Ich habe diesen Satz tatsächlich so interpretiert, dass du infrage stellst, ob beim „Drauflosschreiben“ tatsächlich etwas anderes als ein reiner Mitteilungstext entstehen könnte. Wenn ich das falsch interpretiert habe, ist das möglicherweise dem Literarischen dieses Absatzes geschuldet
Nichts für ungut.
Möglicherweise könnten wir uns darauf einigen, dass es möglicherweise Verhaltensweisen gibt, die den Kuss der Muse wahrscheinlicher machen und dass eine planmäßige Beschäftigung mit dem von der Muse zu beeinflussenden Sujet möglicherweise eine solche Verhaltensweise sein könnte.
Das ganze Musengequatsche macht mich fertig.
Ich finde es ja super, dass da bei euch eine Fee durchs Zimmer schwebt. Meine Muse ist ein fauler Typ, der lieber Netflix guckt, als mir was Geniales zuzuflüstern.
Wenn es mein Ziel ist, einen Roman zu schreiben, diesen auch fertig zu bekommen, kann ich diesem Typen nicht vertrauen. Er weiß, wo er mich findet, aber ich nehme das lieber selbst in die Hand. Das bedeutet für mich, sofern mein Alltag es mir erlaubt, jeden Tag zu schreiben. Jeden!
Tue ich das nicht. Gleitet mir die Geschichte davon., die Charaktere verblassen, ich komme aus dem Rhythmus und quäle mich später durch die Seiten. Ich habe hier zig unfertige Geschichten herumliegen, bei denen ich auf den Muserich gewartet habe.
Meine küsst mich am liebsten beim Spazieren und das ist äußerst lästig, denn dann muss ich mir alle Dialoge merken und sie später aus dem Gedächtnis kramen.
So separiert vom Kontext [sic] ließe sich die Aussage tatsächlich in jenem Sinn interpretieren, wie du ihn darstellst. Allerdings hat sie einen Kontext! Und wenn du den beachten würdest – v.a. auch zusätzlich noch über mehrere Posts hinweg, wird diese Interpretation abstrus!
Ich stelle allerdings fest, daß das im Moment bei einigen geschätzten Threadteilnehmern offenbar zur Methode wird … und ehrlich gesagt: Gerade unter Schriftstellern halte ich das für keinen guten Usus! Denn uns allen sollte m.E. geläufig sein, daß von Einzelaussagen der Kontext nicht ohne Weiteres abgezogen werden darf, ohne den Sinn zu ent-stellen.
Ich glaube es v.a. daran zu erkennen, daß sich die in Rede stehenden Teilnehmer** geradezu panisch davor zu fürchten** scheinen, die doch eigentlich relativ einfache Frage des Scheidungs-Kriteriums zu beantworten. Warum wohl? – Weil selbst bei extremer Kontextentfremdung kaum einsehbar wäre, daß es natürlich einen substantiellen Unterschied zwischen literarischen und nicht-literarischen Texten gibt, deren jeweilige Herstellungsmethode dabei aber durchaus gleichartig sein kann?
Und falls dir das jetzt wieder “zu literarisch” ist (geht’s hier um Literatur oder wie oder was?): Ich möchte damit zum Ausdruck bringen, daß die Methode egal ist, sie entscheidet nichts im Sinn einer allgemeinen Regel! Das ist grober Unfug und das kann gezeigt werden! Deshalb: Was zählt ist der subjektive Faktor: Und bei dem wiederun ist es völlig schnuppe, ob sich jemand von der Muse geküßt fühlt oder nicht, denn darin kann man (vgl. was ‘Subjektivität’ eigentlich bedeutet!) naämlich täuschen; und zwar sowohl hinsichtlich Abwesenheit oder Anwesenheit der Musen …
… was man andersherum auch so formulieren kann: Ich kann mir die Muse/n auch herbeihalluzinieren , obwohl die sich hüten würden, jemals bei mir vorbeizuschauen!
