damit würde mich interessieren.

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Eine Haltung, die ich bedenkenswert finde.

Wenn es bewusst geschieht, dann ist das in meinen Augen ein Stilmittel, siehe: Stadt der Blinden von José Saramago. Ich kann so etwas jedoch nur als Stilmittel einsetzen, wenn ich weiß, wie es richtig wäre.

Die Herstellung auf Zeitungsartikel ist längst sichtbar. Die Qualität leidet. Allerdings, wenn niemand mehr bewusst Rechtschreibung lernt, fällt es mit der Zeit immer weniger auf, dass überhaupt etwas korrigiert wurde, weil ja sowieso niemand mehr weiß, was richtig gewesen wäre.

In meinen Augen wird sich Sprache langfristig verändern, dahingehend, dass keine einheitliche Rechtschreibung mehr genutzt wird. Spätestens dann schreit die Gesellschaft vermutlich wieder nach Regeln. Ein überaus spannendes Thema, dass du da aufgeworfen hast.

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Ich habe mal eben „Kleinanzeigen“ bemüht.

4 Möbelfüsse
Nacht tisch chen, Schrank
Stolle Tray Tisch zum dran klemmen
Couch mit schlaffunktion
usw.

Grausig. Die Anzeigen sind den Namen nach von Deutschen.

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Wir haben ja an anderer Stelle den Einsatz von K.I. in der Schriftstellerei besprochen. Man addiere den alten Trend des Copy-and-Paste (Beispiel: Helene Hegemann - Axolotl Roadkill) mit dem Einsatz von K.I. und der vom Staat oktroyierten Verneinung von Rechtschreibung; als Ergebnis erhalten wir eine Flut nichtssagender, fehlerhafter Schein-Literatur. Düstere Zeiten.

An Universitäten ist mir der Trend hin zu schlechtem Deutsch schon länger aufgefallen. Beispiele hier:

Die Uni ist nix für dich! (Süddeutsche Zeitung), Massive Kompetenzschwächen Professoren kritisieren Studenten (ntv), Dozenten klagen: Lehramtsstudenten können nicht schreiben (Der Westen) und hier Studenten hinken in Sachen Deutsch und Rechtschreibung hinterher (Züri Today).

Ich hatte ebenso schon mal irgendwo erwähnt, dass ich eine junge Dame kenne, die ihr Abitur mit der Gesamtnote 1 abgeschlossen hat und nicht in der Lage ist, einen breiten Ordner fehlerfrei zu beschriften.

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Ich halte die „richtige Rechtschreibung“ schon deshalb für erforderlich, um Missverständnissen und „Sinnverdrehungen“ vorzubeugen. Selbst das Auseinanderreißen von zusammengesetzten Begriffen ohne Bindestrich hat mich schon manches Mal grübeln lassen, was da wohl gemeint ist.

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Vielleicht bin ich ja hoffnungslos altmodisch, aber ich meine nach wie vor, dass man seine Muttersprache wenigstens so gut beherrschen sollte, dass man nicht jeden Absatz mit fünf bis zehn Fehlern garniert.
Leider ist es ja nicht so, dass man das, was man als Kind nicht lernt, als Erwachsener automatisch kann, und gerade (richtiges) Lesen und Schreiben gehört unter all dem überflüssigen Blödsinn, mit dem man die Schüler nach wie vor quält, zu den wenigen nützlichen Dingen, die man sein ganzen Leben lang braucht.

Klar verändert sich eine Sprache mit der Zeit, ist ja auch nichts Schlechtes, aber das heißt doch nicht, dass dann jeder damit machen kann, was er will.

Na gut, ich warte dann mal mit Spannung auf die entsprechenden Geschäftsschreiben, die mit einem „Wier froien uns ser auf ihre Anntwort“ enden. :wink: :stuck_out_tongue_winking_eye:

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Das ist ein klassisches Beispiel für Situationen, in denen keine Programme Korrekturen vornehmen können. Tragisch ist doch, dass die eigene Einstellung oft inzwischen recht entspannt zu Schreibfehlern geworden ist. „Ist doch egal, ist ja nur Handy“ oder „Ja, ich muss mich mal mehr konzentrieren“ sind für mich fade Ausreden, die ich aber immer wieder höre.
Ich arbeite in einer Behörde und mein Team hat sich angewöhnt, jedes offizielle Schreiben herumgehen zu lassen zur Korrektur. Es ist spannend: einer findet besser fehlende Punkte, andere typische Fehler wie „das“ und „dass“, andere Fehler aus dem falschen Sprachgebrauch (ebend, einzigste). Und selbst wir, die alle gut sprechen können, großen Wert auf gute Rechtschreibung legen und glauben, gut zu schreiben, machen überall Fehler.

Das Schlimme ist, dass viele Unternehmen aus reiner Not heraus inzwischen das Sprachniveau immer weiter absenken, weil ihnen Fachkräfte fehlen.

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Noch viel schlimmer ist, wenn man eine extra Fachkraft braucht, um richtiges Deutsch zu schreiben. Wenn man das wie früher auch von Anfang an vernünftig in der Schule lernen würde, würden zumindest diese Probleme schonmal wegfallen.

Ich finds toll, dass es Programme gibt, die wunderbar Korrektur lesen können, aber ich möchte mich niemals so sehr auf sie verlassen müssen, dass ich ohne sie aufgeschmissen wäre.

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Nur finden selbst die tollsten Programme die Fehler nicht, wenn durch fehlende Kommas oder Rechtschreibung der Sinn verändert wird oder unterschiedlich ausgelegt werden kann.

