Bin ich unsensibel, oder alt? Oder beides?

Gibt es das überhaupt (noch)?

Tjaaa, ich fürchte, da hat jeder im Netz seine eigene Definition, sitzt in seiner Ecke und definiert sich als normal und die anderen haben keinen Menschenverstand. Leider so. [Selbstironie an] Ist leider in den anderen Ecken, in denen ich nicht bin, so. [Selbstironie aus]
Aber wer ist da schon objektiv und kann sagen, welche Ecken recht haben?

Vielleicht sollten wir alle aufeinander zugehen und nicht immer gleich das Schlechteste im Menschen annehmen. Es gab mal die Redewendung „In dubio pro reo“ - „Im Zweifel für den Angeklagten“. Das kehrt sich im Netz oft um: „Im Zweifel gegen den Angeklagten“ und Vieles wird einfach mal im Mund herumgedreht… :cry:

:heart_eyes: Danke dir. (Ich knuddel dich mal aus nicht ganz so weiter Ferne. ;))

Ja, das verstehe ich auch nicht. Dabei ist die körperliche Liebe mit dem richtigen Partner nicht nur etwas sehr Schönes, sondern auch noch etwas Lebensspendendes, Positives. :thumbsup:
Während das Morden einfach nur von Hass und Tod erzählt. :frowning: Und von den Abgründen in den menschlichen Hirnwindungen. :unamused:

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Ich denke, dass die von dir aufgeführten Aussagen sich eher auf die immer stärker werdende Einflußnahme von selbsternannten Tugendwächtern der Identitätspolitik, political correctness, etc pp beziehen. Triggerwarnungen wurden da pars pro toto behandelt.

Und du musst zugeben, dass Sprach- und Denkverbote immer mehr zunehmen. Die einen fordern, man solle seine Texte gendern, wer das nicht macht, ist ein reaktionärer Chauvi, der nächste verlangt, dass bestimmte Wörter nicht mehr benutzt werden, weil es “unsensibel” ist, die nächsten beschweren sich, dass deine weiße Protagonistin Rastalocken hat (cultural appropriation), usw. Alles beschlossen von einer selbstherrlichen Elite, die das mit ungeheurer Arroganz verkündet, als wären diese Dinge auf Steintafeln vom Berg Horeb herabgetragen worden oder als könnten nachfolgende Generationen dies nicht auch wieder anders sehen.
Wozu führt das? Beim hoffnungsvollen Autor zu einem Zensor im Kopf, der vermeiden will, wegen einem leichtsinnig verwendeten Wort im Zentrum eines Shitstorms zu stehen, bei Verlagen, die natürlich Gewinnerzielungsabsichten haben, zu Einflussnahme auf den Autor, sein Werk doch weichzuspülen oder stillschweigende Beseitigung “böser Wörter”.
Wenn man diese Entwicklung zu Ende denkt, bleiben am Ende nur moralisch tadellose, politisch-korrekte, gewalt- und schmerzfreie Literatur. Ungefähr so unterhaltsam wie die Bedienungsanleitung einer Personenwaage.

Nach deinem Beitrag #36 denke ich, wir liegen gar nicht so weit auseinander. Wenn es um explizite Gewaltdarstellungen wie in dem Beispiel von @Zauberfrau , grafische Beschreibungen von Sex oder exzessiven Drogenkonsum geht, finde ich einen Warnhinweis angebracht. Wenn allerdings schon ein einziges “Verdammt!” dazu reicht, eine Triggerwarnung wegen “unangemessener Sprache” oder “Mikroaggressionen” zu fordern, finde ich das hochgradig albern und ein solcher inflationärer Gebrauch würde auch dem Sinn von Triggerwarnungen einen Bärendienst erweisen, denn irgendwann nimmt diese “echten” Warnhinweise niemand mehr ernst, da sie sowieso auf jedem Buch kleben.
Bei Amazon Prime würde ich mir wünschen, dass man die genannten Trigger auch als Suchkriterium verwenden könnte. Dann bräuchte man wenigstens nicht lange suchen, wenn einem der Sinn nach Filmen steht, in denen gesoffen und gehurt wird. :wink:

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Absolut. Und mir gefällt das genausowenig.

die in der Regel noch nicht einmal zu den “Betroffenen” gehört. Ich selber gendere tatsächlich nur sehr inkonsequent, weil es mir meist zu sperrig ist und dadurch den ganzen Satz verwässert. Und dabei bin ich selber wohl das, was unter “divers” fallen würde. Aber zum Gendern gab es hier ja auch einen netten Thread, wenn ich mich recht erinnere.

