„Wir werden alle sterben!“, einer dieser Kellerwitze, die six feet under auch noch wirken.
Ein Verhaltensforscher namens John B. Calhoun hat ab den 1960er Jahren eine Reihe interessanter Experimente an Ratten und Mäusen durchgeführt, von denen „Universum 25“ wohl das Bekannteste ist. Er erschuf ein „Mäuseparadies“, eine Art Terrarium, wo er 4 Mäusepaare in einer für sie perfekten Umgebung aufwachsen ließ. Immer genug zu fressen und zu trinken, regelmäßige medizische Versorgung und genug Raum zur Expansion. Das Verhalten der Mäuse war über den Zeitraum von 1780 Tagen bemerkenswert menschlich. Am Ende jedoch starben alle Mäuse, nach einer Phase des „geistigen Todes“, wie Calhoun es nannte. Der physische Tod musste folglich kurz darauf folgen.
Ich möchte da nicht zynisch erscheinen, aber kann es sein, dass wir deshalb so versessen auf die Entwicklung von Künstlicher Idiotie sind, weil wir (bzw diejenigen, die es tun) Angst davor haben, es könnte uns genauso ergehen?
KI hin oder her, wenn ich einen Roman schreibe, ziehe die klassische „Handarbeit“ vor. Es mag länger dauern, aber es wäre etwas von mir persönlich Erschaffenes.
Ich auch, weil’s einfach Spaß macht und außerdem ist das Aufschreiben von Geschichten letztendlich nur eine sortierte Aneinanderreihung von Buchstaben, womit wir wieder bei KI wären …
Das wäre rechtlich gar nicht möglich.
Nach einer Klassenarbeit muss ein Schüler im Grunde gar nichts mehr wissen. Es zählt nur das, was er während der Klassenarbeit können und leisten muss. Ihn danach noch einmal abzufragen, wäre unzulässig, erst recht von der Schulleitung. Zum einen wäre das ungerecht, weil die anderen Schüler nicht noch einmal geprüft würden, zum anderen ist unsere Schulleitung im Fach Biologie gar nicht kompetent und dürfte eine solche Leistungsüberprüfung gar nicht vornehmen.
Nein, die einzige Chance, die ich hätte, wäre, den Schüler während der Klassenarbeit beim Betrügen zu ertappen. Aber das ist sehr schwierig, weil ich von meinem Platz aus nicht sehen kann, was die Schüler unter der Bank machen. Ich kann natürlich durch den Raum gehen, aber die Schüler kriegen das mit und verstecken ihre Hilfsmittel rechtzeitig. Zudem könnten sie sich auch beschweren, dass es ihre Konzentration stört, wenn ich zu oft durch den Raum gehe oder zu lange neben einem Schüler stehen bleibe, um ihn zu beobachten.
Heute bekommen die Schüler so gut wie bei allem Recht. Ich kann da nicht gemäß des gesunden Menschenverstandes handeln.
Aber damit das fair geschehen kann, wird man Geld in die Hand nehmen müssen. Und das wird nicht geschehen.
Wir haben BWLer an der Schule, denn es ist eine kaufmännische Schule und BWL ist bei uns Hauptfach. Als bewundernswerte Umsetzung des Minimalprinzips feiert das bei uns keiner, denn auch in BWL liegen die Schnitte häufig unter 5 Punkten (sind also schlechter als Note 4) oder die Leistung ist keine eigene.
Aber wenn die Gesellschaft es nicht mehr wichtig findet, dass man etwas lernt, bevor man die Technik nutzt, um Arbeitsabläufe, die man grundsätzlich beherrscht, zu optimieren, haben wir keine Chance, etwas zu ändern.
Sterben werden wir so oder so. Egal, ob wir klug oder dumm sind.
Aber gute Noten bekommt man ja nicht mehr durch Lernen. Oder zumindest nicht ausschließlich. Man bekommt sie mittlerweile, weil die Lehrer von oben unter Druck gesetzt werden, auch noch den größten Mist mit einer guten bis akzeptablen Note zu bewerten. Weil die Außenwirkung der Schule nicht leiden darf. Weil die armen Schüler so überfordert sind. Was weiß ich. Ich bin schon oft genug von der Schulleitung aufgefordert worden, gute Noten zu geben. Und in den Klassenarbeiten den schweren Stoff einfach wegzulassen. Dann können die Schüler nicht so leicht scheitern.
(Scheitern können sie am leichten Stoff auch noch, aber das soll ich dann durch noch mehr Kulanz ausgleichen.)
