Realistische Schreibziele

Danke, mir aus der Seele gesprochen!

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Lieber @Flixiflix

du solltest aufpassen, richtig zu quoten, also nicht ins Zitat hineinschreiben, bitte.

Du sagst:

“Ich wollte damit keineswegs Ullis Behauptung widerlegen. Ich denke die Argumente dafür sammelt er selbst. Ich wollte damit nur am Rande anmerken, dass Qualität sehr unterschiedlich bewertet wird.”

D’accord. Es wird manchmal Hervorragendes zerrupft und Schrott promoviert. Andermal auch wioeder andersherum. Das liegt daran, daß beim Rezipienten dasselbe Problem vorliegt wie beim Autor. – Wenn er keinen blassen Dunst vom Ästhetischen hat, wird er ästhetisch Wertvolles nicht erkennen. In hiesiger Metaphorik ausgedrückt: Auch der Rezipient muß ein Stück weit von der Muse geküßt sein …

Andersherum: Ist ein unbedeutender Autor erfolgreich, zeigt das, was seine Leser für Mankos haben. In Analogie gebracht: Wer sich oft bei McKotz die Wampe vollschlägt, sollte nicht davon schwadronieren, ein Gourmet zu sein. Hält er sich trotzdem für einen solchen, ist er ein ganz aaaaaarmers Würstchen, das des Bedauerns wert ist … er lebt ja sein Leben nicht … sondern verfehlt es …

Dasselbe gilt fürs Objekt: Wer McDoof-Kost für gute Kost hält (bei Dauergebrauch, meine ich; denn nichts spricht dagegen,. “ein paar mal im Leben” in so einen Plastikbunker einzulaufen und übles Zeug in sich reinzustopfen), leidet nicht nur an Geschmacksverirrung (das wäre verzeihlich), sondern hat tieferliegende Probleme, die um seine Weltorientierung fürchten lassen. – Bei Lektüre dito: Es spricht nichts dagegen, mal einen Schrottroman zu konsumieren. Wer nur solches Zeugs liest, zeigt m.E. “bedenkliches Verhalten” …

…]

“Wenn Kafka seine Schriften nicht veröffentlichen wollte, weil er ein Perfektionist war und seinen Nachruf nicht gefährden wollte, hat das doch gar nichts damit zu tun, ob er diese später gewinnbringend verkaufen wollte oder nicht. Manche schreiben in der Tat ja nur aus frivoler Lust.”

Kafka hatte keinen Ruf, der als Nachruf verteidigbar gewesen sein könnte. – Und wieso ist Schreiben aus Lust … frivol? Hast du dir mal den Beitrag über die* Protestantische Arbeitsethik *angeguckt? Deine Einlassung paßt wie die Faust aufs Auge in dieses – perverse – Schema: Und nein, das qualifiziert nicht dich als pervers, sondern gerade dieses Schema.
Denk doch mal in Ruhe darüber nach … würde mich freuen, auch bei – gut argumentierender – Ablehnung. Mich interessiert nicht Zustimmung, sondern das intereressierte Gespräch. Ich halte den Dissens für grundlegender – weiterhelfender – als (pseudo-)konsensuelles Gebrabbel. Also im Sinn dessen, daß Dissens an-stößig ist und deswegen oft beide Parteien weiterbringt, selbst dann, wenn sie sich nicht zu einigen vermögen.

“Nicht-erfolgreiche Schriftsteller/Dichter” (zu Lebzeiten) wie Walser, Trakl, Kafka, Rimbaud usw. waren Lust-Schreiber. Was heißt: sie konnten nicht anders. Ihr posthum gefeiertes Werk rechtfertigt diese Lust. Deshalb halte ich Polemik oder Averrsuion dagegen für vollkommen verfehlt.

“Mein Unmut über Kafka macht sich auch weniger an seinem schwer verdaulichen Stil oder seiner Person als vielmehr an seiner großen Beliebtheit bei Deutschlehrern fest.”

