Wie wünscht Ihr Euch konstruktive Kritik?

Autoren sind Künstler, und Künstler sind, was Kritik angeht, gelinde gesagt sehr sensibel.
Zumindest geht mir es so und ich frage mich, wie sich Kritik so verpacken lässt, dass sie nicht verletzend ist?
Sicher lässt sich dabei grundsätzlich eine gute Absicht voraussetzen. Nur: Ist es nicht so, dass jeder SEINE Blickwinkel, Erfahrungen (pos.+neg.), Bedenken in diese Kritik/Feedback mit einfließen lässt?
Ich frage mich: inwiefern kann jemand meine Empfindungen, die Worte zu wählen, die Bedeutungen zu beschreiben, die Empfindungen in eine sprachliche Form zu bringen nachvollziehen?
Oder sollte sich ein Feedback auf sachliche Aspekte beschränken, wie: zu viele Adjektive, Adverbien, Wiederholungen, inhaltliche Unklarheiten, stilistische Brüche usw.
Bsp: Ich bat meine beste Freundin einen erotischen Text aus meinem neuen Roman zu lesen mit dem Hinweis zu schauen, inwieweit die Darstellungen aus weiblicher Sicht nachvollziehbar sind.
Das Ergebnis war ein Desaster, da sie sich auf Wortbedeutungen konzentrierte, und ob man dies oder das nicht anders formulieren könnte. Darum ging es aber gar nicht, da es ja ohnehin die erste Rohfassung des Textes war, und die Feinheiten ohnehin später überarbeitet werden würden.
Ich war schwer verletzt und habe nun große Problem, an diesem Kapitel weiter zu arbeiten, um mir die konstruktiv gemeinten Hinweise anzuschauen.
Abgesehen von den angedeuteten sachlichen Aspekten, vll. sogar Fehlern, ist es nicht so, dass jeder einfach SEINE ART hat, die eine persönliche Note darstellt?
Selbst die Adjektive: interessant, spannend, schön, romantisch, aufregend usw. sind ebenfalls sehr persönlich konditioniert.
Das bedeutet nicht, dass man sich nicht weiterentwickeln will oder Kritik etwas negatives ist, sondern was ist sinnvoll zu kritisieren, das einem weiterhilft?
Ich wünsche mir, dass Kritik sich auf die sachlichen Dinge konzentriert.
Wie würdet Ihr Kritik an Eurem Werk am wertvollsten empfinden?

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Mal ganz pauschel: Wenn der Helfer darauf eingeht, um das ich ihn bitte.

Und -ganz ehrlich- KRITIK ist lt Fremdwörterlexikon eine Beurteilung / Bewertung in diesem Fall deiner „Empfindungen in sprachlicher Form“… (Hast du gemerkt, worauf ich hinaus will?)

Für mich ist es wichtig DEN oder DIE zu finden, die am besten auf meine jeweiligen Fragen eingehen können und mich dabei weiterbringen. – Denn „gut gemeint“ heißt nicht „gut gemacht.“

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Um solche Konflikte zu vermeiden, wäre ich schon mal ganz anders an die Sache herangegangen.
Ich hätte keine Rohfassung zum Lesen gegeben. Schon gar nicht einem Laien, also einer Person, die selbst nicht schreibt und das Schreibhandwerk bestenfalls intuitiv kennt. Rohfassungen gebe ich ohnehin nicht gerne raus, aber wenn, dann nur an Leute, von denen ich weiß, dass sie selbst schreiben oder lektorieren. Dann kann ich nämlich auch darum bitten, dass bestimmte Aspekte ausgeblendet werden, wie z.B. Formulierungen, Rechtschreibung, Stil etc. Laien können so etwas meistens nicht. Das ist nicht ihre Schuld. Sie sind eben Laien.
Ich hätte kein Familienmitglied bzw. keinen Partner den Text kommentieren lassen. So etwas bietet das größte Konfliktpotenzial. Selbst wenn ich einen Partner hätte, der auch schreibt, würde ich zögern. Es kann die Beziehung überdurchschnittlich belasten - und das ist es meiner Meinung nach nicht wert.
Ich würde eher jemanden bezahlen, der meinen Text lektoriert oder auch eine grobe Rückmeldung gibt. Meistens wende ich mich an Profis, die ich bezahle, wenn der Text noch in der Planung oder schon fast fertig ist.
Wenn er irgendwo dazwischen liegt und ich nicht weiterkomme, bitte ich befreundete Hobbyautoren um ihre Rückmeldung.
Dann finde ich es wichtig, dass die Kritik begründet wird. Dann kann ich sie am besten nachvollziehen. Das ist auch der Grund, warum ich Laien in dieser Hinsicht nicht so sehr vertraue. Sie können ihre Meinung einfach nicht in Worte fassen und wissen oft auch nicht genug über das Handwerk.
Ich nehme auch Meinungen an, aber dann sollte dazu gesagt werden, dass es sich um die Meinung der betreffenden Person handelt. Dann kann ich besser entscheiden - ist das jetzt Handwerk, oder ist es die persönliche Ansicht des Kritikers?