Soweit klar? – Okay. – Dann jetzt der logische Schluß daraus:
Ob jemand 'nen literarischen Text produziert hat oder nicht, entscheidet sich allein daran, was … naaaaa? …** hinten rauskommt**! Und vulgo/ergo: Ob jemand glaubt, von der Muse geküßt zu sein oder nicht, ist letztlich unerheblich, weil das immer danach erst zum Tragen kommt, jedenfalls seit sich Autor und Publikum getrennt haben, die einst einmal “zusammengehörten”, wie ich in meinem kleinen historischen Exkurs zu zeigen versuchte.
Und da oben bereits – zum wiederholten Male – darauf hingewiesen wurde, daß die Methode nicht festlegbar ist (also entweder Stuß oder Geniales zu induzieren vermag), kann jetzt geschlossen werden, daß deine Interpretation unzutreffend sein muß. Die liebe @Buchling darf sich das von mir aus auch auf der Zunge zergehen lassen, was nur heißen soll: Bitte den Kontext mitbeachten und hier nicht bloß ad libidum zitieren und dann nur daraus das jeweilige Interpretationssüppchen köcheln, wie es einem gerade in den je privaten Kram paßt!
Bei dem Thema rund um die Wortzahl geht es im Grunde darum möglichst viele wortlose Tage in wortreiche umzuwandeln. Angenommen Wörter stehen für “x”. Wenn jedes einzelne Wort eine prozentuale Chance, die größer als 0 ist darauf hat mit anderen Wörtern einen qualitativen Satz zu bilden und man durch langes Nachdenken und umformulieren diese Chance bis zu einem gewissen Grad ausbauen kann, steigt die Wahrscheinlichkeit etwas sinnvolles zu Papier zu bringen, je mehr Worte man niederschreibt. Am Ende des Tages mag nur ein einziger Satz bei rauskommen, den ich für mein Werk verwenden kann, aber es hat unbestreitbar einen (wenn auch kleinen) Fortschritt erzielt. Viele kleine Fortschritte summieren sich zu einem großen. Ob es mir allerdings die Mühe und Zeit Wert war Stunden meines Tages auf einen einzigen ergiebigen Satz zu verwenden, darf zurecht bezweifelt werden, aber es hätte ja auch mehr bei raus kommen können. Woher will ich das wissen? Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Ich habe ein paar Jetons gesetzt und nur einen kümmerlichen Gewinn mit nach Hause gebracht, es hätte aber auch der Jackpot sein können.
Stellen wir uns aber der bitteren Wahrheit: Bleibt x=0 habe ich auch eine 0% Chance etwas qualitatives zu erschaffen. An diesem Tage habe ich also keinerlei Fortschritt erzielt, nein, ich habe es nicht einmal versucht. Ab und an kann man das akzeptieren. Wenn ich aber damit an den meisten Tagen zufrieden bin, tendiert die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich vom Hobbyautor zum Verlagsliebling mausere gegen Null.
Vielleicht gelingt es mir dennoch im Laufe meines Lebens ein Buch zu beenden, weil die Muse ja ab und an hereinschaut, aber wenn es nicht durch die Decke geht und sich dauerhaft an neue Generationen verkauft, werde ich ganz sicher wieder in der Versenkung verschwinden und dort den Rest meines Lebens abfristen. Mehr abgeschlossene Werke hingegen erhöhen die Sichtbarkeit und die Chance dass potentielle Leser über mein Gesamtwerk stolpern. Jedes einzelne Buch trägt zum Einkommen bei und ermöglicht es bei ausreichendem Gewinn von der Schriftstellerei zu leben und nicht die Zeit, die ich ins Schreiben hätte investieren können, für einen Job in einer anderen Branche aufzuwenden, der mich schlimmsten Falls psychisch belastet, aber zwingend notwendig für meinen Lebensstandard ist.
Dies ist definitiv NICHT beleidigend gemeint, aber wenn ich nur dann schreibe, wenn ich wirklich motiviert bin und vor Einfällen überschäume, bin ich entweder ein Idealist (dem ein Wunder glückt wenn ich kommerziell erfolgreich bin oder mir Buchverkäufe nichts bedeuten) oder naiv (wenn ich auf diese Weise Bestsellerautor werden will).