D’accord! Absolut d’accord!!! Das Schulsystem in D ist völlig im Eimer, der Unterricht tlw. regressiver als im Mittelalter und etliche Lehrer so entmutigt, frustriert und manchmal auch einfach faul und lustlos, daß es eine Katastrophe sondergleichen ist.
Das zeigt sich nicht nur in den einschlägug eklatanten Schwächen der Schüler, sondern aucvh an völlig lebensfremden Ausrichtungen in manchen Bereichen. Die Kafka-Manie vieler Deutschlehrer zählt dazu, was gravierende negative Folgen hat, weil die Schüler tlw. überfordert werden und sich dann – logischerweise – angeekelt abwenden. Ich halte es für ausgeschlossen – im Durchschnitt (Ausnahmen gibt’s natürlich) – bei 17/18-Jährigen etwa den Prozeß oder das Schloß durchzuprügeln, weil das keine Lektüre für dieses Alter ist, dazu reicht der Reifegrad nicht. Aber es gibt wunderbare Parabeln und kleine Meisterwerke von Kafka, die gut analysierbar wären in diesem Alter und die Schüler auch nicht anöden würden. – Leider juckt das jene Arschgesichter einen Feuchten, die sich da tlw. als (Ent-)Leerer, aber nicht Lehrer betätigen. Dazu tritt die vollkommene Verblödung der Schulbehörden mit dem Durchpeitschen angeblich sakrosankter Lehrpläne. Alles jämmerlich! – Und schrecklich Folgen zeitigend.

Gruß von Palinurus

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Du hast Recht. Das Bildungssystem ist im Arsch. Statt Stärken einzelner Schüler zu fördern wird versucht alle Schwächen soweit auszubügeln bis alle den gleichen Nenner erreichen. In den Fächern Mathe und Deutsch sieht man das am deutlichsten. Starke Schüler im jeweiligen Fach sollten seperaten Unterricht bekommen und die Messlatte für die übrigen gesenkt werden. Die Mathelehrer aus der Oberstufe machen mit 3 Schülern Unterricht, die so gut oder besser sind als die Lehrer, der Großteil kämpft um die Note 4 und der Rest hat aufgegeben. Und das alles, obwohl die Lehrer sagen, dass 70-90% ihres Unterrichtsstoff nie wieder im Leben von einer eben so großen Prozentzahl der Schüler relevant sein wird.

Frivol im Sinne von: Die Muse hat mich geküsst, es geht mir leicht von der Hand, aber mir ist egal, ob ich diesen Text verkaufe oder nicht.

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Nur, weil diese in Angstzuständen verharrten, was ihre Stücke anging, und sie daraus folgend nicht aktiv veröffentlichten, heißt das nun so überhaupt nicht, dass sie nicht auch nach Erfolg trachteten.
Gerade, dass Kafka seinen “Müll” (in Eigeneinschätzung) nicht veröffentlicht sehen wollte, zeigt, dass er nach Erfolg gestrebt hat.

Ist eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen.

Der “Mythos” vom alleine aus Gnade der Muse brillanten Schriftsteller ist eben nicht mehr - ein Mythos.

Und dieser “hehre Gedanke” ist einfach falsch in seiner Selbstüberhöhung und seiner Esoterik. Er “verklebt” den Geist derer, die wirklich nach Erfolg streben, und läuft Gefahr, ihnen ohne Not (!) den Mut nehmen - warum auch immer.

Nehmt bitte all den Unsicheren, die wollen, nicht die Hoffnung. Arbeitet man hart, darf man durchaus Hoffnung haben.