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Ausführlich, nachvollziehbar begründet und gnadenlos ehrlich. Sie darf sich auf alles beziehen: Rechtschreibfehler, fragwürdige grammatikalische Konstrukte, Logikfehler, Nachvollziehbarkeit, Wirkung des Textes.

Ich halte subjektive Eindrücke auch für wichtig. Sie müssen nur textbezogen sein. Als Autor siehst du deine Geschichte wie ein Film vor dir, aber kommt dieser Film auch so bei den Lesern an? Es liegt in der Natur der Sache, dass man irgendwann mehr oder weniger betriebsblind wird. Wenn jemand als Feedback schreibt, dass für ihn das Kapitel sterbenslangweilig war, dann ist das nicht unbedingt ein Egobooster, sondern halt ein ehrlicher persönlicher Eindruck. Und wenn deine Freundin bei bestimmten Wörtern bspw. geschrieben hat, dass es weniger erotisch, sondern eher albern auf sie wirkt, dann ist das erst mal so. Wenn weitere Testleser zu bestimmten Passagen ähnliche Aussagen treffen, würde ich mir Gedanken machen.
Man muss als Autor ja auch nicht jeden Einzelpunkt einer Kritik annehmen, man sollte sich nur hinterfragen. Könnte da etwas dran sein oder sind das eher persönliche Befindlichkeiten der anderen Person? Wer bei mir Kritik bestellt, bekommt Kritik. Was du damit anfängst, ist deine Sache. Ich schreibe gerne im Vorfeld den Satz „Nimm dir, was du brauchst und ignoriere, was nicht passt“. Ähnlich gehe ich als Empfänger damit um. „Gefälligkeitskritiken“ bringen niemand weiter.
Nur eines darf eine Kritik nicht sein: Persönlich herabsetzend.
Ein Kommentar wie „Bist du nicht einmal fähig ganz normal zu schreiben?“ geht gar nicht. „Das ist mir zu schwülstig. So redet doch keine Frau in dieser Situation“ ist ok.

Daher verstehe ich auch ehrlich gesagt nicht ganz, wieso du von dem Feedback deiner Freundin schwer verletzt warst. Dein Wunsch war, sie möge die Darstellungen auf Nachvollziehbarkeit aus weiblicher Sicht prüfen. Sie hat dir mitgeteilt, wie manche Worte auf sie (weiblich) wirken bzw. andere vorgeschlagen. Was sonst sollte sie kritisieren als Worte, sie hatte ja nichts anderes zur Verfügung.
Ansonsten hätte ich vielleicht noch eine Klarstellung erwartet „Du, da gab’s wohl ein Missverständnis, eigentlich wollte ich …“, schließlich hat sie sich mit dem Text beschäftigt und Zeit und Mühe investiert, das darf man auch mal wertschätzen.

