Mikrostories

Die vier Kästen Bier waren alle, der letzte Joint war geraucht.
Dann, endlich, wechselten wir im Kreisverkehr die Richtung.

Sorry, ich kann manchmal nicht anders :partying_face:

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Mal wieder inspiriert … wenn ich darf …

Die längste Linkskurve der Welt
Hörte diese Kurve denn niemals auf?
Das Gehupe um uns herum, nervte kolossal. Das war ja wilder, als in jeder indischen Großstadt. Wo blieb denn hier die Polizei?
Nach Stunden hatten wir die fünf Kästen Bier geleert, die letzten Joints geraucht.
Dann, keine Ahnung weswegen, wechselten wir - hubbala - im Kreisverkehr die Richtung und fuhren die gesamte Strecke, total erschöpft, wieder zurück …
:stuck_out_tongue_winking_eye: :sunglasses:

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„Wir müssen reden, Tom!“
Da stand seine Mutter, an den Türrahmen gelehnt, die Arme vor sich verschränkt und hatte ihren „Im-Ernst-jetzt-Blick“ aufgesetzt. Tom seufzte.
„Worüber, Mom?“
„Über deinen Umgang in letzter Zeit.“
Tom seufzte noch mal. „Was meinst du?“
"Über diese drei … äh, ‚Mädchen‘ mit denen du dich jetzt abgibst. "
„Mom!“
„Ich glaube nicht, dass die ein angemessener Umgang für dich sind!“
„Mom, du nervst!“
„Wirklich, Tom. Vielleicht solltest du wieder zu Professor Froid gehen!“
Tom verkroch sich tiefer in seinen Hoodie. Professor Froid, diese alte Dummschwätzer, liebe Güte! Andererseits - das letzte Mal war er ohnehin verhindert. Da musste dann Anna, seine Tochter einspringen.
‚Anna‘, dachte er, ‚coole Braut.‘ Wenn Mom wüsste, dass die auch ständig mit Kicki, Claudia und Ully abhing …
Er kicherte leise in sich hinein.
„Okay“, gab er nach, „dann mach halt einen Termin aus.“

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:joy: :rofl: :partying_face: :sweat_smile:

Als Tom dann endlich auf der Couch saß, vor ihm die vier Mädels, bekam er, verflixt und zugenäht, keinen Ton raus.
Schließlich sagte Anna: „Ich glaub, dir kann echt nur mein Papa helfen, wart, ich hol ihn. Kommt ihr mit Mädels?“
Und schon waren sie allesamt verschwunden. Oder waren sie nur Teil einer Fata Morgana? Eine Illusion? Ein Traum?
Hoffentlich irrte seine Mutter sich. Saß er zurecht hier? Nie wieder würde er so schnell einem Termin bei Froit zustimmen.

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Die Biene
-noch eine Lotta-Geschichte-

»Ich ziehe den Pullover nicht an.« Lotta stampfte wütend mit dem Fuß auf.
»Oh, doch«, sagte Mama. »Du wolltest ihn unbedingt haben und jetzt wird er auch angezogen.«
»Er kratzt«, weinte Lotta. »Ich mag das nicht. Und er ist doof.«
»Das reicht, Carlotta Leonie!« Mama stemmte die Fäuste in die Hüften. Das machen Mamas, wenn sie auch wütend sind. »Er kratzt nicht. Und doof ist er erst recht nicht. Er ist hübsch. Und jetzt ziehst du ihn an!«
Lottas Unterlippe schob sich nach vorne und ihre Augen funkelten wie zornige kleine Diamanten. Aber auch ein Dickschädel wie Lotta weiß, wann es Zeit ist, einen Pullover anzuziehen und wann nicht.
»Ich geh spielen«, sagte sie. »Allein. In meinem Zimmer.«
»Mach das«, sagte Mama.

Das beste gegen Streit und schlechte Laune ist warmer Kakao. Mama ging in Lottas Zimmer und hatte einen Kakao dabei.
Lotta saß im Unterhemd auf dem Teppich und spielte mit den Pferdefiguren. Der Pullover lag neben dem Bett.

