ChatGPT

Woher kommt eigentlich dieses Misstrauen gegen Menschen mit selbstbestimmter freier Zeit? Findet sich ja auch in Sprichwörtern wie „Müßiggang ist aller Laster Anfang“ oder protestantischer Arbeitsethik wieder. Warum glaubt man, dass Menschen mit freier Zeit kriminell, seltsam oder sonstwas werden? Könnte es sein, dass es die Angst der Mächtigen vor Kontrollverlust ist, die dahintersteckt? Und uns daher dieser Glaube von klein auf eingetrichtert wird? Dass man die Muße hat, Dinge zu hinterfragen, vielleicht Widersprüchlichkeiten aufzudecken etc. ist natürlich für bestehende Systeme eine Bedrohung.
Ich kenne viele Rentner, die nach einer leicht schockierten Umbruchsphase nach Renteneintritt zum ersten Mal machen können, was sie wollen, sich ihren alten oder neuen Hobbys hingeben, etc. und irgendwann ironischerweise weniger Zeit als vorher haben, aber es ihnen Spaß macht, weil es eben selbstbestimmte Tätigkeiten und keine fremdbestimmten sind.
Andere frischgebackenen Rentner zerbrechen daran, dass sie nun „nutzlos“ für die Gesellschaft sind. Und ebenfalls feststellen müssen, wie schnell man vergessen wird, wenn man nur für Andere da war.
Und zum Thema Wissensaufbau: So etwas kann man ja auch aus Freude an der Sache machen, außerdem wird es anderes geben, was man lernen muss. Ich gehe mal davon aus, dass du nicht mehr gelernt hast, wie man korrekt ein Pferdefuhrwerk einspannt. Bist du deswegen ein lebensunfähiges Mama-Söhnchen geworden?

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Mag sein, dass mein Statement nicht deutlich genug war. Ich beobachte mich selbst.

Wo ich früher meine Gitarre zur Hand genommen habe, sitze ich heute vor dem Rechner. Dabei geht allerdings deutlich mehr Zeit für sinnlose Tätigkeiten drauf, als ich gern hätte.

Ich selbst bin nicht stark genug, um gegen Facebook, dieses Forum hier, Netflix & Co und diese ganzen kleinen Ablenkungen standzuhalten.

Versteh mich nicht falsch. Das Leben besteht nicht daraus, nur produktiv zu sein. Doch je mehr Möglichkeiten es gibt, die unser Leben eigentlich angenehmer machen, desto mehr habe ich in der Selbstbeobachtung das Gefühl, das eigentliche Leben weniger zu leben und mich eher leben zu lassen.

Wer es aber schafft, sich angesichts dieser vielen Ablenkungen auf Linie zu halten (und solche Leute gibt es ja auch), hat meine Anerkennung.

Das alles ist aber keine Kritik an ChatGPT oder neuen Entwicklungen, sondern eher Gesellschaftskritik. Darum will ich es mal von anderen wegformulieren und auf mich umschreiben: Je mehr ich abgenommen bekomme, desto träger werde ich. Je weniger ich denken muss (bzw. je mehr ich mich berieseln lasse), desto mehr verliert mein Gehirn den Drive und das Durchhaltevermögen.

Das kann bei euch anders sein. Wenn ich mich aber umsehe bzw. umhöre, müssten sich einige (wenn nicht die Mehrheit) in diesen Äußerungen wiederfinden.

Ich will dir nicht zu nahe treten, aber könnte das nicht schlicht und ergreifend auch das Alter sein? Da wird man nun einmal bequemer und hat nicht mehr die Energie wie früher.
Mit 20 hielt ich ein Mittagsschläfchen auch für vertane Zeit, heute bin ich von dem gewaltigen medizinischen Nutzen eines Mittagsschläfchens für über 40jährige überzeugt… :wink:
Früher konnte ich 3 Tage durchfeiern und war einen Tag krank, heute ist es umgekehrt.
Und vielleicht macht dir Gitarre spielen auch einfach keinen solchen Spaß mehr wie früher, sondern dient heute eher als Symbol eines schlechten Gewissens, so nach dem Motto: Eigentlich sollte ich mal wieder Gitarre spielen, das wäre doch viel sinnvoller!"

