Kritik-Einstellungen

Klar. Man sollte sich halt nur bewusst sein, dass die auch hier rumspringen. Und da jeder ohnehin überkritisch mit sich selbst ist und ein Roman immer Schwächen hat, ist man hier ein willkommenes Opfer.

Kann sein. Vielleicht fühle ich mich irgendwie dazu verpflichtet. Ich lese immer mal wieder ein Kapitel und wechle dann wieder auf was anderes :slight_smile: KIndle machts möglich :slight_smile:

Es ist wie bei der Musik. Wenn jemand nicht meinen Stil spielt, muss er ja nicht schlecht sein. Er spielt halt nur nicht meinen Stil. Sobald man dann erst mal Fans oder zumindest Interessierte hat, wird man halt auch in seiner Art bestärkt. Und man kann auch eher unterscheiden zwischen denen, die man noch glücklich machen kann und denen, die einfach nicht kompatibel mit meinem Stil sind.

Ich finde nicht, dass jemand sagen muss, was er möchte. Wenn ich mir die Mühe mache, einen Betatext zu lesen, ist das nicht immer eine Freude. Dann muss man auch damit klarkommen, wenn jemand ehrlich Kritik übt. Darum gings mir aber nicht. Trotzdem gebietet eigentlich der Anstand, dass man Kritik auch konstruktiv äußert.

Manchmal spürt man auch dass so ein Testleser sauer ist. Ja, es gibt Abschnitte, die sind auch mal Scheiße oder stinklangweilig. Um die aufzuspüren, möchte ich ja Feedback hören. Wenn sich jemand da durchballert, geht es ihm wie mir mit dem Typen, dessen Buch ich nebenbei zu lesen versuche. Man wird halt aggressiv. Damit muss ich klarkommen als Autor. Ja, ein langweiliger Text, der kein Ende nehmen will, macht aggressiv. Kann ich nachvollziehen.

Aber nun die eigene Meinung hinten anstellen, nur damit ich jemanden nicht wehtue, macht doch auch keinen Sinn. Die Frage ist halt nur, welchen Tonfall ich verwende.

Das wäre sie auch, würdest du sie nicht an jeder Stelle lesen, an der manche Leute ein Problemchen haben.

Wenn deine Freundin dir irgendwann sagt, sie macht Schluss, wenn du nicht tust, was sie sagt, ist das eine brutal-kritisch-ehrliche Aussage. Wenn sie das aber einmal pro Woche sagt, und das seit 2 Jahren, dann habt ihr ein anderes Problem. Und das ist das Gegenteil von brutal-kritisch-ehrlich.

Hab hier bitte im Kopf, dass ein Typ, dem ein Betatext von mir nicht gefiel, zu dem ich Interessierte suchte (!) aber für die Beschäftigung mit dem Buch er keine Zeit hatte (!) mir zur gleichen Stunde noch eine 1-Sterne-Bewertung bei Amazon für ein anderes Buch (!) gab.

Der Text, den ich eingestellt hatte, war Band 4. Ich bin jetzt noch an den Vorbereitungen von Band 3. Wir reden also von einem ersten Schuss - einem ersten Eindruck eines Betatextes, der noch lange nicht veröffentlichungsfähig ist.

Darum für alle, die mich hier missverstehen. Selbstbverständlich sollt ihr Kritik ernstnehmen und nicht die beleidigte Leberwurst spielen, wenn jemand an eurem Heiligtum Schwächen nennt. Aber achtet auf Psychos und lasst euch nicht zu deren Punchingball machen.

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Das wäre sie auch, würdest du sie nicht an jeder Stelle lesen, an der manche Leute ein Problemchen haben. Wenn deine Freundin dir irgendwann sagt, sie macht Schluss, wenn du nicht tust, was sie sagt, ist das eine brutal-kritisch-ehrliche Aussage. Wenn sie das aber einmal pro Woche sagt, und das seit 2 Jahren, dann habt ihr ein anderes Problem. Und das ist das Gegenteil von brutal-kritisch-ehrlich.

Vor allem ist es im Dauerfeuer zunächst weder ehrlich noch kritisch noch konstruktiv. Deswegen: Wenn es nach dem ersten Mal der Auftakt zu einem ernsthaften Gespräch ist, gut. Wenn es als plumpe Waffe ohne Sinn, Verstand und Interesse verwendet wird, ja … destruktiv und unnütz.