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„Glück ist, was passiert, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft.“ -Seneca

Insofern kann ein bisschen üben nicht schaden :kissing:

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Lieber Ralf,

bzgl. lit. – und überhaupt: künstlerischer – Qualität: Es gibt immer mehrere, miteinander konkurrierende ästhetische Theorien. Die unterscheiden sich mal mehr, mal weniger voneinander im Lauf der Zeit; kommen allerdings bestimmter Kriterien wegen, was ein Kunstwerk sei, auch immer überein (ich vernachlässige dabei mal “ganz aktuelle” Entwicklungen, die in die Richtung gehen, den Kunstbegriff mehr oder weniger ausrotten zu wollen, denn das sind nicht nur m.E. pure ideologische Produkte; sie enthalten auch keine diskutierbaren theor. Ansätze, sondern sind mehr … ähm … “ethisch” i.S. von anti-elitär und plump gleichmacherisch “orientiert”).

Worin auch konkurrierende Ansätze zueinanderfinden, etwa im Vgl. zwischen werk- und rezeptionsästhetischen Ansätzen o.ä. Dreh- und Angelpunkten, ist etwa eine ziemliche Übereinstimmung darin, was authentische Kunstwerke seien. In herkömmlicher Fassung haben sie überzeitlichen Charakter, heißt, sie unterliegen keinen Moden der Betrachtung, sondern setzen den Betrachter in eine ideale ästhetische Erfahrung, die u.a. darin zu sich selbst kommt, daß sie nicht ausdeutbar sind, sondern ein Rätsel “in sich tragen”, das niemals auflösbar wäre.

– Übrigens war Kant der erste (KdU), der das auf den Punkt brachte, indem er zugleich deutlich machte, daß diese eigentümliche Erfahrung ein “interesseloses Wohlgefallen” errege, welches u.a. darin kulminiere, daß eine Lust am “Rätsellösen” an solchen Kunstwerken entstehe, die sich** von allen anderen Erkenntnisarten dadurch unterscheidet [sic], daß die Nicht-Lösbarkeit des Rätsels keinen Frust** erzeuge, sondern Lust!

Das hat dann später Adorno in seiner posthum erschienen berühmten *Ästhetischen Theorie *zur Explikation des Begriffs des Nicht-Identischen am Kunstwerk bzw, seiner Rezeption geführt; also dahingehend, daß diese spezifische, einzigartige Erfahrung, nämlich eben die ästhetische Erfahrung (ÄE), wesentlich darauf beruhe, daß ein jeglicher Wahrheitsanspruch abgewehrt würde dabei, weil das Kunstwerk – besser seine Rezeption im Moment der KONFRONTATION – die “Synthesis verweigere” (Hegels Ideal: weshalb der eine Werksästhetik vertrat, was aber heute nicht mehr wirklich ernstgenommen wird. – Adorno schießt ihn mal damit ab, daß er sagt: Das Ganze ist das Unwahre). Dem entspricht sein Bonmot aus den Minima Moralia, wo es heißt: Kunst ist Magie, befreit von der Lüge, Wahrheit zu sein.
Bei kurzem Nachdenken wird aufgehen, warum das durchaus kant-kompatibel ist (s.o.): Wenn der Identifikationsprozeß *notwendig *scheitert in der ÄE – es also nichts zu identifizieren gibt, obwohl ja “etwas da ist” --, dann kann nur zweierlei folgen: Entweder wende ich mich von so etwas ab oder ich bin fasziniert! Und wenn ich dann in dieser nicht-auflösbaren Faszination auch noch von Lust gleichsam umspült werde, statt auszuflippen, weil der Identi-Prozeß scheitert, dann ist das Kriterium gewonnen, das eine authentische ÄE signifikant macht und damit das entsprechende Kunstwerk als authentisch ausweist (AuKw), sofern diese Faszination Epochen übergreift.