»Lotta, warum hast du denn den Pullover nicht an? Kratzt er wirklich so doll?«
»Nein, aber er hat ein Loch.«
»Unsinn Lotta. Er ist neu und heile und hübsch.«
Mama stellte den Kakao auf den kleinen Tisch neben den Tuschkasten und hob den Pullover auf. An beiden Ärmeln und in der Mitte am Bauch hatte der Stoff kleine Löcher bekommen. Gerade so groß, dass ein kleiner Finger hindurchpasste.
»Lotta! Was ist mit dem Pullover passiert? Hast du die Löcher mit deiner Papierschere da reingeschnitten?«
»Das war ich nicht«, rief Lotta. »Das war eine Biene! Die kam angeflogen und hat dann die Löcher da reingestochen.«
»Lotta. Ich möchte, dass du heute nach dem Abendessen den Tisch abräumst. Und wir lesen heute Abend nichts vor.« Mama ging ohne ein weiteres Wort, den Pullover nahm sie mit.
Jetzt stemmte Lotta die Hände in die Hüften.
»Immer bin ich schuld«, sagte Lotta zu ihren Pferden. »Und dabei habe ich nicht einmal einen Stachel. Blöde Biene.«


… und ja, diese Lotta gibt es wirklich (studiert mittlerweile Tiermedizin).

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Dann kann sie ja dem Stachel auf den Grund gehen. :wink:

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Froid diagnostizierte messerscharf und blitzschnell: „Ein klarer Fall von doppelter Übertragung und Gegenübertragung, was dem Phänomen des Kreisverkehrs eine völlig neue Bedeutung gibt. Apropos, ich muss zu einer Überdrübertagung mit dem Kollegen Michel Broccoli, der scheint ein frühkindliches Pullitrauma zu haben.“

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75000 klatschende Menschen im Olympiastadion Berlin und ich bin einer von ihnen.Ein beeindruckendes und einmaliges Bruce Springsteen Konzert neigt sich dem Ende. Was für ein Abend! Was für ein außergewöhnlicher Sänger und Mensch!
Gänsehaut, Lebensfreude,Ausgelassenheit,singen,lachen,weinen…alles so dicht beeinander.
Nein, Bruce singt nicht nur.Er nutzt seine Bühne, seine Berühmtheit und Reichweite um auf politische Missstände hinzuweisen. Er ruft dazu auf gemeinsam dagegen anzugehen. Gemeinsam für Gerechtigkeit und Freiheit zu kämpfen. Er schenkt Hoffnung…ich bin für all das so dankbar.
Seinen Song " Chimes of freedom"- Glocken der Freiheit kündigt er auf Deutsch an " Das ist für die Fans aus Ostberlin".
Ich schaue in den Himmel, Tränen laufen mir übers Gesicht. Ja,Freiheit das ist es was du wolltest. Deine Flucht hast du mit einem so verdammt hohen Preis bezahlt und ich stehe ohne dich nun hier.Ich weiß du schaust auf uns herab und schenkst uns allen ein warmes Lächeln der Zuversicht…

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Das Ergebnis zählt

Es war keine leichte Wahl. Die gusseiserne Pfanne oder die kleine Metallhantel? Die gusseiserne Pfanne hatte er immer zur Herstellung seiner Bratkartoffeln verwendet, die ihm besonders kross gelangen, da er sie, nach dem er sie abkühlen lies, erneut mit Schmalz aufbriet. Mit der Hantel hingegen hatte er sich nach seinem Bizepssehnenriss wieder komplett aufgebaut, wie ein Phönix aus der Asche sozusagen. Was repräsentierte ihn nun besser?
Ach eigentlich auch egal, dachte sie, wo die Hantel gerade war, fiel ihr eh partout nicht ein und da er gerade in der Küche stand, als es passierte, sauste eben die Pfanne über seinen Schädel.

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Ausgegangene Herzen - daher:
:heart:

Nur:
Zunächst fällt ihr die Wahl nicht leicht …
Am Ende ist es egal?
Ach ja, Ergebnisse zählen

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:crazy_face: Ehmmm, upssi.

