ich wollte mal fragen, wer von euch in welchem Umfang die Schreibziele nutzt. Das heißt, wie viele Wörter nehmt ihr euch vor? Oder setzt ihr euer Ziel lieber in Form von Seiten oder Anschlägen?
Haltet ihr euer Ziel ein? (Was für eine Wörter- oder Seitenzahl) ist eigentlich realistisch? Und was macht ihr, wenn ihr das Ziel unterschreitet? Legt ihr dann die entsprechende Menge am nächsten Tag obendrauf, oder fangt ihr bei der nächsten Sitzung einfach wieder bei Null und dem bisherigen Ziel an? Und wenn ihr es erreicht oder sogar überschritten habt - belohnt ihr euch dann? Wie? Oder gilt das Schreiben selbst als Belohnung (und nicht die Schokoladenkekse)?
Ich habe mir 750 Wörter eingestellt. Das schaffe ich wochentags eher selten (weil ich nur abends zum Schreiben komme), am Wochenende öfter. Bisher habe ich fehlende Wörtermengen nicht nachholen wollen … und wenn in meiner Reichweite Kekse stehen, haben die meistens keine hohe Überlebensrate.
Ich schreibe eigentlich jedes Jahr beim NaNoWriMo mit, und da hat man ja ein relativ ehrgeiziges Schreibziel von 1667 Wörtern am Tag (die krumme Zahl kommt daher, dass dann eben bei 30 Tagen 50000 Wörter herauskommen sollen). Aber eben nur im November. Das funktioniert für mich aber unglaublich gut, durch diesen Druck, schnell viel schreiben zu müssen, schaffe ich es, meinen inneren Editor solange in den Kleiderschrank zu sperren und eben einfach erst einmal meine Geschichte rauszukotzen. Denn wie wir alle wissen, kann man später alles überarbeiten, nur kein leeres Blatt.
Das restliche Jahr gelingt mir das nicht so. Ich habe immer ein sportliches Schreibziel von 1000 Wörtern eingestellt, bin aber auch ganz entspannt, wenn es einmal nur 500 werden. Wichtiger ist es für mich, eine bestimmte Zeit am Tag an dem Text zu arbeiten, und das time ich über meine Playlist. Wenn die Musik wieder ausgeht, bin ich fertig (es sei denn, ich bin gerade echt mitten in einer spannenden Szene oder so, dann schreibe ich das auch zu ende).
Bisher immer 300 Wörter pro Tag (was ich bei manchen anderen als Tagesoutput lese … wow?)
(diese 300 sind unabhängig vom Projekt, da ich je nach Lust und Laune bzw. dem aktuellen Plan folge, was die Wichtigkeit anbelangt)
… jetzt lasse ich es mir von Papyrus meist berechnen und bin bei allen Projekten über diesen 300, ohoho … aber habe den neuen Ansporn, das tägliche Wortsoll so runterzudrücken, dass ich die angepeilte Wortzahl in der eingestellten Zeit schaffe
Ich habe gute und schlechte Tage. Die Wortzahlen des Tages versuche ich dieses Jahr wieder in Excel zu erfassen (bisher habe ich es jeden Tag geschafft). Nachgeschrieben wird eh nicht, ich halte nicht viel von „Auf Teufel komm raus Wörter“-Rauspressen.
Ich staune über Eure Disziplin. So könnte ich nicht arbeiten und im Vergleich bin ich dann wohl ein Hippie.
Es stimmt zwar sicherlich, dass es idealer erscheint, immerhin eine schlechte Seite zu schreiben als gar keine, ohne Frage.
Ich schreibe immer nur dann, wenn mir etwas einfällt. Wobei meine story im Grunde genommen den ganzen Tag mitschwingt. Recherche is allways and everywhere. Wenn ich mal keine Ideen, Eingebungen etc. habe, beschäftige ich mich meist anders mit meinen Texten, nocheinmal lesen, Plots, Figuren, überabeiten, Kapitelüberschriften - oder keine - usw. Aber wenn nix läuft, läuft nix, da kann ich nichts machen.
Mein einziges Großraumziel ist es, einen Roman pro Jahr zu schreiben und möglichst auch zu veröffentlichen. Dafür sitze ich nahezu jeden Abend am PC.