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Ich stimme @anon37238882 zu 1000% zu.
@Pamina22 - Ich gebe gern Rohfassungen weiter. Dann weiß ich direkt, wie es wirkt, was ankommt und was nicht. Denn die Rohfassung ist ja die Grundlage und nur auf einer Grundlage kann man aufbauen.
Profis können mir professionelles Feedback geben, was Qualität, Sprache, Grammatik, etc. angeht. Wie etwas auf den LESER als LESER wirkt, kann und darf jeder beurteilen (den ich darum bitte) mit entsprechendem Feedback. Ich muss kein Huhn (gewesen) sein, um zu sagen, dass mir ein Ei schmeckt oder eben nicht. Ich muss nicht Musik studiert haben, um zu sagen, ob mir das Lied gefällt oder nicht, etc. Bei einer Frage nach Feedback muss ich es nur begründen können. „Ist langweilig“ reicht mir nicht. „Ist langweilig, weil …“ reicht vollkommen.

Der Autor kann am Ende, wie @anon37238882 schon ausgeführt hat, sagen: „Och, nö. Es bleibt langweilig, weil …“

Letztendlich, wie man es dreht oder wendet, darf ich nicht um Kritik und/oder Wirkung fragen, wenn ich anschließend beleidigt oder verletzt bin. Um die Frage von @RunaMania aus meiner Sicht konkret zu beantworten: ALLE Anmerkungen zu Form und Wirkung sind erlaubt. Ansonsten handelt es sich um Samthandschuhkritik, die wertlos ist.

Mich hat mal jemand aus diesem Forum gebeteb, seinen Text Probe zu lesen, explizit OHNE Hinweis auf Rechtschreibfehler. Das Endprodukt war voller Rechtschreibfehler …

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Es hilft immer, sich wohlwollend vorzustellen, was einem selbst wirklich weiterhelfen würde. Und so die Kritik formulieren.
Gute Schreibrunden kritisieren hart, legen die Probleme offen, aber auch Stärken, wo der Autor sich noch intensivieren sollte.
Das kann rote Ohren beim Kritisierten geben, aber richtungsweisend sein.
Ich erinnere mich an einen Kurs in Wolfenbüttel, wo ein Teilnehmer mit prima Ideen sehr … „hochliterarisch“ formuliert hatte, durchaus gekonnt, aber eben voller Fremdworte und laaaangen Sätzen.
Als wir ihm das nett, aber deutlich um die Ohren gehauen hatten, war er heftig geknickt und zerknirscht, dann wurde er sehr nachdenklich - und hat in der Qualität seiner folgenden Geschichten einen Quantensprung gemacht.

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Kritik hat ja gerne einen fahlen Beigeschmack. Insofern kommt es auch darauf an, was man erwartetet. Die meisten Menschen geben Feedback eher unstrukturiert, und das ist manchmalnicht so hilfreich. Berufskritiker (Lektoren, Korrekturleser, …) können Texte nach verschiedenen Aspekten analysieren und geben auch ein gutes Feedback. Profis merken auch sehr rasch in welcher Art ein Feedback am meisten hilft.
Bei manchen Autoren ist es hinreichend wenn ich „alte und neue Rechtschreibung vermischt“ schreibe. Andere Autoren haben es lieber praxisorientiert „er schaffte Platz“ statt „er schuf Platz“. Wieder andere brauchen es, wenn man beginnt den Text zu korrigieren. Andere bekommen Wutanfälle, wenn man beginnt Sätze zu kürzen, umzuformulieren oder Wortwiederholungen zu reduzieren.

Liebe Grüsse
LonesomeWriter

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Mir hilft heute viel, was ich in der Klinik gelernt habe.

Dabei sticht ein Satz raus, den wir auswendig lernen mussten. Nach bald 20 Jahren kann ich den immer noch. (Es sind drei Sätze, aber es nennt sich „Der Feedbacksatz“.)

„Danke, dass Du es mir gesagt hast. Ich werde darüber nachdenken. Und ich bin nicht auf dieser Welt, um Dir zu gefallen.“

Man soll sich bedanken, um aus der Vorstellung auszubrechen jemand habe mich verletzen wollen. Man soll darüber nachdenken, denn es gibt ja einen Grund, warum mein Gegenüber es so auffasst. Und nur weil mein Gegenüber es so auffasst, muss es nicht so sein, und wenn doch, kann ich mich auch bewusst dafür entscheiden.

