Otmars Schande

Magda saß in dem kleinen Zimmer und tat das, was sie grundsätzlich tat, nachdem sie gegessen hatte. Sie war vollkommen unbeeindruckt von der bedrohlich tickenden Uhr, auf der man keine Zeit ablesen konnte. Der große Zeiger fehlte. Unwichtig. Jedenfalls für Magda. Trotz der Geschehnisse, die für alle Beteiligten Folgen haben würden, ließ sie es sich nicht nehmen, unbeirrt ihre Katzenwäsche fortzusetzen. Magda hatte sich einen Sitzplatz ausgesucht, der nicht mit dunkelroter Flüssigkeit durchtränkt war. Auf ihrem Weg dorthin hatte es sich jedoch nicht vermeiden lassen, in die eine oder andere Lache zu treten. Umso mehr war sie nun darum bemüht, das Blut von ihren Pfoten abzulecken. Irgendwann war Magda fertig mit ihrer Wäsche und setzte sich zufrieden auf den Schoß des Opfers, auf die Beine ihres Futtermeisters und dachte dabei schon an die nächste Mahlzeit. Sie hoffte, die Uhr würde ein wenig schneller ticken, glaubte sie doch einen Zusammenhang zu erkennen zwischen diesem Geräusch und der Bereitschaft ihres Besitzers, sich in die Küche zu begeben, um eine neue Dose zu öffnen. Mit wunderbaren Gedanken an saftiges Fleisch schlief sie leise schnurrend ein.

Otmar saß mehr oder weniger locker in seinem geliebten Sessel, von welchem er direkt auf die herrlichen Pappeln sehen konnte, die ihn immer an seine glückliche Kindheit erinnert hatten. Bis vor kurzem zumindest. Jetzt war es anders. Die Leichenstarre war noch nicht eingetreten, seine Hände hingen schlaff herunter, sein Kopf neigte sich in unnatürlicher Schieflage. Er war keineswegs in seinem Sessel gestorben. Jemand hatte ihn absichtlich dort platziert und dabei das Risiko, unendlich viele Spuren zu verteilen, in Kauf genommen.

„Du hast selbst schuld", dachte er. „Du allein. Ich habe Dir helfen wollen. Nun ist es verdammt noch mal zu spät." Er machte die Tür hinter sich zu. Er hatte es geschafft, sein Ziel erreicht. Er konnte ruhigen Gewissens sein Leben fortsetzen, ein Leben, das in geregelten Bahnen verlaufen würde, nun, da alles erledigt war. Er ging durch den Flur zur Haustüre, als sei nichts weiter geschehen. Seine Schuhe hinterließen eindeutige Flecken auf dem alten Dielenboden. Es war ihm egal. Wer sollte schon darauf kommen, dass ausgerechnet er der Mörder war? Nur wegen der Schuhe? Sicher nicht, denn die hatte er gerade erst ganz neu gekauft. Zusammen mit den Müllbeuteln und den Handschuhen. Er verstaute die verdächtigen Utensilien behutsam in seinem Kofferraum und würde sie gleich bei Morgengrauen zum alten See fahren, sie dort versenken und wäre dann endgültig fertig.

Zu Hause angekommen, kochte er sich einen Kaffee, setzte sich damit an den Küchentisch und wartete. Die Uhr tickte. Er fragte sich, ob er sich nicht doch jetzt schon auf den Weg zum See machen sollte, entschied sich aber, erst einmal seinen Kaffee trinken. Er dachte an die alten Pappeln, die nicht nur bei seinem Bruder immer wieder glückliche Erinnerungen an die Kindheit hervorbrachten. Er wusste noch ganz genau, wie er zusammen mit ihm auf der Schaukel saß, über endlos scheinende Wiesen blickte, an deren Ende eine ganze Allee voller Pappeln stand und einfach nur glücklich war. Er erinnerte sich daran, wie seine Mutter aus dem Haus nach ihnen rief, weil sie gerade Kekse gebacken hatte. Otmar und er waren gern an der Schaukel hinter dem Haus. Stundenlang hatten sie da gesessen und auf die Pappeln gesehen. Das alles kam ihm vor wie gestern. Wie schnell doch die Zeit verging. Schon damals hatte er sich gewünscht, die Zeit wäre einfach stehen geblieben. Aber sie lief weiter und weiter, unaufhaltsam. Damals und jetzt. „Bald wird die Leichenstarre eintreten", dachte er und schlürfte weiter an seinem heißen Kaffee. Dabei konnte er den Duft von Mutters frisch gebackenen Plätzchen riechen. „Mutti! Mutti!" Hatte er diese Worte tatsächlich gerade von sich gegeben? Wut stieg in ihm hoch. „Mein Bruder hat Schande über uns gebracht! Wie konnte er mir das nur antun? Wie konnte er es nur unserer geliebten Mutter antun?"

Er erinnerte sich daran, wie er versucht hatte, mit seinem Bruder zu reden. Nicht einmal, hundertmal, tausendfach. Er hatte nun wirklich ausreichend Geduld aufgebracht, aber Otmar konnte einfach nicht die Finger von den Männern lassen.

In seinem Leben kamen und gingen die Mädchen. Eines war süßer als das andere. Jedes Mal hatte er geglaubt, sie sei die Liebe seines Lebens. Diese großartige Liebe war dann immer spätestens nach zwei Wochen vorbei. Bei Otmar war es ganz anders. Er saß immer nur da und sah verträumt auf die Pappeln. Bis auch er die vermeintliche Liebe seines Lebens entdeckt hatte, waren Jahre vergangen. Trotzdem war auch bei Otmar die erste Verliebtheit schnell vorüber, doch fand er niemanden mehr, der ihm gleich gesinnt war. Zu dieser Zeit hatte sein Bruder noch Hoffnung, alles würde sich zum Guten wenden. Weit gefehlt. Irgendwann fing Otmar an, sich mit Männern zu treffen, Männer, denen er nichts bedeutete, ihm aber wenigstens kurzfristig das Gefühl gaben, eine Daseinsberechtigung zu haben. So, wie er nun einmal war und nicht so, wie Otmars Bruder es gern gesehen hätte.