Die Keksmethode halte ich für bedenklich für alle Adipositas-Bedrohten. Das könnte ja heißen, dass alle erfolgreichen Autoren Übergewicht hätten. Meine Belohnung besteht aus dem Text, Kaffee und Kippen und der Meinung meiner Maharani. Okay, bis auf meine Gattin auch nicht gesund…
Ich denke, dass die Seitenzahl, die als “genügend” zu empfinden ist, sehr vom Genre abhängig ist. Ein sog. Ratgeber kann gut etwas kürzer oder länger sein, Poesie auch mal unter 150. Bei Fantasy ist eine Zahl unter zweihundert vielleicht etwa schwierig, schon weil man dem geneigten Leser erst einmal aufklären muss, in welcher Welt er sich befindet. Und Saga klingt immer lang. Ich habe es bis jetzt noch nicht geschafft, einen Kriminalroman unter 200 Seiten zu schreiben. Darunter bleibt einfach nicht genug Platz für die gesamte Handlung und es stellt sich auch bei radikaler Kürze nicht sooo das Gefühl der Befriedigung ein. Letztendlich liegt es am Erzählstil, an der Art zu schreiben, wie lange man den Leser bei sich behalten kann. “Krieg und Frieden” ist da - für mich - eine echte Herausforderung gewesen. Aber wer es schafft - wie seinerzeit Peter Handke - seinen Leser über 1000 Seiten zu fesseln, dem sei es gegönnt. Ansonst gilt auch hier wie immer - macht, was ihr wollt.
dein Beitrag zeigt für mich an, daß es nicht nur beim ‘Was’ des Schreibens sehr individuelle Konfigurationen gibt, sondern eben auch beim ‘Wie’. Die grobmaschigste Differenzierung ist dabei wohl jene zwischen einer disziplinierten, strukturierten und wohl sogar auf gewisse Schemata gestützte Variante hier und dem eher “wilden Schreiben” dort, das sich mehr an momentanen Stimmungen, Eingebungen und Atmosphären entwickelt … halt hippiemäßig. Ich gestehe, dem letzteren Typus zuzurechnen.
Was mir in diesem Zusammenhang auffällt – bezogen auf diverse Äußerungen und Beiträge hier im Forum (nicht allgemein, denn darüber stehen mir keine Quellen zur Verfügung) --, ist, daß wohl Frauen eher dem ersteren Typus zurechnen. Nach meinen, freilich völlig subjektiven Beobachtungen hier; auch dahingehend, daß Frauen dabei wohl stärker als Männer auf die von Papyrus bereitgestellten technischen Finessen “abfahren”. Bei Männern beobachte ich das zwar auch, aber dabei stehen aus meiner Sicht eher die abstrakten technischen Details im Vordergrund (ihr Funktionieren und dessen stete Optimierung aus technischer Sicht), also sozusagen “für sich betrachtet”***, derweil bei den Frauen die eigentliche, konkrete Anwendung auf die Schreibpraxis dominiert.
***nochmals anders formuliert: wie im angeblich “männertypischen” sog. “Spielzeug”-Paradigma also ungefähr.
Das ist ziemlich interessant. Ich möchte es nicht bewerten. Ich teile nur einen Eindruck mit, den ich bei der Lektüre vieler Beiträge gewonnen habe.
Und, was ich noch anmerken möchte, um noch einmal auf den guten, alten Hemingway zurückzukommen, dass der erste Entwurf in jedem Fall Scheiße ist; wenn man so schreibt (mindestens soundsoviel tausend Wörter am Tag) ist es kein Wunder, dass man mehr Zeit für die Überarbeitung braucht, als für den Entwurf selbst. In dem Fall bin ich sogar geneigt, ihm recht zu geben.
Dann bin ich wohl ein “Wilder”. Gefällt mir.
Ich denke oft, dass es - neben dem Handwerk des Schreibens - darum geht, Emotionen/Bilder usw. in Worte zu fassen. Das geht natürlich technisch auch. Eine Szene, in der ein Mann ein Hotel betritt, läßt sich sicherlich “technisch” schreiben, ohne dabei von der Muse geküßt worden zu sein. Geht aber auch geküßt und klingt dann anders und nicht so abgedroschen. Die “nicht technischen” Szenen (mir fehlen die Worte, aber ich denke, ihr wißt, was ich meine) geben mir persönlich mehr, eine Symbiose aus Herz, Hirn und Bauch, das bin dann ich. Aus meiner Sicht gilt es, sich auch für die ganz normalen Szenen nicht einfach aus dem Standard-Fundus zu bedienen, sondern eigene Betrachtungsweisen und andere Worte zu finden. Gelingt mir natürlich auch nur bedingt.
Allerdings nerven mich solche Redewendungen wie “-- an diesem trüben Novembermorgen ahnte Priscilla noch nicht, was heute ihr Leben maßgeblich verändern würde!” Das klingt für mich wie BILD-Zeitung oder XY ungelöst. Und woher sollte Priscilla das auch wissen? Ich hätte es ja auch nicht gewußt!
Das gilt natürlich nur für mich und ich bin ja nicht der Papst.
Nö (wem oder was auch immer sei Dank dafür, alldieweil sonst die nachfolgende Aussage wahrscheinlich gegenstandslos wäre)! – Aber mit deinen unnachahmlichen Einlagen hier im Forum bist du absolut unersetzlich!
