Mich persönlich nerven solche Warnungen derart, dass ich beim Wühltischwuseln Werke mit derartigen Warnungen sofort an die Seite schubse.
Heile Welt kann doch auch heißen, dass es für die Krebskranke eine gute Wende gibt und doch noch alles gut wird. Da kann man doch nicht aufs Buch schreiben: Achtung! Krebs kommt vor. Aber! Der Herr hat Erbarmen. Freuen Sie sich auf ein schönes Ende.
Natürlich kann am Ende alles gut werden. Bringt das Thema Krebs mich aber dazu, dass meine Welt zusammenbricht, dann hilft auch ein Happy End nicht mehr. Denn bis dahin komme ich erst gar nicht.
Es ist doch aber auch okay, wenn du kein Buch kaufst, auf dem es steht (aber steht da nur ein Verweis zu Seite x, legst du es wirklich wieder weg, obwohl dich der Klappentext gefesselt hat?) und es auf deine Bücher nicht draufschreibst. Wenn es für dich so funktioniert, dann freut mich das. Für mich tut es das in den allermeisten Fällen auch.
Übrigens überfliege ich die Triggerwarnungen nur und denke bei manch einem Hinweis auch, der wäre nicht notwendig gewesen. Und doch gibt es Menschen, die genau die Warnung für ihren Seelenfrieden brauchen.
Gönne ich ihnen - will ich meinen doch auch erhalten.
Mögen sie auch meine Gunst haben. Ich mag es eben nicht, dass heutzutage vor allem und jedem gewarnt und hingewiesen werden muss und …
Als Kind habe ich mich an einer Brennessel verbrannt. Da wusste ich, dass sie brennen ohne Vorwarnung meiner Mutter. Der Vergleich hinkt - wie fast alle Vergleiche. Das ist mir klar.
Nein. Ich lege es weg, wenn ich mir unsicher bin. Dann greife ich lieber zu einem Buch, bei dem ich mir auch unsicher bin und das keine Warnung hat.
Seelenfrieden? Der gerät bei mir nicht in Gefahr, denn ich schreibe gar nichts, was deinen Seelenfrieden stören könnte. Und falls doch, dann stimmt etwas mit deinen Maßstäben nicht, jedenfalls in meinen Augen. Ergo schreibe ich keine Triggerwarnungen. Ich überrasche, ohne zu schockieren. Manche machen es umgekehrt, sie schockieren, ohne zu überraschen, das ist in meinen Augen das wahre Übel.
Ich kaufe keine Bücher mit Triggerwarnung. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Autor, der so viel Angst hat und so viel Rücksicht auf jegliche Befindlichkeit nimmt, ein Buch schreiben kann, dass mir gefällt.
Aber das gilt natürlich nur für mich. Jeder darf das machen wie er will. Das hat ja auch etwas damit zu tun, was man selbst lesen und schreiben will.
Sehr guter Satz!
Mir ist das bei einer Autorin aufgefallen, deren Liebesromane ich eigentlich sehr mag, dass sie immer vorhersagbarer nach 7-Punkte-Plot schreibt. Das heißt, es kommt unweigerlich der Punkt 5, in dem etwas Schreckliches passiert, das sich dann in Punkt 6 und 7 zum Happy End auflöst.
Dieser Punkt 5 passt aus meiner Sicht in einigen Büchern überhaupt nicht zum ansonsten netten Liebesroman. Inzwischen überrascht mich daran aber nichts mehr in ihren Neuerscheinungen; ich weiß ja schon, wann etwas Unschönes passieren wird, ehe es wieder nett weitergeht.
Genau das ist doch der springende Punkt: es sind meine Maßstäbe. Es ist nicht an dir, die anzuzweifeln und zu hinterfragen. Ich tu es mit deinen auch nicht.
Für mich wirken viele Teile der Diskussion so, als gäbe es nur ganz oder gar nicht. Entweder alle schreiben eine Triggerwarnung rein oder keiner.
