die Geschichte ist super. Sollte ich mich einmal in einer Mall befinden, nehme ich lieber die Rolltreppe. ich hoffe es gibt eine. ![]()
Oh diese Geschichte heute war richtig gut! Ich hab noch nie Zombies mit der Weihnachtszeit in Verbindung gebracht, das ist eine Marktlücke!
vielen Dank für diese geniale Unterhaltung, @michel
Und übrigens ist dieses Wochenende etwas ganz Besonderes (dank dieses Adventskalenders) bei mir angekommen und wartet nun darauf gelesen zu werden. Ich bin sehr gespannt!
@Gschichtldrucker
Hier kommt die 15. Adventskalendergeschichte (15.12.2025):
Die DNA der Weihnacht
Dreck. Echte, krümelige, schwarze Erde. Jax hatte vergessen, wie sie roch. Und wie schwer sie war. Und wie hartnäckig. Verdammt!
Er kniete im feuchten Boden des Arboretums Alpha auf der obersten Ebene des Spire. Um ihn herum simulierte die Kuppel eine perfekte, sternenklare Winternacht, während Klimakontrollen eine sanfte Brise erzeugten. Hier oben, drei Kilometer über dem Sumpf, roch die Luft nicht nach Ozon und Elend, sondern nach Geld.
„Komm schon, verdammtes Ding“, keuchte Jax und rammte den Spaten tiefer unter das Wurzelwerk. Die Nordmanntanne wehrte sich. Ihre Wurzeln klammerten sich an das nährstoffreiche Substrat, als wüssten sie, dass ein Umzug in die unteren Ebenen einem Todesurteil gleichkam. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und hinterließ dabei einen dunklen Streifen Erde auf seiner blassen Haut. Sein kybernetischer Arm surrte leise, als er die Servos überlud, um den Baum mitsamt dem Wurzelballen hochzuwuchten. Ein knackendes Geräusch durchschnitt die Stille. Eine Wurzel riss.
In seinem Kopf malte er sich das Bild bereits aus: Wie er den Baum im Hospiz ablieferte. Er sah vor sich, wie die Kinder, die nur grauen Beton kannten, große Augen machen würden. Er stellte sich vor, wie Dr. Aris billige Lichterketten in die Zweige hängen würde. Lametta aus geschreddertem Isolierdraht. Ein echtes Weihnachten im tiefsten Drecksloch der Stadt. Jax grinste. Für einen Moment fühlte er sich nicht wie ein Dieb, sondern wie ein Held.
„Biomasse-Verlagerung detektiert. Unautorisierter Zugriff.“ Die synthetische Stimme der KI hallte durch die Kuppel. Das sanfte Sternenlicht schlug augenblicklich in ein pulsierendes Alarm-Rot um.
„Scheiße“, zischte Jax. Er packte den Stamm mit dem Metallarm, ignorierte die klebrige Rinde und wuchtete die Tanne in den offenen Stasis-Pod, der neben ihm schwebte. Die Spitze knickte leicht um. Egal. Er versiegelte den Deckel.
Drei Drohnen schossen bereits sirrend aus den Wartungsschächten der Kuppeldecke. Ihre Laserzielsucher tanzten über den Boden. Jax hechtete in seinen Schwebegleiter, den er im Schatten geparkt hatte. „Weg hier!“, brüllte er das Navigationssystem an. Der Gleiter schoss vorwärts, durchbrach dank eines Hacks in seinem Sec-Modul das elektronische Sicherheitsgitter und stürzte sich über den Rand der Plattform in den freien Fall. Hinter ihm eröffneten die Drohnen das Feuer. Ein Plasmastrahl streifte die rechte Seite des Gleiters. Funken sprühten, und Jax spürte einen stechenden Schmerz in der Schulter, wo sein organisches Fleisch in das Metall der Prothese überging. „Warnung: Hydraulikdruck kritisch“, meldete der Bordcomputer.
„Halt die Klappe und flieg!“, schrie Jax. Er griff nach den Steuerknüppel für den manuellen override und jagte den Gleiter in den vertikalen Sturzflug und tauchte durch die Wolkendecke. Die saubere Luft verschwand. Der gelbe Smog des Sumpfes schluckte ihn. Diesmal hieß Jax ihn willkommen. Er nutzte die dichten Dämpfe der Industrieabgase als Deckung, zigzagte zwischen den massiven Pfeilern der Megastruktur hindurch, bis die Sensoren der Drohnen ihn verloren und ihr Sirren verstummte. Jax atmete aus. Seine Hände zitterten. Er blickte kurz nach hinten auf den Pod. Er hatte es geschafft. Er brachte ihnen Weihnachten.
