beim Schreiben arbeite ich viel an meinem Worldbuilding. Daher kam mir die Idee für ein Projekt im Informatikstudium eine Software zu konzeptionieren und zu prototypisieren, die Schreibende beim Worldbuilding unterstützen sollen.
Nun ist die Idee Realität und ich stecke inmitten dieses Projektes. Auch wenn Worldbuilding ein großes Gebiet ist, so spezialisiere ich mich in meiner Arbeit aus Zeitmangel auf Plansprachen, wie man sie verwalten und mithilfe von grammatikalischen Regeln, Änderungen automatisiert auf die Wörter anwenden kann. Wie zum Beispiel der Änderung, wie der Plural gebildet wird.
Für die Konzeptionierung brauche ich ein paar Informationen von euch, der Zielgruppe. Daher habe ich eine Umfrage gestartet, deren Antworten mir dabei helfen soll.
Über eine rege Teilnahme und das Verbreiten des Links würde ich mich sehr freuen.
Abseits der Umfrage, würde ich gerne wissen, wie definiert ihr den Begriff Worldbuilding und wie geht ihr mit Worldbuilding in euren Geschichten um?
Habt ihr vielleicht auch eine Lieblingsmethode oder Software, die ihr gerne dabei benutzt?
Hallo Arabelladon,
meine erste Frage wäre eben diese: was bedeutet „wortbuilding“ - und warum gibt es gerade für so einen sprachbezogenen Begriff nur einen Anglizismus?
Viele Grüße und Erfolg für Deine Umfrage in jedem Fall!
Worldbuilding, manchmal auch Weltenbau genannt, umfasst sämtliche Bereiche, um eine Welt glaubhaft darzustellen. Also Geographien, Staaten, Mythen, Religionen, Kulturen, Sprachen, Charakteren und vieles mehr.
Warum hauptsächlich der Anglizismus verwendet wird, kann ich mir nur daher erklären, dass es aus der internationalen Community von vielen, wie auch in meinem Fall, übernommen wird.
Fantasyromane sind überhaupt nicht mein Genre, aber ich vermute mal, „Plansprachen“ sind nicht oberste Priorität, wenn man sich eine komplette neue Welt für einen Roman ausdenkt, oder?
In meinem Roman schreibe ich aus Sicht meiner beiden Protagonisten. Kommt eine Fremdsprache vor, die mein Held versteht, dann schreibe ich „jemand fragte ihn auf Französisch nach dem Weg, …“, kommt eine Fremdsprache vor, die mein Held nicht versteht, dann schreibe ich „jemand fragte ihn etwas Unverständliches, er zuckte die Schultern, …“
Plansprachen selbst ist meinem Verständnis nach keine Priorität beim Worldbuilding. Vielleicht die Kirsche auf der Sahne .
In meinem Fall musste ich mich beim Projekt auf eine Sache konzentrieren und die automatisierte Anpassung von Wörtern sind aus Sicht eines Informatikers interessanter, als eine Art Wiki zu implementieren.
Das ist ein Interessanter Umgang mit Fremdsprachen. Es hat auf jeden Fall die Vorteile, dass du nicht übersetzen musst und der Lesefluss nicht gestoppt wird.
Die „Kirsche auf der Sahne“ könnte auch nach hinten losgehen, weil ich hier ein Problem erkenne: Perfektionismus. Wenn Tolkien damals ohne Fernsehen, Computer und Social Media eigene Sprachen kreiert hat, mag das schön gewesen sein. Ist auch sicher eine nette Freizeitbeschäftigung. Aber irgendwie sollte man ja auch fertigwerden und sich nicht mehr mit Planungen aufhalten als mit dem Schreiben.
Ich hatte für mein Projekt eine Papyrus-Datenbank ausgebaut. Die Idee dahinter wäre vielleicht auch interessant für dich als Informatiker. Hier ging es nicht darum, automatisiert irgendwelche Wortformen zu bilden. Mir ging es um eine Möglichkeit, eben on the fly meine Sprachfetzen zu verwalten.
