Einer der Feuerwehrmänner ging zur Terrassentür, hebelte sie mit der Axt auf, wobei Chrissi befreit wurde und zu Boden glitt.
„Wer ist das denn?“, fragte er. "Die hat aber ganz schön Federn gelassen. Schaut aus wie gerupft. Und danke für die Einladung, aber wir müssen zurück zu der Party beim Nachbarn. Sind auf Bereitschaft, darum waren wir so schnell hier. „Komm, Gabriel“, wandte er sich an den anderen Feuerwehrmann, der Chrissi anschaute und sich nachdenklich am Kopf kratzte. „Wir machen uns auf die Socken!“…
Gabriel schaute sich jeden einzelnen Gast noch mal entgeisert an, vor allem Horst und seine Mutter, schüttelte den Kopf und sagte:" Ihr seid ja ein merkwürdiges Häkelkränzchen. An eurer Stelle würde ich mal ordentlich durchlüften oder gleich mit rüber kommen. Da wird anständig gefeiert. Aber nicht in Nachtwäsche."
„Gute Idee“, sagte Horst. Er hatte von Socken und Brand gehörig die Nase voll. „Lasst uns drüben feiern. Kunigunde und Bertholde können ja etwas von Mama anziehen.“ Vielleicht werde ich die ganze Bagage so los, dachte er. Noch immer rätselte er darüber, ob er in einem Theaterstück festsaß. Doch plötzlich schellte es erneut an der Tür. Horst öffnete und sagte…
„Sie schon wieder? Haben Sie etwas vergessen?“
Gabriel stand vor der Tür. „Nein, nichts vergessen. Ich habe einen lauten Knall gehört. Wie ein Schuss. Ist jemand verletzt?“
Chrissi, die immer noch auf dem Boden lag, antwortete mit leiser Stimme. „Seien Sie mal im Terrassentürrahmen eingeklemmt die ganze Zeit. Wissen Sie, wie stark der meinen Bauch zusammengepresst hat?“
Gabriel schaute mit fragendem Gesicht in den Raum. Er verstand nichts. Kunigunde wollte ihm helfen, mischte sich in das Gespräch ein, indem sie…
Mit ihren langen Wimpern aufreizend klimperte. " Es ist alles in Ordnung Gabriel, es waren nur Chrissis Winde. Sag mal hast du Michael mitgebracht?."…
„Wie jetzt, verschwinde?“, sagte Gabriel.
„Nein, Winde.“
„Das ist der Dank dafür, wenn man helfen will.“
„Ich sagte, das waren Chrissis Windeee.“ Kunigunde dehnte die letzten Buchstaben in die Länge, in der Hoffnung besser verstanden zu werden. Dabei musste sie ihren Mund weit öffnen. Mit einem knallenden Geräusch rissen beide Mundwinkel großflächig ein. Darunter kam eine grüne schleimige Masse zum Vorschein und ihr ganzer Gesichtsausdruck veränderte sich.
Gabriel kreischte. Wie ein gefällter Baum ging er zu Boden und rührte sich nicht mehr.
" Was hast du wieder getan Kunigunde?", rief Gieslind aufgeregt.
„Nichts, ich wollte ihm nur klarmachen das Chrissi Blähungen hatte, dabei ist meine künstliche Haut aufgeplatzt. Das Menschen auch so sensibel sein müssen!“
„Was machen wir den jetzt? Ist er tot?“, mischte sich Klausi ein, während Kurt, Horst und Elfriede im Garten die Rentiere bewunderten.
„Wir müssen Wiederbelebung versuchen. Menschen machen das so,“ antwortete Gieslind voller Stolz. „Habe ich gelesen. Mit den Lippen auf die Lippen. Dazu braucht man aber Kühe!
„Kühe? Warum denn Kühe,“ wollte Kunigunde wissen.
„In dem Buch stand: Ein Kuss ist wenn zwei Lippenlappen liebevoll aufeinanderklappen und dabei ein Geräusch entsteht, als wenn eine Kuh durch Matsche geht“.
„Klingt einfach,“ erwiderte Kunigunde. " Aber wir haben nur Rentiere im Garten.“
" Egal," sagte Gieslind. „Tier ist Tier. Lass es uns probieren“…
„Ich habe noch nie echte Elche gesehen.“, staunte Kurt.
„Das sind keine Elche, das sind Hirsche.“, wusste es Horst besser. Die zwei Rentiere blickten einander an und verdrehten die Augen. Telepatisch raunten sie einander zu, welcher von denen ist zuerst dran? Kurt wuschelte dem rechten Rentier durch das Geweih als wären sie Plüschtiere.
