die Mutter der Freundin um fünf nach Hause käme, stände, wie von ihr gefordert, ein prall voller Eimer mit Beeren auf dem Küchentisch.
Anne überlegte rasch und folgte Gundis Empfehlung bereitwillig. Leider hatten die Mädchen vergessen, vorher den lieben Petrus nach seinen Plänen zu fragen.
Dem fiel leider kurz vor vier ein, dass die Natur dringend Regen benötigte (immer noch Vergangenheitsschiene), und schickte einen ergiebigen Landregen auf die Erde. Das ist ein wenig widersprüchlich. Bei google wird ein Landregen als “lang anhaltender, gleichmäßig und nicht sehr heftig fallender Regen” definiert. An anderer Stelle im Internet steht, ein Landregen dauere mindestens sechs Stunden.
In Deinem Text habe ich eher den Eindruck, Du meinst einen heftigen Guss. Das wäre eher das Gegenteil eines Landregens.
Als die Freundinnen im Garten ankamen, stand der Eimer,kein Komma noch an der gleichen Stelle unter dem Johannisbeerstrauch. Nur mit dem Unterschied, dass er zusätzlich zu der geringen Menge an Beeren,Wenn Du hier ein Komma setzt, muss hinter “er” auch eines. voll mit Regenwasser war.
Es schüttete wie aus Kübeln (also kein Landregen), sodass es nicht mehr möglich war, die fehlende Früchte zu ergänzen.
Die kümmerliche Ausbeute wurde unter den Familienmitgliedern gerecht verteilt. Anne erhielt keinen Anteil.
Dafür folgte eine Strafe auf dem Fuße. Ist der unfreiwillige Verzicht auf die Johannisbeeren nicht schon die Strafe?
Am nächsten Tag war wieder schönstes Schwimmbad Wetter (entweder in einem Wort schreiben: Schwimmbadwetter oder zumindest mit Bindestrich).
Leider hatte sie nichts davon, da die Mutter aufgrund der gestrigen Vorkommnisse (Diesen Ausdruck empfinde ich als sehr sperriges Beamtendeutsch. Es macht einen Romantext nicht angenehm zu lesen.), der unfolgsamen Tochter Besuche im Schwimmbad bis auf weiteres gestrichen hatte. Warum erzählst Du das hier? Es wäre viel spannender und lebendiger, wenn der Leser diese Szene miterleben dürfte. Wenn er den Streit zwischen Mutter und Tochter in einem Dialog verfolgen dürfte. So wird er vor vollendete Tatsachen gestellt.
Stell Dir mal vor, Deine Geschichte würde verfilmt. Was würde der Zuschauer sehen? Welche Bilder würden von der Kamera eingefangen? Welche Dialoge stünden im Drehbuch? Und dann versuche, Deinen Text so zu schreiben, dass beim Leser ein Kopfkino abläuft. Show, don’t tell!
Vorsorglich hält sie in Erinnerung an das unliebsame Ereignis diesmal ihren frechen Mund und leidet still vor sich hin.
Die anschließende Bemerkung der Mutter, dass sie die Erste wäre, die sich im Winter auf ein Stück Kuchen freut, dass mit Obst belegt ist, findet sie absolut überflüssig und zusätzlich noch ein bisschen gemein. Auch hier nutzt Du immer wieder die indirekte Rede, anstatt mit Dialogen und Bildern die Fantasie und das Herz des Lesers anzusprechen. Das ist sehr schade, denn an sich ist Deine Geschichte durchaus spannend.
Wenn ich das richtig verstanden habe, sind wir jetzt wieder in der Gegenwartsschiene. Die Rückblende ist vorüber. Allerdings weiß man nicht genau, dass Anne auch in der Gegenwartsschiene Johannisbeeren pflücken soll. Am Anfang des Textes spricht der Erzähler nur von Annes Verpflichtungen, sagt aber nicht, welche das sind.
Sie unterdrückt es verzichtet darauf zu fragen, wo sich denn zur Zeit ihre Brüder herum treiben (Zusammenschreibung: herumtreiben; “rumtreiben” ist Umgangssprache, die ich nur in wörtlicher Rede verwenden würde, aber nicht im Fließtext). Und warum die beiden nicht helfen. Die äßen (Hier bist Du plötzlich im Konjunktiv, in indirekter Rede. Aber das müsstest Du einheitlich gestalten. Dann müsstest Du auch “herumtrieben”, “hülfen” (Konjuktiv II, den man immer dann verwendet, wenn Konjuktiv I mit dem Indikativ übereinstimmt wie bei “helfen”) verwenden. doch auch Obstkuchen im Winter. Das mit den Konjunktiven würde ziemlich zäh werden. Ein Grund mehr, direkte Rede, also Dialog zu verwenden.
Die Antwort darauf gibt sie sich gleich selbst. Die Begründung ist eh (auch umgangssprachlich und daher besser für wörtliche Rede geeignet. Besser wäre “ohnehin”.) stets dieselbe und vollkommen unsinnig: «Weil du ein Mädchen bist.»