Seinen Kaffee hatte er ausgetrunken. Sollte er wirklich jetzt noch zum See fahren? Bald würde seine Frau nach Hause kommen und unangenehme Fragen stellen, wo er denn gewesen sei. Nein, die Idee, die Müllbeutel mit den Handschuhen und den Schuhen erst im Morgengrauen zu entsorgen, war weitaus unauffälliger. Er überlegte, ob er sich noch eine Tasse Kaffee einschütten solle.

Die Küchenuhr tickte. Es war das erste Mal, dass er diese Uhr wirklich wahrnahm. Erst jetzt wurde er sich seiner Tat bewusst. Dennoch, er fühlte sich vollkommen im Recht. Er starrte auf die Uhr. Vier Stunden waren vergangen. Die Leichenstarre würde vermutlich bald einsetzen. Noch einmal erlebte er seine konsequente Handlung. Noch einmal sah er seinem Bruder in die Augen, sah, wie sie langsam hervorquollen, wie sich die Tränensäcke mit Blut füllten, wie der Lebenssaft allmählich begann, hinab zu rinnen. Erst da wich Otmars erstaunter Gesichtsausdruck der unwiederbringlichen Erkenntnis, dass seine Uhr abgelaufen war. Otmar sackte in sich zusammen. Der Kopf schlug auf den Boden auf, der Schädel brach mit einem unverwechselbaren Geräusch. Er zögerte nicht, sondern schleppte den gerade getöteten Körper durch den Flur in das Zimmer mit dem Blick auf die Pappeln. Otmar war schwer.

Er bemerkte gar nicht, wie der Füller aus seinem Hemd rutschte, so sehr war er mit dem Leichnam beschäftigt. Endlich in den Sessel gewuchtet, war er zufrieden mit seinem Werk. Jetzt wollte er nicht länger daran denken.

Seine zweite Tasse Kaffee hatte er ausgetrunken, sah noch ein wenig fern und ging dann zu Bett. Seine Frau stellte keine Fragen.

Hermann Lotse war noch nicht sehr lange bei der Mordkommission, umso schlimmer war für ihn der Anblick Otmars, der in seinem Magen eine Schlacht wie bei Trafalgar auslöste. Es nutzte nichts. Er musste schließlich seine Arbeit zu tun. In dem kleinen Zimmer mit Blick auf die Pappeln tummelten sich hunderte von Fliegen. Der Raum war mit einem unerträglichen Summen erfüllt. Zunächst konnte Hermann den Blick von der im Sessel sitzenden Leiche nicht abwenden. Dann erregte etwas seine Aufmerksamkeit, das er zunächst nur mit einem Augenwinkel wahrgenommen hatte. Es war Magda, die Katze. Sie saß sehr interessiert vor der Anrichte. Ihre Pfoten angelten aufgeregt nach einem Teil, das bis jetzt noch nicht sichtbar war. Dazu tickte die Uhr an der Wand. Ob Magda unter der Anrichte wohl den Zeiger gefunden hatte, der an der Wanduhr fehlte? Hermann kniete sich nieder. Für einen kurzen Augenblick war die Katze abgelenkt. Sie wendete sich von ihrer vermeintlichen Beute ab und sah Hermann direkt in die Augen. Langweilig. Interessiert wendete sie sich wieder der Anrichte und dem darunter befindlichen Geheimnis zu. Hermann wartete. Magda fischte unermüdlich weiter. Ihr Schwanz wedelte ruhelos hin und her. Dann hatte einer ihrer Samtpfoten etwas erwischt. Der Schwanz zeigte nach oben wie ein Spazierstock. Die Katze regte sich nicht. Doch. Langsam kam der Gegenstand hervor. Kaum, dass er zu sehen war, wurde er uninteressant. Magda sprang auf die Anrichte. Hermann hob das soeben erbeutete Teil auf. Mittlerweile war das Blut, das sich darauf befand, angetrocknet. Ob der Füller, den er nun in seinen Händen hielt, ihn zu Otmars Mörder führen würde? Er wurde aus seinen Gedanken gerissen. Es klingelte.

Der Kommissar legte den Füller auf die Anrichte, ging durch den Flur, in Richtung Haustür und öffnete.

„Wer sind Sie denn?", fragte er.

„Das Gleiche könnte ich Sie auch fragen." entgegnete der Andere.

„Ich will zu meinem Bruder."

„Das geht nicht."

„Nun werden Sie mal nicht unverschämt!" Der Besucher schien ausgesprochen selbstbewusst. „Sie werden mich nicht daran hindern!"

„Ihr Bruder ist tot", entgegnet der Kommissar in äußerst neutralem Ton.

„So ein Unsinn. Woher wollen Sie das denn wissen? Wer sind Sie überhaupt? Was machen Sie in dieser Wohnung?" Er fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum.

Hermann Lotse war geneigt, unprofessionell zu reagieren. Wie konnte jemand, dem man gerade sagte, sein Bruder sei verstorben, in einer solch dreisten Weise auftreten? Da war kein Gefühl der Trauer, des Entsetzens, keine Nachfrage, lediglich die trockene Reaktion, den Tod als solches in Frage zu stellen. Gerne hätte er ihm auf den Kopf zugesagt, was er davon hielt, konnte sich aber gerade noch beherrschen und sagte nur: „Kommen Sie bitte herein. Gehen wir in die Küche. Dieses Zimmer", er deutete mit dem Kopf auf die verschlossene Tür, „sollten wir momentan nicht betreten."

„Sie meinen es also ernst?"

„Warten Sie bitte einen Augenblick hier." Hermann Lotse kam mit dem Füller zurück: „Gehört der Ihnen?"