Als erste wäre das Zölibat futsch und gleich danach Frauen in kirchliche Ämter erhoben. Anschließend würde ich den ganzen Laden dicht machen und die Reichtümer an die verteilen, die es brauchen. Aber dazu wird es nie kommen, Gott sei Dank bin ich Atheist;)
Willkommen im Club, verehrte Pferdefrau!
Ich kann mir auch gut vorstellen, dass ein festes Ziel incl. Wortanzahl-Schwierigkeitsgrad auch technisch schwer zu machen ist. Mein persönlicher Alltag ist recht abwechslungsreich, ich kann ihn selten verbindlich durchplanen, dafür gibt es schlicht zuviele Parameter, die sich ständig verändern können. Ich will es allerdings auch so, selbstgewähltes Elend.
Für alle Systemschreiber: Ich will auf keinen Fall eine Wertung zwischen diesen beiden - und ich bin sicher, es gibt noch etliche mehr - Methoden vornehmen. Das steht mir selbstverständlich nicht zu. Entscheidend ist das, was hinten raus kommt, egal, wie und unter welchen Umständen der Bestseller entstanden ist.
Die jungen Wilden. Nee, was mich betrifft: Der alte Wilde.
Dafür bin ich dann wieder zu wild…
Jeder muß für sich entscheiden, was sich am besten für ihn/sie/es anfühlt. Wenn sich das Schreiben anfühlt wie Holz hacken - muß ja sein, wird ja kalt, ist bald Winter - ist das nicht mehr meins. Ich kann nicht absolvieren. In dem Augenblick, in dem ich für das Schreiben so empfinde, höre ich auf der Stelle auf und züchte Ochsenfrösche. Oder so.
Dann oute ich mich mal als “Planer”. Mir helfen Strukturen sehr. Ich habe erst die wichtigsten Kapitel vorstrukturiert und diese dann recht stringent “runtergeschrieben”. Dabei war mein Ziel immer ein Kapitel pro Schreibsession. Ich schreibe aber auch nicht jeden Tag sondern setze mir konkrete Zeitblöcke (i.d.R. mindestens zwei Stunden) über die Woche verteilt.
Mein Ziel sind im normalen Arbeitsalltag 3.000 Wörter pro Woche (2-3 Kapitel). Wenn ich mehr Zeit habe (zum Beispiel im Urlaub) kann das auf bis zu 6.000 Wörter pro Woche hochgehen.
Ich habe früher viel an meinem Blog geschrieben und hatte da eine zeitlang das Ziel, alle zwei Wochen einen Artikel zu veröffentlichen. Da habe ich gemerkt, dass ich immer irgendwie in den Flow komme, wenn ich nur erstmal anfange zu schreiben. Manchmal dauert es nur 10 Minuten, manchmal eine Stunde. Aber irgendwann geht’s los. Durch die Schreibziele zwinge ich mich voranzukommen. Die Qualität schwankt natürlich, aber ich empfinde trotzdem jede neue Seite als Fortschritt. Selbst die rohen, ungeschliffenen Passagen tragen dazu bei, dass sich für mich die Geschichte verdichtet und die Charaktere Profil gewinnen. Das ist sehr motivierend, auch wenn man weiß, dass man da später noch einmal ordentlich feucht durchwischen muss, bevor es für präsentabel ist.
Ich muss dazusagen, dass es mir jetzt in der aktuellen Phase, wo ich nicht mehr nur rein chronologisch schreibe, sondern zwischendrin Kapitel ergänze, etwas schwerer fällt. Jetzt müssen die neuen Absätze nicht mehr nur zu allem passen, was davor kommt sondern auch zu dem, was folgt, so dass ich meine Schreibziele schon 1-2 mal verpasst habe. Aber das sehe ich nicht kritisch. Ich muss für niemanden zu einem bestimmten Termin fertig werden (außer für mich selbst) und so versuche ich mir nicht zu viel Druck zu machen, wenn es mal ein paar hundert Wörter weniger werden.
Also mir persönlich helfen die Schreibziele sehr und die neue Funktionalität, diese pro Wochentag festzulegen, kommt mir sehr entgegen. Wenn ich sie nicht einhalte, mach ich mir keinen Stress. Aber wenn ich sie schaffe, gibt es (bisher zumindest) auch keine Belohnung.
Bei mir ist es gemischt, mal garnix, mal mehr. Aber ich brauche eine gewissen Ruhe und Atmosphäre und kann nicht seltsamerweise nicht schreiben, wenn mikch eine andere Stelle der Geschichte plagt. Im Schnitt sind es so 200-400 Wörter pro Session, mein Rekord lag bei 1800. Manchmal flutscht es und dann an Tagen wie heute habe ich nicht einmal Lust hier was zu schreiben.