Wenn ich Kritik bekomme, halte ich mich daran. Kann schon mal ein paar Tage dauern, aber ich denke darüber nach.
Und wenn ich Kritik gebe, dann weiß ich, dass es nicht böse gemeint war. Es kann natürlich jeder so auffassen, wie er mag, aber ich kann nichts dafür, wenn sich jemand verletzt fühlen möchte.

„Möchte“ in dem Sinne, dass sich jeder auch dafür entscheiden kann, sich nicht verletzt zu fühlen. Das macht das Leben angenehmer, als wenn man sich verletzt fühlt.
Aber letztendlich kann ich nichts dafür, wie jemand es auffasst.

Früher wollte ich es jedem recht machen, aber das funktioniert nicht. Man verliert sich nur selber.

(Disclaimer: ich rede nicht davon, wenn jemand jemand anderen absichtlich verletzen will. Aber auch da hilft, es abperlen zu lassen. Wegen so jemanden will ich mich doch nicht schlecht fühlen.)

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dito.

Aber wie stellst du dir das vor?
Literatur ist keine Mathematik, wo man sagen kann, die Gleichung stimmt oder stimmt nicht. Bei der Schreiberei können Rechtschreibung, Interpunktion und Grammatik richtig oder falsch sein, das wars aber auch schon. Das sind allerdings die Punkte, für die man keinen Kritiker braucht, das schafft in großen Teilen bereits unser Schreibprogramm.

Ein Satz kann grammatisch völlig richtig sein und sich trotzdem furchtbar lesen. Adjektive und Adverbien sind auch nicht verkehrt, können aber eine Textpassage völlig ruinieren. Und so weiter.
Es gibt mittlerweile grobe Richtlinien, was sich gut macht und was weniger, ein großer Teil jedweder Kritik basiert aber nach wie vor auf persönlichem Geschmack.
Gibt man seinen Text einem oder gar mehreren Testlesern, kann man nie wissen, wie er von ihnen aufgenommen wird, was ihnen auffallen, welche Assoziationen er wecken wird etc. Genau das macht gute Testleser ja so wertvoll, sie zeigen einem Autor seinen Text aus einem anderen Blickwinkel.
So bekommt man eine Vorstellung, aha, so kann mans also auch sehen.

Lieber @RunaMania, wenn dich diese Form von Kritik bereits schwer verletzt, überlege es dir gut, ob du wirklich veröffentlichen willst! Denn während sich Kritiker in den Schreibforen noch weitgehend dran halten, die Sache konstruktiv und über der Gürtellinie rüberzubringen, haben Leser ‚in freier Wildbahn‘ solche Skrupel oft nicht. Du musst dir nur mal z.B. bei Amazon anschauen, wie da so manche Verrisse geschrieben sind, da wird gnadenlos und brutal über alles hergezogen, was nicht gefallen hat, und die Befindlichkeiten eines zartbesaiteten Autors interessiert da absolut niemanden.

Wenn man sich da nicht beizeiten ein dickes Fell zulegt und sowas verkraften kann, hat man ein Problem.

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Ich finde die Frage, die @RunaMania gestellt hat, sehr spannend.
Ich denke jeder der sich Testleser sucht, sollte sich zuerst klar sein, was er von ihnen erwartet.

Ich habe mich hier angemeldet, weil ich auf der Suche nach ehrlichem Feedback bin von Menschen, die Erfahrung im Schreiben haben.
In meinem privaten Umfeld habe ich eine Freundin, die meine Texte liest und mir Rückmeldungen gibt.
Geschichten, die ich für einen monatlichen Wettbewerb in einem anderen Forum schreibe, werden oft gelobt, aber an hartes kritisieren traut sich da eigentlicher keiner ran.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass einen sowohl das wohlwollende Kritisieren fremder Texte, als auch das Managen harter Kritik am eigenen Text weiterbringt.
Vor allem bei einem Anfänger wie mir.

