Jetzt hab ich Hunger …
Abgesehen davon, dass »sichere Zone« ein unerträglicher Anglizismus ist, forderst du schon viel. Lies mal das Buch »Der Exorzist«. Da wäre die Triggerwarnung länger als das ganze Buch. Klar kannst du wollen und fordern. Aber alles, was wir dir sagen wollen, ist, dass du etwas Unerfüllbares willst. Niemals kann ein Autor an alle Trigger denken, was bedeutet, dass wir immer irgendeinen Leser vor den Kopf stoßen müssen. Was sagst du nun? Ist dir der egal? Also willst du, dass sie es dir recht machen, die Warnungen. Ein paar kannst du überlesen, hast du gesagt. Wie viele? Alle? Was, wenn die Triggerwarnungen drei Seiten ausmachen? Liest du die dann auch alle? Geht dir das nicht auf den Zeiger? In der »Unendlichen Geschichte« gibt es einen dicken Jungen, der gemobbt wird, warnen. In Buch »Die Brüder Löwenherz« sterben ständig Kinder, warnen? Wo anfangen, wo enden? »Das Mädchen mit den Schwefelhölzchen«, omfg. Die Bibel braucht auch welche, aber klar, alte, weiße Männer haben sie verfasst. Sollte Warnung genug sein, oder?
Stimmt, an der Stelle schrieb ich zu dem Buch, es müsse eine drauf.
Ich schrieb aber auch, dass es jedem Schreibenden und jedem Lesenden selbst überlassen sein sollte, ob eine Triggerwarnung draufkommt oder nicht, ob eine gebraucht wird oder nicht.
Ich brauche die nicht, ich komm mit den allermeisten Dingen gut klar. Es gibt nur sehr wenige Ausnahmen und auch das stürzt mich nicht ins Verderben. Im Übrigen habe ich den Exorzist gelesen.
Auch gibt es von mir die Aussage, dass es schwer ist, eine Grenze zu ziehen: wovor warnen und wovor nicht? Reicht ein Schlagwort oder müssen Erläuterungen rein?
Nur, weil ich sie bevorzuge, fordere ich sie nicht generell ein. Ich schreibe sie ja auch nicht auf jedes meiner Bücher.
Mitnichten muss alles so sein, wie ich es mir wünsche. Das lasse ich so nicht stehen. Lies daher auch bitte den Rest meiner Aussagen.
Letztlich muss nicht alles so sein, wie du es dir wünscht. Aber in Ansätzen war es schon so, dass du hast durchblicken lassen, wer das System der Triggerwarnungen nicht versteht, wäre unsensibel und nicht gerade empathisch.
Falls jemand auf meine Texte reagiert, getriggert wird, ist das nicht meine Schuld. Er hat Probleme und sollte etwas dagegen tun. Die Verantwortung auf den Autor/Verlag zu schieben, ist bequem und unfein. Das tut man nicht.
Nur, weil jemand dringend eine Therapie braucht und sie nicht macht, soll er mir als Autor nicht vorschreiben, wie ich meine Bücher gestalte. Weil ich Triggerwarnungen ablehne, bedeutet es trotzdem nicht, dass ich unsensibel bin. Derjenige, der mich angeht und alle, die keine setzen, der ist zu sensibel, das ist alles.
Sollte denen, die Triggerwarnungen fordern, nicht zu denken geben, dass es seit Jahrhunderten ohne klappt? Unsere Gesellschaft, ist gerade dabei, sich auf etwas Neues zu einigen und aus lauter Angst vor einem Shitstorm beugen sich viele Autoren und Verlage wider besseres Wissen, statt aufzustehen und zu sagen: »Was für ein Unsinn!«
Das gibt denen recht, die sie fordern und so werden sie sich letztlich durchsetzen. Es ist hochgradig peinlich, unästhetisch und nur dazu geeignet, individuelle Befindlichkeiten, und seien sie noch so konfus und unsinnig, zu befeuern. Seid nicht so empfindlich, Leute. Sonst landen wir am Ende noch da, wo ein Groupie backstage geht, dort auf einer Party feiert und sich dann wundert, dass es sich um Sex dreht. Das sind im Grunde lebensunfähige Leute, wir erziehen uns eine Generation an, die vollkommen unfähig ist, Situationen richtig einzuschätzen, und den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Gerade der gesunde Menschenverstand ist in den Augen der jungen Leute zu einem rechtsradikalen Schimpfwort mutiert. Alles, was nicht für euch ist, ist ein Nazi. Wenigstens das habe ich begriffen.