Diese bittere Pille habe ich selbst geschluckt, nachdem ich bemerkte, dass ich jahrelang keine nennenswerten Fortschritte gemacht und mehrere unfertige Manuskripte in der Schublade liegen habe, ohne eines davon auf absehbarer Zeit zum Abschluss zu bringen, während andere Autoren 4 Romane im Jahr auf den Markt werfen. Ich habe mehr Zeit damit verbracht über das Ziel zu sprechen statt mich darauf zuzubewegen. Ich musste erst lernen, dass ich dort nur hingelange, wenn ich in einem angemessenen Tempo dorthin laufe statt auf der Stelle zu treten oder auf halben Weg umzukehren und mir andere Schuhe anzuziehen.
Statt diesem Thread zu verfolgen könnte ich ja auch an meinem Manuskript arbeiten. Das über das Schreiben schreiben ist nicht leicht abzustellen
Eine Wortzahl nicht zu beherzigen, aber vom schreiben leben wollen? Ich weiß nicht, wie ambitioniert jeder einzelne von euch ist. Mir genügt es nicht mein Leben als Hobbyautor zu verbringen. Wenn ihr damit zufrieden seid, schön und gut, lustbetont ist schwer in Ordnung, wenn kein Ehrgeiz dahinter steht. Wenn nicht, solltet ihr eure Einstellung überdenken. Das ist MEINE Meinung. Ihr müsst sie NICHT teilen, einige von euch tun das auch NICHT. So viel wissen wir bereits. Ist ja kein Kuschelthema Jeder hat das Recht sich eine eigene Meinung zu bilden und auf dieser zu beharren oder diese eines Tages zu ändern.
Wer am Ende von uns nach Rom gelangt, wer Willens genug war und wer nicht, wer keine Mühen scheute den steinigen und mit Dornen bewucherten Bergpfad zu nehmen und wer von uns nur darüber sprach dorthin zu reisen, während er am Wegesrand von den goldenen Palästen der Cesaren und aufregenden Kämpfen im Colosseum träumte statt sich der Tatsache zu stellen, dass seine Reise ebenso beschwerlich ist wie ein Kampf in der Arena tödlich, oder wer noch nicht einmal den Rucksack zum Aufbruch gepackt hat und lieber bei Kaffee und Kuchen sitzen bleibt, später aber vom nahenden Winter überrumpelt und dahingerafft wird … Angeblich führen alle Wege nach Rom. Ob dem tatsächlich so ist und ob ihr den richtigen Pfad gewählt habt? All das wird uns allein die Zeit offenbaren.
Immer wieder schön, verehrter Palinurus, Dir beim Stuhlgang zusehen zu dürfen…
Es geht doch nicht um eine technische, meinetwegen sportliche Challenge! Du meinst im Ernst, dass man nur 10000 Stunden Bilder malt, dann ist man so gut wie Dali? So simpel ist das? Wenn ich das früher gewußt hätte! Nein, das weise ich weit von mir. Das mag gelten für andere Bereiche, aber nicht für die Kunst. Und wer 10000 Stunden braucht, um zu lernen, wie man den Pinsel hält, hat mein gesammeltes Mitgefühl. Wenn er nicht weiß, was er malen soll, sind diese Stunden umsonst erkämpft.
Das ist hart an der Diskriminierung. Und ich kenne einen Haufen uninspirierte Bücher, die sicherlich durch “Anstrengung” entstanden sind, gequält, gepeitscht, und auf 300 Seiten geprügelt. Und komischerweise ist das erkennbar. Okay, der Autor war zwar ideenlos, aber fleißig. “Mir fehlen noch 35 Seiten, na, dann aber hopphopp!” Wer will denn so etwas lesen?
Man muß seinen Stil finden, sein eigenes Ding. Und da kann das erste Buch schon mal in die Grütze gehen. Mit meiner No. 1 bin ich auch nicht so ganz glücklich, aber viele Passagen sind nach wie vor gut. Das Problem ist, ich habe die Geschichte im Schädel, wie bringe ich das einem Außenstehenden bei?