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Stimmt. Um so wichtiger ist es, dass man selbst die Sprache so gut wie möglich beherrscht.

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Die allgemeine Volksverdummung ist wohl nicht mehr aufzuhalten. Die Menschheit hat den Zenit erreicht und ist nun geistig in der Rückentwicklung. Die Schule hat kapituliert. Es ist ein bisschen wie „Stille Post“ spielen. Von Generation zu Generation. Am Ende kommt nur noch Falsches heraus.

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Wier Eßn oppa.

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Wenn ich schon in der Schule die Rechtschreibung und Grammatik gelernt habe, gebe ich sie doch nicht auf, nur weil viele meinen, im Internet darf man schreiben wie man will.
Die Einhaltung der Rechtschreibung halte ich für sehr wichtig. Außerdem ist es mit der Rechtschreibung alleine nicht getan, weil die Grammatik ebenfalls dazu gehört und noch viel mehr (siehe: Deutsche Sprache - schwere Sprache (?!)).

Es gibt Programme die versprechen, man kann ohne Programmierkenntnisse ganze Videospiele erstellen. Ich habe mich an solchen Programmen versucht, aber ich kann diese Aussage nicht bestätigen. Früher, oder später kommt man an den Punkt, an dem man gewissen Programmierkenntnisse braucht, wenn man möchte, es soll ordentlich werden.
Genau das gilt auch für die Schriftstellerei: Beherrscht man keine Rechtschreibung und Grammatik, wird das Werk auch nie so gut, als mit entsprechenden Kenntnissen. Man muss nicht alles super perfekt beherrschen, aber gewisse Grundkenntnisse müssen schon sein.

Gruß

Helmut

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Was für ein schöner Thread im Glashaus. Man diskutiert zwar über dasselbe Thema, aber auf unterschiedlichem Niveau. Tatsache ist auch, dass kein Beitrag fehlerfrei ist. In der Regel sollten die meisten Amateure beim Thema Deutsch den Ball besser flachhalten. Spricht man Leute wie uns auf ihre Fehler an, dann ist das auf einmal nicht mehr so wichtig. Dann wird diese oder jene Regel überbewertet, dann soll man sich im Forum/Internet nicht so haben. Im Schriftstellerforum hat eigentlich jeder jederzeit recht. Man irrt sich nicht oder hat etwas nicht nicht gewusst, sondern es gab einen Grund, dieses und jenes so zu schreiben, so auszudrücken.
Dabei machen wir alle ganz profan Fehler, die einen mehr, die anderen weniger. Sich hinzustellen und mit dem Finger auf die armen Leute zu deuten, die noch schlechter sind als man selbst, ist wohlfeil. Es sei denn, jetzt kommt die Einschränkung, es sei denn, diese Leute sind so von sich eingenommen, dass sie dringend einen Schuss vor den Bug brauchen.

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Wer macht das denn hier? Es ging darum, ob die Einhaltung von Rechtschreibung wichtig ist oder nicht. Wenn ich eine Regel einhalte, muss ich mich mindestens bemühen, sie zu kennen anstatt zu sagen Ist mir doch egal.

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Vor einiger Zeit haben wir eine Mail bekommen mit folgenem Inhalt:

wollte mal fragen wie dass so ist bei ihnen

Nach einigem hin und her stellte es sich heraus, dass es ein junger (deutscher) Mann war, der sich für eine Ausbildung in unserem Betrieb interessierte. Was soll man dazu sagen?

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Sowas sehe ich sehr oft, sogar auch bei Mails von meinen Vorgesetzten. Die schreiben beispielsweise ‚sie‘ als Anrede klein und ‚sie‘ als Bezug auf etwas, groß. Ich muss dann den Satz immer zweimal lesen. Auf die Unterscheidung von ‚das und dass‘ wird kaum noch Wert gelegt (gefühlt). Ich muss aber gestehen, dass mir manchmal Fehler bei ‚das und dass‘ auch unterlaufen.

Helmut

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Absage. So sieht es bei uns aus.

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Rechtschreibung nicht mehr benoten …

Was mir dazu als erstes einfällt: Sprache ist unser wichtigstes Kommunikationsmittel. Sollte man nicht dazu erziehen, besonders sorgfältig und achtsam damit umzugehen - gerade heute, in Zeiten von Twitter & WhatsApp? Zumal das auch mit Respekt vor dem „Empfänger“ zu tun hat.
Dazu kommt: Wenn Rechtschreibung nicht mehr benotet wird, sendet das eine Botschaft an die Kinder und Jugendlichen: „Schlampigkeit ist Ok“. Das überträgt sich dann auch auf andere Lebensbereiche: „muss ich das alles wirklich so genau nehmen?“ (Spoiler: Jaaa!!)

Ich finde das eine komplette Fehlentwicklung - womöglich auch ein politisches Zugeständnis an überforderte Lehrer und an die Situation in den heutigen Schulen überhaupt mit u.a. hohem Anteil nicht (muttersprachlich) deutschsprachiger Schüler.
Wie immer (z.B. ist das auch im Gesundheitswesen massiv zu beobachten) wird Flickschusterei betrieben, statt grundlegende Reformen anzugehen (Beispiel: „Gesundheitskioske“ mit minderwertiger Versorgungsqualität für soziale Brennpunkte, an denen es nicht mehr genügend Ärzte gibt).

Fatal, wenn Sprache in einem Land, das sich einst für seine „Dichter und Denker“ gerühmt hat, keine Priorität mehr hat.

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