Er gehört zu uns. Ein Märchen zur Heiligen Nacht
Es spielen mit:
Ein Ochse (O) und ein Esel (E), ein Drache (D), eine Fledermaus (F).
Drache - repräsentiert das alte System, Vergangenheit, Rückwärtsgewandtheit, Fressen und Gefressenwerden, der Stärkere hat Recht, ich “trumpele” alles nieder, was sich mir in den Weg stellt.
Esel - Sympathiefigur, hat Jesus beim Einzug in Jerusalem getragen, Königtum ohne Pomp und Pracht, ohne weltliche Macht, störrisch: nicht jede Mode mitmachen, kein Populismus, andere anerkennen, sich nicht beirren lassen, ich helfe, wo ich kann.
Ochse - hin und her gerissen, hat einerseits die Geburt Jesu im Stall miterlebt, die armen Hirten gesehen, ist noch ganz ergriffen von dem Kind: so klein, andererseits hat er keine Hoffnung für die Welt, muss immer noch einen schweren Pflug ziehen, Knochenarbeit, wird schikaniert, für ihn hat sich noch nichts geändert.
Fledermaus - eigentlich ein Engel, hört Töne und Signale, die andere nicht hören, weiß daher von Dingen, die andere nicht wahrnehmen können, visionär, hat die Erscheinung der Engel mitbekommen, kennt die himmlischen Wahrheiten.
I.
F (allein auf der Bühne) Hallo, ist da wer? Haalloo! Keiner da. Das ist gut, da kann ich ungestört flattern und muss nicht damit rechnen, dass ganz plötzlich vor mir irgend ein Ochse oder Esel auftaucht, so dass ich blitzschnell ausweichen muss. Wie aus dem Nichts stand vor kurzem ein Drache vor mir, ein riesiges Vieh. Stand da wie eine Mauer. Ich konnte gerade noch so nach oben ziehen.
O (kommt langsam dazu, klagend) Ich mag nicht mehr, Ich kann nicht mehr. Es ist wirklich eine Ochsentour: Jeden lieben langen Tag den Pflug ziehen, den Wagen ziehen. Kaum habe ich mal ein wenig herumgestanden und vom ohnehin spärlichen Gras gefressen, da heißt es: “Steh nicht so faul herum, komm her, anspannen, du musst beim Dreschen helfen, du musst dein Futter verdienen, von nichts kommt nichts.” Und ich alter Ochse mache alles mit. Ich habe gar keine andere Chance. Immer die gleiche Mühle.
E (kommt auch dazu, munter) Ii-aah. Na, du Ochse, kurze Zigarettenpause, bis die Herrschaft wieder ruft: “Hey anspannen, der Tag ist noch lange nicht zu Ende”? Du hast es echt schwer, du Arbeitstier! Deine Leute machen dir ganz schön Druck.
O Machst du dich lustig über mich? Dann bist du ein echter Esel. Als ob du deinen Leuten befehlen könntest: “Auf, Futter in den Trog! Ich brauche meine Ruhepause!” Wir Tiere sind doch das Allerletzte auf der Welt. Wir werden erst ausgebeutet und dann aufgegessen, wenn wir nicht mehr zur Arbeit taugen.
E Seit ich mich bei “Animal Rights Watch” engagiere, haben meine Besitzer mehr Respekt vor mir. Wir wollen, dass Tierrechte in die Verfassung aufgenommen werden. Wir sind nämlich gegen die Versklavung der Kreatur. Wenn schon die Menschen sich krumm legen für ihr kleines Auskommen, dann sollen sie das nicht auch von uns verlangen. Immer dieses: “Sei pünktlich! Mach deine Arbeit! Jeder ist seines Glückes Schmied!” Das nervt dermaßen!
O Tierrechte? Und du denkst wirklich, dass du damit durchkommst? Das glauben doch wirklich nur Esel! Nein, nein. Für uns ändert sich nichts mehr auf der Welt. Früher habe ich das auch mal geglaubt, aber das ist lange her. Da habe ich in einer Nacht mal erlebt, wie ein Kind in meiner Futterkrippe gelegen hat. Das war so schön, so friedlich, so ruhig. - Aber die alltägliche Maloche hat mir meine hochfliegenden Gedanken ausgetrieben.