@Nopuli
Genau so ist es! Der Klappentext und ggf. das Cover sind ausreichend
Ist so unerwartet, dass in einem Krimi mal Blut fließen / spritzen könnte?
Ist es so ungewöhnlich, dass es in einem Erotical um Sex gehen könnte?
Ist es so abgefahren, dass in einem Horrorroman explizit auch heftige Szenen auftreten könnten?
Man kann und darf alle diese Dinge beschreiben, wie es die Handlung des Buches erfordert.
Mich drängt es gerade wirklich zu sagen, HimmelArschundZwirn, zieht euch Samthandschuhe an, springt in eine Rüstung und lest in Zukunft Kochbücher (nichts gegen Kochbücher) und passt auf, dass ihr euch an Temperaturangaben nicht die Flossen verbrennt
In keinster Weise habe ich DAS irgendwo impliziert. Ich betreibe weder eine Hexenjagd auf die, die die TW nutzen/wollen, noch auf die, die sie ablehnen.
Mach was du für deine Bücher für richtig hälst - sei es gelesen oder geschrieben. Ich nehme mir das Recht heraus, das für mich genauso zu machen.
Gaaanz dünnes Eis. Warnung vor tierischen Produkten für Veganer und Warnungen vor veganen Rezepten für Fleischfresser wären das Mindeste, von den Lebensmittelregeln verschiedener Religionen ganz zu schweigen. Genau, schweigen, das sollte ich jetzt vielleicht…
Ich sollte lieber schweigen, da hast du recht, aber schließlich war ein Apfel der Grund für die Vertreibung aus dem Paradies - und kein Schnitzel
Das ist vielleicht der springende Punkt. Unsere Gesellschaft ist im Wandel. War sie immer schon - natürlich. Aber nun sehen sich Autoren mit diesem „neuen Empfindlichkeiten“ konfrontiert. Die einen springen, die anderen bocken. Es ist eine Gradwanderung. Dann noch die nebulöse Zukunft des Schreibens an sich durch KI geschriebene Texte.
„Des Menschen Geist erfüllt seinen Zweck im ständigen Widerstand“
Ich befürchte, wenn wir uns die Möglichkeit der Reibung an kritischen Inhalten nehmen, wird die Zukunft des Schreibens die geringste unserer Sorgen sein.
Darum ein deutliches JA zu aussagekräftigen Klappentexten und ein NEIN zu ausufernden Trigger-Warnungen, die dem Leser das Buch vor - weg nehmen, und dem Autor die Freiheit seines Stils!
Aber das ist NUR meine Meinung.
…, ja, daran kann ich mich als Jugendliche auch noch erinnern . Mein Halbbruder hat mich irgendwie ins Kino geschleppt.
Und zum Glück hat meine Mutter nichts davon mitbekommen - da ging es mir besser, als Neri, die ihre heiß geliebten „Geisterjäger“ Romane nicht mehr lesen durfte.
Die Szenen im Film waren teils heftig - es waren diese Jahre, in denen irgendwie alles politisch war. Sogar die schockierenden Dinge in Filmen und Büchern. Heute scheint das anders zu sein. Alles ist schockierend - oder hat das potential dazu.
Der schmale Grat
Ländergrenzen orientieren sich oft an Wasserscheiden, besonders in Gebirgen. Läuft man auf einem Grat, kann es sein, dass das Wasser links von einem in die Donau fließt und rechts von einem in den Rhein. Viele berühmte Wanderungen in Gebirgen orientieren sich am Bergrücken (dem Grat), sind demnach Gratwanderungen. Je schmaler der Grat und je steiler die Flanken, desto gefährlicher ist die Wanderung. Bis hin zu Messers Schneide, die man auch als Grat bezeichnen kann. Aus demselben Holz ist übrigens das Rückgrat geschnitzt, jedenfalls buchstäblich.
…, da sieht man/frau mal, wie aufgeheizt die Stimmung rund um dieses Thema ist!