Und ich stimme Dir absolut zu:

Das Buch weglegen wegen einer falschen Formulierung oder der Verwendung von Wörtern, die einem nicht schmecken, ist ja auch nur eine Abwandlung von „Nein, Nein, Nein, ich esse meine Suppe nicht!“

Wenn sich ein Stilmittel so übermäßig häuft und ich komme damit auf Dauer nicht klar (ständige Rückblenden, Traumszenen, eintönige Beschreibungen etc) dann klar. Niemand muss ein Buch fertiglesen. Aber die Prinzessin auf der Erbse braucht niemand als Leser und schon gar nicht als Testleser.

Du siehst mir die Sache mit der konstruktiven Kritik hier aus Deinen eigenen schlechten Erfahrungen heraus zu negativ, @tomP.

Und darum, wie wir hier kritisieren sollten - ich sage, sachlich, ruhig auch mal scharf, wenn angebracht, aber immer konstruktiv, darum geht’s doch in diesem Thread.

Gerade hier im Papyrus-Forum haben wir eine Menge Kompetenz und wenig … „Sadisten“, will ich sie mal nennen.

Es gibt Negativbeispiele, gerade auch in der Welt „da draußen“, aber hier sind Beiträge wie vor allem die Kritik daran auf hohem Niveau.
Eine Abstufung je nach Selbsteinschätzung wäre eher kontraproduktiv, ist der Tenor.

Damit haben wir doch ein prima Ergebnis, was Kritik im Papyrus-Forum angeht.

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Eigentlich waren die gar nicht schlecht - einige sogar umwerfend gut. Nur 2 Leute waren daneben. Aber dass jemand, der einen Text verbessern will, ohne Lust zu haben, sich damit zu beschäftigen, sich ein anderes Buch von dir raussucht, um es schlecht zu bewerten, ist schon krass.

Ich hatte aber nicht so verstanden, dass es Veröffentlichungen hier geht.

Was ich aber für wenig sinnvoll halte, sind Bedienungsanleitungen: „Wie viel Kritik ertrage ich.“ Darum gings oben glaube ich. Man muss halt Kritik nehmen, wie sie ist. Aber auch immer mal kritisch bleiben, was die Kritik angeht.

Stimmt, das ist eine Art von Erpressung, sowas hat nichts mit Zusammenarbeit zu tun.

Wenn es aber z.B. heißt," die ersten 5 Seiten strotzen nur so vor Tippfehlern, die solltest du unbedingt eliminieren, anderenfalls werden die meisten Leser - ich auch - abspringen und das Buch weglegen" ist es die Erklärung für ein KO - Kriterium.
Wie oft im Text das passiert, hängt vom Testleser ab.

Ich glaube, hier sind wir auch auf einen wichtigen Punkt gestoßen, nämlich welche Kriterien man für seine Kritik anlegt.
Mit so Sachen wie fehlerhafter Grammatik und Rechtschreibfehlern ist es noch einfach, da kann man in den meisten Fällen auf richtig oder falsch entscheiden.

Doch so ziemlich alles, was darüber hinausgeht, betrifft den persönlichen Geschmack und das ganz eigene Ermessen des Testlesers (aus diesem Grund gehöre ich auch zu denjenigen, die immer sowas wie einen Disclaimer über eine Textarbeit drüberschreiben).
Und schon geht der Spaß los: Die einen stören sich an zu vielen Adverbien, die anderen am immer gleichen Satzrhythmus, ein weiterer würde weniger Kommas setzen, dem nächsten ist es zu wenig Handlung, einem anderen geht die Handlung viel zu schnell und so weiter.

Es gibt praktisch kein Thema bei der Schreiberei, bei dem alle einer Meinung sind. Was der eine als Pillepalle abtut, ist für einen anderen ein Grund, das Buch nicht weiterzulesen, und völlig egal was und wie man schreibt, wenn man es nur genügend Leuten zu lesen gibt, wird in den Kommentare von Großartig bis Grauenvoll alles vertreten sein.

Wer hat jetzt recht?

Alle. Da all diese Meinungen subjektiv sind, ist die eine so gut wie die andere, es gibt da kein richtig oder falsch.
Wenn man Glück hat, kann einem der Testleser noch genau sagen, was ihn an einer Konstruktion oder Passage gestört hat, dann kann man sich als Autor überlegen, ok, da ist was dran, oder auch nein, ich sehe das komplett anders.