F Verzeiht bitte, dass ich mich einmische, ihr edlen Nutztiere.
O Nutztiere?
F Ja, Nutztiere. Ihr nützt den Menschen, das ist eure Bestimmung. “Nützlich” klingt ja irgendwie wertvoll im Gegensatz zu “schädlich”. Einen Nutzen habt ihr aber nur für die Menschen, nicht für euch selbst, im Gegenteil: Wenn ihr nicht mehr nützlich seid, werdet ihr abgemurkst. Und dann nützt ihr den Menschen noch einmal, indem ihr gefuttert werdet. Es geht nie um euch, immer nur um die Menschen. Ihr seid nützlich - aber eher nützliche Idioten.
E Und was ist dann mit den Schädlingen?
F Die werden gleich totgemacht, die haben gar keine Chance, nützlich zu werden, obwohl es die meisten in der Natur sogar sind. Aber die Menschen sehen alles nur aus ihrer Perspektive. Der Unterschied ist nur: Ihr werdet vor dem Abschlachten noch ausgebeutet. Nützlich heißt also: Ihr leidet gleich doppelt.
D (stürmt auf die Bühne) Ich finde auch, ihr seid nützlich. Und ich werde euch nicht vorher ausbeuten, das verspreche ich euch. Ich fresse euch gleich! Ist das nicht human?
O Hilfe, ein humaner Drache!
E Human ist ganz schön unkultiviert!
D Kultiviert oder nicht, euer letztes Stündlein hat geschlagen!
F Wenn ich dich so betrachte, dann vermute ich mal, du bist 20 Meter lang und hast eine Flügelspannweite von 35 Metern?
D Du bist klug, du Winzling.
F Lieber Ochse und lieber Esel, ich kann euch sagen: In dem Drachen ist tatsächlich genug Platz für euch beide. Seid getrost, denn eure Erlösung naht!
O Erlösung?
F Ja klar, der Drache erlöst euch von euren Leiden. Du, Ochse, brauchst keinen Pflug mehr zu ziehen, und du, Esel, brauchst nicht mehr für deine Rechte zu kämpfen.
E Und du, Flattertier?
F Ich bin aus dem Schneider. Erstens bin ich ein viel zu winziger Happen für den Drachen, und zweitens muss ich mir dann nicht mehr euer Gejammere anhören. Soll ich noch ein Gebet für euch sprechen? Vielleicht, dass es schnell geht mit dem Hinübergehen?
O Hast du denn Beziehungen nach da oben? Mir wäre es dann, ehrlich gesagt, lieber, wenn du mich vor dem Drachen retten könntest. Also ich meine, wenn es da eine Gewalt gibt, die alles kann, was sie will.
F Ja, die gibt es, und die kann auch, was sie will, aber ob sie auch alles will, was sie kann, das entscheidet sie höchstselbst. “Allmächtig” heißt eben, dass sie die Macht hat zuzulassen, dass der Drache euch verspeist. Und dass man dem Allmächtigen nicht vorschreiben kann, was er zu tun und zu wollen hat, und man eben auch nichts von dem versteht, was er warum will. Seine Pläne sind höher als die eines Ochsen oder eines Esels. Selbst ich, die ich mehr herumkomme als ihr, kenne die allerhöchsten Pläne nicht.
D Was redet ihr da für einen Schwachsinn!
F Sieh an, ein Drache, der philosophieren möchte!
D Wie, philosophieren?
F Na, die Welt verstehen, die Zusammenhänge begreifen, eine Orientierung finden im Dschungel der tausend Möglichkeiten.
D Damit habe ich keine Probleme, das kann ich euch schon mal sagen. Denn erstens habe ich eine Länge von 20 Metern und eine Flügelspannweite von 35 Metern. Da müssen die Argumente schon sehr groß und stark sein, wenn sie sich mir in den Weg stellen wollen. “Size matters”, sagt der Amerikaner: Die Größe macht den Unterschied. Wenn ich euch einatme, seid ihr Geschichte!