Freilich muß man nicht immer Epochen abwarten, bis klar wird, ob ein Werk ein AuKw ist. Denn natürlich analysieren Kunsthistoriker, Ästhetiker, Philosophen, Philologen usw. anhand feststehender AuKw (wie etwa bestimmten frügriechischen Epen oder Lyrik oder Tragödien oder Skulpturen usw… auch solchen aus MA und Renaissance etc.pp.), was genau für formale Kriterien sich finden lassen, in denen all diese AuKw übereinkommen, womit wenigstens einige Bestimmungsmerkmale erreicht werden, die klarmachen, wenn ein AuKw vorliegt.
Bei Kafka ist das z.B. der Fall. Es wird also mit Sicherheit – es sei denn, die Welt verlöre i.S. Wittgenstein ihre Fundamente (vgl. Über Gewißheit) – so sein, daß auch in 2000 Jahren sein Werk noch als AuKw gilt. Homer bringt es immerhin schon (je nach Standpunkt in der Altersbestimmungsstreitfrage) auf 2800 bis 2650 Jahre, aber einige altorientalische u.a. Artefakte haben ein noch höheres Alter. Also keine Gefahr für Kafka …

Dem gegenüber stehen nur für bestimmte Zeiten gültige Kunstwerke, die also keine AuKw sind, sondern in ihrer ästh. Bedeutung irgendwann verblassen, aber zeitweise auch ÄE evozieren, nämlich solange, bis sich “ihr Rätsel” löst (man kann etwa an bestimmte Barockparadigmata in diesem Zus. denken oder auch ma-liche Phänomene).

Und darunter befinden sich jene Sphären, die alles repräsentieren, was von “guter Unterhaltung” bis zum absoluten trash reicht, also gar keine ÄE induzieren. Ein klassischer Krimi z.B., oder Thriller, tut das nicht (es gibt allerdings auch Ausnahmen); ebensowenig sog. “Fantasy” (wieder mit wenigen Ausnahmen) usw. Nuja, und der gigantische Haufen an Kitsch natürlich erst recht nicht, ebenso nicht Kunsthandwerk. Warum, dürfet nach Obenstehendem klar sein.

Soviel mal dazu. Und klar sollte auch sein: Niemand kann “für sich” festlegen, was ein Kunstwerk sei, auch wenn sein Erleben stark subjektiv geprägt ist. Was Kunst ist, ist immer öffentlich … nur leider nicht in der Weise, daß jede/r etwas davon wüßte. Es ist (leider) ein Expertenwissen, was früher einmal anders war, als Kunst und ÄE noch unablösbar mit Religiösität und Ritus verbunden waren (ich hatte das im hist. Exkurs anklingen lassen).

Nachtrag: Ich habe mich jetzt auf den Rätselcharakter der Kunst kapriziert. Es gibt freilich noch mehr Kriterien. Dazu bspw. sehr instruktiv: Christoph Menke: Die Souveränität der Kunst sowie neuere Arbeiten von ihm dazu, die sich v.a. auf ästhetische Kraft konzentrieren. Sehr, sehr interessanter Stoff!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Gruß von Palinurus

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Ich habe nicht die blasseste Ahnung, wer hier so etwas auch nur annähernd vertreten hätte. Ist wohl ein Klassiker aus der Serie sog. Strohmannargumente.

Aber macht ja nix … Es steht ja geschrieben, wie** wirklich **argumentiert wurde.

Im Übrigen lehrt die Lektüre der Tagebücher etwas anderes als das, was du von Kafkas “Erfolgssucht” behauptest. Kafka ging es danach ums Schreiben, einfach darum, den Stift in der Hand übers Papier gleiten zu lassen und zu schreiben. Für ihn war das das Wichtigste. Er hätte zu Lebzeiten mehr veröffentlichen können, als es der Fall war. Aber das war ihm nicht wichtig genug … das Veröffentlichen. Das Schreiben selbst war viel wichtiger. Aber das nur nebenbei …