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Die Wahl der Qual…

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Genial!!! :rofl: :heart_eyes:

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Glück gehabt?

Gestern noch hing ich als lila Traube am Stock,
bis Finger mich pflückten.

Auserkoren, frohgemut verließ ich meine Freunde,
welche mir erschrocken nachriefen: „Jetzt wirst du zerquetscht und verspeist!“
„Quatsch“, rief ich zurück. „Nun erkunde ich die weite Welt.“

Und so war’s auch. Auf einem Wagen wurde ich kutschiert, sah Bauern, Tiere und Landschaften. Was hätte ich viel zu erzählen.
Grün würden sie alle bleiben vor Neid.

Doch was war das Ende vom Lied?
Meine Freunde hatten recht.
Im Waschbecken einer Großküche schrie ich, ungehört, um Hilfe.

Auf dem Büfett, immerhin hübsch angerichtet,
verbarg ich mich so lang, zwischen weiteren Trauben,
bis ein kleines Mädchen ausgerechnet mich hervorzog.

Doch statt mich in den Mund zu schieben,
legte sie mich sachte auf ein schmuckes, weißes Tellerchen.
Eine Freundin hatte ich soeben gefunden, was denn sonst?

Hin rollte ich vergnügt und her,
wollte davon immer mehr,
bis plötzlich ich am Boden landete.

Meine neue Freundin bückte sich nach mir.
War das nicht lieb von ihr?
„Liegenlassen!“, hörte ich bloß.

Dann sah ich Füße in Sandaletten,
Turnschuhen und sogar unbekleidete.
Ganz nah und immer näher.

Ohne damit zu rechnen,
stellte der Kellner einen Stuhl so,
dass jeder drum herum lief.

Ach herrlich war das,
ein riesiges Dach, extra für mich.
Welch Leid mir doch erspart geblieben.

Doch dann kam, überraschend aus dem Nichts,
eine Schaufel und ein borstiger Besen.
Das war es nun für mich gewesen?

Glück gehabt, denn immerhin - nicht zerquetscht und nicht verspeist!

(An der Geschichte werde ich noch basteln, weil ich sie süß finde. Ansporn? Reimform)

:grapes:

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Ich möchte mal den morbiden Trieben hier etwas anderes entgegenstellen. :slight_smile:


Auf dem Sprung

Isabell fügte sich bemerkenswert unauffällig in die Gruppe schlangestehender Kreuzfahrer ein. Ihr kleines Reiseköfferchen auf vier Rollen (nicht auf zweien, zum Hinterherziehen, darauf hatte sie Wert gelegt!) stand ebenso dezent neben ihr wie ihr Ex-Freund aus der Schulzeit.

Isabell hatte langes, lockiges, braunes Haar, das sie offen zu hinreißend tiefbraunen Augen trug. Sie freute sich schon auf das unbeschreibliche Gefühl, wenn der Seewind ihr Haar auf eine vollständig natürliche Art neu ordnete; sozusagen eine Bio-Frisur für lau.

Zögerlich tastete sie nach der ihr zugewandten Hand ihres Ex-Freundes und ihre Hände verschränkten sich, einhergehend mit dem wunderbaren Gefühl der Vorfreude auf die kleine Reise mit Seitensprung-Garantie.

An ihren Mann zu Hause dachte sie nicht mehr.
Vielleicht würde sie nie wieder an ihn denken müssen.
Um das herauszufinden, waren sie beide hier.

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Eine sehr nette Geschichte!

Kleiner Hinweis, weil mir das bei allen Beiträgen von dir auffällt: Nach jedem Satzzeichen folgt ein Leerschritt.

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Du hast ja so Recht… Vielen lieben Dank für deinen Hinweis!

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Ich hätte da auch noch etwas. Der folgende Text entstand als Beispiel für das Problem der Erzählzeit und erzählten Zeit. In den meisten Texten ist die (Vor-)Lesezeit (Erzählzeit) viel geringer, als die dargestellte Handlung (erzählte Zeit), hier ist sie vermutlich viel länger.
Bei Filmen usw. kann man die Definition nach Wikipedia deshalb (bedingt) anwenden.
Die Interpretation von Dr. Melzer, die im Anschluss wiedergegeben wird, ist für mich aber viel einleuchtender.