Ihm wurde heiß. Ihm wurde kalt. Die Hände zitterten. Die Füße zuckten in den Schuhen. Seine Knie bebten. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden. Fehlende Zeiger wurden unwichtig. Er glaubte, die Zeit würde ihn einholen. Noch einmal sah er vor seinem geistigen Auge, wie sein Bruder zu Boden stürzte. Noch einmal erlebte er die gemeinsame Kindheit. Noch einmal fühlte er sich wie ein kleiner Junge auf der Schaukel. Noch einmal spürte er die Enttäuschung, die blanke Wut, als er Zeuge wurde, wie Otmar seinen ersten Freund geküsst hatte. Er wollte es nicht, aber ein weiteres Mal zog ihn die Vergangenheit in seinen Bann. Er fand es beschämend, wie sein Bruder uneingeschränkt zu seiner sexuellen Neigung zu Männern stand. Fast hätte er Otmar sogar für diese Ehrlichkeit bewundert. Stattdessen meinte er nur: „Nein." Dabei sah er zu Boden. Er durfte jetzt keinen Fehler machen. Die einzigen Beweisstücke, die ihm zum Verhängnis hätten werden können, hatte er erfolgreich in dem See versenkt, an dem niemals jemand vorbei kam. Beweise gab es nun keine mehr, nicht an diesem Ort. Bis auf den verdammten Füller. Eigentlich war er nur an den Ort der Schande zurückgekommen, um noch das Fotoalbum abzuholen. Ein Album voller Bilder, wie sie schlimmer nicht hätten sein können. Und Otmar war auch noch stolz darauf gewesen, auf all’ diese Männerfotos von eindeutiger Natur. Grausig.

„Woher haben Sie den Füller überhaupt? Hat mein Bruder ihn etwa in der Hand gehabt, als sie ihn gefunden haben? Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl? Wer hat Sie verständigt? Das wird dann ja wohl der Mörder gewesen sein oder? Warum sagen Sie nichts?" Hermann Lotse sah ihn lange an. Magda durchbrach schließlich die Stille. Sie kletterte auf dem Toten unter lautem Maunzen herum. Ihre Geduld war am Ende. Sie wollte nun endlich gefüttert werden.

„Der Uhrmacher hat die Polizei verständigt."

„Der Uhrmacher? Welcher Uhrmacher?!"

Lotse zeigte auf die Wanduhr: „Offenbar wollte Ihr Bruder, dass der Uhrmacher vorbei kommt, um einen neuen Zeiger anzubringen. Als er zu der verabredeten Zeit hier erschienen ist, hat ihm aber niemand geöffnet. Er hat jedoch noch gesehen, dass gerade ein Auto die Auffahrt verlassen hatte."

„Wieso erzählen Sie mir das?"

„Vielleicht wissen Sie ja, wer das gewesen sein könnte."

„Ich!?"

Seine Hände wurden plötzlich genauso nass wie das Regenwasser, das die Straße vor dem Haus hinunter lief. „Aha, der Uhrmacher also auch", dachte er. Warum musste er mit einfach jedem etwas anfangen? Wenn ich doch bloß vorher an das Album gedacht hätte. Mist."

„Und? Äußern Sie sich bitte!"

Aggression war das Einzige, das ihm noch sinnvoll erschien, um seine Schuld erfolgreich zu verbergen. Die Flucht nach vorn war seine letzte Chance: „Woher wissen Sie das eigentlich alles? Und was habe ich mit diesem idiotischen Uhrmacher zu tun? Die blöde Uhr war schon jahrelang kaputt. Auf einmal soll das alles wichtig sein? Machen Sie sich doch nicht lächerlich!"

„Wo waren Sie zum Tatzeitpunkt?"

„Wenn Sie die Güte hätten, mir zu sagen, wann das gewesen sein soll …!"

Klischeehafter konnte der Dialog nicht ablaufen. Die Kenntnis um diese Tatsache brachte Kommissar Lotse leider keinen winzigen Schritt weiter. Also versuchte er, an einem anderen Punkt anzuknüpfen: „Sind Sie sicher, dass Sie den Füller nicht kennen?" Hermann Lotse war ein wenig hilflos.

„Herr Gott noch mal! Ich gehe jetzt nach Hause. Sie können mir ja sagen, wenn Sie einen Verdächtigen verhaftet haben."

„Würden Sie mir dennoch bitte eine Frage beantworten?" Die beiden Personen standen immer noch in der Küche.

„Wenn es unbedingt sein muss." Er wollte nun endlich diesen Ort und seine Geschehnisse einfach verlassen. Ein Problem hatte er allerdings noch zu lösen: Wie sollte er an das schändliche Fotoalbum herankommen? „Darf ich nicht vielleicht doch in den Raum da?" Mit dem Kopf deutete er eindeutig in Richtung Leichenzimmer.

„Ich glaube wirklich nicht, dass Sie da hinein sollten. Es ist kein schöner Anblick."

„Ich möchte mich gerne von meinem Bruder verabschieden, bevor ihn irgendwelche Balsamierfritzen in die Finger bekommen."

Der Ermittler sah ihn fragend an. Welchen Sinn sollte das ergeben? Die Nervosität des Mörders war auf einem Höhepunkt angekommen, der nicht mehr kontrollierbar war. Das Fotoalbum war für ihn momentan das wichtigste auf der Welt, ein Gegenstand, der störte, das Beweisstück eines impertinenten Lebenswandels, momentan der Mittelpunkt seiner Gedanken und des daraus folgenden Handelns. Wären ihm die Fotos nicht derart wichtig gewesen, wäre er sicherlich ungeschoren davon gekommen. Die beiden Männer sahen sich an. „Wo ist Magda?", fragte der nervöse Bruder.

„Magda?"

„Ja, dieses Katzenvieh."

„Warum interessiert Sie das?"

„Die muss ja irgendwo hin. Ich nehme sie mit nach Hause."

Endlich sah der Kommissar seine Chance. Beinahe alle Mörder verrieten sich, wenn man sie nur lange genug in ein belangloses Gespräch verwickelte. Die Versuchung zu plaudern oder besser: sich zu verplaudern, wurde dann schlichtweg zu groß. Daher lächelte Lotse überlegen: „Sie müsste da in dem Zimmer sein."

Die ersehnte Wirkung ließ nicht lange auf sich warten. „Wie ich dieses blöde Vieh kenne, sitzt sie bestimmt bei meinem Bruder auf dem Schoß und wartet auf ihr Fressen."