Kunst kommt ja von Können, nicht von Wollen. Sonst hieße es ja Wunst.
Haben wir hier einen Disput darüber, ob man uninspiriert schreiben, malen, bildhauern kann? Ich kann es kaum glauben!
Ich muß gestehen: Ich will mich dazu gar nicht mehr weiter auslassen, es erscheint mir relativ zweckfrei. Und ich bin echt platt.
Und jetzt gehe ich zum Sofa rüber und küsse meine Muse .
Das geht nämlich auch.
Schreiben ohne Muse fühlt sich ein wenig an wie Schreiben bei eingeschalteter Stilanalyse. Man fühlt sich frustriert und formuliert jeden Satz dreimal um, aber man macht Fortschritte. Wenn man gar keinen Bock hat sollte man in der Zeit eben korrigieren. Darauf hat man auch nie Lust.
Das hört man leider nur zu oft von denen, die eben ihre Qualität nicht via Fleiß und harter Arbeit steigern wollen … (nein, ich meine damit nicht persönlich Dich).
Andreas’ Punkt ist, dass man einfach durch die simple Erfahrung des “Tuns” eine bestimmte Tätigkeit in ihrer Qualität steigern kann. Ich mag von meiner Hand-Auge-Koordination nicht in der Lage sein, nächstes Jahr im Ally Pally um die WM mitzuspielen, aber ein halbes Stündchen geworfene Darts täglich bringt mich enorm nach vorn.
Und Gleiches gilt, man höre und staune, auch für das Schreiben, Malen, Musizieren.
Das ist der Punkt. Oder kürzer:
Übung macht den Meister.
Das hat nichts damit zu tun, das wäre wie die berühmte Horde Schimpansen, die wild auf Tastaturen irgendwann auch mal ein Stück Shakespeare erschaffen, nach ein paar tausend Jahren.
Es geht um die Übung - denn wir sind eben keine Schimpansen, sondern lernfähig, und bemerken daher auch, dass allein schon durch Training das Geschriebene besser wird (sofern man wenigstens ein bisschen zu Selbstreflektion in der Lage ist).
Ideal natürlich, wenn man für das Geschriebene auch noch kritische Rückmeldung bekommt.
Da ist Andreas überhaupt nicht unterschwellig.
Worum bitte sollte es denn sonst gehen? Wer schreibt denn im stillen Kämmerlein nur für sich selbst? Das wäre für mich kein Schriftsteller. Der stellt nämlich seine Schrift in die Öffentlichkeit und will natürlich, dass er gern gelesen wird. DAS ist dann eben genau der Erfolg.
Ich bin mir nicht sicher. Aber wir haben auf jeden Fall eines als Gepäck in der Diskussion: Den harten Kern des kapitalistischen Procederes, nämlich als (vermutlich eher unbewußte) Apologie der protestantischen Arbeitsethik, deren letzter Höhepunkt der weltzerstörende neoliberale Wahnwitz einer völlig entfesselten Ökonomie- und Marktfetischisierung ist, von der sich nicht mal der gute olle Marx hätte träumen lassen … und der war diesbezüglich schon ziemlich … ähm … *hardcore *beieinander.
Die prot. Ethik als Hintergrund der auch (Selbst-)Ausbeutung des Menschen ist ja aus Überlegungen Max Webers hervorgegangen, die von ihm u.a. auch mit Bedacht auf die Prädestinationsfrage (Augustin usw.) reflektiert wurde. Im Kern geht es darum, daß sich im … ähm … bemühenden Erfolg beim Arbeiten [sic] angeblich die Gnade Gottes zeige (Calvin, Zwingli usw.). Später mutierte das System dann zu einer reinen Fetischisierung des Arbeitserfolges, wie Max Weber zeigte; und zwar v.a. in seinen quantitativen Erscheinungsweisen (vulgo: je mehr du gerafft hast, umso sicherer kannst du sein, nicht auf ewig in der Hölle zu schmoren)!
