Zähes Kapitel wie interessant machen?

Bei einer Kurzgeschichte geht es vor allem um eine verblüffende Wendung oder ein Element, dass zum Nachdenken anregt. Das darf man nicht unterschätzen. Ich habe vor 15 Jahren als Schreibübung an einigen Wettbewerben teilgenommen und auch gewonnen (Gewonnen mit 10-29 anderen, im Sinne, dass man Teil der Anthologie ist), aber dann damit aufgehört. Warum?
Für Wettbewerbe schreiben kostet soviel Hirnschmalz, dass das Romanschreiben darunter litt. Daher mach ich nur noch das :slight_smile:
Beim Romanschreiben geht es vor allem um den langen Atem. Etwas „mit mehr Worten zu sagen“ und das trotzdem interessant zu gestalten, muss man erst einmal üben.
Ein Roman, der wie ein Avengerfilm, nur aus Dauerfeuer besteht, liest sich meist eher schlecht.

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Es kommt vielleicht auf das Genre drauf an.

Eine meiner Kurzgeschichten - mittelalterliches Fantasy-Setting:
Man schlüpft in den Kopf eines Bettelmönchs auf einer staubigen Straße. Er hört die Männer bereits, ehe er sie sieht. Sie lungern auf einer Brücke - einer der wenigen in der Gegend aus Stein. Er ist nicht überrascht, dass ihm die Männer den Weg versperren. Dann eine kleine Streitszene - sie wollen Wegzoll. Mein Mönch zweifelt daran, dass sie Männer des Landbesitzers sind. Sie tragen keine Uniform, sind abgerissene Gestalten.
Er holt trotzdem den Zettel heraus - ein Freibrief soll es sein, aber die Männer können nicht lesen. Trotzdem, Gottesfurcht oder die Autorität der Kirche … nach einigem Hin und Her lassen sie ihn vorbei.
Aber dann rufen sie ihm dann noch einmal nach. Kurz zuckt der Mönch noch einmal zusammen, das Herz rutscht ihm in die Hose. Vielleicht haben sie es sich anders überlegt? Ein schäbiger Trick, ein Spaß, den sie sich mit ihm erlaubt haben, bevor sie ihm den Hals abschneiden?
Aber stattdessen erklären sie ihm nur den Weg zu Olafs Hof. Das nächste Dorf wird er vor Anbruch der Nacht nicht mehr erreichen.
Unser Mann ist erleichtert. Auch er kann nicht lesen und hat keine Ahnung, was auf dem Fetzen steht, den er vor Tagen dem toten Mönch mitsamt der Kutte abgenommen hat.

So gesehen sind meine Kurzgeschichten nur Fetzen, einzelne Szenen. Ein Setting, etwas Spannung, und am Ende bleiben immer Fragen offen. Wie oben: Wer ist der Mann, wenn er in Wahrheit kein echter Mönch ist? Was steht auf dem Brief? Wie ist der Mönch gestorben? Hat ihn gar der Mann getötet?

Im Grunde wären sie (nachdem ich auch mal im Pen & Paper unterwegs war) immer ein Einstieg in ein Mini-Abenteuer, oder so ein kleiner Encounter für die Helden. Es mag nicht literarisch anspruchsvoll sein, von der Theorie her, wie eine Kurzgeschichte „sein soll“, aber sie funktionieren. Das ist zumindest das Feedback. Sie machen Spaß zu schreiben und offenbar auch zu lesen.
Manchmal wird dann auch etwas daraus, das ich in meinem Roman einbaue …

Genau das. Bei Kurzgeschichten gibt es keine langweiligen Passagen, dazu passiert auf zu kurzem Raum zu viel. Entweder das Setting gefällt, oder eben nicht. Aber bei einem Buch müssen auch die „langweiligen“, oder besser gesagt die ruhigeren Abschnitte so sein, dass auch sie den Leser begeistern.