„Wie kommen Sie denn darauf, dass Ihr Bruder irgendwo sitzen könnte?"

Er sah wieder zu Boden. Er fühlte sich erwischt. Er ärgerte sich über sich selbst.

„Äh. Was?"

Zeitgleich mit seiner Äußerung erkannte er den verheerenden Fehler, den er soeben begangen hatte. Es machte wohl keinen Sinn mehr, noch nach Ausflüchten zu suchen. Trotzdem musste er der Situation entrinnen. Zumindest musste er es versuchen. Lotse bewegte sich auf die Zimmertür zu. „Nur jetzt niemanden in Panik versetzen, nur jetzt nicht versagen. Du bist ein Profi", dachte er sich. Langsam öffnete er die Tür. Seitlich sah man auf den Toten. Magda stapfte auf dem leblosen Körper herum. Die Pfoten bewegte sie rhythmisch auf und ab, wobei ihre Krallen hervorkamen und wieder verschwanden. Sie rollte ihre Ballen ab wie ein sportlicher Geher. Sie bettelte um Futter. Es war schon so lange Zeit dafür, aber nichts tat sich. Er ging auf die Katze zu. Am liebsten hätte er ihr den Hals umgedreht. Letztendlich war sie schuld an seiner momentanen Misere. Sie allein. Ohne Magda hätte er sich nicht zu der schwachsinnigen Bemerkung hinreißen lassen, die ihn verraten hatte. Er war nicht dumm. Er wusste, dass der Kommissar in seinem Verdacht bestätigt worden war. Er machte wieder kehrt. Das Album lag unbeachtet an seiner Stelle. Er drehte seinen Kopf und warf noch einmal einen letzten Blick auf seinen toten Bruder. Als er sich zurückgedreht hatte, fand er Lotse regungslos und dennoch entschlossen im Flur vor. Sein Blick war eindeutig.

Langsam ging er durch den Flur. Die quadratischen Bodenfliesen verformten sich zu rechteckigen Gebilden bis sie zu eigenen kleinen Fluren wurden. Dann schaffte er es, seine Fluchtgeschwindigkeit zu erhöhen, aber der Flur schien dennoch endlos lang zu werden. Er rannte. Er kam nicht voran. Er war mittendrin in einer Zeitlupenaufnahme. Raum und Zeit passten nicht mehr zusammen. Endlich näherte er sich der rettenden Tür. Es war nur noch ein kleiner Absatz zu überwinden, dann wäre er dem Arm des Gesetzes endgültig entflohen. Wäre. Der Konjunktiv war an dieser Stelle durchaus berechtigt. Der Weg in die Freiheit war noch länger, als ihm vor nur einigen Sekunden der Flur vorgekommen war. Trotzdem erreichte er den Treppenabsatz. Seine Schuhe hatten Ledersohlen, denn auf Qualität hatte er immer schon Wert gelegt. Das sollte ihm nun zum Verhängnis werden. Es regnete immer noch. Direkt nach dem Überwinden des Absatzes glitt er auf der ersten Stufe aus. Seine Hacke rutschte weg. Der Schwerpunkt seines Körpers verlagerte sich in eine äußerst ungünstige Position. Die Beine schnellten nach vorn, der Oberkörper raste dem Boden entgegen. Sein Kopf schlug auf.

Auch Hermann Lotse war mittlerweile am Ende des Ganges angekommen. Aus Otmars Zimmer hörte er leise die Uhr ticken, die wohl niemand mehr reparieren würde. Ja, sie tickte. Die Zeit des Mörders hingegen war abgelaufen. Endgültig. Er lag in einer Pfütze von Blut, das sich mit dem Regenwasser vermischte. Die Augen stierten Richtung Himmel. Hätte der Kommissar von den Pappeln gewusst, hätte er sicher den Eindruck bekommen, der Mörder, der nun Opfer seiner Selbst war, sei auf der Suche nach seiner Kindheit, einer glücklichen Kindheit, die geprägt war von einer Schaukel und Pappelzweigen im Wind.

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Aw: Otmars Schande

Liebe Suse,

Du hast viele interessante Aspekte in Deinem Krimi, die Du weiter ausbauen könntest.

Am besten gefällt mir die Idee mit der Katze. Ich würde versuchen, die ganze Geschichte aus ihrer Sicht zu erzählen. Den Part mit dem Mörder, der am heimischen Küchentisch über die Vergangenheit nachdenkt, würde ich rausnehmen, und stattdessen aus dem einzelnen Kommissar ein Team machen. Lass sie ruhig ein bisschen ermitteln, ein bisschen nachdenken. Vielleicht sollte die Leiche lieber von der Putzfrau entdeckt werden? Die hat nämlich einen Schlüssel und auch einen Grund, in die Wohnung zu gehen. Der Uhrmacher kann ja vorbeikommen, wenn die Polizei schon da ist, und wird vom Zeugen zum Verdächtigen, als sich herausstellt, dass die beiden wirklich eine Affaire hatten. Dann kommt auch die Homosexualität des Opfers ans Tageslicht. Vielleicht steht auch irgendwo ein Foto, auf dem er seinen Freund küsst oder umarmt? Ich würde nicht gleich verraten, wer der Mörder ist. Es ist viel spannender, wenn man das noch nicht gleich weiß. Dann hättest Du mehrere Verdächtige (Putzfrau, Bruder und Uhrmacher), damit ließe sich schon etwas anfangen.

Das Motiv für den Mord scheint mir zu dünn bzw. zu wenig stark herausgearbeitet. Es gibt zwar immer noch Menschen, die Homosexualität ablehnen, aber ob sie deshalb einen Mord begehen? Du schreibst zwar was von Otmars Schande und der Titel sagt das auch, aber Du zeigst es nicht szenisch. Ich kann mich noch nicht in seinen Bruder hineinversetzen, der die Schande für die ganze Familie als so schlimm empfindet, dass er deshalb tötet. Zumindest müsste man die Familie besser kennen, um das nachvollziehbar zu machen. Da fände ich es noch realistischer wenn es um Eifersucht geht, da der Bruder auch homosexuell ist. Dann bringt er Otmar um, weil er sich eine Beziehung mit dessen Freund erhofft. “Einfach so” finde ich zu unmotiviert.