Lässt sich das vermeiden? Ja, ganz einfach sogar. Professionelle Lektoren beherrschen die Kunst, einen Text so zu verbessern, dass der Stil des Autors erhalten bleibt, und sie sind stilsicher genug, um zu wissen, wann eine Formulierung gut klingt und wann nicht.
Der Haken dabei? Es kostet pro Seite zwischen 6 und 8 Euro.

Deswegen sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass wir alle hier als Laien unterwegs sind, die kostenlos in ihrer Freizeit testlese und nicht auf das Wissen und die Erfahrung eines Profi-Lektors zurückgreifen können.

Das entschuldigt natürlich keine Rache-Rezensionen und solche Sachen.

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da es keine absolute Wahrheit gibt - für mich immer der Autor/die Autorin - zumindest im Self Publishing Bereich. Wenn es einen Auftraggeber gibt, dann natürlich der :slight_smile:

Ansonsten liegt die Verantwortung für den Erfolg des Textes bei mir. Ich werde damit reich oder muss mit den *-Rezensionen bei Amazon leben. Das heisst, ich muss soviel Reflexionsfähigkeit und Interesse aufbringen, um das für mich beste aus den Kritiken herauszuziehen. Und allenfalls alles ignorieren, was ich nicht für relevant halte. Als Kritiker gebe ich immer „nur“ Input.

Das bedingt natürlich, dass ich wirklich Interesse an der Kritik habe und den Text nicht einstelle, weil ich nur gelobhudelt werden will. Hier spielt auch der Fairness-Gedanke mit rein: wenn ich um Feedback frage, jemand macht sich die Mühe dieses zu geben und wird dann abgebügelt ist das auf menschlicher Ebene ein Umgang, mit dem ich nichts anfangen kann. Die Person bekommt garantiert nie wieder Feedback von mir.

Hilfreich im Leben ist oftmals sowieso eine Grundhaltung, in der man dem Gegenüber einräumt, dass seine Argumente vllt durchaus berechtigt sein könnten - aus welcher Perspektive auch immer. Das bedingt allerdings auch eine eigene persönliche Reife.

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Das ist ja, was ich sagte. Wir müssen das Ding hier aber auch nicht unnötig mit meiner Story ausweiten. Ich schreib noch einmal was dazu, dann lassen wir meinen Teil gut sein.

Ich hab mir 2014 Papyrus für (für mich) teures Geld gekauft, weil ich meine Rechtschreibung auf veröffentlichungsfähigen Level bringen wollte. Bis heute schreibe ich zwar ohne Stilprüfung, aber immer mit Rechtschreibprüfung an. Und ich kläre alles, was ich nicht verstehe und versuche mir, sofort ein Bild zu machen. Das bedeutet: Rechtschreibtechnisch sind meine Texte immer auf einem relativ hohen Niveau.

Und auch seiner aktuellen Stimmungslage. Denn sind wir mal ehrlich zueinander. Wir selbst sehen unsere Texte an einem Tag so positiv, dass wir fast über Wolken schweben. Und nach dem nächsten Aufstehen sitzen wir fassungslos vor dem Schwachsinn, den wir gestern noch gut fanden. Testleser machen dieses Auf und Ab vielleicht nicht genauso drastisch mit. Aber die haben auch mal einen guten oder schlechten Tag.

Ja, deswegen bist du bei mir auch unter besonderer Beobachtung :slight_smile:

Tut mir leid, dass ich ausgerechnet deinen Disclaimer aus dem Kopf zitiert habe. Mit sowas kann es losgehen – muss es aber nicht. Ist also keine persönliche Wertung gegen dich.

Und es gibt noch die Regelbefolger. Also die, die immer Regeln befolgen wollen, ohne zu verstehen, dass man sie auch mal brechen muss. Aber eben gewollt und nicht, weil man es nicht anders kann.

Das ist eben auch eine Sache, die man deutlich machen muss: Es bleibt der Text des Autors. Manche Testleser versteigen sich auch mal dazu, die Handlung in ihrem Sinn fortzuschreiben. Und die verstehen dann nicht, dass das nicht klappt, weil es da bereits weitergeht und deren Weg nicht offensteht.

Nach dem, was ich so lese, scheint das auch nicht jeder Lektor hinzukriegen. Ich hatte eine Testleserin, die vom Schreiben lebt - mit Agentur und so. Die beschwerte sich mal, dass es Verlagslektoren gibt, mit denen sie gar nicht gern arbeitet. Ihr damals aktueller war aber wohl jemand, mit dem sie gut konnte.