Gruß von Palinurus

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An dieser Stelle drängt sich die Frage auf, was denn ein Kriterium für literarische Qualität sein könnte. Ich habe mir in fünf Jahren Studium der Literaturwissenschaften kein abschließendes Urteil dazu bilden können (oder viel zu viele). Aber vielleicht ist genau das das Problem der Diskussion hier. Wir alle haben vermutlich verschiedene Ansprüche an Literatur. Sprache, Dramaturgie, Originalität, Plausibilität, Kreativität, Handwerk, Spannung, Unterhaltung, Emotion, (Aus-)Wirkung? Und möglicherweise werden mit anderen Methoden (auf die es vielleicht doch ein wenig ankommt) auch andere Ansprüche befriedigt. Aber wer ist letztendlich befugt, die Messlatte zu halten? Publikum, Kritiker, Wissenschaftler oder jeder für sich selbst?

So viel Vergnügen mir diese Diskussion auch bereitet… zu einem Ergebnis werden wir wohl nicht kommen. Und das ist nach meinem bescheidenen Empfinden auch völlig in Ordnung.

Edit: Ich sehe, du hast die (bzw. eine ähnliche) Frage bereits weiter oben beantwortet, @Palinurus. Vielen Dank dafür.

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Lieber Capt,

ich habe in Antwort auf Ralf eben versucht, etwas zu dieser Frage beizutragen. Kannst ja mal reinschnuppern.

Mir macht es auch Spaß. Ich finde nur nicht-gerechtfertigte Vorhaltungen etwas unfair, denn wozu könnte das gut sein? Es kann doch nicht darum gehen, hier als ein “Wahr-Wissender” aufzutreten. Tatsache ist, daß Argumente getauscht werden sollten, und zwar auch in dem Sinn, daß man dem anderen zuhört und überlegt. Ggf. halt auch ein Gegenargument präsentiert. Aber es ist Unsinn bei dieser Materie, so zu tun, als hätte man allein “die Weisheit mit Löffeln gefressen” und wisse – gegen jegliche Kritik resistent – genau, was “wahr ist” in dieser causa.

Ich habe kein Problem mit anderen Ansichten. Ich kann nur Argument-Resistenz nicht leiden und Kontextentfremdung. Von daher: D’accord. Es gibt keinen Grund, sich zu einigen. Und trotzdem kann man gut miteinander umgehen. Heraklit sagte: Der Streit ist der Vater aller Dinge …

Viele Grüße von Palinurus

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Kenn ich, so hab ich fast die ersten 30 Jahre meines Lebens zugebracht. Ich kenne die Zahl meiner unfertigen Manuskripte gar nicht, aber sie ist auf jeden Fall zweistellig.

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Und dann kommen die schrecklichen Fragen von der Verwandtschaft: Wann ist dein Buch fertig? Wie weit bist du denn?

Ich dachte, der Krieg sei der Vater aller Dinge? Welche Übersetzung ist denn korrekt?

Um z.B. das Zeichnen zu erlernen muss ein Kind in seiner Entwicklung zuerst einmal Kritzeln, schwungvoll Linien und Kreise auf Papier bringen.
Von der Kritzelstufe bis zum ausdifferenzierten Bild liegen geschätzt viertausend Blatt Papier und etliche Entwicklungsschritte.

Schreibversuche und unfertige Manuskripte sind meiner Meinung nach auch ein ganz wichtiger Bestandteil einer Entwicklung.
Versuch und Irrtum, Ordnen und Verwerfen. Lernen.

Gleich einem Häufchen Sand fließen Gedanken durch die Hände,
sammeln sich im Tau des Morgens
von den ersten Strahlen der Sonne emporgehoben,
von den Launen des Windes davongetragen,
in Fels geschliffen.

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Zumindest das habe ich meiner Familie schon abgewöhnt. Sie weiß jetzt, dass Schreiben sch***viel Arbeit ist …

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Hallo @Flixiflix

zum berühmten Heraklitspruch, den ich gegenüber @CaptGregSparrow erwähnte, fragtest du:

“Ich dachte, der Krieg sei der Vater aller Dinge? Welche Übersetzung ist denn korrekt?”