Beispiel für die Erzählzeit und erzählte Zeit nach Wikipedia
Die Erzählzeit (eigentlich Wiedergabezeit) des Laufes ist hier viel größer als die erzählte Zeit.

Der 100-Meter-Lauf
Ich war aufs Äußerste angespannt. Dehnübungen und maßvolle Bewegungen machten meine Muskulatur warm. Würde ich diesmal den Sieg davontragen können? Ob ich meine Trainingszeit bestätigen konnte? Bestzeit 10,81 Sekunden. Endlich wurde ich zum Wettlauf gerufen. Ich stellte die Starterschiene auf die erprobten Maße für die Füße ein. Ein Startversuch. Alles in Ordnung. Ich drehte die Schrauben ganz fest und machte mich bereit. Hände hinter die Linie, Kopf nach unten.
Der Startrichter hob die Pistole. Konzentration. Es ertönt das Kommando: »Auf die Plätze! – Fertig! – Los!«
Der Schuss fällt. Die Zeit läuft. Zeitgleich drückt mich meine Beinmuskulatur behänd nach vorn. Kein Fehlstart. Automatisch steuert das Kleinhirn die Bewegung, das Großhirn den Siegeswillen. Die Augen richten sich auf die Bahn und das Ziel. Ökonomisch gerade laufen. Bin noch der Erste. Mein rechter Nebenmann setzt seinen Fuß vor mir auf. Schneller werden! Kraft mobilisieren! Wenige Schritte. Ausgeglichen! Ziel kommt näher. Richtig atmen! Arme in Laufrichtung bewegen! Muskeln brennen. Schmerz ignorieren. Schaffe es, werde schneller. Wenige Schritte bis zum Ziel. Lange Schritte. Oberkörper nach vorn. Bin halbe Fußlänge zurück. Schneller werden. Mobilisiere die letzten Kräfte. Atem keucht. Ziel erreicht!
Die Anspannung weicht. Ich laufe aus. In den Bronchien sticht es. Ich beuge mich vornüber. Mein Herz rast. Ich atme schwer. Schleim in den Luftwegen. Hatte es für mich gereicht? Das Zielfoto musste entscheiden. 10,79 Sekunden. Für den Sieg war ich eine hundertstel Sekunde zu langsam.

Beispiel für die Erzählzeit und erzählte Zeit nach Dr. Melzer
Strukturierter Text, in dem die Relationen zwischen den beiden definierten Zuständen des Textes sinnstiftend und bedeutungstragend, aber gleichermaßen fiktiv sind.

  • Erzählzeit ist die Zeit, in der ein Erzähler sich als gegenwärtig darstellt und einen bewertenden Part im Text spielt.

  • Erzählte Zeit ist die Zeit, über die berichtet wird.

Umberto Eco lässt in seinem Roman »Der Name der Rose« einen alten Mann erzählen, was er erlebt hat (erzählte Zeit), und wie ihn das geprägt hat (Erzählzeit).

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Traumschiff
»… euch zu lieben und zu ehren, bis dass der Tod euch scheidet.« Das waren vorgestern meine Worte gewesen. Ich sah, wie Carl seine Vanessa anschaute und eine Woge Gottesliebe riss mich mit. Es ist immer wieder der schönste Augenblick in meinem Beruf.
Heute Morgen traf ich die beiden am Buffet. Sie lachten und Vanessa fiel mir um den Hals.
»Unser Pastor!«, rief sie. »Na, wenn das keine Fügung ist. Mit göttlichem Beistand auf unserer Hochzeitsreise.«

