Wie kannst du so etwas behaupten? Die Damen und Herren machen sich immer soooo viele Gedanken, für uns, für eine bessere Welt, für ein harmonisches Miteinander.
[Ich schreibe mal dazu, dass ich das ironisch meine, damit nicht versehentlich jemand unnötigerweise einen Herzkasper bekommt].
Mea culpa, mea maxima culpa
All das ist Wahnsinn. Und wir haben uns inzwischen so dran gewöhnt, dass wir uns nicht mehr richtig darüber aufregen können.
Na ja, die hitzige Diskussion in diesem Thread hier sagt mir etwas anderes.
Ich betrachte diese und ähnlich gelagerte EU-Regelwerke als IT-Senior wie Richtlinien, Policies, Capabilities, Prozesse und CoC in IT-Unternehmen. Sie garantieren (oder sind dazu geschaffen, um zu garantieren), dass (jetzt im Bezug auf digitale Informationen) nicht nur die Datenqualität gewährleistet wird, sondern auch die Integrität und Verfügbarkeit der Daten. Die Prozesse und Richtlinien bringen regelmäßig junge IT-Leute zum Stöhnen, die sich dadurch in ihrer Arbeit behindert fühlen. Tatsache ist, dass aufeinander abgestimmte Change/Release/Implement-Prozess und die darum herum geschichteten ITIL/USM/COBIT Prozesse gewährleisten können, dass zu jeder Zeit, an jedem Übergabepunkt die Datenqualität und Integrität gewährleisten ist.
Dasselbe erwarte ich mir vom EU-Regelwerk: Aufheulen und jammern tun hier immer nur die, die sich in ihrer Geschäftsfreiheit eingeschränkt fühlen, weil sie plötzlich beweisen müssen, dass die behauptete Qualität und Lieferkettenregeln tatsächlich gewährleistet und nachweisbar sind.
IT-mäßig lassen sich diese Regelwerke einfach durch eine Erweiterung der bestehenden Datenmodelle umsetzen, so wie auch die in Basel beschlossenen Bankenregulierungsmaßnahmen in Datenmodellen (Datacubes) der EZB nachweisen umsetzen lassen.
Natürlich liegt es nahe, dass diejenigen, die wenig bis nichts über Regelwerke verstehen oder verstehen wollen, die Thematik mystifizieren und etwas hineingeheimnissen, weil wir nun mal an Trolle und Hexen, Wiedergänger und Staubhexen glauben wollen, aber das ist eben nicht mehr als Mystifikation, die sich bei Tageslicht auflöst wie Morgennebel.
Dass es bei komplexen Regelwerken wie in der EU auch zu Fehlern und Fehleinschätzungen kommt, ist verständlich. Doch da ist es ein wunderarer Vorteil in unserer westlich-demokratischen Welt, dass man Fehlentscheidungen revidieren kann.
Also ich heule auf, weil ich die gesamte EU für überreguliert halte. Dabei wird - wieder meine ganz persönliche Meinung - nur wenig Wert auf praxisorientierte Lösungen geachtet.
Manche Dinge sind einfach sinnfrei. Krasse Beispiele dazu: Wie muss eine EU-konforme Gurke aussehen? Wie genau definiert sich der Unterschied zwischen Marmelade und Konfitüre. Das führt uns weg vom Bücherthema, muss aber auch einmal gesagt werden.
Du @nathschlaeger beziehst dich auf IT Regelwerke. Viele hier in diesem Forum möchten einfach nur Bücher schreiben und diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, damit diese wiederum unterhalten wird.
Wenn man beginnt, unreflektiert auf irgendein Regelwerk hinzudreschen, nur weil man dessen Sinnhaftigkeit nicht unmittelbar erkennt, ist es durchaus legitim, auf Parallelen zu anderen verbindlichen Regelwerken hinzuweisen.
Und ja. Als Schriftsteller will ich einfach nur schreiben, meine Bücher überarbeiten, einem Verleger anbieten und und sie letztendlich im Rahmen des Möglichen veröffentlicht sehen. Und am Ende des Jahres geht sich vielleicht um das hereinkommende Geld ein Urlaub auf Kuba oder Koh Samui aus, inklusive Rumflasche am Strand.
Ich erkenne jedoch in der Qualitätskontrolle von Lieferkettengesetzen und Herkunftnachweis von Holz (auch zum Schutz der Umwelt und Natur) keinerlei Einschränkung in sachen Geschichtenerzählen. Ich meine, wie weit muss man vom Grundthema abdriften, um aus einer EU-Regel eine massive Gefahr für Bücher abzuleiten?