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:slight_smile: Gefällt mir. Ich denke, das ist es, was eine gute Kurzgeschichte ausmacht, die Wendung am Schluss. Jedenfalls für mich. Die Überraschung. Fast wie ein literarischer Witz. Und das meine ich in höchstem Masse positiv und als Kompliment, denn je kürzer, desto wichtiger wird jedes Wort.

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Und das erfordert Hirnschmalz ohne Ende :stuck_out_tongue:

Stell dir vor du nimmst an 10 Kurzgeschichtswettbewerben unterschiedlichen Genres teil. Das sind 10 pfiffige Wendungen, von denen du glaubst, dass es sie vorher noch nicht gab. Uff.

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Ich mache das „immer“ zwischendurch. Seit 2008, glaube ich. Dennoch arbeite ich zusätzlich an meinen Romanen und habe bisher auch alle zu Ende geschrieben.

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Hut ab! Vor dir und vor @Supergirl, die so viele neue Ideen hat und neue Projekte beginnt und dennoch schon zwei Bücher und einen Gedichtband fertiggestellt und veröffentlicht hat.
Und ich arbeite weiter hundertprozentig fokussiert an dem einen einzigen Romanprojekt, das mir am Herzen liegt. Ich finds hier immer spannend, wie unterschiedlich Autoren arbeiten.

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Tja, @SuperGirl ist eben super und ein Girl. Wir Männer, bar jeder Fähigkeit zum Multitasking, haben es da wirklich viel schwerer!

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Gib zu Corinna, du möchtest eigentlich zwei Bücher schreiben :stuck_out_tongue:

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Ich arbeite seit März 2021 an meinem Buchprojekt, finde das Überarbeiten schon seit Monaten sehr schleppend und frustrierend und habe während der ganzen Zeit noch nie eine Idee für ein anderes Schreibprojekt gehabt.
Alles spricht dafür, dass mein Schreibhobby zeitgleich mit diesem einen Projekt enden wird.

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Einiges spricht aber auch dafür, dass du dein Hobby grad so perfektionierst, dass dein nächstes Projekt eine weitaus kürzere Überarbeitungszeit brauchen wird. Neue Ideen kommen sicher. Und selbst wenn nicht: Harper Lee hat auch nur ein Buch geschrieben (fast acht Jahre lang und zwei Varianten davon), und das wurde zu einem der wichtigsten Romane Amerikas.

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Ja, so ähnlich schätze ich meine Projektdauer in meinen optimistischeren Momenten auch ein. :melting_face:

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Geduld, @_Corinna. Das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht. Und ein Nussbaum braucht auch so lange, bis er trägt!

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Wenns dich beruhigt. Überarbeiten und Feinschliff machen mir auch zu schaffen. Das erste Mal Durcharbeiten macht noch Spaß, da man die Geschichte das erste Mal in der kompletten Gesamtheit liest. Doch beim zweiten und dritten Mal, habe ich den Anspruch langsam fertig zu werden :stuck_out_tongue: damit ich nicht vor Langeweile umkomme.

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Langeweile habe ich beim Überarbeiten überhaupt nicht, statt dessen Frust. Das Problem ist bei mir, dass ich die ganzen Probleme und Schwächen des Textes sehe, aber mir das Können und die Ideen fehlen, sie zu verbessern. Das ist extrem frustrierend und endet oft damit, dass ich Verschlimmbesserungen Tage später wieder rückgängig mache und mich im Kreis drehe.
Deshalb hat mich die Überschrift hier, „zähes Kapitel wie interessant machen?“, auch total angesprochen.

Aber zwischen „Ich weiß, die Szene braucht mehr Originelles und vor allem mehr Humor“ und echten guten humorvollen Ideen klafft oft eine tiefe Kluft.

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Ich kenne deine Texte nicht, aber was ist, wenn du sie einfach stark reduzierst - brutal auf das Wesentliche. Alle Sätze ordentlich kürzt, sämtliche „Und“ und „Aber“ und „Doch“ raus. Die ganzen anderen Füllwörter und Adjektive genauso. Auch weg mit den ganzen Beschreibungen und Floskeln, bis nur mehr die ungeschönte Handlung dasteht.