F (spaßig) Uuuuh, Grusel! Man kriegt ja wirklich Angst vor dir, wenn du so daherschwadronierst mit deiner schieren Größe. Du denkst also wirklich, dir kann nichts passieren, weil du so groß bist? Too big to fail! Zu groß, um unterzugehen? Mal ganz ehrlich, mein lieber Drache: Erinnerst du dich an den Kometen damals, der durch seinen Einschlag Brände verursachte und so viel Staub aufgewirbelt hat, dass die Sonne verdunkelt wurde, eine eisige Kälte entstand und kein Futter mehr da war, so dass die riesigen Saurier ausgestorben sind? Du scheinst irgendwie der letzte Deiner Art zu sein.
D Egal, ob ich der Letzte bin: Ich trumpele einfach alles nieder, was sich mir in den Weg stellt. Bei mir gelten noch die alten Tugenden: Der Stärkere hat Recht. Fressen und Gefressenwerden. Und der Erfolg bestätigt meine Einstellung.
F (ironisch) Das ist ein beeindruckendes ethisches Programm, lieber Drache: Gut und richtig ist alles, was dir den Magen füllt. Du machst etwas nicht, weil es einen Wert für das Zusammenleben hat und für die Gemeinschaft, sondern weil du es kannst. Mal ganz ehrlich: Das ist Terror pur! Du verbreitest Angst und Schrecken, wo du auftauchst. Du bist ja kein verlässlicher Partner! Mit dir kann man keine Bündnisse schließen! Kein Wunder, dass du keine Freunde hast!
D Hier stehe ich, ich will nicht anders. Das ist meine Natur, fürchte ich. Und ich fahre gut damit: Jeder will sich gut mit mir stellen, jeder bewundert meine Größe.
F Wie hast du eben gesagt: Du trumpelst alles nieder? Mit diesem komischen “R” erinnerst du mich an jemanden…
D Das kann nicht sein. Ich bin einzigartig!
F Das würde ich nicht sagen. Du bist Old School, sehr alte Schule, um nicht zu sagen: Du bist von vorgestern! Ein übrig gebliebener Dinosaurier, hoffentlich der letzte seiner Art!
D Du weißt aber schon, dass wir unsere Gene in den Vögeln hinterlassen haben? Die gibt es noch heute, also kann durch Mutation auch wieder die gute alte Zeit erstehen, in der man sich einfach durchsetzt, weil man die Macht dazu hat. Der Kampf des Lebens, das um jeden Preis leben will: Jeder gegen jeden, und wer übrig bleibt, hat gewonnen.
E Hat gewonnen? Ist allein, solltest du wohl sagen! Wie uncool du bist! Die Fledermaus hat Recht: Du bist so was von außer der Zeit! Du passt einfach nicht in die Gegenwart. Und wirkliche Freunde hast du nicht. Denn alle haben Angst vor dir.
D Rechte, Bündnisse, Verlässlichkeit? Freunde? Mir doch egal. Hauptsache, ich kriege, was ich will.
II.
E Ich will dir mal erzählen, Drache, was ich erlebt habe, und was mein Leben so verändert hat, dass ich jetzt für Tierrechte eintrete. Ich war mal bei einem Bauern in einem Kaff bei Jerusalem beschäftigt, da kam ein Mann mit Namen Jesus, der wollte mich als sein Reittier benutzen. Der war ganz anders als du. Der hat nichts und niemanden nieder-getrampelt, im Gegenteil. Der hat den Gefallenen aufgeholfen, die Kranken geheilt und die draußen hat er hereingeholt. Er hat keine Mauern gebaut, sondern sie niedergerissen. Ihm ging es nicht um sein eigenes Wohl, sondern um das aller. Und er wollte den Frieden überall auf der Welt. Er war ein König, aber irgendwie anders als andere Könige. Er wollte so eine Art Revolution von ganz oben. Der hat mich beeindruckt. Mehr als du!
D Vom Frieden und vom Helfen werde ich aber nicht satt. Es geht doch im Leben einzig um Macht und darum, dass man alles haben kann!
F Es mag sein, dass es so ist, aber es ist nicht gut so. Ich möchte die Erde als einen Ort für alle. Mit deiner Haltung verursachst du nur Chaos.
D Im Chaos kann man doch am besten jagen. Wenn alle auf den Beinen sind, wenn jeder nur noch an sich denkt, wenn es keine Gemeinschaft, keine Freundschaft mehr gibt, wenn alle auf der Flucht sind, dann bin ich in meinem Element und mache meinen Profit. Und außerdem: Ein König muss Stärke zeigen, er muss die anderen klein halten.