Wenn du dir nun ohne Ahnung einen Lektor suchst, kann es also auch sein, dass du jemanden findest, der dich nicht weiterbringt.

Zu den Büchern, die ich nie fertiggelesen habe, gehört auch ein Schreibratgeber eines bekannten Lektoren. Duch mindestens 10 weitere hab ich mich durchgeballert, aber dieses Ding verklebt irgendwie mein Gehirn, obwohl ihn alle bei Amazon super bewerten. Kann also sein, dass es einfach mal nicht passt. Nur wenn du keine Ahnung hast, wirst du viel Geld ausgeben müssen, bis du auch davon Ahnung hast, wer passt und wer nicht :slight_smile:

Trotzdem nie vergessen: Das Internet ist kein nettes Planschbecken. Spinner gibt es überall. Das Verrückte ist, dass ich sofort gemerkt habe, dass mit ihm was nicht stimmt und ich mit dem nicht zusammenarbeiten will. Der hat sich quasi dafür gerächt, dass ich ihm die Tür nicht aufgemacht habe, durch die er gar nicht eintreten wollte. Darum immer wachsam sein.

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Hm … Nee. Das rutscht mir zu sehr ins Belanglose.
Ich mag das so nicht stehen lassen und möchte deutlich widersprechen.

Genres, Themen, Abstufungen an Gewalt, Sex, … da ist das noch völlig korrekt, hier gibt es kein „Richtig“ oder „Falsch“.

Es gibt aber erkennbare Kriterien für schlechten Stil, für unbefriedigende Dramatik, für schlechtes Schreiben insgesamt.

Das Schöne ist - es ist schwierig, das herauszufinden.

Aber wenn man’s geschafft hat, auch nur einen Satz, einen Absatz, eine Seite, einen Buchbeginn zu verbessern - dann weiß man nur zu oft, warum.

Das ist einerseits Erfahrung, aber das Herausfinden und Überwinden solcher Stolpersteine bringt einen schneller voran, als wenn man keine Kriterien berücksichtigt und keine Kritik annimmt.

Ein bisschen Bekenntnis dazu, dass es durchaus besser geht, bringt einen weiter!

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Was ist denn dann mit Texten, die ohne Interpunktion auskommen? Im Allgemeinen ist das doch eher schlechter Stil, wenn man mal von der Ignoranz der Grammatikregeln absieht. Ich denke an Saramango.

Mein Mann hat das Buch nach 1 Seite weggelegt. Ich habe es verschlungen. (Stadt der Blinden).

Hab jetzt auch nicht dich gemeint, es war wirklich nur ein Beispiel.

Alles gut, hab ich kein Problem damit.

Schon klar, trotzdem hat man als Testleser viel mehr Abstand, eben weil es nicht das eigene ‚Baby‘ ist, bei dem man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht.

Deswegen bieten fast alle freiberuflichen Lektoren Probelektorate an, wo man klären kann, ob man zusammen arbeiten kann oder nicht.

Gibt es, und doch wirst du da niemals alle unter einen Hut kriegen.
Für wie viele Leser ist fifty shades of grey ein großartig geschriebenes Werk, und anders herum, wie viele finden Juli Zeh maniriert und belehrend?

Ich vermute (hoffe!), mit wachsender Lese- und Schreiberfahrung wächst die eigene Sensibilität und das Verständnis dafür, was gut klingt und den Text weiterbringt.

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Gute Lektoren können das - den eigenen Stil hintenanstellen und sich auf den fremden Stil einlassen. Gute Testleser auch.
Ich hatte einmal eine Lektorin, die einfach eine Stilanalyse über den Text hat laufenlassen. Jedes „hat“ oder „hatte“ hat sie mit „schwaches Verb“ und/oder Wortwiederholung gekennzeichnet - unabhängig davon, ob es ein notwendiges Hilfsverb für PQP oder Perfekt war. Ein Problem, das es in anderen Sprachen weniger zu geben scheint, anscheinend nur die Deutschen zählen Hilfsverben zur grammatisch korrekten Tempusbild zum Stil.
Saramago ist sicher kein Beispiel für schlechten Stil. Aber schreib mal so drauflos (ich meine jetzt nicht Suse, sondern tja, jedermann - und es wird Grütze. Das geht nicht ohne echte Skills.
Edit: Fifty Shades kann man doof finden (ich finde es inhaltlich doof), evoziert aber einen Film im Kopf, das geht auch nicht, wenn man das Handwerk nicht beherrscht. Oder Teile des Handwerks.

