Hallo YinYangYong,
nein, ich spreche nicht wirklich laut mit meinen Protagonisten. Zwar gehe ich (auch bei der Fahrt zur Arbeit - allerdings wetterbedingt noch im Auto) meine Dialoge auch in Gedanken akribisch durch, merke dann aber, dass sie viel besser werden, wenn ich sie letztendlich aufschreibe. Und vor allen Dingen werden dann wirklich die einzelnen Marotten der Figuren deutlich. Solange es nicht zu ausschweifend wird, lasse ich sie da erst mal Wildwuchs treiben.
Es kann aber auch schon mal passieren, dass ich dabei feststellen muss, dass mir eine Figur komplett aus dem Ruder läuft. Dann kappe ich den Text und setzte ihn auf’s Klemmbrett (man weiß ja nie…). So gewappnet lasse ich die Figuren die Szene noch einmal durchlaufen, allerdings habe ich die wilde Hummel jetzt an der Leine.
Aber was ich tatsächlich auch mache - und deswegen antworte ich hier eigentlich - ist, dass ich mich manchmal mit meine Figuren unterhalte. Manchmal bewusst in einem Tagtraum, manchmal besuchen sie mich nachts im wirklichen Traum.
In meinem Fantasy-Roman (ja, ich auch ;)) habe ich einen Töpfer, der auch ein Drachenkrieger ist. In einem Kampf wird er abgeschossen und verbrennt auf seinem Drachen - sehr tragisch.
Nachts kam im Traum ein Kerl zu mir. Stell dir einen Motorrad-Rocker mit festem, schwarzen Lederzeug und wilden Haaren vor. Er hatte eine schmuddelige Stofftasche bei sich. Ohne ein Wort zu sagen, holte er den Inhalt heraus und stellte ihn vor mich auf einen Tisch. Es waren Schalen, Krüge und Tassen. Dann sah er mich traurig an und meinte: “Schau mal, wie schön die Dinge sind, die ich fertige. Und du lässt mich sterben? Warum kann ich nicht leben?” Ich bin aufgewacht und war überrascht, wie sehr mein Töpfer an seinem Leben hängt. Ich habe ein bisschen nachgedacht und mich dann entschieden, ihn am Leben zu lassen. Jetzt stirbt eben der Glasbläser auf diese Weise. Der hat sich seit 10 Jahren noch nicht beschwert. Für ihn scheint das in Ordnung zu sein.
Oder ich habe einmal bewusst die Augen zu gemacht, um mich zu meinem Helden zu begeben, weil ich ein paar Fragen hatte. Er saß auf einer Almwiese und genoss den Ausblick (ist ein Mann, der die Berge liebt). Ich setzte mich neben ihn und wir unterhielten uns ein bisschen. Das war wirklich sehr witzig, zumal ich von ihm Antworten bekam, die ich vorher selbst nicht einmal wusste. Das war echt krass. Als ob wirklich jemand Fremdes neben mir sitzt, auf den ich keinen Einfluss habe. Seit diesem “Meeting” kann ich ihn viel besser verstehen. Hört sich komisch an, war aber wirklich so. Und das Treffen war auch wichtig, weil ich ihm jetzt tatsächlich vertraue, dass er meine Geschichte tragen kann.
Ich knote schon seit 1997 an meinem High-Fantasy-Epos. Im Moment schätze ich den Umfang auf 6 Bücher. Wirklich geschrieben sind allerdings nur 450 Seiten am Stück. Ich weiß, dass es ein Mammut-Projekt ist, aber ich habe bisher nicht locker gelassen. Allerdings werde ich mich an den Ratschlag halten, den mir eine bekannte Verlegerin gegeben hat: “Mach erst alle Bücher fertig, erst dann geht es an die Öffentlichkeit. Nachdem du das erste Buch veröffentlicht hast, schießt du nach 3-6 Monaten das zweite hinterher. Und immer so weiter, eine ganze Reihe. So wird man nicht vergessen.” Ja, so habe ich das vor. Und bis dahin werde ich wohl noch das ein oder andere Schwätzchen mit meinen Figuren halten können
Liebe Grüße,
Vroni