Mir scheint es ziemlich klar, daß die hier tlw. vorgebrachten Ansichten – neben anderem bestimmt – auch auf dieser seit Jahr und Tag massiven ideologischen Infiltration fußen (ohne daß ich unterstellen möchte, es geschähe wirklich mit Bewußtsein, denn bekanntlich wirken Ideologien insbesondere auf der … ähm … „unbewußten Ebene“). Aber der „Fetisch des Machens (um jeden Preis)“, den ich hier aufs Schreiben bezogen zu registrieren glaube (sicher bin ich mir freilich nicht, dazu kenne ich die Leute im Forum alle miteinander zu wenig), scheint für mich in diese Richtung zu weisen.
Das Gegenmodell – sozusagen die eher sinnlich inspirierte, auch viel laissez faire pflegende und ein gewisses „magisches Element“ berücksichtigt sehenwollende „katholische“ Variante (bitte im richtigen Sinn der hiesigen Metaphorizität verstehen) – hat es selbstredend schwer, gegenzuhalten, weil ja auf der Hand liegt, daß die katholisch-südländische „Schlamperwirtschaft“ nix einbringt und daß es immer nur ums „Bequemmachen“ ginge, ums … ähm … „Schnackseln“ und faul in der Sonne braten, sich den Ranzen vollschlagen, ohne was dafür zu tun … etc.pp.
Und dann auch noch solche Typen wie @DuaneHanson , du oder ich – auch @Renator scheint ja zu derlei Späthippies zu gehören … und noch andere … also wirklich! Da muß doch gegengehalten werden! – Ob dabei „künstlerische Inspiration“ so wichtig ist, weiß ich nicht (objektiv betrachtet wird sie von der „protestantischen Seite“ ja mehr oder weniger dementiert).
Mir scheint jedenfalls, im Kern ginge es um etwas anderes: Nämlich – grazy Lindner, Merz & Consorten lassen grüßen! --, daß sich „Leistung (wieder) lohnen muß“ … guckt man nochmal oben auf den angeführten Beginn dieses ideologischen Hirnfurzes (mit ungeheuerlichen Folgen für die ganze Welt), so in etwa, daß es egal sei, worauf sie sich richte, Hauptsache … ähm … **Leistung! **Und dringlich in gut quantifizierter Form! Vulgo: Schreiben, schreiben, schreiben bis die Schwarte knackt … dann liebt mich der LIEBE GOTT, dessen heutige Inkarnation sich also bspw. in massiven Verkaufszahlen dokumentiert. Ergo Erfolg. Ergo Protestantische Ethik. Und schon dreht sich das Mausrad von Neuem … ad infintum …
Du magst jetzt fragen, lieber Narratöör: Und wo bleibt die Kunst? – Und ich antworte dir: Ich weiß es nicht. Wenn ich sie sehen will, gehe ich in eine wirtschaftlich abgewrackte **katholische **Gegend, etwas in Süditalien oder Spanien, da guckt sie mich an jeder zweiten Hausfassade an und vor allem, noch viel wichtiger: Ich atme sie in der Kunst des Lebens, die sich dort beinahe an jeder Ecke in Szene setzt (qua anderen Lebensformen als im sterilen protestantischen Sektor [also der angeblichen „Besser-Welt“]), derweil mir dort, wo der Protestantische Geist der Rechtschaffenen Arbeit waltet, lauter Burnout-Gestörte und anderweitig Sich-Selbst-Vergewaltigende in tristen, aber schön „sauberen“ Betonwüsten begegnen, vorzüglich im „reichen“, protestantischen Norden, also dort, wo bekanntlich gearbeitet wird, bis die Schwarte knackt …
Ich bitte dringend um Gnade vor dem Spiegel des principle of charity ob des massiven ironischen Einschlags, aber ich wußte mir nicht anders zu helfen ob Narratöörs so bestechend einfacher – aber gleichwohl offenbar schwer zu beantwortenden Frage …
Es gibt tatsächlich eine japanische Geschichte dazu, die genau das zum Inhalt hat:
Der japanische Kaiser wünscht sich von seinem Lieblingsmaler ein Bild einer Möwe.