Wie gesagt: Auf Tichys Blog behauptet das der Gastautor Hannes Märtin, ohne auch nur zu versuchen, zu belegen, wie er zu seiner panischen Ableitung kommt. Und da bin ich wieder bei Mindeststandards des Journalismus.
Wer wird denn auch seine Bücher auf Papier drucken lassen?
Ich nehme Pergament, das ist ohnehin haltbarer. Sobald mein nächster Roman fertig ist, schleiche ich nachts auf eine Schafkoppel, hole mir in einem kurzen Gemetzel das Rohmaterial, lasse es von meiner Frau verarbeiten und zwinge sie anschließend dazu, meine erlauchten Worte darauf zu verewigen. In Schönschrift natürlich!
Ich bin gerade auf einem Fischfest. Wenn ich nach Hause komme, schreibe ich vielleicht eine Fischgeschichte. Möglicherweise mache ich das auf einem Blatt Paper, ganz ohne Herkunftsnachweis, denn noch ist die Richtlinie ja nicht inkraft.
Wow. Danke, dass du mit deinen Mitforisten so reflektiert umgehst!
Ich finde die Reaktion unseres Mitstreiters auch nicht besonders freundlich.
Mir ging es um den Text bei Tichy, der die ganze Diskussion auslöste. Mir fehlt in dieser ganzen Diskussion einfach der faktische Unterbau, durch den belegt wird, dass das, was der Gastautor bei Tichys Blog behauptet, wirklich stimmt und nicht nur reine Stimmungsmache ist. Wenn ich mich dabei im Forum hier im Ton gegenüber Mitforisten im Ton vergriffen habe, tut mir das leide und ich bitte um Entschuldigung.
Soso, alles problemlos lösbar. So kann man das wohl nur aus der Perspektive eines „IT-Seniors“ sehen, der sich einen ordentlichen Tunnelblick antrainiert hat.
Tichy geht es doch erkennbar nicht um die Frage, was genau ein Autor oder sein Verlag einhalten müssen, sondern um die Frage, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Wir erleben gerade massive Zensur und das Starten von Regeln, die das Zensurniveau noch immens erweitern werden. Wie Tichy schreibt, lassen sich gedruckte Bücher nicht mehr nachträglich verändern. Amazon hat das mit den E-Books schon mehrfach getan. Bei Tom Sawyer wurde nachträglich in den Text des Autors eingegriffen. Andere Bücher sind einfach ganz gelöscht worden. Weltweit, auf allen Geräten, die Zugang erlaubt haben.
Tichy vermutet hier in dem Gesetz ein weiteres Mittel, um das Zensurpotential zu erhöhen, indem man die Regeln so drastisch erweitert, dass kaum noch jemand die Erklärung abgeben kann, die Lieferkette sicher geprüft und nachvollziehbar dokumentiert zu haben. So kickt man die kleinen Unternehmen vom Markt und sichert über die großen Anbieter, dass nur noch das veröffentlicht wird, was man zulassen will. Es ist die Doppelwirkung, die im Artikel betont wird: „Wir wollen doch nur das Gute (Umweltschutz) und gleichzeitig nehmen wir Euch ein weiteres Element von Freiheit.“
Sich bei so einem Artikel rein auf den technischen Aspekt zu stürzen, zeigt für mich klar den Tunnelblick und die Wortwahl dazu auch die Intention, politisch eine Haltung einzunehmen, die erwartet, dass andere, die diese Haltung nicht einnehmen, in den Bereich der Mystiker (Verschwörungsmystiker!?) abgeschoben werden. Da ist der totalitäre Gedanke auch gleich mitformuliert…
Soso, alles problemlos lösbar. So kann man das wohl nur aus der Perspektive eines „IT-Seniors“ sehen, der sich einen ordentlichen Tunnelblick antrainiert hat.
Das habe ich nirgendwo geschrieben. Nicht einmal ansatzweise
Wir erleben gerade massive Zensur und das Starten von Regeln, die das Zensurniveau noch immens erweitern werden.
Zum Beispiel? Wo erlebst Du als Schriftsteller:In Zensur und Regeln?
Wie Tichy schreibt, lassen sich gedruckte Bücher nicht mehr nachträglich verändern
Auf gut Wienerisch: No na ned. Allerdings kann man eine Zweitauflage fahren und den Text ändern. Zweitens unterstellt die Aussage, gedruckte Bücher lassen sich nachträglich nicht mehr ändern, dass nicht gedruckte Bücher geändert werden.
Wie Tichy schreibt, lassen sich gedruckte Bücher nicht mehr nachträglich verändern
Zum Beispiel?