Der Literaturkritiker James Wood schrieb in seinem Buch „Die Kunst des Erzählens“ sinngemäß, dass nicht nur der Schriftsteller mit jedem Buch wächst, das er verfasst, sondern auch das Leseverständnis des Lesers mit jedem Buch wächst, das er liest. Der Anspruch an die Erzählqualität des Schriftstellers wächst, der Anspruch an sich selbst als Leser ebenfalls.
Mich hat immer schon gereizt, einen Roman zu entdecken und ich habe dem Schriftsteller alles verziehen, wenn er es gut erzählt hat. Gut erzählt bedeutet für mich, dass im Roman nichts drin steht, was nichts zum besseren Verständnis der Geschichte beiträgt. Was das genau ist, hat Mario Vargas Llosa sehr gut in seinen „Briefe an einen jungen Schriftsteller“ beschrieben.
Worüber keiner der beiden je auch nur ein Wort verloren hat, ist eine Triggerwarnung, eine Benutzungsanleitung, oder, wie andere auch sagen, diese eklatante Bevormundung eines Lesers, so als ob der Leser ein unmündiges Kind sei, das man anleiten muss.
Ja, ein Buch ist ein Stück weit ein Abenteuer, und frei nach Franz Kafka sind die besten Bücher die, die das Eis in uns aufhacken. Sie hauen und stechen.
Dem Thema Trigger bin ich tatsächlich zum ersten Mal begegnet, als ich Prime abonnierte und dann links oben beim Beginn eines jeden Films darauf aufmerksam gemacht wurde, dass da geraucht wurde, und die Menschen sich den Mund nicht mit Seife auswaschen und mitunter auch einander lieben. Ich bin sicher, dass kein Regisseur sich über Triggerwarnungen den Kopf zerbricht und auch kein Verfasser von Drehbüchern. Als Schriftsteller, der nur über kleine Publikumsverlage veröffentlicht, habe ich auch noch nie über das Thema nachgedacht, sehe es aber als pitzelige, kleingeistige Penetranz, so etwas überhaupt zu verlangen. Meine Verlage haben mich noch nie darum gebeten, solche Triggerwarnungen aufzulisten (und die Liste wäre lang) - es scheint also eher ein Phänomen in der Selfpublisherblase zu sein, mit der ich nichts zu tun habe.
lg/Peter
Autsch.
Ich empfinde es genau anders herum als Bevormundung: Wenn ich nicht vor dem Buchkauf die Informationen bekomme, um selbst entscheiden zu können, ob mir der Inhalt gefallen wird und ich ihn lesen möchte, sondern wenn mir (mehr oder weniger direkt) gesagt wird, ich soll mich mal nicht so anstellen und mich mit jedem Buchinhalt auseinandersetzen.
Wie ein unmündiges Kind, das essen soll, was ihm vorgesetzt wird…
Ich empfinde es genau anders herum als Bevormundung: Wenn ich nicht vor dem Buchkauf die Informationen bekomme, um selbst entscheiden zu können, ob mir der Inhalt gefallen wird und ich ihn lesen möchte, sondern wenn mir (mehr oder weniger direkt) gesagt wird, ich soll mich mal nicht so anstellen und mich mit jedem Buchinhalt auseinandersetzen.
Dieser Wahrnehmung kann ich mich halt ganz und gar nicht anschließen. Da scheinen wir in vollkommen unterschiedlichen Koordinatensystemen verortet zu sein.
Ich warte noch auf die Triggerwarnungen und CNs für die Bibel. Wird nen Spaß, denk ich.
Braucht man nicht mehr. Es gibt eine politisch korrekte „Überarbeitung“: Die Bibel in gerechter Sprache.
Das Warten hat ein Ende:
Oder hätte ich jetzt vor dieser Nachricht eine Triggerwarnung schreiben sollen
Wir mussten das ganze Teil lesen. Ich war auf einer katholischen Grundschule und habe kein Wort kapiert von dem was da stand - infolgedessen war ich auch nicht geschockt. Der Religionslehrer hat immer erzählt, was drin vorkommen wird (als vereinfachte Erklärung, nicht als Warnung) und dann haben wir uns das Original reingepfiffen. Den Anfang fand ich toll, den Rest eher langweilig.