Der Maler weiß, dass er mit fliegenden Vögeln so seine Schwierigkeiten hat und ist mit sich nicht zufrieden - daher erbittet er sich vom Kaiser Zeit.
Der Kaiser fragt über die Wochen und Monate immer wieder nach, wird arg grummelig - und nach einem Jahr endlich sagt der Maler “Ich kann Dir eine Möwe malen, Kaiser!”, nimmt sich Pinsel und Papier und “haut” mit wenigen Strichen eine perfekte Möwe aufs Papier.
Der Kaiser ist begeistert - und fragt dann aber nachdenklich den Künstler: “Und was hast Du das ganze Jahr getrieben?”
Der Maler zieht eine Schiebetür zu einem Nachbarraum auf - und der ist von oben bis unten voll mit Papierstapeln lauter misslungener Möwenbilder.
Oder anders - wenn man 10000 Stunden gemalt hat, ist es recht wahrscheinlich, dass man eine gute Idee ähnlich professionell umsetzen kann wie Dali.
Nach EINER Stunde allerdings hat man schlicht keine Chance, dass jemand in dem Bild auf dem Niveau eines 5-Jährigen die Genialität wird erkennen können.
Nach diesem Schema wären dann also Robert Walser und Franz Kafka keine Schriftsteller gewesen! Wow!
“Der stellt nämlich seine Schrift in die Öffentlichkeit” … Wollte Kafka nicht, weil er nicht zufrieden war mit dem Ergebnis seines schriftstellerischen Tuns, jedenfalls oft. – Und jetzt, Ulli? Und dann ist er auch noch oft – oder manchmal – faul gewesen, der Schlurks! Von Walser ganz zu schweigen. Und beide haben dann auch noch auf ihren jeweiligen Arbeiten versagt! Was für Versager! Klar können das keine Schriftsteller gewesen sein …
Ich kann Kafkas Werke nicht leiden. Meinetwegen hätten seine Texte brennen mögen. Das hat er sich ja gewünscht Aber wahrscheinlich war er da einfach in einer schlechten Phase manchmal finde ich einen Text bombastisch und am nächsten Tag bin ich voller Zweifel. Seinem Freund kann man es nicht hoch genug anrechnen, dass er sein Lebenswerk für die Nachwelt gerettet hat. So können sich zumindest einige Menschen daran erfreuen, auch wenn ich persönlich die Krätze bekomme, wenn ich den Namen lese… Ich würde wollen, dass mich jemand davon abhält Feuer an mein Schaffenswerk zu legen.
Also jetzt aber bitte! Als ob es an Kafkas literarischem Rang – und der hier verhandelten Frage hinsichtlich Ullis Behauptung – rühren würde, ob du ihn “leiden kannst” oder nicht!
Ich habe auch an diesem oder jenem in so mancher Schrift eines bedeutenden Schriftstellers etwas zu mäkeln. Aber daraus eine Pseudoargument zu stricken, wie es hier gerade hochpoppt, würde mir nicht im Traum einfallen. – Der Punkt ist, daß Nicht-Erfolg (zu Lebzeiten und sogar für immer) kein Kriterium für lit. Qualität ist! So wenig wie “Übung”. Es gibt Leute, die “üben” ein ganzes Leben an etwas, ohne daran je irgendetwas Vernünftiges – von künstlerisch Akzeptablem (das niemals in "Vernünftigkeit aufgeht) ganz zu schweigen – zustandezubringen. Und das ist es, worum es geht.
Mein Senfklecks zum Mus(en) Gebabbel:
Die Frage ist, ob man ein veröffentlicher (Verlags)Autor sein will. Da muss man auch mal „liefern“ wenn einen die vermeintliche „Muse“ nicht küsst. @Flixiflix
Du schreibst, dass du dein Werk 1 - 3 Mal Überarbeitest. Häng da mal noch eine Null dran. Beim Überarbeiteten fängt das Schreiben erst richtig an.
