»Jetzt klingst du in etwa so.« Vashet stand auf, fuchtelte mit den Händen über ihrem Kopf herum und zeigte mit den Daumen auf sich. »Ich gut kämpfen.« Sie grinste dümmlich. »Mit Schwert!« Sie schlug sich mit den Fäusten an die Brust und hüpfte wie ein aufgeregtes Kind auf und ab.
»Ach komm«, protestierte ich verlegen. »So schlimm ist es nicht.«
»Aber fast«, entgegnete Vashet ernst und setzte sich wieder. »Wenn du mein Sohn wärst, würde ich dich nicht aus dem Haus lassen. Als mein Schüler ist deine einzige Entschuldigung, dass du ein Barbar bist. Es kommt mir vor, als hätte Tempi einen Hund mitgebracht, der pfeifen kann. Dass du auch noch falsch pfeifst, spielt dabei keine Rolle mehr.« - Patrick Rothfuss, „Die Furcht des Weisen“
Kilvin zuckte die Achseln und legte die Armbrust an. Vor seiner breiten Schulter sah sie geradezu klein aus. Dann zielte er und ließ sich Zeit dabei. Ich war erstaunt zu sehen, dass er ganz ruhig halb einatmete, um dann beim langsamen Ausatmen abzudrücken.
Die Armbrust zuckte, die Sehne schnellte nach vorn, und der Bolzen schoss heraus.
Ein lautes, metallisches Scheppern folgte, und der Bolzen erstarrte im Flug, als wäre er an eine unsichtbare Wand geprallt. Er fiel auf den Steinboden, mitten im Raum, fünf Meter von der Vogelscheuche entfernt.
Da konnte ich nicht mehr an mich halten: Ich lachte und riss triumphierend die Hände hoch.
Kilvin hob beide Augenbrauen und sah mich an. Ich grinste wie manisch.
Der Meister hob den Bolzen vom Boden auf und betrachtete ihn erneut. Dann spannte er die Armbrust ein zweites Mal, zielte und drückte ab.
Scheppern. Der Bolzen fiel ein zweites Mal zu Boden und schlitterte ein wenig beiseite.
Diesmal entdeckte Kilvin, woher das Geräusch kam. In der von uns aus fernsten Ecke des Raums hing ein Metallgegenstand von der Decke herab. Er hatte die Ausmaße und die Form einer großen Laterne. Er bewegte sich sacht hin und her und drehte sich ein wenig, als hätte er gerade einen leichten Schlag von der Seite abbekommen.
Ich nahm den Gegenstand von seinem Haken und brachte ihn zu Meister Kilvin. »Was ist das, Re’lar Kvothe?«, fragte er neugierig.
Ich stellte das Ding auf der Werkbank ab. »Allgemein gesagt, Meister Kilvin, ist es ein automatisch reagierendes kinetisches Abwehrgerät.« Ich strahlte vor Stolz. »Genauer gesagt, es hält Pfeile ab.«
Kilvin beugte sich darüber, um es sich genauer anzuschauen, aber außer schlichten dunklen Eisenplatten gab es da nichts zu sehen. Meine Konstruktion sah tatsächlich ganz so aus wie eine große, achtseitige Laterne, die komplett aus Metall bestand.
»Und wie nennst du es?«
Das war der einzige Aspekt meiner Erfindung, für den ich bisher keine befriedigende Lösung gefunden hatte. Ich hatte mir hundert Namen dafür überlegt, aber keiner schien mir passend. »Pfeilfalle« war zu banal und unschön, »Freund des Reisenden« zu hochgestochen, »Banditen-Ruin« allzu melodramatisch. Ich hätte Kilvin nie wieder in die Augen sehen können, wenn ich versucht hätte, es so zu nennen.
»Der Name bereitet mir noch Probleme«, gestand ich. »Vorläufig nenne ich es ›Pfeilfänger‹.«
»Hmm«, machte Kilvin. »Aber es ist ja nicht so, dass es die Pfeile direkt fängt.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Aber mir fiel nur das ein oder ›Schepper … Plumps …‹.« - Patrick Rothfuss, „Die Furcht des Weisen“