Wenn ich also mal ein fremdsprachiges Wort erfunden habe, habe ich es in meiner Datenbank eingetragen. Brauchte ich das Wort später wieder, hab ich es über die Datenbank recycled.
Beispiel: der Herzberg Dar-Melai.
Dar = Berg
Melai = Herz
Auf dem Herzberg (dem Zentralberg des Landes) steht die Herzenfestung Melu-San.
Das „Melu“ davon konnte ich mit „Melai“ verknüpfen. „San“ wurde als neues Wort „Festung/Burg“ angelegt.
Auf diese Art und Weise entstand ein kleines Netz an Worten aus drei Sprachen meines Fantasyromans. Ich hab das jetzt nicht völlig ausgereizt und inzwischen habe ich die wenigen Worte auch im Kopf. Aber gerade zu Beginn hat mir das sehr geholfen, meine Sprache für mich logisch zu halten.
Da sehe ich definitiv auch ein Problem beim konstruieren einer Sprache. Es lässt sich aber auch auf Worldbuilding im Allgemeinen übertragen. Da drin kann man sich sehr gut verlieren.
Das ist eine richtig gute Idee. Darauf kam ich bisher gar nicht .
Ui, eine Software zum Sprachenbau! Die hätte ich bei meinem einen Projekt gut gebrauchen können und könnte sie wahrscheinlich auch irgendwann wieder gebrauchen. Ich hab noch nicht so das perfekte System zum Sprachenmanagement gefunden, Excel wird dann irgendwann sehr unübersichtlich. Falls du irgendwann Leute fürs UX-Testing brauchst, hier, hier, hier!
Also wenn du in meine Richtung gehen solltest, Sprachen on the fly zu entwickeln und Worte über eine relationale Datenbank mit anderen Worten und Komposita zu verknüpfen - da würde ich auch mittesten.
Allerdings deine ursprüngliche Idee mit den unterschiedlichen Endungen halte ich für einen Irrweg.
Es ist tatsächlich geplant Sprachen, Wörter und Flexionsregeln in einer relationalen Datenbank zu speichern. Die Anwendung soll wie ein Wörterbuch aufgebaut sein. So ähnlich wie der Duden oder Oxford Dictionary.
Ist das auf die Bildung der Flexionen, wie Plural bezogen?
Wenn ja, dann verstehe ich deine Gedanken. Jedoch ist der Teil der für den Professor am interessantesten ist, aber auch in meinen privaten Schreibprojekte enorm helfen würde.
Hatte mal die Regel zur Nominalisierung geändert. Durfte dann 80 Wörter von Hand ändern .
Aber Grundlegend mache ich es wie du. Ich erschaffe erst dann Wörter, wenn ich sie brauche (Hab bisher nur viele gebraucht).
Weder grammatikalische, biologische noch soziale Geschlechter sind Vorgaben meines Professors, da dieser vor allem die konzeptionelle und technische Seite meines Projektes interessiert ist.
Ich selber habe in meiner Arbeit die Anzahl und Namen des Genus variabel gehalten, da in sehr vielen Sprachen unterschiedliche Anzahl von Genera existieren, wie zum Beispiel den austronesische und südostasiatischen Sprachen gar keine und im französischen nur zwei Genera gibt.
Die Existenzberechtigung nichtbinärer Geschlechter ist nicht Gegenstand dieser Diskussion.
Habe die Umfrage ausgefüllt. Interessantes Projekt was du da hast!
Als Pen & Paper Spieler ist das Worldbuilding für mich einer der spannensten Teile beim Schreiben, wenn nicht sogar der Teil, mit dem ich bisher am meisten Zeit verbracht habe. Ob ich wirklich eine eigene Sprache entwickeln würde, weiß ich aber ehrlich gesagt nicht… aber meine Welt spielt auch in einer dystopischen Zukunft 100 Jahre von jetzt, da hält sich die Sprachabwandlung in Grenzen.