O Nein, nein, ein König muss für seine Leute sorgen. Ich habe euch doch von dem Kind in der Futterkrippe erzählt. Es war in einem Stall bei Bethlehem, da kamen abends Leute, ich glaube, sie hießen Maria und Josef. Die Frau war schwanger und hat ihr Kind zur Welt gebracht mitten in der Nacht, und Hirten und weise Männer sind gekommen und haben es angebetet. Es war eine ganz besondere Nacht damals, eine schöne Nacht, eine Art heiliger Nacht. Alles war so friedlich, so liebevoll, so hell und klar. Die Hirten und die Weisen haben gesagt, sie hätten das Heil der Welt gesehen, und das hätte ihr ganzes Leben verändert. Sie haben gesagt: Er heißt Jesus, das heißt: “Gott hilft, Gott rettet”.
E Das ist ja toll. Du kennst Jesus auch? Und dann jammerst du immer noch so herum, wenn du den Heiland mit eigenen Augen gesehen hast, so wie ich ihn auf meinem eigenen Rücken getragen habe?
O Ich werde diese Nacht nie vergessen, ich habe sie in wunderbarer Erinnerung, das kann ich sagen. - Aber am Tag darauf ist die Familie in großer Eile aufgebrochen nach Ägypten. Man munkelte, die Soldaten des Herodes seien hinter ihnen her, und Herodes wolle den neugeborenen König töten lassen.
E Ja und?
O Da habe ich mir gedacht: Wenn dieser Junge in der Futterkrippe davonlaufen muss vor einem anderen König, dann ist er wohl schwach und hat keine Zukunft. Dann wird sich mein Leben auch nicht ändern. Und deswegen ist es eine wundervolle Erinnerung, an die ich gerne zurückdenke, wenn es mir schwer wird ums Herz, wenn ich mal wieder völlig ausgepowert bin. Aber eben nicht mehr als eine Erinnerung.
E Als ich den Jesus getragen habe, da war er ja schon erwachsen. Er hatte viele Leute geheilt und viele kluge Worte gesagt. Aber nachher, nachdem ich ihn abgesetzt hatte in Jerusalem, da wurde er kurz darauf festgenommen und gefoltert und umgebracht.
O Na siehst du, ein König, der abhauen muss, erst recht ein toter König - was kann der schon verändern? Ich jedenfalls habe mich wieder auf die viele Arbeit eingestellt und auf die Tritte, die ich kriege. Und das wird ewig so weitergehen, bis ich eines Tages im Kochtopf lande, wie es die Fledermaus gesagt hat. Wer soll mich denn retten?
E Auf jeden Fall nicht der Drache, der dich erlöst, indem er dich frisst.
O Sondern?
E Eine echte Erlösung eben, eine Befreiung aus dem Gefängnis, ein Leben in Frieden und Freiheit, im Paradies.
O Wo es keine Ochsentouren mehr gibt! Und keine Schläge mit dem Stock! Das wäre schön. Aber bis dahin…?
E Mein Leben hat sich schon verändert, seit ich diesen Jesus getragen habe. Ich habe nämlich gehört, dass Jesus auferstanden ist, dass er lebt. Ich bin ein Esel und verstehe nicht alles, was die Menschen sagen. Aber so viel habe ich doch mitgekriegt, dass er stärker ist als der Tod. Und das hat mir Energie gegeben, dass ich nicht so ein einfaches Eseldasein friste, sondern versuche, etwas zu verändern. Dass ich also für Tierrechte eintrete. Ich finde, wir sollten nicht alles mitmachen, was so volksnah daherkommt, so populistisch.
O Dann bist du also ein störrischer Esel, wie er im Buche steht? Wann machst du dich denn starr?
E Ich bin ein sprichwörtlich störrischer Esel, wenn meine Herrschaften mal wieder meinen, man müsste alle, die fremd sind, aus dem Land jagen und dürfe keine neuen mehr reinlassen. Die fangen dann an, ganz seltsame Sachen zu sagen: Man muss immer zuerst an sich und das eigene Land denken. Wer anders denkt, den bezeichnen sie als Verräter von Volk und Vaterland. Sie denken allen Ernstes, die Leute in Deutschland zum Beispiel dürften keine dunkle Hautfarbe haben oder eine andere Nasenform als die gerade oder sich kleiden wie Afrikaner. Und sie sind nicht die einzigen, die so denken.