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Ich hab die Stadt der Blinden mittlerweile auch gelesen. Es hat mich verstört wie kaum je ein Buch zuvor, und auch wenn das Fehlen der Interpunktion mit für diese Wirkung verantwortlich ist, es hat mich schon etwas gestört.

Saramango wusste ganz genau, was er da macht!

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Das ist mir vollkommen klar. Er hat aber auch ganz klar gegen Regeln verstoßen. Darum ging es mir. Dass auch Regelverstöße erlaubt sind, wenn sie bewusst geschehen und nicht aus Unwissenheit oder weil es nicht den persönlichen Geschmack trifft.

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:flushed:

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Das ist ja der Punkt. Ausnahmen gibt es. @Ulli hat aber dennoch recht.
Stil & Qualität sind sicherlich nicht rein subjektiv, sondern bewertbar. Die Literaturwissenschaftler unter uns könnten uns hier vermutlich über Wochen… langweilen (?).
Nein, im Ernst: wer ein paar Bücher über Literaturtheorien gelesen hat oder auch über Genrepsychologie merkt, dass es durchaus Regeln gibt, die gut von schlecht trennen.
Die Ausnahmen oder trozdem Bestseller oder Universaltalente sind halt… Ausnahmen.
Was macht eine gute Metapher aus?
Wann sind Vergleiche überfrachtet?
Sind Alliteration oder Akronyme gezielt genutzt und orginell oder platt?
Sind Perspektivenwechsel nachvollziehbar?
Ist die Symbolik abgegriffen?
Gehen die Charaktere eine Entwicklung durch? (flat character vs round character)
Sind vielleicht Querverweise zu anderer Literatur erkennbar?
Spiegelt sich in der Hauptstory vielleicht eine Subebene, die der eigentliche Kern der Story ist? (SciFi & Horror sind da unglaublich!)
Über Spannungsbögen und Dramentheorie, Wortwiederholungen, Sprachschatz, Logik, Satzbau hab ich noch nicht einmal angefangen…

So was halt. Ja, Ausnahmen, wie Verzicht auf Satzzeichen gibt es. Ist aber ja nicht die Normvariante. Ein wenig so, wie die Leute die nicht mit dem Rauchen aufhören können immer sagen: „Helmut Schmidt hat das auch bis ins hohe Alter.“ Stimmt. Macht Rauchen aber noch nicht gesund.
Ebenso im Text. Bruch von Konventionen geht - macht es aber nicht automatisch gut. Sondern nur im Einzelfall.

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Cormac MacCarthy verwendet keine Indikatoren für die direkte Rede - er weiß allerdings, wie er schreiben muss, damit er das kann. Wenn ich jetzt bei meinen Texten das gleiche mache, wird mir jeder Testleser zurecht sagen, dass das nicht lesbar ist, weil mein Text eben darauf nicht zugeschnitten ist.

Als mir eine Testleserin einmal sagte, dass meine Geschichten keine Handlung haben, war ich zugegeben im allerersten Moment eingeschnappt. Weil: natürlich geschieht da A und dann macht B mit C, und überhaupt (!) D!!!
Nach etwas schmollen hab ich über die (ehrliche, aber auch freundliche) Kritik nachgedacht und irgendwann hats geklingelt, wo der Fehler liegt, wo ich ansetzen muss.

Was ich damit sagen will: es liegt nicht nur (aber natürlich auch) am Kritiker, sondern auch am Empfänger. Nehme ich die Kritik an? Ich muss ja nicht, aber falls ich es tue, wie?
Und da macht es wohl auch einen riesigen Unterschied, ob ich davon überzeugt bin, meine Texte sind die besten in ihrem Gebiet, oder ob ich die Juli bin, die da mal sagt Hey Leute, hier ist mein Text. Ich schreib nur alle zwei Wochen mal am Freitagabend, seid bitte lieb <3
Der eigene Anspruch und die Erwartungshaltung, wie die Kritik dann ausfallen wird, macht wohl einen deutlichen Unterschied.

Dass sich ein Kritiker zusammenreißen soll und nicht völlig gedankenlos seinen Frust drauflosballert, ist klar, genauso wie es bei professionellen Lektoren eine Qualitätsbandbreite gibt, die sich wohl mit Elektrikern und Installateuren vergleichen lassen kann.
Aber am Ende bin ich als Empfänger immer dafür verantwortlich, was ich damit mache, wie ich damit umgehe. Da kann mir auch niemand - wirklich niemand! - helfen.