Dass Otmar tot im Sessel sitzt, kann wahrscheinlich nur der Mörder wissen, es sei denn, er hätte z.B. Kontakt zur Putzfrau, die ihn gleich nach der Entdeckung des toten Bruders angerufen hat … Ganz unmöglich ist es für den Bruder nicht zu wissen, wie der Tatort ausgesehen hat. Vielleicht konnte er das auch durchs Fenster erkennen. Ich bin mir nicht sicher, ob das als Überführung ausreicht. Eigentlich hätte ich mir da einen deutlicheren Beweis gewünscht.

LG

Pamina

Hi,
anbei eine frisch überarbeitete Version. Bin gespannt, wie @oskar21 diese Version findet. Alle anderen dürfen natürlich auch ihren Senf dazu geben.

Otmars Schande-Überarbeitung.pap (15 KB)

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Liebe @Suse,

nachdem wir beide nun gemeinsam das Forum gewechselt haben, sei mir gestattet, meine Vorgehensweise den neueren Umständen ein wenig anzupassen: es liegen ja nun 2 Dokumentversionen vor und es sei mir gestattet, anzumerken, dass mir die 1. Version deutlich besser gefällt, deutlich eingängiger erscheint, als deine 2. Version. Natürlich habe ich mich gefragt, woran das wohl liegen mag. Habe eigens beide Versionen in „Word“ geladen und den dort angebotenen Versionsvergleich bemüht. Dabei tritt zutage, dass du bei deiner Überarbeitung ja kaum einen Stein auf dem anderen belassen hast, irgendwie hast du jeden Satz geändert aber auch hier erkenne ich nicht, warum mir der 1. Text so viel besser gefällt. Sicherlich, irgendwie scheint der 2. text geschliffener und natürlich mag der 1. Text durchaus einen gewissen Bearbeitungsbedarf aufweisen, aber an Seele hat deine 2. Bearbeitung verloren. Auch wenn ich mich bemüht habe, bin ich bislang zu keiner wegweisenden Erkenntnis gelangt, woran das im einzelnen liegt.

Vielleicht liegt es ja auch nur am Wetter (hier in der Wesermarsch zieht Sturm auf!) oder an meiner derzeitigen Stimmung, was weiß ich, aber ich wollte es nicht unerwähnt lassen.

Besonders gefallen hatte mir ursprünglich Magda, die Katze, wenn auch nicht unproblematisch und zugegeben am Rande von Kitsch gefiel mir doch ihre emotionale Bindung an ihren vormaligen Dosenöffner, mochte ich ihre „Perspektive“ auf den verstorbenen nach dem problematischen Klischee: „Wenigstens das Tier verspürt menschliche Regung, wenn schon der Bruder sie nicht empfindet.“ Natürlich, das sage ich nur, im Schutze der Dunkelheit des Internets, und niemandem meine gefühlsduseligen Regungen zur Kenntnis gelangen. In der vorliegenden Revision hast du diese und andere Klippen meiner Gefühlsregung geschickt abgeschliffen, in meinen Augen dich selber unangreifbar gemacht ähnlicher Regelungen empfänglich zu sein.
Soviel zu meinen Geschmacksurteilen.

Rettungstaktisch verhält sich das ganze wie zuvor vermutet. Der Uhrmacher stand vor einer verschlossenen Tür, fast Verdacht und hat vermutlich die Rettungsleitstelle alarmiert.

Diese schickt ein Feuerwehrfahrzeug zum Türaufmachen, ein RTW mit 2 Mann/Frau Besatzung und ein NEF mit Ärztin und Assistenten. Vermutlich parallel alarmiert eine Streifenwageneinheit. Die Sanis sind zuerst da, Pol folgt, Tür geht auf, pflichtgemäß beginnen die Sanis mit Reanimationsmaßnahmen (der Patient weist ja schließlich keine sicheren Todeszeichen auf!), Notarzt kommt auch an, vergewissert sich vom Tod des Patienten und ordnet im Einvernehmen seiner Crew das Ende der erfolglosen Reanimationsmaßnahmen an und übergibt an die von Pol nachgeforderte Kripo. RTW wird freigegeben, macht sich vermutlich vor der Haustür einsatzbereit, Notarzt wartet, um im Anschluss an die Spurensicherung den Tod festzustellen. Hierzu ist sofern nicht zuvor geschehen eine vollständige Entkleidung des Patienten notwendig. Also: bei Eintreffen des Bruders sind folgende Personen anwesend: vor der Haustür der abrückende RTW, dass wartende NEF, darin vermutlich der Notarzt der seinen Leichenschauschein vorbereitet, in der Wohnung vielleicht 2 Mitarbeiter der Spurensicherung und Kommissar Lohse.

Hoffe, ich bin dir von Nutzen gewesen,
mfg
os|<ar

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Klar!

Das ist sehr interessant!

Mein Gott! So viel Mühe. Das ist lieb von dir.

Das finde ich allerdings auch.

Oh! Außerordentlich schade.

Ebenfalls außerordentlich schade. Vielleicht findet es ein anderer Forianer raus.

Zu deinen weiteren Ausführungen: Eine dritte Bearbeitung tut mir auch nicht weh. Nun ist der Text ohnehin schon alt und die Überarbeitung habe ich deshalb genau jetzt in Angriff genommen, weil ich mit meiner aktuellen Geschichte nicht weiter komme.
Dann warte ich mal noch weiteres Feedback ab. Vielleicht kommt bei mir die Erleuchtung zu einem “idealen” Text, was wohl generell nicht erreichbar ist.

So weit, so gut.

Herzlichen Dank! Ich bleibe am Ball…

Liebe Suse,

ich glaube noch nicht so recht, dass ich mich das hier traue und ich will vorausschicken:
Sollte ich Dir zu viel in deinem Text herumgepfuscht haben und an manchen Stellen Deinem Stil nicht entsprochen haben, dann musst Du mir das nachsehen. Ich habe da jetzt einfach mal aus der Hüfte geschossen (leider auch gen Ende etwas zügiger, da das Wölfchen droht wach zu werden).