Wie sie diese absurde Aussage hasst. Sie folgert daraus, dass Frauen in einer von Männern dominierten Welt,kein Komma mit Sklavinnen gleichzusetzen sind. Auch hier frage ich mich wieder, wie alt Anne ist. Mit sechzehn mag sie über solche Dinge nachdenken, mit sechs eher nicht.
Ihre rebellischen Gedanken verbirgt sie umsichtig seit langer Zeit. Einzig mit Claudia diskutiert sie ihre Überzeugungen heftig. Wer ist Claudia? Die taucht hier so aus dem Nichts heraus auf …
Diese ist ihr in der speziellen Angelegenheit so weit voraus. Welche spezielle Angelegenheit?
Anne bewundert grenzenlos, wie die beste Freundin sich in das Unvermeidliche fügt, ohne zu meckern und zu motzen. Eine Charaktereigenschaft, die ihr völlig abgeht. Warum bewundert sie das? Eben hat sie noch einen Vergleich zwischen Frauen und Sklaven angestellt und jetzt bewundert sie eine Claudia, die sich fügt, ohne zu meckern? Passt das zusammen? Ich hätte eher gedacht, dass sie Claudia dafür verachtet.
Denn sie debattiert und disputiert heftig über alles und nichts, solange (hier: Getrenntschreibung), bis sie die Sinnhaftigkeit oder die Unsinnigkeit der Thematik erkannt hat.
“So lange … bis” ist keine Konjunktion, deshalb wird es getrennt geschrieben.
Du kannst Folgendes schreiben: “… so lange heftig über alles und nichts, bis sie …”
Oder: "Sie debattiert heftig über alles und nichts, solange sie die Unsinnigkeit dieser Themen nicht erkannt hat. (Hier ist “solange” eine Konjunktion und wird zusammengeschrieben.)
Sich dann drein zuschicken, in das Unabwendbare zu fügen, das dauert immer ewig bei ihr. So ist ihr Lebensweg steinig und mit allerlei Unwägbarkeiten gepflastert. Und sie erahnt, dass es so bleiben wird. Hier würde ich nochmal deutlich machen, dass Du von Anne redest und nicht von Claudia.
Innerlich gelobt sie sich immer wieder, wenn sie wegen der Meckerei eine Strafe erhalten hat, sich Claudia zum Vorbild zu nehmen. Die schafft es ja schließlich bravourös.
Sie ist um so vieles vernünftiger, erkennt Anne seufzend. Warum schaffe ich es nicht, mein loses Mundwerk zu halten?.
Na ja, manchmal klappt es ja auch bei mir.
So wie heute. Unwillig arbeitet sie die ihr übertragenen Arbeiten ab. Dass sie mit der Entscheidung der Mutter nicht einverstanden ist, entnimmt man ihrem mürrischen Gesicht. Worin man meist zu lesen vermag, wie in einem offenen Buch.
Liebe Anlo,
vielen Dank, dass ich Deinen Text lesen durfte. Mehr schaffe ich heute nicht.
Es stecken sehr viele interessante und spannende Ideen und Ansätze in Deinem Text.
An diesen Punkten könntest Du noch arbeiten:
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Show, don’t tell! Lass Bilder vor den Augen des Lesers entstehen und erzähle ihm nicht nur die Quintessenzen. Lass ihn daran teilhaben, wie sich eine Szene entwickelt. Wie es dazu kommt, dass Anne nichts von den Johannisbeeren abbekommt. Lass die Figuren sprechen und nutze indirekte Rede nur in Ausnahmefällen.
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Gib Deiner Protagonistin ein Ziel. Ich weiß, dass sie nicht gerne Beeren pflückt. Ich weiß auch, dass sie lieber schwimmen möchte. Aber ich weiß nicht, warum. Weder, warum sie nicht gerne Beeren erntet (die doch lecker sind), noch, warum sie das Schwimmen vorzieht. Dabei sind alle möglichen Gründe akzeptabel, wenn Du sie dem Leser überzeugend (das heißt mithilfe von Show, don’t tell) deutlich machen kannst. Wenn Du es geschickt anstellst, könntest Du den Leser sogar davon überzeugen, dass Anne lieber Insekten isst als Johannisbeeren. Es kommt nur auf das Wie an.
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Zeige durch kleine Andeutungen und durch die Sprache, wie alt Anne ungefähr ist (es kommt da nicht auf ein oder zwei Jahre an, sondern auf die Altersgruppe). So kann der Leser sich leichter mit ihr identifizieren und auch ihre Handlungen leichter nachvollziehen. Ich habe in meinem obigen Beispiel nicht genau gesagt, wie alt Anne ist. Aber durch die Info, dass sie auf Jonas steht und auf ein Date mit ihm hofft, weiß der Leser, dass sie in der Pubertät sein muss - oder darüber hinaus ist.
Ich hoffe, meine Anmerkungen konnten Dir helfen.
LG
Pamina