Warum nicht das jedem Schreibenden selbst überlassen? Und jedem Lesenden, was er davon hält?
Wenn deine Maßstäbe anders sind als meine ist das super. Mein Nachwuchs und ich haben auch andere Maßstäbe, was ein „aufgeräumtes Zimmer“ ausmacht. Trotzdem leben wir in friedlicher Co-Existenz. Meistens jedenfalls.
Wie geht man mit der Realität um, wenn man schon Fiktion nicht erträgt?
Unangenehme Gefühle auszuhalten, ist Bestandteil der menschlichen Erfahrung. Sie verlieren zudem ihren Schrecken, wenn man sich erst mal damit auseinandersetzt, stärken also sogar.
Es sind nur Empfindungen, die kommen und gehen.
Aldous Huxley hat in seinem Roman „Schöne neue Welt“ eine Zukunft beschrieben, in der u.a. jegliche negative Gefühle mit der stets verfügbaren Droge „Soma“ unterdrückt werden. Das wird langsam ein bisschen prophetisch.
Autoren wird weisgemacht, sie müssten vor ihren Buchinhalten warnen, weil sie sonst dafür verantwortlich sind, jemanden zu verletzen. Wenn aber 1000 Leute das Buch lesen und 3 sich verletzt fühlen, dann liegt es an den Gefühlen der 3 Personen. Sich damit auseinanderzusetzen, sie auszuhalten und ggf. therapeutisch etwas zu unternehmen, wenn es wirklich auf echten Traumata beruht (und nicht nur auf einem Gefühl des Unwohlseins oder einem ausgelösten und heilenden Weinkrampf), ist die Aufgabe dieser 3 Personen. Das ausgelöste Gefühl liegt IN IHNEN, nicht im Inhalt eines Romans.
Man sollte sich die Chance, sich mit seinen Gefühlen konfrontieren nicht entgehen lassen. Mit einem Buch kann man das auf eine sichere Weise tun, es passiert ja nichts wirklich.
Bisher sind wir ohne Triggerwarnungen ausgekommen, das lässt für mich nur den Schluss zu, dass wir einfach nur vermeidendes Verhalten fördern, uns mit nichts mehr auseinandersetzen und konfrontieren lassen wollen. Wir machen damit also noch empfindlicher. Und je empfindlicher alle werden, umso weniger wird vielleicht erlaubt sein (Stichwort „sensitivity reading“). Alles wird reingewaschen und sauber, unser persönliches Soma.
Was mal dazu gedacht war, echte, schwer traumatisierte Menschen zu warnen, ist im Handumdrehen zu einem „Alles ist Trigger“ geworden. Vorsicht, es kommt ein knurrender Hund vor, Kakerlaken werden erwähnt, jemand nimmt Drogen, jemand wird krank - ja woraus sollen Romane denn sonst bestehen? In zwei Jahren steht auf Liebesromanen dann die Warnung, dass die Protagonistin bei ersten Date sitzengelassen wird.
Vor vielen Jahren lag der Psychoanalyse vor allem die Rückschau zugrunde. Sehr vereinfacht ausgedrückt: Deine Eltern, deine Kindheit, das Trauma, waren an allem schuld.
Heutzutage hat man in der Psychotherapie verhaltenstherapeutische Ansätze. Vereinfacht ausgedrückt: So ziemlich das einzige, was du wirksam beeinflussen kannst, ist dein eigenes Verhalten und dein eigenes Denken, also machen wir das zum Gegenstand der Therapie.
Was als Therapieansatz sehr sinnvoll ist (der Therapeut kann nur denjenigen therapieren, der gerade bei ihm auf der Couch sitzt), kippt aber leider in eine ungute Richtung, wenn schließlich dem Opfer alleine der „schwarze Peter“ und alle Verantwortung zugeschoben wird. Einen Satz wie „Das [von mir] ausgelöste Gefühl liegt doch IN DIR, sieh zu, wie du damit klarkommst.“ finde ich gar nicht gut.