Das kannst du natürlich in einem Backup-Text machen. Mir hat das manchmal geholfen, den ganzen Ballast loszuwerden, um zu merken, ob es an der Handlung selbst liegt, quasi am Aufbau/Ablauf. Oder ob ich einfach nur holprig schreibe. Oft hat sich der „nackte“ Text zwar etwas kalt, aber auf jeden Fall schon mal flüssiger gelesen.
Mit dem rabiaten Vorgehen bin ich oft besser gefahren, als manche Sätze zum xten Mal umzuschreiben, nur damit dann dem Grunde nach das Gleiche wieder dort steht.

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Ach ich verstehe dich so gut, @_Corinna. Ich hab jetzt den ersten Teil meines Romans einigen Papyristas zum Zerlegen gegeben und stehe kurz davor, mich bei einem Deutschkurs anzumelden. Jede Seite strotzt vor Rechtschreibfehler und wenn ich für jedes „aber“ im Text einen Cent bekommen würde, wäre ich schon der Baron von Kohlen und Reibach. Frust Frust Frust. Aber die lesen das wirklich! Und behaupten noch dazu, dass es gut ist! Also auch: Freu Freu Freu! Und: Lern Lern Lern! So toll, das alles.

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@LazyBastard Danke für den Tipp, aber ich schreibe immer abwechselnd aus den Gedanken meines Helden und meiner Heldin heraus. Schon wenn ich einen Modalpartikel streiche, klingen die Gedanken für mich oft nicht mehr authentisch, dann nehme ich den Modalpartikel doch wieder rein. Wenn sie beispielsweise denkt: „Eigentlich war das ja ganz süß von ihm, aber…“

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Zumindest ich kürze meine Kurzgeschichten nicht bewusst oder so, das ist auch selten notwendig. Da ist nur die Geschichte, die ich erzählen möchte, also werfe ich den Leser direkt hinein. Dann passiert die Handlung, ich folge meinem roten Faden. Auf die eine oder andere Art kommt die Geschichte zu einem Ende.
In der Regel sind Kurzgeschichten so gefüllt mit Action oder Emotion, dass es keine langatmigen Zwischenteile gibt. Oft gibt es ja nicht einmal eine richtige Einleitung. Man muss also keine uninteressanten Parts interessanter gestalten (können), sondern braucht „einfach nur“ seine Geschichte mit ordentlich Tempo zu erzählen.

Da ich oft Schauergeschichten schreibe, werfe ich meinen Protagonisten also recht schnell in den gruseligen Friedhof/ das alte Schloss/ das verlassene Krankenhaus etc. Manchmal schreibe ich eine kurze Einleitung, vielleicht einen Abschnitt, mehr aber auch nicht, und dann geht es auch schon los. Normalerweise sind da wenige Charaktere, die auch nicht weiter vorgestellt werden. Die Geschichte lebt von dieser einen Situation. Das sind manchmal nur Stunden, bis meine Protagonisten den Weg aus dem Labyrinth heraus finden, oder mal Tage, wenn es Zeitsprünge bei einem kurzen Krimi gibt. Aber ich folge immer nur einem Handlungsstrang.

Ich weiß natürlich nicht wie andere Autoren von Kurzgeschichten so etwas angehen… Bestimmt gibt es da einige, die sich mehr Gedanken um das Außenherum machen.

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Nein, nein, das passt schon so, wie du es beschreibst. Ich mach das bei meinen Shorties genauso. Abrupter Einstieg, ein einziger Handlungsstrang, keine Nebenhandlungen, keine Nebenschauplätze. Nur wenig Monologe und Rückblenden, mehr Dialoge und viel Action. Auch im Zeitlauf wird gestrafft, da geht nichts über Wochen. (Doch einmal, über ein ganzes Leben sogar, aber auch das war möglich).

Ich baue halt viele Dialoge ein, damit die Handlung nicht zu „trocken“ wird. Manchmal schreibe ich sogar zu viele Dialoge. Mut zum Kürzen habe ich aktuell noch keinen!
:slight_smile:

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