Tatsächlich liegen wir sogar sehr dicht beieinander. Oder wir sitzen, nicht, dass es hier zu falschen Annahmen kommt :wink: Ich stimme dir da voll zu.

Den Vorschlag unterstütze ich. Das Verbuchen wir dann unter Recherche ^^

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Dem kann ich nur zustimmen.
Und da wir den Anspruch haben, etwas Anderes zu schreiben als Bedienungsanleitungen für Personenwaagen, sollten wir es einfach tun. Es gab schon immer Autorinnen und Autoren (wirklich beide), die bewusst anecken wollten, nicht gedruckt oder sogar verboten wurden und Jahre später zur Weltliteratur zählten. Die Aufzählung wäre lang.
Machen wir also einfach weiter und schreiben, wenn auch mit einer gesunden Sensibilität, so doch weiter, wie es uns richtig und in dem jeweiligen Text passend erscheint. Zu dünnhäutig dürfen wir auch nicht sein.

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Je mehr Du über deine Story erzählst, desto interessanter finde ich sie. :slight_smile:

Ich mag Romancy und es gibt viele Stories, bei denen es so was von zur Sache geht und sie haben einen Riesenerfolg, z.B. die Black Dagger Geschichten von J.R. Ward. Oder von Christine Feehan und wie sie alle heissen. Da wird es brutal, erpresserisch, leidenschaftlich, dass die Seiten schwanken. Von wegen „er wollte, doch er konnte nicht“! Sie wollen, sie können und manchmal dürfen sie nicht gleich… :cool:

Ich schliesse mich an: sei selbstbewusst. Alle wissen, wie „es“ geht und ich gehe mal davon aus, 98% tun es auch und von denen hoffentlich mindestens 80% mit Begeisterung.

Kurz gesagt: Es wird vielen Spass machen, das zu lesen. Wem das zu viel ist, der kann sich was anderes kaufen. :smiley:

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Bin völlig Deiner Meinung.
Wir diskutieren hier Trigger-Warnungen. Was Du beschreibst sind aussagekräftige Klappentexte, Titel und Cover.
Eine Triggerwarnung wäre ein zusätzlicher Hinweis. Der kann in extremen Fällen Sinn machen, in den meisten sehe ich es nicht so.

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Gegenbeispiel: Ein ganzes halbes Jahr. Das endet sehr tragisch und absolut genre-untypisch, und war bei der Liebesroman-Leserschaft ein gigantischer Erfolg.

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Also, im Grunde ist es doch so, dass es die Aufgabe von Titel, Cover und Klappentext ist, potentiellen Lesern einen Eindruck zu geben, was sie in dem betreffenden Roman erwartet. (Die Leseprobe dient dazu, festzustellen, wie gut das Buch – vermutlich – geschrieben ist.)

Wenn also der Roman “Das Kettensägenmassaker im verwunschenen Wald” heißt, auf dem Cover Blut an Baumrinde nebst abgehackten Körperteilen zu sehen ist und der Klappentext Morde, Ungeheuer und Splatter verspricht, dann wird doch wohl niemand, der noch bei Trost ist, dieses Buch kaufen in der Erwartung auf heile Welt, Romantik und Happy End.

Kurzum, wenn man Covergestaltung, Titelwahl und die Formulierung der Klappentexte ernst nimmt, sehe ich überhaupt keinen Grund für Triggerwarnungen. Diese drei Elemente sind die Triggerwarnungen in der Belletristik, schon immer gewesen.

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Bei “Ein ganzes halbes Jahr” hätte ich mir Hinweise darauf gewünscht, dass es kein Happy End hat und tendenziell Selbstmord propagiert.
Wenn man das Buch geschenkt bekommt und nur auf Klappentext und Cover schaut, rechnet man damit nämlich überhaupt nicht.
Ich bin absolut kein Fan dieses Buchs.