Was ich nicht gesagt habe.
Es ging weder um Opfer noch schwarze Peter oder Schuldzuweisung. Sondern lediglich darum, dass die Verantwortung nicht beim Autoren liegt.
Verantwortung für eigene Gefühle zu übernehmen, ist nicht Schuldzuweisung. Eine dritte, unbeteiligte Person ist auch nicht schuld daran.
Und bei Triggerwarnungen reden wir schon lange nicht mehr von echten Traumata. Das ist genau das Problem bei der Sache. Etwas wird eingeführt, es klingt logisch und gut und scheint eine gute Sache zu unterstüzten. Aber es dauert nicht lang, dann wird aus dem kleinen sinnvoll gereichten Finger ein Armausreißen.
Es gibt im Internet bspw. „Emotional Spoiler Categories“ (ULLI: Link moderiert, da ‚.com‘ Links wegen der Forenhalterhaftung leider nicht benutzt werden dürfen - wir können nicht ganze ausländische Websites daraufhin scannen, ob sie für D Illegales enthalten, ich bitte um Verständnis.)
„Es kommen Käfer vor“ (das meinte ich vorhin übrigens noch als Scherz, aber tatsächlich steht das schon längst in der Liste). „Ein Drache stirbt“ - wer kennt es nicht, ein zutiefst traumatisierender Inhalt. „Jemand verliert seine Jungfräulichkeit“.
Wo ist da noch eine Grenze?
Das ist nur noch ein Witz von Empfindlichkeiten. Ich kann nur dafür plädieren, da nicht mitzumachen als Autor. Erst wird gewarnt, dann wird gestrichen - weil warum überhaupt Inhalte erstellen, die irgendjemanden verletzen können?
Als Leserin kann ich nur dafür plädieren, sich einfach mal an Inhalte heranzuwagen, die man als herausfordernd sieht.
Genau darum ging es mir. Die Verantwortung für das, was er schreibt, liegt beim Autor. Wenn der Autor die Leser absichtlich schockt, so wie hier
dann „liegt da“ nicht „ein ausgelöstes Gefühl im Leser“, sondern der Autor hat Gefühle ausgelöst.
Die Gefühle können aber nur in einer Person entstehen, basierend auf ihren Erfahrungen und ihrem Stand. Bei 200 anderen Leuten werden sie nicht ausgelöst.
Deswegen ist weder man selbst noch der Autor Schuld daran, die Verantwortung kann aber nur die Person selbst tragen. (Das schließt auch nicht das Mitgefühl für Opfer von Gewalt etc. aus.)
Es gibt Genrekategorien, Cover und Klappentexte.
Wenn man keine Gewalt gegen Mütter lesen will, kann man das dem Klappentext entnehmen. Bekannt ist auch, dass Thriller genrell sehr ausführlich die Taten darstellen.
Kurz darauf werden die Leichen einer Mutter und ihres Kindes in einem unterirdischen Hohlraum entdeckt.
Natürlich sollte immer gut und deutlich kategorisiert werden. Ein Liebesroman ohne Happy End, ist kein Liebesroman, sondern entweder ein Liebesdrama, Beziehungsdrama oder Frauenroman etc.
Es ist auch nichts Schlimmes daran, wenn man bestimmte Dinge nicht sehen will oder aushalten kann. Buch zuklappen, Film abbrechen. Durchatmen und noch mal probieren oder sein lassen.
In den Punkten sind wir uns einig.
Mehr will ich ja gar nicht, als anhand von Cover und Klappentext eines Buches deutlich sehen zu können, was mich im Buch erwartet, damit ich - vor dem Buchkauf, nicht erst mitten im Buch, wenn es passiert - für mich entscheiden kann, ob ich mir das antun möchte oder nicht.