Manche Schüler wollen auch keine guten Noten haben. Wenn ich ankündige, dass ich in der nächsten Stunde etwas abfragen werde und auch, was, sagen etliche Schüler, dass sie lieber die 6 haben wollen, anstatt abgefragt zu werden. Aber ich werde dann wieder für die schlechten Noten verantwortlich gemacht, also kann ich im Grunde keine 6 geben.
Hausaufgaben mögen vielleicht nicht immer einen Nutzen haben, aber Übung hat definitiv einen Nutzen. Das wurde schon in zahlreichen Studien festgestellt.
Aber eine Hausaufgabenbetreuung in der Schule kostet Geld. Und bisher will niemand dieses Geld in die Bildung investieren.
Das kann ich aber nicht entscheiden. Zumal es oft vorkommt, dass in einer Lerngruppe von 20 Schülern nur drei eine solche Leistung in meinem Fach erbringen müssen. Die anderen Schüler haben andere Fächer ausgewählt. Wie soll ich dann nur drei Schüler im Unterricht an dieser Aufgabe arbeiten lassen, während die anderen Schüler das nicht brauchen? Ich kann ja nicht 17 Schüler unterrichten und die anderen drei recherchieren für ihre Hausarbeit. Die müssen den Unterrichtsstoff ja auch mitkriegen. Oder soll ich den 17 Schülern frei geben, während die anderen im Unterricht recherchieren? Dürfte ich auch nicht, denn Unterricht ist Pflicht. Ganz abgesehen davon, dass eine Hausarbeit meist mehr Zeit braucht, als ich Unterrichtsstunden in der Woche in einer Lerngruppe habe (meistens nur 2, d.h. 90 Minuten).
Das hängt miteinander zusammen. In der Schule wird ja die Grundlage gelegt für das wissenschaftliche Arbeiten an einer Universität. Wenn sie es als Schüler nicht können, weil sie es nicht gelernt haben, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie es als Studenten auch nicht können.
Neulich habe irgendwo einen Artikel dazu gelesen (Welt?), dass auch Eltern teils mit Anwälten zur Schule kommen usw. Ziemlich verrückt.
Dann las ich aber wiederum (Spiegel?), dass die Ausbildungsbetriebe jammern, sie fänden keine Lehrlinge, andererseits stellen sie aber lieber Abiturienten ein, und mit Hauptschulabschluss hat man kaum Chancen. Auch das ist aber kein neues Phänomen.
Wissenschaftliches Arbeiten (i.S.v. Forschungsdesign, Stochastik, schriftliche Aufbereitung und Ausarbeitung) habe ich erst an der Uni gelernt, keineswegs in der Schule.
Aber mir ging es bei meiner Aussage um den „Betrugsaspekt“, also darum, dass wissenschaftliche Hausarbeiten und Abschlussarbeiten mithilfe von KI geschrieben werden können. Sachtexte kann KI recht gut verfassen.
Finde ich echt heftig. Wie sollen die dann später im Leben bestehen und klarkommen, wenn es irgendwann keinen ‚Welpenschutz‘ mehr gibt und man gnadenlos auf die Schnauze fliegt, wenn man den Anforderungen nicht gerecht wird?
Schöne neue Welt!
Liebe Yoro, ich stimme dir in vollem Umfang zu.
Leider scheint es so zu sein, dass gerade in dieser speziellen Schulleitung die Meinung offenbar so sein muss, sonst hätte nämlich keiner von deren Sprösslingen das Abitur geschafft …
In der letzten Studie, die ich zum Thema Lernerfolg bei Schülern gesehen habe, rangierte der Nutzen von Hausaufgaben hinter der Sauberkeit der Schultoiletten. Mir war schon immer schleierhaft, warum manche Lehrer so viele Hausaufgaben aufgeben. Manche kontrollierten in der Schule fast nur Hausaufgaben und den eigentlichen Unterrichtsstoff sollte man sich selbst zu Hause beibringen. Ich hab Hausaufgaben von der Grundschule bis in die Oberstufe gewohnheitsgemäß von Mitschülern abgeschrieben, in anderen Unterrichtsstunden oder der Bahn gemacht oder schlicht vergessen, hauptsache sie nicht zu Hause gemacht. Da war ich sehr Prinzipientreu. Das deutsche Schulsystem bräuchte im übrigen eine komplett Sanierung. Ich bevorzuge ja entschieden das finnische Schulsystem, das auch bei Pisa führend ist. Dieses empfiehlt den Schülern keine Hausaufgaben aufzugeben, da der Nachmittag dafür da ist, dass die Schüler ihre Hobbys und Interessen erkunden und ausleben. Und wenn Hausaufgaben doch mal aufgegeben und nicht erledigt werden, soll das nicht bestraft oder sanktioniert werden, sondern dem Lehrer ein Hinweis sein, dass der Schüler wenig Interesse an diesem Fach zeigt und den Schwerpunkt lieber auf ein anderes Fach legen möchte oder hier noch Erklärungsbedarf benötigt. Fördern statt fordern, mehr die Stärken eines Schülers sehen statt die Schwächen großzureden. Und obwohl es so ein Erfolgsmodell ist, gibt das finnische System auf die Einwohner gerechnet nicht mehr Geld für ihre Schüler aus als das französische, das noch strenger ist als wir und dennoch bei Pisa regelmäßig mit seinen schlechten Ergebnissen Frankreich und seine Bildungseinrichtungen erschüttert.