Danke für jeden Fall für das Teilen des Textes, bzw. der Texte, denn sie sind ja nun doch sehr unterschiedlich. :bowing_man:

Ich habe leider nur den Beginn des ursprünglichen Textes intensiv gelesen und bin dann gleich in die .pap gehüpft.
Den ersten Aufschlag habe ich jetzt danach nur überflogen, aber der eingebaute Twist macht Deine zweite Version eindeutig zu meinem Favorit.

@oskar21 s Gefühl habe ich ganz zu Beginn kurz geteilt,…
Das Version 1 „seelenvoller“ wirkt liegt glaube auch daran, dass Du in Deiner ersten Version früher (und mehr) Einblick in den „Kopf des Bruders“ zulässt - sein Schwulenhass findet ja sehr starken Ausdruck, lässt ihn beinahe „psychotisch“ wirken.
Mit dem Twist, der die ganze Dynamik und unsere Auffassung von Gut und Böse in Frage stellt gefällt mir jetzt aber V2 besser.
Ich mag es, wenn man die Leute drauf schubst, dass es in unsere Welt eben auch viel, viel Grau gibt… :wink:
Vielleicht kannst Du etwas von dem „Ekel“ aus V1 noch mit reinbringen, ohne den Wendepunkt zu verraten…

Deinen Einstieg habe ich frank und frei etwas ausgebaut… was ich da wirklich toll fände, wäre auch hier eine Beziehung zwischen dem Tier und seinem Halter. Zu merken, dass Magda Otmar tatsächlich mag wäre ein weiterer interessanter Kontrast.

Ich hänge Dir mal meine .pap an und hoffe, dass Du damit etwas anfangen kannst.
:scream:

**LG,
Jules
**
P.S.: In der Kommentarspalte stolpere ich jetzt natürlich wieder über meine Rechtschreibung. Entschuldige die Fehler,… seufz

Otmars Schande-Überarbeitung_Asches.pap (22.5 KB)

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Liebe @Asches,

alle Vorschläge / Anmerkungen sind stets willkommen.

Ich habe mir deine Kommentare noch nicht angesehen. Etwaige Fehler spielen in diesem Zusammenhang doch überhaupt keine Rolle.

Mit deiner *.pap kann ich mich erst Morgen befassen, weil ich grad nur daß Handy hab.

Bis morgen also.
Suse

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Hi,

herzlichen Dank. Deine Anmerkungen in den Kommentaren sind alle gut. (Wenn du noch einmal wegen deiner Rechtschreibung “jammerst”, dann bekommst du Strafpunkte! Habe auf die Schnelle nur 1! gefunden).

Zu zwei Kommentaren hätte ich Anmerkungen:

Gleich bei Morgengrauen würde er zum alten See fahren, sie dort versenken und wäre dann endgültig fertig.
*Dein Kommentar: mit der Sache? Irgendwie stolpere ich über fertig ein bisschen,… *
Meine Meinung: Otmars Bruder ist damit fertig, seinen Bruder endlich zur Vernunft gebracht zu haben. Mehrere Jahre hatte er vergebliche versucht, Otmar von seinen Gelüsten abzubringen. Mit dem Mord so wie mit der Entsorgung der Utensilien ist damit quasi sein Lebenswerk vollbracht.
Platt ausgedrückt: Otmars Bruder ist auch nicht mehr ganz dicht und glaubt, eine Aufgabe gehabt zu haben, die er nun eben fertiggestellt hat.

Dabei bemerkte er gar nicht, wie der Füller aus seinem Hemd rutschte.
Das ist sicher ein besonderer Füller, wer hat heute noch einen Füller. :wink: Es ist auch „der“ und nicht „sein“ Füller, also irgendwas hat der doch sicher an sich, oder?

Meine Meinung: Nö. Es ist kein besonderer Füller. Auch heute haben die Leute noch Füller. Ich auch. Mehrere sogar. Nie würde ich jemand anders mit meinen Füllern schreiben lassen, weil sich dann die Spitze der Mine verbiegt, weil eben jeder anders schreibt (Druck, Winkel, etc.). Das allein macht den Füller zu einem persönlichen Gegenstand im Gegenteil zu einem Kugelschreiber (wenn er denn nicht gerade sehr hochwertig ist).
Dass heutzutage ein Füller keine Seltenheit ist, findest du z. B. auch hier in diesem Forum in dem Post “Schreibwerkzeug”. Bei uns im Ort kann man z. B. bei Edeka Füller kaufen, ganz normal, wie früher.

Und noch einmal zur Erinnerung für das @Asches Ego: Ich weiß gar nicht, was du immer mit deiner Rechtschreibung hast. Ist doch super. :slight_smile:

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Liebe Suse,

freut mich sehr, dass Du etwas mit den Anmerkungen anfangen konntest. :slight_smile:
Und ich gelobe Besserung: Keine Komplexe mehr! :bowing_man:

Zu den zwei angesprochenen Szenen:

Genau das! Ich glaube ich persönlich möchte noch einmal mehr in den Kopf von Ottmars Bruder. Wie erleichtert er sich fühlen muss, dem endlich ein Ende gesetzt zu haben. Er hat bis zum äußersten Gehen müssen und jetzt fällt ihm sicher eine Last von den Schultern. Und dennoch sieht er in dem Brudermord nur einen längst überfälligen Schlussstrich, das überfällige Ende einer lästigen Aufgabe.
Das ist aber, wie alles, ganz eindeutig eine Geschmacksfrage. Es einfach bei einem „fertig“ bewenden zu lassen kann auch einen ganz eigenen Effekt haben und unterstreicht auf andere Art, wie entrückt er schon ist…

Dabei bemerkte er gar nicht, wie der Füller aus seinem Hemd rutschte.
Ich glaube die Idee, dass es ein besonderer Fülle mit einem emotionalen Wert für ihn ist, hat nur das kleine Wort „der“ bei mir ausgelöst.
Und genau das, was Du auch beschreibst: Das es schon „in der Natur“ des Füllers liegt eben sehr viel persönlicher zu sein, als ein Kuli. (Ich besitze und nutze auch gerne einen Füller ;).)
Natürlich braucht es aber wirklich keine Hintergrundgeschichte für das Schreibgerät.