Es handelt sich um das bei Hypolytos, Ref. IX, 9, 4 (Frgm 53) übertlieferte Wort Heraklits: *polemos pantôn men patêr esti, pantôn de basileus.
*
Ich führe die Quellen an, damit du dir auch selbständig ein Bild machen kannst; für Autoren m.E. immer wichtig, um nicht auf Sekundär- oder gar Tertiärquellen (wie die gelegentlich unsäglich verblödete Wikipedia) oder auch nur unqualifiziertes Geschnatter angewiesen zu sein.

Die großen Fragmentsammlungen führen es (Diels/Kranz [DK] unter 22B53 und (Kirk/Raven/Schofield [KRS]) unter 212. Korrespondierend ist zu vergleichen DK 22B80 resp. KRS 211 (Frgm. 80 aus Origenes’ Contra Celsum VI, 42).

Wie du vielleicht schon aus der o.a. Umschrift entnehmen kannst, verwendet Heraklit dabei das Wort ‘Polemos’’ (Die Gesamtübersetzung des Spruches ist “einfach” und lautet: Der Streit/Krieg ist von allem der Vater und von allem der König). Nicht “einfach” ist dabei allerdings der Term ‘Polemos’ zu fassen! Es verhält sich so, daß Heraklit in Frgm. DK 22B80 Die eris explizit aufruft ; und sie ist der Streit in seiner vergöttlichten Form (‘polemos’ kommt dabei auch vor).
Vergegenwärtige dir bitte weiters, das das heute gebräuchliche Pendant ‘Polemik’ auch Gegenstand verbalen Streits ist, also eines “Kriegs der Wörter”. – Wenn man erkunden möchte, was Heraklit nun eigentlich** meinte**, sollte man einerseits das seinerzeitige Bedeutungsspektrum des Wortes beachten und andermal auch seine Quellen heranziehen.
Macht man das, kommt heraus, daß ‘polemos’ zwar auch das trifft, was ‘Krieg’ heute bedeutet, aber darin nicht aufgeht, sondern auf einen Kampf von Gegensätzlichem zielt, vulgo nicht nur in dezidiert kriegerischer Auseinandersetzung, sondern auch im Argumententausch, im Wettkampf etwa um Rohstoffe, Land, Frauen oder Wissen und – hier besonders wichtig – im Ringen der archaischen Prinzipien (miteinander).

Denn in der Vorsokratiker-Forschung besteht wenig Zweifel daran, daß mit KRS 211 und 212 bei Heraklit insinuiert ist, eine “Verbesserung” des berühmt-berüchtigten Anaximander-Frgm. KSR 110 herbeizuführen, wo vom apeiron gehandelt wird und davon, daß die “Dinge einander Buße tun müssen” für die gegenseitig zugefügte Ungerechtigkeit “nach der Ordnung der Zeit”.

Das will hier sagen: Anaximander geht explizit auf die kosmische Ordnung in KSR 110 – also** alles** umfassend! Und weil das Heraklit ebenso essentiell ist, geht es “am Grund der Dinge” um den “Streit der Gegensätze” (physikalisch “übersetzt” also um Kräfte und Energien, aus deren Gegensätzen jene Dynamik entspringt, die Entstehen und Vergehen von “etwas” überhaupt erst ermöglicht, weil sonst die absolute Stasis herrschte)!