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Wir müssen uns ja nicht gegenseitig analysieren.

Wenn ich jetzt meinen Rechner oder meine Gitarre nehme und in den Wald fahre (was ich häufig tue), dann mache ich wahnsinnig „vernünftige“ Dinge. Denn dort - abseits von den vielen Freuden des Internets - bin ich ganz bei dem Buch, das ich lese, beim Roman, den ich schreibe oder beim Song, den ich schreibe.

Versuche ich das gleiche zu Hause, rinnt mir die Zeit unter den Fingern weg. Das bedeutet nicht, dass ich nichts tue. Es ist mehr, dass mein Gehirn häufig nen Shortcut sucht und sich lieber berieseln lässt.

Ich lese aus deinem Posting heraus, dass du dieses Problem nicht hast. Das ist eine lobenswerte Eigenschaft.

Mittagsschläfchen waren übrigens niemals vertane Zeit. Es gibt in meinen Augen aber einen Unterschied zwischen einem erholsamen Mittagsschläfchen und der Betäubung des eigenen Gehirns durch Berieselung. Das Mittagsschläfchen ist Erholung, das andere nicht.

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Wie man es sehen will, die Sache ist sehr zweischneidig. „KI“ in der Diagnostik muss mit Diagnosen von Leuten trainiert werden, die sich auskennen und Experten sind. Sie müssen besser als die „KI“ sein, sonst ist es aus, mit dem Dazulernen. Bei zunehmender Anzahl von „KI“ Diagnosen reduziert sich die Zahl der trainierten Menschen, das System stagniert irgendwann und kann auch schädlich werden, weil immer weniger Menschen in der Lage sind, selber zu diagnostizieren und die Plausibiltät von KI Diagnosen zu prüfen. Das gilt übrigens für alle Automatisierungen, auch ganz ohne „KI“.

Mit diesen Systemen lässt sich viel Geld verdienen, dasselbe gilt auch für Robotersysteme im OP. Die Motivation, solche Technik einzuführen, ist mitnichten nur ein Streben nach einer Verbesserung der medizinischen Versorgung (wie auch immer diese zu definieren wäre, ein zusätzliches „weites Feld“).

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Ich glaube, es war noch nie das Streben nach besserer Versorgung, automatisierte Techniken einzusetzen. Es geht eigentlich immer um Gewinnmaximierung bzw. Kostenminimierung. Nichtsdestotrotz leben wir alle damit und wären vielfach auch gar nicht mehr bereit, die Kosten ohne Automatisierung zu übernehmen.

Da erwarte ich durchaus auch etwas anderes. Zum Beispiel, dass Datenmengen einfacher analysiert werden können, um Schlüssel daraus zu ziehen. Dabei kann man sich durchaus zunutze machen, dass KI auch ein Eigenleben entwickelt, und Dinge miteinander verbindet, auf die Menschen vielleicht gar nicht kommen.

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Womit wir wieder bei den Befürchtungen sind. Eine Maschine mit einem Eigenleben? Eine grauenvolle Vorstellung. Da lobe ich mir das Eigenleben meiner Figuren. Die bleiben wenigstens auf dem Papier oder im ebook an der Stelle, an denen sie platziert sind.

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Als ich letztens den Blick vom höchsten Berg meiner Welt beschrieben hatte, hab ich mal ChatGPT befragt, was es denn schreiben würde.

Neben dem glitzernden Meer und dem üblichen Blabla, dachte es sich einen Urwald am Fuße des Berges aus und beschrieb, dass die Bäume von oben wie Moos aussehen. (Tatsächlich stand der Berg an einer Salzwüste, aber davon hatte ich ja nichts geschrieben). Und in dem Urwald lebte ein Stamm von Eingeborenen mit kakaofarbener Haut, die den Berg sehr verehrten und ihn anbeteten. Es ging dann noch ein paar Sätze so weiter.