Liebe Grüße,
Jules

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Hi Suse!

Der Text ist schwach. Sorry. Auktorial, gut und schön. Aber du wechselst m.A.n. zu oft die Perspektive, was ich unnötig und verwirrend finde. Das ist in einem so kurzen Text jedenfalls problematisch. Auch erscheint mir das Strickmuster der Story zu schlicht. Den Füller könnte er seinem Bruder einige Wochen zuvor geschenkt haben, das ist kein Beweisstück und auch kein Grund, um deshalb an den Tatort zurückzukehren. Die Katze ist ja die einzige Zeugin. Sie wird es kaum jemandem erzählen. :wink:
Die Überführung des namenlosen Mörders liegt somit ausschließlich in seinen eigenen dümmlichen Äußerungen begründet. Die könnte er allesamt vor dem U-Richter widerrufen. Es gibt keinen einzigen Sachbeweis. Erinnert mich ein wenig an Columbo und Co. Ich denke, das ginge kniffliger. Interessanter fände ich die Story aus der Sicht der Katze, wie bereits Pamina22 vorschlug.
Wenn du Magda schon anthropomorphe Gedankengänge eingibst, wie im ersten Absatz, dann lass sie doch weiterdenken und beobachten. Damit bekäme die Story deutlich mehr Pfiff. Auch die Motivation des Mörders erscheint mir (zu) dünn. Wer bringt seinen Bruder um, weil er pädophil veranlagt ist?

Im Anhang habe ich vieles angemerkt, nicht erschrecken. Probier es einfach mal durch.

Netten Gruß,
Manuela :slight_smile:

Otmars Schande-Überarbeitung.pap (20.4 KB)

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@Manuela K.: Den Anhang sehe ich mir heute Abend an. Muss gleich zur Krankengymnastik und bin danach immer total fertig. Snief.

Na ja. Das sehe ich anders. Aber ist ja nur ein Teilaspekt. Rest - wie gesagt - später oder morgen.

Vorab schon mal vielen Dank. Ich bin immer wieder begeistert, wieviel Mühe sich die Forianer mit Fremdtexten machen.
.

Hi @Manuela K. ,

so. Nun bin ich wieder fit genug für deine Kritik. Also:

Dass Katzen den Zusammenhang zwischen dem Ticken einer Uhr und der vergehenden Zeit erkennen, glaubst du wohl selbst nicht. Meinetwegen mit dem Kuckuck oder einem Gong aber sicher nicht mit der Zeigerbewegung.
Doch. Ich habe 2 Katzen, hatte davor 2 Katzen und davor 1 Katze. Alles reine Wohnungskatzen mit einer engen Bindung. Die schaffen Zusammenhänge, da kann man nur staunen. Außerdem ist es eine Geschichte und keine Studie über das Verhaltensmuster von Katzen.

Katzen schnurren nicht, wenn sie schlafen.
Doch. Sie träumen auch und mieksen dann sogar.

herrlich sagt nichts aus.
Doch. Es ist etwas Positives. Worin das Positive besteht, überlasse ich dem Leser.

vor Kurzem (Dudenempfehlung)
Dann werde ich der Dudenempfehlung folgen.

Absolut auktorial, zu vorauseilend und informativ für den Leser.
**Da stimme ich dir voll zu. **


Schwieriger Perspektivsprung. Besser: sein Bruder.
Du hast Recht. Zumal an der kritisierten Stelle auch ein neuer Absatz beginnt.


Besser: Blutflecken
o.k. Ändere ich.


… dem Fliesenboden.
Nö. Mir gefällt der “geflieste Boden” besser.

Zum einen würde ich die Gedanken nicht in Anführungszeichen setzen, zum anderen sein Denken einleiten, nebst Namensnennung. Du outest ihn ja ohnehin in diesem Absatz als Bruder.
Könnte ich machen. Werde darüber nachdenken und vermutlich auch umsetzen.

Im gesamten Text bleibt der Mörder namenlos. Dafür gibst du der Katze einen Namen. :wink:
Stimmt. Wieso auch nicht? Mir gefällt es.
Vielleicht ist es, wie von den anderen bereits vorgeschlagen, es aus der Sicht der Katze zu erzählen, wert, mal eine solche Version durchzuprobieren. Dann hätte der Name für die Katze auch in deinen Augen vermutlich einen tieferen Sinn.

Es war vollkommen richtig, was ich getan habe, vollkommen richtig, ja, richtig
Die Wiederholungen in diesem Satz sind gewollt, um zu zeigen, dass er sich vor sich selbst rechtfertigt / rechtfertigen muss, weil er möglicherweise doch nicht sicher ist, ob der Mord gerechtfertigt ist.

Mit wessen Blick? Mit seinem?
Besser: Ausblick
Mit wessen Blick ist vollkommen egal. Das meinte ich auch gar nicht. Ich meinte tatsächlich “Ausblick”. Ist mir gar nicht aufgefallen. Wird geändert.


Der Vorname ist bedeutungslos. Besser: Kommisar Lotse
Stimmt. Ich wollte eine Häufung des Wortes “Kommissar” vermeiden.


Das berichtest du, wie so vieles in diesem Text.
Lass es den Kommisar sehen!
**Oh je. Dann muss ich eine Brille aufsetzen. Da werde ich wohl dann mal daran herumbasteln.
**
«Er ist um das Haus herumgeschlichen. War nicht besonders freundlich.»
«Stimmt es, dass sie um das Haus herumgeschlichen sind?», wollte Kriminalkommissar Lotse wissen.
Du hast mir die Wiederholung angelackt. Diese Wiederholung ist gewollt und völlig legitim. So redet man eben. Einer sagt was, der andere fragt nach, ob es stimmt und nutzt denselben Wortlaut. Meines Erachtens völlig normal, erst recht bei einer Befragung durch die Polizei.