F Ja, der Populismus geht um wie ein gefährlicher Drache. Die denken ernsthaft, die Welt wird besser, wenn man sich von Stimmungen leiten lässt statt von Prinzipien wie Nächstenliebe, Respekt und Gerechtigkeit. Die wollen ihre Kultur wahren, indem sie sie abschaffen.
O Woher weißt du denn solche Sachen?
F Ich habe euch ja gesagt: Ich komme herum in der Welt, und ich höre Töne, die ihr allesamt nicht hören könnt, hohe Töne, himmlische Töne.
O Und was sagen diese Töne?
F Sie sagen, dass alle Menschen Brüder und Schwestern sind unabhängig von ihrer Kleidung, von ihrer Religion, von ihrer Nasenform und ihrer Hautfarbe. Sie sind Gottes Kinder und Geschöpfe Gottes ebenso wie die Tiere.
O Ist schon komisch, dass die Tiere mehr wissen als die Menschen, wo doch die Menschen die Herrschaft über die Tiere ausüben. Für den Esel ist das sicher nicht lustig, wenn er sich den Anordnungen seiner Herrschaft widersetzt.
F Man nennt das passiven Widerstand oder zivilen Ungehorsam. Das haben auch Menschen schon gemacht. Ein gewisser Herr Gandhi zum Beispiel.
O Das finde ich toll und mutig. Denn eigentlich spiegelst du den Menschen ja nur, dass sie selbst störrisch sind, halsstarrig, weil sie nicht auf diesen Jesus hören, auf dieses Kind in der Krippe und den friedfertigen König, weil sie nicht den Frieden suchen und sich um Hilfsbedürftige kümmern, sondern sie abweisen und ihnen nicht beistehen. Und immer, wenn du störrisch bist, müssten eigentlich sie ihre Haltung ändern.
E Ich werde deswegen auch oft malträtiert, aber das macht mir nicht mehr so viel aus, weil ich für eine gerechte und gute Sache eintrete. Und für den König, dessen Reich anders aussieht als die Weltreiche und Nationen, die wir haben.
F Die Töne, die ich auffangen kann, die sagen: Eines Tages wird es so weit sein, dass wir nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander leben. Dass wir uns aneinander freuen und uns nicht mehr übereinander ärgern. Dass wir einander fördern und nicht mehr behindern. Dieser Jesus, den ihr kennengelernt habt, der steht dafür gerade. Und der kann das auch, weil er allmächtig ist.
D Und was wird dann aus mir? Ich habe schließlich Hunger!
III.
E Als ich das Reittier für Jesus gewesen bin, da hat er mal gesagt: “Wenn es soweit ist, dann wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten. Kuh und Bärin werden zusammen weiden, ihre Jungen beieinanderliegen, und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind.”
O Alles wird so friedlich sein und so schön und so ruhig wie damals im Stall von Bethlehem.
D Und was mache ich bis dahin?
F Wie wäre es mit einer Abmagerungskur der besonderen Art?
D Der besonderen Art?
F Du musst deine Haltung ändern, dein Habenwollen, deinen Hunger nach Macht, deine Meinung, dass die Stärkeren automatisch auch Recht haben. Es ist nämlich diese Haltung, die dich so groß gemacht hat, dass du zwanzig Meter lang bist und eine Flügelspannweite von 35 Metern hast.
D Jeden Tag so viel jagen zu müssen, ist echt anstrengend, das stimmt schon.
O Und du machst nur Terror damit und hast keine echten Freunde, die es gut mit dir meinen.
E Und du verbrauchst wertvolle Ressourcen, die wir noch nötig haben. Den Ochsen zum Beispiel.
D Aber ich bin nun mal so groß…
F Vielleicht übst du mal, weniger oft zu sagen: “Ich will! Ich kann! Ich brauche!” Und öfter mal zu fragen: “Was brauchst du? Was kann ich dir Gutes tun? Was möchtest du?”