Sowas meinte ich mit Eigenleben. Nicht, dass es selbst lebt, sondern dass es Entscheidungen Out-Of-The-Box trifft und denen einfach mal nachgeht. Ich mochte die Idee mit dem Indianerstamm und sah sowas wie bei Avatar vor mir. Passt nicht in meine Geschichte, ist aber ne schöne Idee.

Ach so.

Das habe ich tatsächlich gelernt :grinning:

KI usw. bin ich sehr kritisch gegenüber und halte es wie James Bond: "Manche Dinge mache ich auf die altmodische Art. Und wenn alles andere versagt, ist die altmodische Art die Beste :grin:

Angenommen, die KI können in Zukunft auch ganze Romane schreiben. Dann gibt es neu noch den Vermerk im Buch „erstellt durch ChatGPT (oder wie die KI heisst)“.
Das wäre zumindest fair und ehrlich.

Sei vorsichtig, dass aus dieser negativen Kennzeichnung nicht später noch ein Gütesiegel wird – wie bei „Made in germany“. :slight_smile:

Kennst du den Film „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader? Ich finde ihn diesbezüglich sehr sehenswert.

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Ist es doch längst. In Japan kann man Hologramme heiraten und anderes „Getier“.

Meine Meinung: Der Film ist kein Highlight, den man sich immer wieder ansieht. Allerdings ist er dennoch recht gut. Was mich gestört hat: Ein ungewöhnlich und nervend englischer Akzent der Hauptfigur. Habe mich total über die künstliche Redeweise (trotz Maschinenmensch) aufgeregt. Dann habe ich bei nachgesehen und festgestellt, dass der Hauptdarsteller ein Brite ist und dann … habe ich mich geschämt (vor mir selbst). Egal. Der Film hat was. Ansehen lohnt sich, wenn man keine actiongeladenen Szenen erwartet.

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Ich fand es in dem Film interessant, dass die Frau zu Anfang miterlebt hat, wie der künstlich intelligente Android plötzlich eine Art Kurzschluss hatte (sie musste tagelang auf die Reparatur warten, wenn ich mich recht erinnere) - und sie ihn später sorglos ans Steuer ihres Autos ließ.
Irgendwie glaubhaft, eine emotionale Bindung an eine KI kann uns Menschen wohl zu unangebrachtem Vertrauen verleiten.

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Falls noch nicht geschehen, ich kann die schwedische Serie Echte Menschen empfehlen. Auf arte.tv kann man sie kostenlos ansehen.

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Die VG Wort befasst sich mittlerweile auch mit dem Thema. Im Newsletter steht:
Dr. Robert Staats hat sich kürzlich als Vorsitzender des Fachausschusses Urheberrecht des Deutschen Kulturrats, neben weiteren Autorinnen und Autoren, mit dem Thema KI und ihrer urheberrechtlichen Bewertung in einem Gastbeitrag der Publikation [„Politik & Kultur“ (puk)](politikkultur. de/archiv/ ausgaben/nr-4-23/) auseinandergesetzt.

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Mir macht das Angst.
Das ganze reicht viel weiter als wir uns vorstellen können.
Heute stand ein Bericht in der Zeitung,
in dem die Zeitschrift „die aktuelle“ ein erstes Interview mit Michael Schumacher brachte. Erstellt von einer KI. Untertitel: Es klingt täuschend echt.
Wie schäbig ist so etwas und wie traurig, auf diese Art und Weise die Auflage zu steigern, um Kohle zu machen.
Die Chefredakteurin wurde entlassen.

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Klar, ist es, aber solche frechen Fakes hats auch vor der KI schon gegeben. Die Hitler-Tagebücher sind da ein schönes Beispiel.

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