… den er in seinen Händen …
Damit bist du in seiner Perspektive.
**Jau. Stimmt.
**
Was ist daran neutral?
Besser: ruhig.
Alles daran ist neutral. Ein sachlicher, emotionsloser Satz. “Ruhig” wäre falsch. Man kann etwas neutral formulieren, dabei aber durchaus aufgeregt sein, was in konkretem Fall zwar nicht stimmt, aber dennoch ist neutral genau das, was ich sagen wollte.

Keine Zeilenschaltung, wir sind immer noch in Lotses Perspektive.
**Betrachte die Zeilenschaltung als gelöscht :slight_smile:
**
Na und? Den könnte er seinem Bruder vor Wochen geschenkt haben. Nur die Katze ist Zeitzeugin.
**Ich werde darüber nachdenken.
**
niemals alterten, immer zwölf blieben. – Dein Vorschlag: immer Kinder blieben.
Nö. Mir ist es wichtig, dass sie zwölf sind. Warum ist mir das wichtig? Weil bei den meisten Jungen im Alter von 9 bis 11 Jahren die Vorpubertät beginnt. Mit 14, 15, oder 16 sind sie gesetzlich zwar immer noch Kinder, aber dermaßen unterschiedlich entwickelt, dass manche sehr kindlich sind und andere schon eher das “Kind sein verlassen” haben. Otmar steht eben auf zwölfjährige.

*Sein eigener Bruder war schuldig – *
Sein ist bereits ein besitzanzeigendes Fürwort. :wink:
Wessen Bruder sonst?
Stimmt. Aber hier wollte ich es nochmals aus der Sicht von Otmars Bruder verdeutlichen, dahingehend, dass er nicht glauben will, wirklich einen solchen Bruder zu haben. Bleibt also stehen.

Wozu erwähnst du es dann?
**Nur so. Kann ich auch streichen.
**
Er hat allerdings ein Auto beim Verlassen der Auffahrt beobachtet.
Vorschlag angenommen.


?!
Diese Doppelzeichen sind grundsätzlich unangebracht.
Welchem Grundsatz entspricht das? Habe ich schon oft gesehen und finde ich auch nützlich. Die Frage wird angezeigt und gleichzeitig eine Verblüffung, Verärgerung, Staunen, etc.

Keinerlei Abkürzungen in einem literarischen Text.
Aha.

Ab hier wird es endgültig Columbomäßig.
Ja. Wieso auch nicht?

Schwacher Schlusssatz. Würde ihm einen letzten Gedanken, ein letztes Bild vergönnen, bevor er stirbt: Kindheit, Pappelzweige, Wind, Schaukel. ABER: Nicht auktorial darstellen!
**Dann versuche ich mal, es anders darzustellen.

Ganz herzlichen Dank für die viele Mühe, die du dir mit Otmar gemacht hast. Das Dankeschön gilt natürlich auch für die anderen Posts.**

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Keine Ursache. Es freut mich, dass du einige meiner Vorschläge brauchen konntest. :slight_smile:

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Hallo Suse,

ich habe jetzt auch noch mal eine Frage. Du schreibst ja explizit, dass der Mörder seinen Bruder ganz bewusst so in den Sessel gesetzt hat und das Risiko der Spuren auf sich genommen hat. Mein Problem ist, ich finde gar keine Antwort auf die Frage, warum er das gemacht hat. Und ich habe mir beide Versionen in Ruhe durchgelesen. Hat er das gemacht, weil sein Bruder immer gerne im Sessel gesessen hat? Aber das scheint mir als Grund auch nicht richtig passend, da er seinen Bruder ja „gehasst“ hat. Ich bin da ein wenig ratlos. Da es aber anscheinend meine Vorschreiber nicht gestört hat, habe ich die Lösung vielleicht auch einfach übersehen? Würde mich aber über Aufklärung freuen. :slight_smile:

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Hier gibts ein Logikfehler. Entweder er versenkt die Utensilien am nächsten Morgen oder direkt nach der Tat.

*Die verdächtigen Utensilien verstaute er behutsam in seinem Kofferraum. Gleich bei Morgengrauen würde er zum alten See fahren, sie dort versenken und wäre dann endgültig fertig.

Jetzt nur keinen Fehler machen! Er versuchte, sich zu beruhigen. Die Utensilien hatte er im See versenkt. Bis auf diesen verdammten Füller konnte ihm rein gar nichts zum Verhängnis werden. Wäre er doch nur zuhause geblieben.
*

Ich auch.

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Es ist wegen der Pappeln im Wind und die schönen Erinnerungen. Otmars Bruder trauert dem hinterher. Otmar selbst soll sich noch in seinem Tod an die schönen Pappeln/Schaukel/Mutter mit den Keksen erinnern bzw. sich “ansehen”, was er durch sein Verhalten kaputt gemacht hat. Das steht da natürlich nicht alles, ist aber eine mögliche Interpretation, die ich gern dem Leser überlassen wollte.
@Manuela K. hat ja den Schluss bemängelt, der ihr zu schwach ist. Vielleicht kann ich das beim Überarbeiten des Schlusses berücksichtigen, meine Intention dort irgendwie einfließen zu lassen. Dann ist es auch runder und niemand tappt im Dunkeln.

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Ich auch. Ändere ich.

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Ihr macht mich alle fertig :), wenn ich das mal so anmerken darf. Warum? Weil ich gar nicht mehr zu meiner aktuellen Geschichte komme …
Grandios. Wer hätte das gedacht bei einer Geschichte aus dem Sommer 2016?

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Hi Suse!

Mir ist der Ablauffehler auch aufgefallen, aber nachdem bereits die Fliegen summten, als der Kommisar kam und es keinen festen Zeitpunkt für die Rückkehr des Täters gibt, erwähnte ich ihn nicht. Nahm an, es wäre der nächste oder übernächste Tag.

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Ich muss das noch mal ganz genau lesen. Entweder es ist ein Fehler oder es ist nicht eindeutig. Beides ist jedenfalls schlecht.

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