D Dann werde ich kleiner und friedlicher?
F Das geht wie von selbst. Denn wer sich selbst nicht so groß macht, passt viel besser zu den anderen, die auch leben wollen wie jedes Leben. So ähnlich hat das Albert Schweitzer gesagt.
D Das geht aber nicht so schnell, dass ich mich gleich von Grund auf ändere.
O Besser langsam als nie.
E Fang doch mal mit uns an. Sage dir einfach: Der Ochse und der Esel, die sind eine kluge Gesellschaft für mich. Die sind viel zu schade, als dass man sie einfach wegfrisst.
D Das stimmt ja auch. Ihr seid zum Fressen zu schade.
O Schaut mal, der Drache ist auf einmal viel kleiner geworden.
E Wenn wir das weiter mit ihm üben, wird das schon.
F Ein wenig Zeit braucht es schon noch. Aber irgendwann ist er dann freundlich und zutraulich wie ein Schaf. Ein richtiges Gemeinschaftstier. - Er ist als Schaf natürlich ein Nutztier, von den Menschen her gesehen…
O Dann werde ich mich zukünftig zusammen mit dem Esel dafür stark machen, dass “Nutztiere” nicht mehr nur als Sachen gesehen werden, sondern dass sie nützlich für den Menschen sind, weil er von ihnen viel lernen kann. Zum Beispiel, wie man als Mensch nicht mehr als das gefährlichste Raubtier auf Erden erscheint, sondern sich einordnet in die Natur. Wenn ein Drache das lernen kann, dann erst recht ein Mensch, sollte man meinen.
D Und wenn ich dann nicht mehr so bedrohlich bin, unternehmen wir etwas zusammen?
O An dem Drachen können sich die Menschen echt ein Beispiel nehmen. Er merkt, dass er andere braucht, dass er Freunde braucht. Und schrumpft dabei zusehends.
F Was haltet ihr davon: Ich wollte ja schon lange mal in diesem Stall bei Bethlehem abhängen, von dem der Ochse erzählt hat.
O Au ja, vielleicht wiederholt sich ja die Geschichte von dieser heiligen Nacht, das wäre zu schön.
E Und ich könnte den noch mal in klein sehen, den ich schon in groß bewundert habe.
F Das würde sich gut treffen, denn es heißt schon in der Bibel bei Jesaja: “Ein Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn.” Ihr kennt beide den Herrn Jesus, viele andere müssen ihn noch kennenlernen und begreifen, dass er keine Hirngespinste verbreitet, sondern dem Leben eine Bedeutung gibt.
D Und ich, darf ich mit?
O Ein bisschen größer als ein Schaf wirst du wohl noch sein, wenn wir im Stall ankommen…
E und du hast Federn statt Wolle und glühende Augen und Flügelchen…
F und siehst auch immer noch ein wenig unheimlich aus.
O Das ist aber nicht so schlimm. Wenn Maria, Josef, die Hirten und die Weisen aus dem Morgenland angstgeweitete Augen kriegen, wenn du da auftauchst, dann sagen wir einfach: “Er gehört zu uns.”
D Aber … das Jesuskind wird sich doch hoffentlich nicht erschrecken vor mir?
F Da kannst du ganz unbesorgt sein. Das Jesuskind lässt sich von deinem Äußeren nicht beeindrucken. Es sieht direkt hinein in dein Herz und weiß sofort alles und wie du es meinst. Es ist ja Gottes Sohn.
D Du Flattertier bist wirklich klug.
F Als ich vor langer Zeit mit den himmlischen Heeren vor den Hirten gesungen habe: “Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens”, da mussten wir anschließend gleich wieder zurück. Ich habe ich es mir damals so sehnlich gewünscht, auch mal das Jesuskind in dem wundersamen Stall zu besuchen! Und jetzt darf ich als Fledermaus dahin. Kaum jemand wird mich bemerken, wenn ich da irgendwo im Dunkeln im Gebälk hänge und still den Anblick genieße.
D Na, dann auf nach Bethlehem, damit wir die Geschichte sehen, die da geschehen ist. Und keine Angst, auch wenn ich noch nicht ganz so aussehe: Ich benehme mich friedlich und niedlich wie ein Schaf.