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Ich hab mir für mich eine relativ gut funktionierende Regel definiert, wie ich mit Kritik umgehe, dir mir gerade so gar nicht passt: Ich muss eine Woche warten, bis ich darauf reagiere.

Tag 1-3: Ablehnung
Tag 4-5: Allmähliches Einsetzen der Realität
Tag 6+7: Abschätzen des Aufwands „Das kannst du doch nicht ernsthaft machen“
Tag 8: „Ok, ich schreib die Scheiße neu!“

Funktioniert relativ gut. Kann ich so empfehlen.

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Kritik ist oft emotional, da sie sowohl von der Person, die sie äußert, als auch von der Person, die sie erhält, unterschiedlich interpretiert wird.
Wie Kritik geäußert wird, bestimmt, ob Unsicherheit, Verteidigung oder Motivation ausgelöst werden. Ziel sollte es sein, klare und hilfreiche Rückmeldungen zu geben, die keinen unnötigen Stress verursachen.
Kritik sollte so geübt werden, dass der Kritisierte, sei es bei einem Text, Monolog oder einer Handlung, verschiedene Kriterien erfüllt sieht.
Kritik sollte stets konstruktiv sein und idealerweise konkrete Vorschläge bieten. Kritik sollte ich-bezogen und im Konjunktiv formuliert sein.

Die beiden Beispiele von @Ulli sollen den Unterschied zwischen scheinbar konstruktiver und förderlicher Kritik am besten verdeutlichen. Ich hätte auch Beispiele erfinden können, aber da sie schon einmal vorhanden sind, warum nicht gleich verwenden :wink:

Mit der Aussage „Das Tempo passt nicht - die Sätze in der Szene sind zu lang“ können wenige etwas anfangen. Wäre der Satz dem Schreiber zu lang gewesen, hätte er ihn vermutlich anders formuliert.

Förderliche Kritik könnte lauten:
An dieser Stelle verlangsamt sich das Tempo, weil …
Ich würde diesen Satz kürzen, da …

Für die Aussage „Die Szene wirkt künstlich - die Wortwahl für den Bauarbeiter ist zu geschwollen“ gilt dasselbe wie im obigen Beispiel.

Förderliche Kritik könnte lauten:
Ich finde die Ausdrucksweise des Bauarbeiters unnatürlich, daher wirkt die Szene künstlich. Bauarbeiter sprechen normalerweise so: Beispiel…


Fast hätte ich es vergessen, die ursprüngliche Frage war, ob man nicht Kritik besser je nach Entwicklungsphase des Autors ausüben könnte.

Ich würde meine Kritik nicht nach der Entwicklungsphase des Autors richten, denn wenn ein professioneller Autor „als“ mit „wie“ verwechseln würde, lautet meine Kritik:

Ich würde an dieser Stelle „als“ verwenden, weil …, oder ich würde an dieser Stelle „wie“ verwenden, weil …

Alles andere wurde schon geschrieben.

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Wenn es Dir nur um die Formulierung von Kritik geht, gibt es dazu bereits etliche Empfehlungen, wie ich ohne Vorschlaghammer kritisieren kann:

WWW-Regel

  • Wahrnehmung
  • Wirkung
  • Wunsch

Beispiel:

  • Bei mir kommt es so an, dass der Bauarbeiter eine ziemlich vornehme Sprache benutzt.
  • Damit wirkt der Bauarbeiter für mich nicht authentisch.
  • Vielleicht könnte er etwas einfacher (mehr Hauptsätze) und derber (keine Wörter, die ich nachschlagen muss) reden.

So habe ich es mal gelernt. In Feedbackgesprächen ist das vor allem in Gruppen wichtig, um niemandem das Gefühl zu geben, am Pranger zu stehen. Doch auch inhaltlich ist es viel besser nachvollziehbar, da der Änderungswunsch in einem Dreisatz abgeleitet wird.

Auf der anderen (der realistischen!) Seite ist diese Form der Kritik für einen (Hobby-)Lektor nicht umsetzbar, denn ich möchte nicht bei jedem Wort, das ich für überdenkenswert halte, ein kleines Essay schreiben. Da muss dann auch reichen: "vielleicht besser: ‚Das ist der Hammer!‘ statt ‚Kniet nieder, zu preisen dies Glückes Geschick!‘)

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