Eine Stunde flog er durch den Regen. Das feuchte Nass in der Luft im Sumpf fiel nie gerade. Hier unten kam er von Ventilatoren verweht in neongelben Schleiern, schmeckte nach Kupfer und verbranntem Plastik. Jax zog den Kragen seiner Jacke höher. Sein rechter Arm summte jetzt lauter. Die Servos klemmten bei der hohen Luftfeuchtigkeit des Sumpfes*. Das Einzige, was bei dieser Prothese wirklich gut funktioniert, sind die Schmerzsensoren*, dachte er und landete den rauchenden Gleiter vor einem Gebäude, das früher vielleicht eine Fabrik war. Heute war es ein Hospiz. Er wuchtete seine Fracht aus dem Gleiter.
Die Schleuse zischte und öffnete sich. Dr. Noa Aris wartete bereits. Sie sah müde aus. Hinter ihr, im Halbdunkel der Krankenstation, sah Jax ein halbes Dutzend Kinder. Sie waren bleich und trugen mobile Beatmungsgeräte. Das Synthetik-Syndrom.
„Ist er das?“, fragte Aris leise.
Jax nickte stolz. Er klopfte auf den Pod. „Das Beste, was die Elite zu bieten hat. Haben Sie Schmuck besorgt? Ein paar bunte LEDs?“ Er tippte den Code ein. Die Hülle des Pods glitt zurück. Zuerst passierte nichts. Dann breitete sich der Geruch aus. Scharf, harzig, grün. Die Nordmanntanne war etwas zerzaust vom Transport, aber ihr Grün war satt und lebendig. Ein Raunen ging durch den Raum. Ein kleines Mädchen streckte die Hand aus und berührte einen Zweig, zuckte zusammen und lachte dann. „Es piekst!“, flüsterte sie begeistert. „Es ist echt!“
Langsam war es Zeit, nach dem Credit-Chip mit der Belohnung zu fragen. Jax sah zu Aris, aber die war ganz auf das Mädchen konzentriert. Eine Träne rann ihr über die Wange. Jax spürte einen Kloß im Hals. Er schluckte die Frage nach der Bezahlung, herunter. „Doc. Ich muss verschwinden, bevor die Konzerne meine Signatur orten.“
Dr. Aris öffnete eine Spindtür. Jax erwartete Lichterketten. Stattdessen holte sie ein altmodisches Benzinfeuerzeug hervor.
Jax erstarrte. Sein Lächeln gefror. „Was haben Sie vor?“
„Wir müssen ihn anzünden, Jax.“
„Bist du irre?“ Jax ließ die förmlich Anrede fallen, trat einen Schritt vor und stellte sich schützend vor den Baum, den er gerade erst unter Lebensgefahr gerettet hatte. „Das ist der letzte seiner Art in diesem Sektor. Ich dachte, Ihr feiert hier ein Fest! Ich dachte…“
„Diese Kinder werden das nächste Jahr nicht überleben, wenn wir es nicht tun“, unterbrach ihn Noa scharf. Ihre Hände zitterten, als sie das Feuerzeug umklammerte. „Der Baum ist keine Dekoration. Er ist ein Datenträger. Die Elite oben im Spire hat vor Jahren die Codes für die atmosphärische Reinigung neu geschrieben. Sie behalten die saubere Luft für sich. Dann haben sie die Spuren verwischt und alle Code-Datenbanken gelöscht. Mein Vater… egal.“ Sie seufzte. „Aber der Reset-Code, der die Filter für alle öffnet wurde in der DNA dieser Baumart versteckt. Genetische Steganographie.“
Jax starrte auf die Tanne. „In der DNA?“
„In den Harzen“, präzisierte Noa. „Wenn sie verbrennen, setzen sie eine spezifische molekulare Kette frei. Der Rauch muss in das Lüftungssystem. Die Sensoren der Stadt werden die Moleküle scannen, sie als den ‚Master-Key‘ erkennen und das System neu starten.“
Jax sah zu den Kindern. Sie starrten den Baum an wie ein Wunder. Er sah den Dreck an seinen Händen, erinnerte sich an den Geruch der Erde im Spire. „Wenn wir ihn verbrennen, ist das einzige Stück echte Welt, das sie je gesehen haben weg“, sagte er leise
„Wenn wir ihn nicht verbrennen, sterben sie“, antwortete Noa. „Das Geschenk ist das Geben, nicht das Behalten.“
Jax schwieg. Das beschädigte Summen seines Arms war das einzige Geräusch. Dann nahm er das Feuerzeug aus Noas Hand. „Bring die Kinder näher ran“, sagte er rau. „Sie sollen wenigstens die Wärme spüren.“
Sie schoben den Baum in den großen, stillgelegten Verbrennungsofen. Jax ließ die Flamme des Feuerzeugs auf einen harzigen Zweig überspringen. Das Feuer fraß sich gierig durch die trockenen Nadeln. Es knisterte. Der Geruch wurde intensiv, fast betäubend, eine Wolke aus Wald und Rauch, die in den Schacht gesogen wurde. Sie sahen zu, wie das Grün zu Schwarz wurde und dann zu Asche zerfiel.