Ich habe vor ca 40 Jahren die Gesellenprüfung als Fotograf abgelegt, danach noch die Meisterprüfung. Leider wird dieser Beruf nicht mehr benötigt. Es ist kein Handwerk mehr. So werden Bücher vielleicht auch in der Flut von Texten untergehen.
Natürlich nicht, wo doch heutzutage jeder „fotografieren kann“ (sprich: eine Camera mit sich herum trägt). Was die Qualität der Fotos betrifft, sieht man jedoch, dass die Wirklichkeit ganz anders aussieht. Meistens wirken sogar die Portraits auf Wahlplakaten wie „stell dich vor die Wand, ich will dich mal knipsen“.
Na gut, außer vielleicht, sie bringen die KIs noch stärker in die Cameras ein. Dann macht man nur noch ein Umgebungsfoto mit Super-Super-Weitwinkel, und die KI sucht sich Bildausschnitt und Belichtungsparameter selbst zusammen.
Seit einigen Jahren fotografiere ich auch und hab mir den Umgang mit der Kamera, erst eine D5300, dann eine D500 und schließlich die D850, selbst beigebracht. Also, die Kamera zu bedienen, mit all ihren Funktionen, und die Bilder später mit diversen Programmen bearbeiten, das kann sicher jeder. Aber wirklich etwas mit den Bildern ausdrücken, den richtigen Moment einfangen, dass dürfte nicht jedem „einfach so“ gelingen. Es stimmt zwar, dass der Anspruch an eine Fotografie durch Instagram & Co. geradezu ins Bodenlose gefallen ist, aber das macht das Handwerk eines Fotografen deshalb nicht bedeutungslos.
Sollten Bücher eines Tages weder geschrieben, noch gedruckt, noch gelesen werden, und das im wirklich großen Maßstab, gehe ich in den Wald und schreinere mir einen Kasten zusammen. Und lege ich mich darin schlafen. Für immer.
In dem Fall würden wahrscheinlich umso mehr Filme geguckt und Videospiele gespielt. Und auch für die muss es eine Geschichte als Grundlage geben, z.B. in Form eines Drehbuchs. Und das muss auch geschrieben werden, bevor es verfilmt werden kann.
Warte mit dem hölzernen Kasten lieber, bis es nicht mehr anders geht. Und lass andere ihn schreinern. Das Leben ist eh schon so kurz …
Wenn ich sehe, was in den letzten Jahren so in die Kinos kam, dann stehen Drehbücher dahinter, die weder von einer menschlichen noch sonst von irgendeiner Form der Inelligenz verfasst worden sein können.
Bei der unfassbar schlecht gemachten zweiten Staffel der Serie „Tom Clancys Jack Ryan“ [Anm.: Clancy kann nichts dafür, der war vor dem Machwerk schon tot] dachte ich bei einer Serienfolge, dass ich ein Drehbuch in dieser Art auch schreiben könnte: „Stolpert in zwei Gruppen in Militäruniformen durch den Dschungel. Jeder Schauspieler schreit alle Fäkalwörter und Flüche, die ihm einfallen. Ballert mit Maschinengewehren aufeinander. Ihr „Bösen“: Jedes Mal, wenn in eure Richtung geballert wird, fällt einer von euch um. Ihr „Guten“: Wenn in eure Richtung geballert wird, schreit ihr noch mehr Fäkalwörter und rennt vorwärts. Das macht ihr 40 Minuten lang. Kameramann: Viel wackeln, damit das Ganze nach Action aussieht.“
Also gut, anders formuliert: Du hättest die Chance, es besser zu machen!
Und du zeigst mit deiner Aussage, wie bitternötig wir Leute hätten, die es gut machen können.
Kaum einer bemerkt noch die Qualität der Bilder. Die Masse ist unüber schaubar.
Ich habe noch Tage in der Dunkelkammer gearbeitet. Heute werden 199 Bilder pro Einstellung fotografiert, früher eine Blendenreihe, 3 Negative.