Da bin ich voll bei dir. Ich denke, wenn man die bekannten, wirklich nötigen Triggerwarnungen beibehält, ist das sinnvoll im Sinne der Erfindung. Nur diese Tendenz zu „Alles ist Trigger“ gefällt mir nicht. Wenn alles ein Trigger ist, wird der Begriff total schwammig.
Frei nach Ringelnatz oder so: „seien wir ehrlich, das Leben ist immer lebensgefährlich“
Das vergessen wir wohl manchmal…
Wenn ich alles richtig mache, vorsichtig genug bin, alles unter Kontrolle habe, alle anderen auch keine Fehler machen… dann geht es mir gut und es wird nichts passieren. Und wenn es mir nicht gut geht, dann gibt es einen „Schuldigen“, im Zweifel ich selber. Oder Corona. Oder die Politik. Oder Flüchtlinge.
Genauso sehe ich das auch. Aber die Bereitschaft, oder Fähigkeit, Verantwortung (oder beides?) für sich zu übernehmen nimmt in meiner Wahrnehmung (auch im Umgang mit Patienten und Klienten) immer mehr ab.
Dabei ist es tatsächlich so, dass nur das eigene Denken, die eigenen Blickwinkel, Bewertungen und Massstäbe geändert werden können. Ausschließlich. Mit verblüffenden, heilenden Wendungen wenn das gelingt und mit nicht enden wollendem Leid, wenn nicht. Wir können uns am „Aussen“ abarbeiten bis wir schwarz werden (oder sterben), wir werden keinen Frieden finden, keine „Zufriedenheit“.
Das Leben enthält Freude, Leid, Traurigkeit, Schmerz, Schrecken, Liebe, Angst, Wut, Erfolg, Niederlage und vieles andere mehr, oftmals nicht nur in Spuren. Wunderbar.
Lass es mich konkretisieren: ich las den Klappentext und es war okay. Tote Mutter? Geschenkt. Totes Kind? Okay, hab ich wenig Probleme mit. Etwas im Körper der Toten finden? Nichts neues.
Und dann liest du sehr explizit, das ihrem Ungeborenen noch lebend im Mutterleib eine Puppe angenäht wird. Sorry, aber davon wird im Klappentext nichts ersichtlich und das ist es, was in meinen Augen zu weit ging - wohlgemerkt: für mich.
Ich habe kein Problem mit Thrillern, Psychothrillern etc. Nur hier ging es in eine Richtung, die (für mich!) nicht ersichtlich war aus dem Klappentext.
Deswegen nimmt mich das Buch bis heute mit.
Nein, ich habe keine Alpträume davon, ich habe auch kein Problem mit Schwangeren oder Angst davor, selbst schwanger zu werden und sowas durchzumachen.
Aber es hat einen Nerv verdammt empfindlich getroffen. Die anderer Menschen vielleicht nicht, das ist okay. Aber ich persönlich hätte mir hier einen Triggerhinweis gewünscht.
Sehe ich genauso. Und ich schrieb schon vorher mal: die Grenze zu ziehen, was als Trigger gesehen wird und wovor gewarnt wird ist extrem schwierig. Ich mag ebenfalls nicht, dass vor allem und jedem gewarnt wird.
Auf der anderen Seite: die meisten Verlage packen den Hinweis auf die TW auf die Rückseite oder eine der ersten Seiten, die Auflistung der evtl. problematischen Themen aber auf die letzte Seite. Das finde ich gut gelöst. Ich kann so selbst entscheiden, ob ich wissen will, wovor ich gewarnt werde oder nicht.
Brauche ich keine Warnung, lese ich die Themenseite nicht.