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Ich denke, das bringt es sehr gut auf den Punkt.
Mir kommts langsam so vor, als würden alle paar Wochen neue Elemente auf die Liste der Dinge wandern, die man beim Schreiben zu beachten, einzubauen und wegzulassen hat, weil sich ja irgendwer verletzt, benachteiligt oder getriggert fühlen könnte.
Bei wirklich expliziter Gewaltdarstellung sehe ich es auch absolut ein, gerade das Beispiel, was @Zauberfrau weiter oben angeführt hat, ist echt heftig, aber bei sowas regt sich ja kaum jemand auf.
Aber Gnade Gott, du lässt deine Figuren im Lokal ein Zigeunerschnitzel bestellen, oder du hast nicht auch ein gleichgeschlechtliches Paar am Start, es kommt keine einzige ‘colored Person’ vor, du hast einen Kettenraucher als Helden, einen übergewichtigen Antagonisten, es fallen mehr als zwei Schimpfwörter und so weiter, und das ist es, worüber ich manchmal am liebsten in die Tischkannte beißen würde.

Stimmt, man rechnet nicht damit, trotzdem wurde es ein Riesenerfolg und von der Genre-Leserschaft sehr positiv aufgenommen. Man hätte da auch schlecht etwas vorher verraten können, weil man damit so ziemlich das Ende vorweggenommen hätte.
Hier hat sich ein Autor halt mal an etwas neue Ufer getraut, das Genre auf recht heftige Weise erweitert - und der Erfolg gibt ihm (ihr) recht.

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Hm, Bücher sind ja Fiktion. Und gerade bei den Gebrüdern Löwenherz möchte ich doch anmerken, dass ich diese Geschichte stets als Hoffnungsgeschichte für todkranke Kinder gesehen habe. - Schon als Kind! Ich persönlich mag diese Geschichte sehr gerne, weil sie vermittelt, dass es nach dem Tod auch weitergehen könnte.
Ich meine mich zu erinnern, dass der große Bruder am Ende der Geschichte so sehr vom Drachen verbrannt wurde, dass er sicher sterben wird (nicht nur verkrüppelt überlebt). Deswegen nimmt ihn der kleine Bruder auf den Rücken, um mit ihm zu springen. Einfach, damit sie zusammenbleiben können und sich der Kleine revanchieren will. Ist vielleicht in der Realität nicht die beste Wahl, soll aber in der Fiktion doch zeigen, wie nahe sich die beiden standen.

Wer sich nach der Lektüre eines Romans selbst das Leben nimmt, bei dem war schon etwas ganz anderes vorher falsch.

Man liest ja auch keinen Thriller über einen mordenden Psychopaten und wird dann selbst einer, “weil’s so cool ist”.

Oder nimm Romeo und Julia. - Wie viele Liebespaare haben sich nach diesem Roman das Leben genommen? Ich denke mal, dass man das Stück immer noch aufführt. Wie viele Selbstmorde gibt es nach so einer Aufführung? Steht jetzt auf den Plakaten seit Neustem eine Triggerwarnung?
Trotzdem gilt Shakespeares Stück als DIE Liebesgeschichte überhaupt…

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Richtig.

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Nach diesem Roman denkt keiner: “Ach wie gut, dass Romeo Selbstmord begangen hat, sein Leben war ja auch wirklich nicht lebenswert.”
Sondern jeder denkt: Ach, hätten sie doch nur…

Ja.
https://www.dailymail.co.uk/news/article-9910155/Globe-Theatre-gives-audience-trigger-warnings-upsetting-Romeo-Juliet.html

Unglaublich!

Wer hätte das gedacht… :thinking: Tja, selbst die alten Meister bleiben nicht verschont.

Ich habe mal Hänsel und Gretel als Oper gesehen. Da war ich 13 oder 14. Ich bin vor Langeweile beinahe gestorben. Das war der einzige Effekt auf mich.

Tja, hättest du damals schon gewusst, dass in dem Stück Klassismus (Holzfäller am Existenzminimum), misogyne Darstellungen (die zweite Ehefrau des Holzfäller, die ihn überredet, die Kinder auszusetzen), Altersdiskriminierung (Diffamierung der alten Frau als Hexe), Fatshaming (der gemästete Hänsel soll gebraten werden), Kindesvernachlässigung und positive Darstellung von Gewalt als Problemlösungsmittel (Hexe im Ofen verbrennen) benutzt werden, dann hättest du wahrscheinlich schlaflose Nächte gehabt - vor deinem Opernbesuch.

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Ich vermute mal, dass man jedes Märchen mit Triggerwarnungen spicken kann…

Und die Märchen liest man Kindern vor!

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