Bei Tom Sawyer wurde nachträglich in den Text des Autors eingegriffen
Das wurde bei vielen Büchern und ich bin ein erklärter Gegner dieser Eingriffe, weil Bücher (auch) Zeitzeugnisse sind. Das Problem betrifft aber eben nicht nur E-Bools sondern alle Arten von Veröffentlichungen
Andere Bücher sind einfach ganz gelöscht worden. Weltweit, auf allen Geräten, die Zugang erlaubt haben.
Als Händler kann Amazon anbieten, was es will und Produkte aus dem Sortiment nehmen. Ob das etwas mit Zensur zu tun hat, müsste man anhand von Fallbeispielen genau ansehen. Und treffen kann das ja nur Werke von Autoren, die exklusiv auf Amazon publizieren.
Tichy vermutet hier in dem Gesetz ein weiteres Mittel, um das Zensurpotential zu erhöhen, indem man die Regeln so drastisch erweitert, dass kaum noch jemand die Erklärung abgeben kann, die Lieferkette sicher geprüft und nachvollziehbar dokumentiert zu haben
Um diese Vermutung ernstnehmen zu könne, würde ich gerne verstehen, wo in dieser EU-Regel genau er das Potential dazu sieht.
So kickt man die kleinen Unternehmen vom Markt und sichert über die großen Anbieter, dass nur noch das veröffentlicht wird, was man zulassen will. Es ist die Doppelwirkung, die im Artikel betont wird: „Wir wollen doch nur das Gute (Umweltschutz) und gleichzeitig nehmen wir Euch ein weiteres Element von Freiheit.“
Ja, das behauptet er. Löst in mir aber kein Gefühl der Verbindlichkeit aus. Dazu ist mir sein Werken und Wirken einfach viel zu unspezifisch und viel zu abhängig vom Glauben seiner Leserschaft. Abgesehen davon gibt es neben den Selfpublishingportalen unendlich viele andere Möglichkeiten, Bücher zu publizieren und über eigene Kanäle zu vermarkten und zu verkaufen. Die Abhängigkeit der Verfügbarkeit eigener Werke von großen Anbietern ist ein selbst auferlegtes Joch, das man sehr einfach und wirksam umgehen kann.
Sich bei so einem Artikel rein auf den technischen Aspekt zu stürzen, zeigt für mich klar den Tunnelblick und die Wortwahl dazu auch die Intention, politisch eine Haltung einzunehmen, die erwartet, dass andere, die diese Haltung nicht einnehmen, in den Bereich der Mystiker (Verschwörungsmystiker!?) abgeschoben werden. Da ist der totalitäre Gedanke auch gleich mitformuliert…
Da auf Tichyseinblick der Gastautor rein nur Gefühle und Befürchtungen äußert, ohne auch nur ansatzweise belegen zu können, dass seine Befürchtungen und Ängste einen nachvollziehbaren Kern haben, darf ich natürlich versuchen, das Argumentationsgewölk faktisch zu erfassen. Es gelingt mir nur eben nicht.
Tichy schreibt für die, die glauben wollen, und Menschen, die glauben wollen, brauchen eben nicht mehr, als einen Stichwortgeber, der ihnen etwas zum Glauben in die Hände legt.
Mir ist diese Art des politisch-ideologischen Katechismus viel zu dünn, um ernstgenommen zu werden. Deswegen vielleicht erschrickt mich, mit welcher Vehemenz diese argumentative Wassersuppe auf Tichys Blog verteidigt wird.
Hm, ich denke, es wird weiterhin papierbasierte Bücher geben; ein Blick in meinen SUB zeigt mir, dass die Verlage bereits ihre Papierherkünfte impressumsnah dokumentieren (genauere Daten stehen sicher auf berechtigte Anfrage zur Verfügung), und wie vermeintliches Papierverbot Inhalte zensieren sollte, kann ich nicht recht nachvollziehen. Solange man seine Zensurbefürchtungen äußern kann, ohne dass die Men in Black oder Herren mit der Zwangsjacke vor der Tür stehen, betrachte ich dieses als Land freier Meinungsäußerung. Auch Tichy darf seine Meinung äußern, ob faktenbasiert oder nicht.
Und im Zweifel gibt es immer noch Papyrus (mit ebook-Formaten).
Selbstverständlich darf er das. Genauso darf er aber auch dafür kritisiert werden. Meinungsfreiheit bedeutet eben nicht, frei von der Kritik anderer alles sagen zu können, was man will
Stimme voll zu. Gegenmeinungen sind ebenso gerechtfertigt. Und möglicherweise stärker auf dem Boden der Realität verankert.
Offenbar gibt es Personen, die das anders sehen.
Das ist auch eine Form der freien Meinungsäußerung.