„Der.“
Ein kurzer Tritt des Rentiers in Horsts Allerwertesten, sorgte für einen Lacher. „Ich wusste gar nicht das Büffel treten“, gab Elfriede an. " Mutter, das sind keine Büffel, das sind Hirsche, wie ich eingangs schon sagte", erwiderte Horst zutiefst beleidigt. " Dieses Mistvieh!" Verärgert wandte er sich ab und wunderte sich über den Tumult im Flur…Warum saß ein grünes Ding auf Gabriel?
Erschrocken hielt sich Horst die Hand vor den Mund. „Mama!“, flüsterte er panisch. Aber Mama hörte ihn nicht. Früher hatte sie alle Wege für ihn freigeräumt; heute musste er durch alles alleine durch.
Plötzlich stand Gieslind im Garten und zerrte eines der Rentiere durch die Terassentür. " Wir müssen Wiederbeleben! Platz da!" Horst wusste nicht mehr wie ihm geschah. Das grüne Ding, war gar nicht so grün, nur ein bisschen, äh grünlich schleimig. Es war Kunigunde, oder das was von ihr übrig war.
Sie donnerte ihre Fäuste auf Gabriels Brust. Der schrie:
"Igitt, riecht das fürchterlich. Waldmeister! Ich mag keine grüne Götterspeise!’
Wie von Sinnen schüttelte er sich, sprang auf, wobei alles Grüne von ihm rutschte, stand breitbeinig im Raum, sah das Rentier und…
Fragte: „Bin ich im Himmel?“ Kunigunde schrie. " Wir waren erfolgreich Gieslind. Wir haben ihn zurückgeholt!" Gabriel schaute verwundert von einem zum anderen." Ich hatte einen seltsamen Traum…
…Ich träumte, ich war von einem riesigen Berg Wackelpudding umgeben. Ich war komplett eingeschlossen. Er war ganz grün und schrie mich an, aber ich konnte nichts verstehen. Meine Ohren waren mit Pudding ausgestopft. Was für ein Scheiß. Ich sollte wohl heute nichts mehr trinken."
„Es reicht jetzt!“, brüllte Horst. „Sagt mir jetzt sofort in welchem Theaterstück ich stecke und wer euch bezahlt hat! Dem reiß ich den Kopf ab! Seht euch mein Haus an. Chaos das reinste Chaos.“
„Nun rege dich nicht auf“, versuchte Kurt ihn zu beruhigen.
„Ich rege mich solange auf wie ich will! Und bring den Hirsch aus meinem Wohnzimmer!“
„Den Büffel Horst. Es ist ein Büffel“, mischte sich Elfriede ein.
Gabriel trat schnell zur Seite. Der ganze Abend war verwirrend. " Meinst du du die Rentiere im Garten?„, frug er verschüchtert.
" Rentiere? Ja, seid ihr den alle närrisch? Als wären der Nikolaus und das Christkind in meinem Haus!“
Gabriel mischte sich ein. „Was redet ihr da vom Christkind und dem Nikolaus? Ihr seid wohl besoffen. Na ja, ein Glas Sherry brauche ich aber jetzt auch.“ Er sah an sich herunter und auf den Boden. Überall grüner Schleim. Dann schaute er sich suchend im Raum um. "Wo ist Kunigunde geblieben? Ich sehe sie nicht. Die kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben?..
Eine auffällig grüne Schleimspur führte ins Badezimmer. Wutentbrannt verfolgte Kurt die Fährte.
„Na warte, dich kriege ich!“ Er stieß mit einem Ruck die Badezimmertür auf und erstarrte, als dort ein Mann in einem lindgrünen Lodenmantel, Hut, mit Gamsbart, Kniestrümpfen und Wanderschuhen auf dem WC saß. „Ein Jäger?“, winselte Horst. „Ja, ist denn schon Karneval?“
Horst stürzte hinter Kurt her und schob ihn beseite.
„Lass mich mal durch. Das ist schließlich mein Bad. Was fällt dir ein. Außerdem muss ich noch duschen. Ich muss gleich zur Schicht.“
Aber sein Bad war besetzt. Auf der Schüssel saß ein Jäger mit Hut. Der fühlte sich ertappt. Aus Unsicherheit drehte er an seinem Jackenkopf. Und er wechselte seine Ausstrahlung in Sekundenschnelle. Jäger, Kunigunde, Schleim, Jäger, Kunigunde, Schleim…Horst musste an das riesige Radio seines Großvaters denken. Und dann…
…öffnete er die Augen. Nein, das kann nicht sein. Schnell machte er sie wieder zu. Nach einer kleinen Ewigkeit öffnete er sie erneut. Warum steht das alte Radio auf dem Spülkasten vor mir. Er schaute an sich runter. Seine Hose war heruntergelassen bis zu den Knöcheln, die Unterhose bis zu den Knien. Alles grün und glitschig um ihn herum auf den Fliesen. Die Flasche mit der Flüssigseife neben der Toilette auf dem Boden. Das kann nicht sein, dachte er und schloss erneut die Augen. Das kann nur ein böser Traum sein. Oder bin ich wach?..