@RunaMania Wie würdet Ihr Kritik an Eurem Werk am wertvollsten empfinden?
Auf jeden Fall ehrlich und direkt, aber höflich.

@Ulli Es hilft immer, sich wohlwollend vorzustellen, was einem selbst wirklich weiterhelfen würde. Und so die Kritik formulieren.

Sehe ich auch so.

Auch ich stimme dem Kommentar von @Ralf zu.

Auch ich würde mich über solche Kritik freuen, auch wenn ich vielleicht dann erst darüber grübeln müsste.

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Grübeln ist gut. Denn was sollte das Ergebnis „guter“ Kritik sein?

→ Dass man seine Fehler erkennt, diese abstellen kann und somit besser wird.

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Hallo RunaMania

Na ja, erst einmal, dass sie konstruktiv ist und nicht destruktiv. D.h. sie sollte dem Gegenüber nicht suggerieren, dass er es gleich bleiben lassen soll mit dem Schreiben. Jeder war mal Anfänger. Außerdem sollte man auch die positiven Sachen loben und sich zusammenreißen, nicht gleich alles auf einmal zu erwähnen, weil das den anderen überfordert und demotiviert.
Absolut vernichtende Kritik an anderen Texten habe ich schon gelesen und so berechtigt sie gewesen sein mag, so unnütz war sie dennoch.
In einem Schreibratgeber (weiß nicht mehr in welchem) habe ich zum kritisieren das Bild gelesen von einem Wald, in dem die großen Bäume die kleinen nachwachsenden schützen und nähren, damit sie wachsen können (und nicht auf ihnen herumtrampeln).

Auch, aber man kann es einfach auf der subjektiven Ebene formulieren: „Wenn ich das lese, habe ich aber das und das vor Augen/fühle ich mich so und so/denke ich dieses und jenes und nicht das von dir möglicherweise Beabsichtigte/muss ich unfreiwillig lachen, bitte nimm mir das nicht übel, aber es liegt an folgender Formulierung …“

OK, also erst einmal ist es eine sehr hohe Kunst, wenn man als Mann Erotik aus weiblicher Sicht schreibt, insofern man diese auch an ein weibliches Publikum richtet.

Wie jemand an deinen Text herangeht, kannst du leider nicht vorab wissen. Es hängt ja auch von der Erfahrung der Person im Lektorieren ab, genauso von deinen Vorgaben bzw. Fragen, auf die du dir Antworten erhoffst. Also müsstest du das vorab auch so kommunizieren.
Du sagtst der Testleserin, was du von ihr erwartest und was (noch) nicht.

Das zu lernen, dauert eine Weile und ist nicht ganz leicht. Nämlich: Was ist dein Stil/deine Note und was sind Sperenzchen, die du dir lieber abgewöhnen solltest.?
Ich habe das so am besten gelernt, dass ich mehrfach Feedback zu verschiedenen Texten angenommen habe im Laufe von wenigen Jahren. Die erste „vernichtende“ Kritik tut am meisten weh (wobei diese die Regeln der Wertschätzung und Hilfe absolut beachtet hatte). Um das zu verdauen, habe ich mich bedankt und gesagt, dass ich mich später damit beschäftige. Mit genügend Abstand habe ich erkennen können, dass mein Gegenüber recht hatte.
Dadurch beflügelt, habe ich aber an manchen Stellen mit der Überarbeitung übertrieben und dann das Gefühl, dass das nicht mehr alles mein Stil ist. Somit habe ich kleine sprachliche Änderungen rückgängig gemacht und dann war ich zufrieden.
Mir hilft also Übung, Abstand und Wiederholung.

Mittlerweile bin ich es gewohnt. Die Abstände zum Überarbeiten nach Kritik sind sehr viel kleiner geworden. Das zahlreiche positive Feedback hat mich zudem gestärkt, dass ich nicht gleich verzweifle, wenn jemand meckert. Bei jedem Einwand versuche ich nach einer Pause, mich in eine distanzierte Leserperspektive zu begeben und zu prüfen, ob das eine Macke von mir ist oder ob hier jemand den Stil anmeckert.
In der Regel können nur erfahrene Lektoren und Lektorinnen dich so kritisieren, dass sie da die Balance hineinbekommen.