Wie alt wir genau waren, weiß ich heute nicht mehr. Ich schätze mal zehn oder elf. Auf jeden Fall viel zu jung, für die „Geisterjäger“-Romane von Bastei. Wie die Junkies lungerten mein bester Freund und ich am Erscheinungstag vor dem Zeitungskiosk herum. Taschengeld war knapp - sogar für Bastei-Romane. Deshalb wechselten wir uns beim Kauf immer ab. Für den, der nicht mit Bezahlen an der Reihe war, kostete es vor allem Nerven. Der bekam das Heft erst in die Hand, wenn der andere damit durch war. Das ging meist schnell, dauerte aber dennoch stets viel zu lange.
Die blutrünstigen Geschichten von Dämonen, Gespenstern und furchtbaren Monstern fesselten uns. Die meist spärlich bekleideten weiblichen Opfer auf den Titelseiten juckten uns nicht, waren aber Anlass dafür, unsere Heftsammlung nicht offen herumliegen zu lassen. Wir waren jung, aber nicht doof. Es ging lange gut. Erstaunlich lange.
Ich habe nicht das Gefühl, dass uns die teilweise nicht jugendfreien Inhalte geschadet hätten. Jedes Heft gab für mindestens eine Woche Stoff für angeregte Diskussionen. Dann kam schon das nächste. Es war eine schöne Zeit. Bis zu jenem Tag, an dem es wirklich grausam wurde. Das steckt mir bis heute in den Knochen.
Meine Mutter entdeckte meine geheime Bibliothek. Nur Minuten später wusste auch die Mutter meines besten Freundes, was die Stunde geschlagen hatte. Die Spanische Inquisition war dagegen die reinste Wellnesskur. Es folgten Krisensitzung auf Krisensitzung, unzählige peinliche Verhöre und wortreiche Ermahnungen.
Wie die Schwerverbrecher hockten wir vor dem Familientribunal und verstanden die Welt nicht mehr. Jeder Versuch einer Verteidigung brach schon im Ansatz in sich zusammen. Wir schließlich auch. Wenn ich mich recht erinnere, ging es vor allem um die Titelbilder. Ich glaube nicht, dass sich die literarische Tiefe dieser Meisterwerke fantastischer Schreibkunst unseren gnadenlosen Müttern auch nur ansatzweise erschlossen hatte. Gegen die hatten nicht mal Dämonen, Satan oder blutrünstige Monster die geringste Chance. Jene geheimnisvollen Mächte, mit denen im Bunde zu stehen wir felsenfest überzeugt waren, scherten sich einen Dreck um unser Schicksal. Kein Blitz rettete uns, kein Erdbeben und die Untoten ließen uns ebenfalls im Stich. Das war der reine Horror.
Eine wunderbare Phase in meinem jungen Leben fand ein jähes Ende. Nur eine kurze Weile versuchten mein Freund und ich, mit „Jerry Cotton“ oder „Lassiter“ als Ersatzdroge, zu retten, was zu retten war. Vergeblich. Der wundervolle Zauber war ein für alle Male dahin.
Nein. Es sind nicht deine Maßstäbe, das wäre ja noch schöner. Es sind Wertmaßstäbe, auf die man sich als Gesellschaft in einem ewig andauernden Prozess einigt. War das Rauchen in einem Roman der Siebziger- oder Achtzigerjahre noch vollkommen normal, muss man heute die Leute warnen (dass geraucht wird, siehe Amazon). Hunderte mehr Beispiele aufzuführen, spare ich mir an dieser Stelle. Was ich dir hoch ankreide, ist die Geiselhaft, in die du uns zwingst.
@Annabell befiehlt (wie seinerzeit Simon) und wir haben durch den Reifen zu springen. Nein! Damit muss Schluss sein. Nur weil es einem von hundert Autoren gefällt, seine Leserinnen zu schockieren, musst du uns nicht raten, Triggerwarnungen zu setzen. Wir (die anderen neunundneunzig) sind nämlich keine Arschlöcher, kommen uns aber so vor dank deiner Ermahnungen. Sag es dem Autor, der dich schockiert hat und nicht uns.