Einer der Stämme in meiner Welt orientiert sich an den nordischen Sagen und Mythologien und für die Inspiration bei bestimmten Begrifflichkeit nutz ich gern Gemini und Chat GPT, als Inspiration oder Denkanstoß. Auch um bestimmte Ideen meiner Welt auf Logik zu prüfen find ich die AI-Sprachprogramme immer ganz hilfreich, man fühlt sich als würde man sich mit einem wandelnden Lexikon austauschen. (Wobei man bedenken muss, dass die Programme auch noch viele Fehler machen)
Edit:
Manchmal gebe ich auch gern ein paar der Bilder die ich in meinem Kopf habe umschrieben bei Dreamstudio.Ai oder bei Midjourney ein, um die Bilder nochmal lebendiger zu machen, bzw. einfach spaßeshalber zu gucken womit die AI mich dann überrascht.
Danke für dieses interessante Thema.
Woldbuilding hab ich primär in Scrivener als Funkton mit einem entsprechenden Template reingeschnuppert. Ich baue keine wirklichen Welten - meine reicht mir für meinen Schreibkram. Aber google kann Dir sicherlich das o.g. Template aufgliedern.
Als Konzept früherer Zeiten gab es einmal von Steve Jackson Games das GURPS (generisch universelles rp system) Rollenspielsystem. Dieses basiert auf extrem individualierter Genre-Erschaffung und kann vielleicht für Dein Thema interessant sein. Es gibt Inspirationen und Regeln für… alles.
Bei künstlichen Sprachen kann man sich neben dem Extrem Tolkien sicherlich auch an „Klingonisch“ orientieren. Da bin ich kein Experte, aber ich las einmal, dass diese „Sprache“ von einer professionellen Fanbase bis zur Perfektion (Sprachkurse an Unis) weitergeführt wurde.
Ausserdem kommst Du vermutlich um universelle Sprachwissenschaft nicht herum. Z.B. Chomsky, Bühler, Searle, Henne / Rehbock. Hier geht es um universelle Regeln, die jeder Sprache zu Grunde liegen. Auch nicht mein Gebiet (als Universaldilletant).
Meine Vorstellung von Woldbuilding hast Du bereits definiert: wenn ich eine Gesellschaft von katholischen, kommunistischen Käfern im Weltraum erschaffen will, die gegen Ork-Pilzwesen kämpfen und diese fiktiven Kulturen verstehen will, muss ich Kultur, Physiologie, Gesellschaft, Physik, Geschichte definieren. Ein gutes Beispiel wäre hier das Dune Epos. Auch hier gibt es reichlich Literatur.
So ist das auch bei mir. Ich liebe es Welten zu erschaffen und auszubauen und danach in verschiedenen Epochen Geschichten anzusiedeln, um einfach zu sehen, wie sich die Welt/Zeit anfühlt.
Sprach- und bildgenerierende KI sind wirklich gut um Inspirationen zu bekommen.
Ich werde mir definitiv das Template und das GURPS anschauen. Vor allem letzteres klingt vielversprechend.
Sprachwissenschaftlich habe ich bereits einiges Recherchiert, hab dennoch gefühlt das Wissen eines Grundschulkinds .
Aber ich werde mir sehr gerne die vorgeschlagene Literatur genauer anschauen. Bin für jede Hilfe dankbar .
Mhm … tatsächlich eröffnet mir dieser Thread eine völlig neue Idee für kleinere Geschichten, die ich für meine Enkel schreiben könnte.
Auch wenn ich nicht sofort eine neue komplexe Sprache brauche, so sind dennoch Spezialvokabeln dann wichtig. Ich denke an so etwas wie die Welt „Zamonien“ von Walter Moers.
Ich hoffe sehr, dass hier die Ergebnisse weiter zwischendurch bekundet werden. Das finde ich total spannend!