Ein tiefes Grollen ging durch das Fundament des Gebäudes. Die riesigen Ventilatoren über der Stadt änderten nach Jahren zögernd und widerwillig ihre Frequenz.
Jax ging zum Fenster. Der gelbe, ätzende Regen hatte aufgehört. Stattdessen fielen schwere, weiße Flocken vom Himmel. Sie blieben auf dem Sims liegen, ohne sich sofort in grauen Matsch zu verwandeln. Schnee. Echter, sauberer Schnee. Noa öffnete ein Fenster. Kalte, klare Luft strömte herein. Eines der Kinder nahm seine Maske ab und atmete tief ein. Ohne zu husten.
Jax rieb sich seinen kybernetischen Arm. Die Kälte tat gut. Das Summen hatte aufgehört. Er blickte auf die Asche im Ofen zurück. „Frohe Weihnachten“, murmelte er in die Stille.
Ein wahrhaft universaler Adventskalender und eine super ‚Sci-Fi-X-mas-Story‘. Das Urheberraten, finde ich, wird statt leichter immer schwerer. Und doch wage ich einfach mal einen Tipp mit @writers_headroom.
Edit: Heute früh, unter der Dusche, kam mir noch @Tapio als Urheber in den Sinn. (Womöglich sollte ich noch einmal duschen, dann fallen mir noch mehr ein?!
)
Einen Geschichte wie ein Film
und wieder mal etwas ganz Anderes! Der Adventskalender beinhaltet wirklich immer wieder Überraschungen
hat mir sehr gut gefallen. Obwohl das nicht unbedingt mein Genre ist hätte ich davon noch viel mehr lesen können, weil es so gut geschrieben ist. Ich tippe ebenfalls auf @writers_headroom
Oh ihr scheint ja sehr überzeugt. Hmmm… stimmt @writers_headroom würde sehr gut passen…. Ich war ja gefühlt bei @Bommel …. Hmmm hmmm hmmm.
Toll! Sehr szenisch und der innere Film läuft sofort an. ![]()
Weihnachten im Cyberpunk. @writers_headroom wäre auch mein Tipp. Coole Variation für das Weihnachtsfest-Thema. ![]()
![]()
Super geschrieben!
Leider nicht Hannah…aber cool, dass du es dachtest ![]()
Extrem gut. Naja, kommt halt aus dem Headroom.
Ich möchte @writers_headroom das Lob nicht absprechen, denn von ihm könnte diese wirklich sehr gute Geschichte sein, aber ich werfe noch Ritter @Tapio in die Lostrommel. Wer auch immer diese Geschichte geschrieben hat, Chapeau.
![]()
![]()
![]()
![]()
![]()
![]()
![]()
![]()
An Weihnachten die Welt gerettet!?
Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor … ach ja, das kleine Baby, dessen Geburt gefeiert wird ![]()
Eine homogene fantastische Geschichte, die ich mit steigendem Interesse gelesen habe. Toll.
Autor? Keine Ahnung …
Eine höchst ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte in einem dystopischen Umfeld – mit Happy End. Ganz nach meinem Geschmack. Danke dafür, an wen auch immer.
Tatsächlich heißt ein Hauptcharakter in Baltic Biker, was ich gerade schreibe Jax. Und ich mag das Setting ![]()
Aber in diesem Fall bin ich unschuldig an dieser Geschichte
Danke für die flotte Geschichte - mit Herz.
Danke an?
@writers_headroom?
Ich denke auch an Tapio, aber er war ja schon dabei.
Oder @KaePie, der „von sich ablenkt“?
Jedenfalls war da ein Mann am Werk. Richtig? ![]()
Super geschrieben, aber wie immer, muss ich auf die Auflösung warten, leider.
Und? Und? Und? (Ja, diese Geduld…, die wär ja schon ne schöne Eigenschaft…)