Außerdem hilft die Menge an geschriebenen Texten. Denn wenn es nicht mehr nur dieses eine Baby von dir ist, an dem dein schriftstellerisches Selbstbewusstsein hängt, tut’s auch nicht so weh. Manchmal schreibt man halt auch Mist.

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Ich schaue gerne auch danach, welcher Kritiker selbst schreibt und was und wie er schreibt.

Die beste Kritik kommt von Autoren, die so schreiben, wie ich gerne selbst schreiben würde.

Deshalb kommentiere ich auch ungern in fremden Genres.

Und zum „wie“, yep, gnadenlos ehrlich, am liebsten mit viel Humor, Smileys die lachend über den Boden rollen, wir schreiben oft so einen Mist zusammen, da hilft einem ein gehauchtes " oh ist das schön, das berührt mich jetzt total tief innen drin" nicht wirklich weiter.

In Anbetracht der literarischen Gnadenlosigkeit ist es besser, man gewöhnt sich schneller an Verrisse oder entscheidet sich für das Schreiben im stillen Kämmerlein.

Frohes Schaffen!

gui

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Es wurde schon mehrfach gesagt: Offen und ehrlich, aber nicht verletzend. Bei meinen bisherigen Texten hier war das der Fall, und dafür bin ich sehr dankbar.

Ganz anders war es in einem komplett anderen Fall, einer Kampfkunst-Gruppe. Dort brachte es der Trainer mal auf den Punkt: „So viele Schüler, so viele Lehrer.“ Ein jeder schien es besser zu wissen als ich, das kann sehr frustrierend sein.

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Meiner Erfahrung nach ist diese Frage falsch gestellt. In einer idealen Welt könnte ich mir wünschen, dass ich wertvolle Kritik erhalte. In der tatsächlichen Welt musst du damit leben, was ein Testleser leisten kann oder will. Dabei macht ein Testleser evtl. mehr Fehler als du. Statt also irgendwas zu erwarten, nehme ich inzwischen alles, was ich kriegen kann und mache mir dann mein eigenes Bild dazu.

Folgende Kategorien von Testlesen hatte ich schon:

  1. Testleser gibt eine Schlussbewertung von einem halben Satz ab.

  2. Testleser schreibt in pissigem Ton, weil er deinen Text langatmig fand und sich darüber geärgert hat, dass er ihn lesen musste.

  3. Testleser sülzt dich voll mit schwachsinnigen Worthülsen, um zu zeigen, wie klug er ist. Sowas wie dieses Praxisbeispiel: „kann nicht ein Mensch in dieser Welt Interrogativadverbien anwenden??“ (Selbst nach Nachfrage verstehe ich das Problem nicht).

  4. Testleser schreibt täglich Mails mit Verbesserungsvorschlägen zu Einzelsätzen.

  5. Nach Austausch über Facebook, wo man sich näherkommt, stellst du fest, dass Testleser sich zurückgehalten hat, um dich nicht zu entmutigen. Als du schreibst, dass du einen Abschnitt überarbeiten wirst, erhältst du plötzlich Zustimmung, die dir gegenüber früher gar nicht geäußert wurde.

  6. Testleser will gar nicht testlesen, sondern nur fachsimpeln. Ihr schreibt euch lange Mails. Du lernst auch was. Aber mit deinem Text hört Testleser schon nach ein paar Seiten auf.

  7. Testleser stellt sich tot (oder ist vielleicht auch tatsächlich gestorben).

  8. Testleser glaubt, deine Story umschreiben zu müssen und ist so begeistert von seinen Ideen, dass er nicht verstehen will, dass sich seine Alternativstory nicht in den Roman einfügen lässt.

  9. Testleser ist eine Frau und will lesen, dass Frauen Superfrauen sind. Ihr tauscht drei Mails darüber aus, warum eine Fantasy-Prinzessin keine Karten lesen kann. Sie bleibt davon überzeugt, dass Prinzessinnen sowas bei Hofe lernen müssten.