Der Krieg (wie wir das Wort verstehen), ist von diesem ganzen Gerödel also nur ein Aspekt unter vielen. Das wird schon an Heraklits Vorgängern Homer und Hesiod eklatant: Der Letztere hatte in seiner *Theogonie *der eris (s.o.) einen prominenten Platz im kosmos zugewiesen (als Dynamik evozierende Kraft); und Homer erwähnt sie in der Ilias, aber nicht als Krieg, sondern als das “Unparteiische” zwischen streitenden Aspekten/Seiten einer Sache. Folglich: Soweit die eris den polemos “anheizt”, dürfte nach Vorstehendem klar sein, daß der Letztere unmöglich in männermordendem Krieg (Homers Epitheton) aufgehen kann, sondern ein letztlich elementare Lebensumstände Umfassendes, beruhend auf einem kosmischen Prinzip, zu benennen versucht; er folgt dabei dem von ihm verehrten Anaximander, der mit dem apeiron ja bereits ein “ungöttliches” Prinzip postuliert hatte.

Im Übrigen wäre eine blanke Kriegs-Assoziation auch deswegen daneben, weil Heraklit – in frühest denkbarer Vorwegnahme Wittgensteins berühmten Privatsprachenargumentes (meine Auslegung!) – dafürgehalten hatte, in der menschlichen Gesellschaft den polemos als konstruktives Prinzip zu verstehen, weil er dagegen war, das sich die Leute einbildeten (entsprechende Halluzinationen waren ja auch wieder in diesem Thread zu bestaunen!), vermeintlich “private Meinungen” bilden zu können (und sie dann auch noch für “wahr halten” zu dürfen), wogegen er heftig … ähm … polemisierte [sic].
Es ist das Gemeinschaftliche, so sein Argument, das das Denken strukturiert, und nicht irgendwelches privates Hirnblubbern, das nur Egomanien fröne, das GroßeGanze damit aber ausgesprochen hindere, statt es voranzubringen. – Im Grund sagt Heraklit, daß eris und polemos keine Protegés haben, sondern auf einen Ausgleich der im Schwange befindlichen Energien zielen – halt im ständigen Wechselstreit statt EiaPopeia- Gedöns!

Die unangemessene Mode, Heraklit aufgrund des Streitspruches immer wieder letztlich frühzeitige sozialdarwinistische Obsessionen andienen zu wollen, geht nach dieser Ableitung völlig in die Irre. Das ist halt Ideologie, fußend einerseits auf Unbildung und andererseit auf dem Willen zu (Deutungs-)Macht. Wir kennen das ja auch aus anderen Belangen …

Er war ein großer Denker. Man wünschte sich solche Leute in den heutigen – geistig dürren – Zeiten. **Amen.

**
Hoffe, etwas Licht in die Dunkelheit des Heraklitverständnisses gebracht zu haben.

Gruß von Palinurus

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Ich schreibe ja auch nicht von dir, sondern von mir. Und bei mir funktioniert das nicht. Ich bin ein Bauchmensch, ich habe auch nie Sprachen anhand von Grammatik gelernt, sondern vom Zuhören, sodass ich ein Bauchgefühl dafür entwickeln konnte. Sobald ich versucht habe, die Grammatik anzuwenden, strotzten meine Texte nur so vor Fehlern.

Schreiben ist für mich keine Technik, sondern Gefühl. Da gewinnt Herz über Kopf. Ich erfahre auch immer wieder, wie mich meine Charaktere Umwege schicken. Da kann ich strampeln wie ich will, sie haben dann doch recht. Oder es geht die Tür auf und eine Person tritt ein, die ich gar nicht kenne. Die Geschichten entwickeln bei mir immer ein Eigenleben, da kann ich mich dagegen versuchen zu wehren, aber es nutzt rein gar nichts.

Wenn du anders schreibst, dann sei dir das gelassen, aber es wurde ja gefragt, wie wir das machen und davon habe ich erzählt.

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Ich schreibe auch nach Gefühl und nicht nach Grammatik. Wenn Papyrus mir diesbezüglich eine Fehlermeldung anzeigt, kratze ich mich erstmal am Kopf. In Fremdsprachen bin ich sogar richtig mies, weil ich die Grammatik-Regeln der Fremdsprache immer wieder vergesse.

