@Gwendy setzte während der Saison ihre Beobachtungsgabe ein, um Empathie für ihre Figuren zu erzeugen und manchmal auch, um sie liebevoll zu verspotten. Neben dem Erträumen von Geschichten begeistert sie sich für die menschliche Psyche und absolvierte ein Studium in Sozial- und Verhaltenswissenschaften. Sie schreibt sowohl in Genres wie Historik, Krimi, Romance und Phantastik, als auch ernste Literatur und Lyrik. Ihre erste Veröffentlichung, der Auftakt zu einer kleinen Reihe mit einer Neuinterpretation klassischer Märchen als Romantasy-Geschichten, ist für den Herbst 2023 geplant. Wir haben sie nach ihren Schreibgeheimnissen gefragt.
Das sagt @Gwendy:
Beim Schreiben über Beobachtungen oder erinnerte Beobachtungen stelle ich mir die Szene wie eine Filmaufnahme vor, d.h. ich lese sie mehrmals mit den Augen meiner Leserinnen und Leser und frage mich: Stimmen die Reihenfolge und der Ablauf der Bilder? Satz für Satz. Wann zoome ich heran und wann wieder weg? Würde das alles Sinn ergeben, wenn ich daraus ein Video drehen würde?
Eine neutrale Wiedergabe von Beobachtungen gibt es nicht, schon die Auswahl der Details, die Wortwahl etc. lenken in eine bestimmte Richtung. Je mehr man sich bemüht, es neutral zu halten, umso einfacher gelingt es, eine emotionale Färbung zu übertragen (die dann hoffentlich auch so gelesen wird). Deswegen gehe ich lieber indirekter vor, kleiner und zurückhaltender. Nichtsdestotrotz gibt es da kein richtig oder falsch, es kommt immer darauf an, was man erreichen möchte – und das sollte man sich bewusst machen.
Egal, was man schreibt, man sollte die Chance nutzen, sich mit anderen Genres oder Textgattungen zu beschäftigen und an verschiedenen Wettbewerben teilnehmen. Besonders, wenn man Einschränkungen nicht mag oder sich davon gehemmt fühlt (kenne ich!), ist es eine wertvolle Erfahrung, sich damit auseinanderzusetzen, zu sehen, was aus einem eng gesteckten Rahmen erwächst.
Der Ehrgeiz, wöchentlich so schnell wie möglich einen Text zu verfassen, ist eine gute Übung gewesen, den inneren Kritiker zu bezwingen und ihn umgehend zum Schweigen zu bringen. Dem darf man gar nicht erst zuhören! Ich werde es wahrscheinlich sogar beibehalten und ab jetzt regelmäßig einen kleinen Text verfassen.
Wie sieht das bei euch aus? Denkt ihr beim Schreiben auch visuell? Wie bringt ihr den inneren Kritiker zum Schweigen? Und wann lasst ihr ihn sprechen? Dieser Post ist der Auftakt zu einer Serie über die Schreibpraxis der Seitenwind-Autorinnen und -Autoren, die die populärsten Texte verfasst haben. An dieser Stelle posten wir regelmäßig neue Erfahrungen und Erkenntnisse.
In der nächsten Folge schreibt @Joh über Notizzettel und das Leben als gigantische Satire-Veranstaltung.