Bei Thrillern geht es oft ziemlich brachial zu (ich lese übrigens selten welche). Gut, das ist nicht jedem immer bewusst.
Aber: Ich meine, ist es nicht durchaus auch interessant, mit den eigenen Grenzen konfrontiert zu werden? Das ist doch auch ein Teil, der Fiktion ausmacht. Du kannst es sicher erkunden.
Das ist quasi ein safe space für Grenzerfahrungen.
Ja, aber du kannst hier darüber schreiben. Wie kannst du dir sicher sein, dass dich die Triggerwarnung ausreichend warnen würde? Zudem kann man die Szene auch überspringen. Der Schauer und die Angst … das Adrenalin sind es doch auch, warum man das überhaupt liest.
Triggerwarnungen hingegen sind eigentlich für schwer traumatisierte Menschen gedacht. Mittlerweile stehe sie aber für jeden Schnickschnack da (Stichwort Käfer und Drachen) und das Schlimmste ist, dass es auch noch voll ernst genommen wird.
Zudem kann auch eine Triggerwarnung triggern.
Zuerst ging es so los: Bitte nehmt doch Rücksicht.
Moralischer Appell: Es ist kein großer Aufwand, aber so ein großer Nutzen für Betroffene.
Dann kamen die Forderungen:
So, da sind wir jetzt. Was ist, wenn wir uns immer weiter daran gewöhnen, alles, was uns mal 5 Minuten oder eine Nacht lang verstört, als „schädlich“ zu sehen?
Literatur ist Kunst, kein Wohlfühlprodukt.
Schon allein, über Triggerwarnungen nachzudenken, ist überhaupt nicht Aufgabe eines Autoren. Und wer sagt, dass es nicht nach und nach zu einer Selbstzensur führen kann?
(Weniger Trigger, mehr Käufer? - nur als Gedanke im Kopf des Autoren - hierzu gern mal „Does the dog die“ googlen und auf die „emotional spoiler categories“ klicken und nachlesen, was alles als Trigger aufgeführt wird. Wie lang sollen künftig die Triggerlisten in Büchern werden?)
Oftmals scheinen mir die Leute, die sich wie den Medien-Fällen oben über mangelnde Warnungen aufregen, selbst gar nicht wirklich getriggert zu fühlen, sondern eher für die Sache an sich zu kämpfen. Irgendwann kommt dann mal eine Klage gegen irgendeinen Autoren in den USA, wo Millionen Schadensersatz wegen mangelnder Warnung gefordert werden - scheint das wirklich zu absurd?
Nun las ich auch gerade über eine amerikanische Autorin, die ihre Buchveröffentlichung zurückzieht. Der Trigger ist, dass die Handlung in Russland spielt. Gelesen hat es allerdings noch keiner.
(Die Überschrift des Artikels macht nicht so viel Sinn, es geht nicht darum, dass sie Bücher IN Russland herausbringt, sondern ihr Roman dort spielt. Leider haben deutsche Nachrichten das Thema nicht aufgenommen, und darf hier nur .de-Seiten verlinken.)
Was ich damit sagen will, hab ich schon oben gesagt: kleiner Finger - ganzer Arm.
Man sollte sich wirklich überlegen, ob es einem wichtig genug ist, auf Triggerwarnungen zu bestehen, weil man mal eine Nacht nicht schlafen kann - wenn die Konsequenzen in Richtung Mob und Shitstorm gehen, zum Selbstcanceln aus völlig absurden Gründen führt.
Die Autorin hat sich selbst entschieden, schön und gut, aber sie kann es sich ja leisten als Millionärin, was andere Autoren nicht können. Sie setzt damit nicht nur ein Zeichen für sich.
Es ist (auch bei anderen Themen) immer dieses Argument: Tut doch nicht weh, würde sooo viel bringen. Und dann wird es zu: Das darfst du nicht schreiben!