Ich wollte damit keineswegs Ullis Behauptung widerlegen. Ich denke die Argumente dafür sammelt er selbst. Ich wollte damit nur am Rande anmerken, dass Qualität sehr unterschiedlich bewertet wird. E. L. James z.b. hat Millionen von Fans oder zumindest Leser. Ich habe die ersten hundert Seiten gelesen und den Rest überflogen. Der Inhalt ist okay, aber ihr Schreibstil ist hundsmiserabel, der schlechteste der mir je unter die Augen kam. Und denoch hat sie Erfolg damit.
Wenn Kafka seine Schriften nicht veröffentlichen wollte, weil er ein Perfektionist war und seinen Nachruf nicht gefährden wollte, hat das doch gar nichts damit zu tun, ob er diese später gewinnbringend verkaufen wollte oder nicht. Manche schreiben in der Tat ja nur aus frivoler Lust.
Mein Unmut über Kafka macht sich auch weniger an seinem schwer verdaulichen Stil oder seiner Person als vielmehr an seiner großen Beliebtheit bei Deutschlehrern fest.
Ich finde es immer wieder erstaunlich und amüsant, wohin so ein Thread mit einer vermeintlich harmlosen Frage (“Was stellt ihr so als Schreibziel ein?”) führen kann. Von knutschenden Musen über Marx, Kafka, bis hin zu protestantischer Arbeitsethik. Und jeder verteidigt seine Weltsicht und Vorgehensweise als alleiniger Weg zur Wahrheit mit Zähnen und Klauen.
Für unterschiedliche Menschen funktionieren nun mal unterschiedliche Methoden.
Und klären wir doch erst einmal grundsätzliches. Was ist Erfolg? Für den einen ist es ein Erfolg, wenn er nur etwas geschrieben hat, auch wenn er es nur in eine Schublade legt und ab und zu versonnen darin blättert. Für den anderen drückt sich Erfolg in Verkaufszahlen, wohlwollenden Rezensionen oder sonstigen objektivierbaren Kriterien aus. Der nächste freut sich darüber, dass ein krankes Kind einen Nachmittag lang in eine aufregende Welt flüchten konnte und abgelenkt war. Also wer bin ich, um darüber zu richten? Erfolg ist, was jeder einzelne dafür hält.
Ebenso ist es mit literarischer Qualität. Der ist auch immer Moden und Zeitgeist unterworfen. Kafka war zu Lebzeiten auch kein großer wirtschaftlicher Erfolg oder Anerkennung als literarische Größe zuteil geworden. Heute ist er das. In fünfzig Jahren wird er vielleicht als völlig überschätzter Schreiberling angesehen, wer weiß das schon? Oder gibt es irgendwo einen allgemein verbindlichen Kanon, der Punkte vorgibt, die man erfüllen muss, um sein Geschriebenes als “wertvolle Literatur” bezeichnen zu dürfen? Für mich ist wichtig, dass mir ein Text gefällt und - falls ich ihn geschrieben habe - ich damit zufrieden bin. Unabhängig davon, was irgendwelche selbsternannten, saturierten Kritikerpäpste dazu meinen.
Um einen erfolgreichen Roman zu publizieren, braucht es meines Erachtens Talent, Arbeit und Glück. Glück im Sinne von zur richtigen Zeit am richtigen Ort den richtigen Menschen zu treffen, der die richtigen Verbindungen hat. Und wer schon die Musen für launisch hält, wird sich umschauen, wenn er erst mit Fortuna anbändeln will, diesem zickigen Biest, die sich scheinbar immer nur mit anderen rumtreibt
Von daher haben beide Seiten irgendwo recht und in ihrer extremen Ausprägung unrecht, sowohl die Musenküsser als auch die Plansollübererfüller.
Also am besten mit eingeschalteter Stilanalyse schreiben. hab die kräftig entschlackt, sonst bekomm ich die Krise.
Für irgendwas gibt es ja auch noch Lektoren… leider kann man die sich ohne Verlag kaum leisten. Im Zweifelsfall lieber mit ein paar Fehlern veröffentlichen als gar nicht.