Gerade Hochzeitsreisende sind so rein. Pure Hingabe. Unverfälschte Liebe ohne Makel.
Bis der Alltag kommt. Beruf, Termine, Geldsorgen, Stress. Dann geht jedem zweiten Paar die Liebe verloren. Aber die Intensität, die wahre Tiefe, einer Liebe lässt sich nicht an ihrer Dauer messen.
Das Gelübde geht verloren. Wenn ich sie nur davor beschützen kann…
Es gibt so viele Worte in meinem Kopf, kreisend, sich anstoßend und widersprechend.
»Das, was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht trennen.«
»Wo du hingehst, da will ich auch hingehen.«
Das fünfte Gebot.
Aber auch:
»Seid getreu bis in den Tod, dann will ich Euch die Krone es Lebens geben.«

Ich umarme auch Carl und klopfe auf meine Armbanduhr. »Alles Gute ihr zwei! Ich muss jetzt los zur Andacht. Die Uhr tickt.«
Wie auch der Koffer, den ich unter ihren Frühstückstisch gestellt habe.


Da hier einige Kreuzfahrt/Urlaubsstories geteilt wurden - hier eine von mir.

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Apropos Urlaub … Ich (in Ägypten) bin schon seit 3 Tagen krank … Und komme auf solche Ideen … Schlimm schlimm …
Guckt:

Entgangene Urlaubsfreuden – wie ich per Zufall einem Massaker entkam

Morgens treffe ich Britta und ihren Mann, Thorben zum Kaffee. Im Urlaub hat man ja Zeit.
Britta schaut mich entgeistert an. „Wieso trägst du denn ein Kopftuch?“
„Weil’s heiß ist“, gebe ich zurück.
Sie fragt: „Hast du keinen Hut?“
Ich verstehe, was sie sagen will und erwidere: „Wenn ich hier kein Kopftuch tragen darf, wo dann?“
Thorben grinst.

Mittags ist im Speisesaal wenig los. Etliche Urlauber liegen darnieder; Magen-Darm. Dafür sitzen an einigen Tischen Muslime; wahrscheinlich ein Feiertag.

Zurück auf meiner Liege beobachte ich, wie sich unter den Angestellten Grüppchen bilden. Sie winken sich zu, telefonieren erstaunlich oft, treffen sich Allerortens. Eine muslimische Frau läuft an mir vorbei. Die Form ihrer Tasche sieht aus, als verberge sie darin ein Schnellfeuergewehr. Ich grinse. Kann ja nicht sein. Nicht hier. Dass sich die politischen Umstände geändert haben, ist kein Geheimnis. Doch wir alle wissen uns beschützt und werden rund um die Uhr verwöhnt.

Das blöde Plastikarmbändchen nervt. Jetzt bin ich schon über drei Wochen hier; jeder kennt mich. Ich spiele daran herum. Es ist weich und elastisch; also friemle ich es ab, lasse es in meiner Strandtasche verschwinden und mache ein Nickerchen.

Urplötzlich kracht es. Im ersten Moment denke ich, da ist doch eine Gasflasche explodiert, nicht? Bloß dann knallt es wieder und wieder. Ehe ich mich von der Liege erhebe, sehe ich, wie sämtliche Urlauber gnadenlos hingerichtet werden. Aus den Gebäuden ertönen Schüsse. Mir ist zweifelsfrei klar, dass ich keine Chance habe zu fliehen. Die Schützen kommen näher. Ein Gebet? Ist dafür noch Zeit?

Schon zieht mich einer am Arm von der Liege und zielt. Ein Zweiter sieht es und ruft ihm etwas auf Arabisch zu. „Siehst du nicht, dass die kein Bändchen trägt? Sie ist eine von uns!“

Erst als sich beklemmende Stille wie eine schwergewichtige Decke über alles legt, fliehen wir mit bereitstehenden Jeeps, dann Quads und die letzten Meilen auf Kamelen.

Inzwischen spreche ich fließend Arabisch. Obschon ich über vierzig alt bin und vieler negativen Prognosen, habe ich einem Buben ein einsames, aber kein armseliges Leben geschenkt. Der Krieg ist vorbei, doch ich werde nicht zurückkehren. Die Vergangenheit ist gestorben. Alles, was vom letzten Ferientag blieb, ist das permanente Pfeifen in meinen Ohren.

@Silberliebe Findest du die Story zu morbide? :innocent: :crazy_face:

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