Die einzigen Grammatik-Regeln, die ich bewusst versuche zu beachten sind Komma-Regeln, Unterschied zwischen dass/das und Groß-/Kleinschreibung. Alles andere ist in Fleisch und Blut übergegangen oder nicht beachtenswert.

Dann gib das hier doch mal einem, der sich mit Kommas auskennt. Meiner bescheidenen Meinung nach fehlen mindestens fünf. Mein Vater hätte gesagt: Keine Haare am Sack, aber Puff drängeln, das haben wir gerne! Gefühlte Zeichensetzung ist in der Regel falsch. Das geht beim Komma los, über weggelassene Fragezeichen bei rethorischen Fragen, bis hin zu zu kurzen Gedankenstrichen, falschen Auslassungspunkten und eigenwilliger Kennzeichnung besonderer Stellen im Text.
Schreiben ist auch ein Handwerk, was man beherrschen sollte. Ein fehlerfreies Buch abzugeben ist das Bestreben jedes Autors, dem seine Leser am Herzen liegen. Schreiben ist mehr, als ein paar Seiten runterzuhacken und den Rest dem Lektor zu überlassen. So etwas machen nur Leute, die von ihrer Genialität dermaßen überzeugt sind, dass sie glauben, der nächste Bestsellerautor zu sein, weil sie so tolle Ideen haben. Aber so läuft es nicht.

Ernsthafte Autoren fragen sich bei jedem Absatz, bei jedem Satz, ob die Zeiten stimmen, die Perspektiven, ob die Grammatik konsistent ist, ob Stil und Ausdruck harmonieren, sie fragen sich Dutzende von Sachen. Und überprüfen jeden Satz. Da ist nix mit Gefühl. Gefühl ist ein beschissener Ratgeber, wenn man fehlerfrei bleiben will. Aber Schreiberlinge haben selten den Ehrgeiz, gut zu sein. Den meisten reicht es, wenn sie reich und berühmt sind. Zwei Sachen, die mir völlig egal sind, ich will gut werden. Besser. Der Beste.

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Ich gebe dir schon zu, was du vor “Da ist nix …” notierst; aber dann wirde es krude! Denn ohne Gefühl (mit-)verfaßt, also im Sinn dessen, was sich rein analytischer Betrachtung nicht erschließt und nicht erschließen kann, ist ein solcher Text per se kein literarischer Text, sondern … irgendwas …

Das Gefühl – im oben erwähnten Sinn – kann man nicht einfach “weglassen”, dann schreibt man vielleicht gute Gebrauchsanleitungen für Staubsauger oder Abhandlungen über ein logisches Problem, aber keine Literatur. – Für richtig halte ich das hier: “Gefühl ist ein beschissener Ratgeber.” – Besser: es ist gar kein Ratgeber. denn der Rat hat halt diese analytische, iderntifizierende Fiber. Das Gefühl jedoch ist nicht ratend, sondern … ähm … begleitend, oft “unbewußt”, dafür mimetisch. Und es ist die Mimesis, die verhindert, daß dabei dann allzuviel schiefgeht, weil sie sich, das ist ja ihre Funktion, dem analytischen Teil der Veranstaltung anschmiegt. – So laufen Form und Inhalt zusammen. Analytisch operierender Verstand – regelgeleitet und formbedacht – sowie Gefühl (als mimetisches Ingredienz nur mäßig verstandeslegiert) laufen zusammen und machen ein Ganzes aus den Teilen.

Gruß von Palinurus

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Gefühl im Sinne von »gefühlten Kommas«, diese Gefühle sind es, die trügerisch sind. Was du über den Text sagst, bin ich völlig einverstanden. Da kann gar nicht genug Gefühl drin sein. Aber – da sind wir Autoren gefragt, wir müssen in der Lage sein, dieses Gefühl aufs Papier zu bringen, mit Sprachgefühl natürlich, aber zum Wohl aller mit den Regeln, auf die man sich geeinigt hat.

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