  10. Testleser schreibt selbst, hat bisher noch nichts zustande gebracht und ballert dich voll mit seinen eigenen Blockaden, weil er vor lauter Perfektionismus jeden Satz fünfhundert Mal hin- und herwendet.

  11. Testleser schreibt selbst und möchte eigentlich nur erreichen, dass du seinen Text liest.

  12. Testleser hat einfach einen anderen Geschmack oder andere Einstellungen als du. Du kannst dessen Feedback kaum gebrauchen, weil du ahnst, dass er nicht deine Zielgruppe ist.

  13. Testleser beschreibt ein völlig zutreffendes Problem deines Textes, aber du bist leider noch nicht bereit für die Wahrheit.

  14. Testleser macht sinnvolle Verbesserungen an deinem Text. Du müsstest dazu allerdings großräumig Änderungen vornehmen. Dies zu tun wäre irgendwie wünschenswert, ist aber nicht dein Stil.

  15. Testleser ist ein Idiot und will dich eigentlich nur entmutigen, weil er mit seinem eigenen Leben nicht klarkommt.

  16. Testleser hört, dass du etwas überarbeiten willst, mochte aber deinen (schlechten) Text. Nun versucht dich Testleser davon zu überzeugen, dass du alles beim Alten belässt.

  17. Testleser hat bereits etwas veröffentlicht und spricht, als hätte er ganz viel Ahnung. Als du in dessen Geschichte reinliest, hast du den Eindruck, dass dein Feedback an seine veröffentlichte Geschichte länger ausfallen müsste, als seins an deine unfertige.

Sicher war das noch nicht alles. Ich denke, die wichtigste Regel im Umgang mit Testlesern lautet: Nicht provozieren lassen, wenn Idioten mit dir reden. Nicht traurig sein, wenn jemand deinen Text nicht mag. Nicht alles sofort ablehnen, wenn jemand Kritik äußert, aber auch nicht alles ernst nehmen. Und nicht verletzt sein, wenn jemand dir anderes Feedback gibt, als du es dir gewünscht hättest.

Ich versuche, alles zu verwursten, was mir Testleser als Feedback geben – sei es gut oder böse. Es kann hilfreich sein, bei zu großer Kritik eine Woche mit der Bewertung des Feedbacks zu warten. Damit habe ich relativ gute Erfahrungen gemacht. Denn Kritik begleitet einen immer die nächsten Tage. Und mit jedem Tag fällt es leichter, sich darauf einzulassen. Wenn man aber nach einer Woche immer noch der Ansicht ist, dass der eigene Text bleiben sollte, wie er ist, dann soll er vielleicht auch so bleiben :slight_smile:

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Vielleicht noch einmal als Rückmeldung zu dem konkreten Fall, gerade erotische Szenen würde ich weder von Familienmitgliedern, noch von guten Freunden gegenlesen lassen.

Genauso schwierig sind autobiographische Texte. Bei dem Einen wie dem Anderen geht es um hochgradig emotional besetzte Texte (außer ich haue am laufenden Band Pornoheftchen raus), die am besten von Unbekannten kommentiert werden.

Als Mann einen erotischen Text für Frauen zu schreiben ist allerhöchste Schwierigkeitsstufe. Den Versuch von der besten Freundin Betalesen zu lassen halte ich für gewagt bis zum Scheitern verurteilt.

Die Tatsache, dass Du es jetzt als „Desaster“ empfindest, zeigt Deine emotionale Beteiligung, auch wenn Du nur sachliche Kritik wolltest. Genau das ist bei erotischen Texten, noch dazu wenn Du fragst „ob es aus weiblicher Sicht funktioniert“, illusorisch.

Im schlimmsten Fall Tonne. Sonst, liegen lassen, abkühlen und neu schreiben. Ev. Freundin fragen, ob sie Dir erotische Szenen in Büchern empfehlen kann, die ihr gefallen.
Erotik ist für Frauen meist sehr speziell.

Frohes Schaffen!
gui

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Herzlichen Dank @storyteller, @Pamia22, @anon37238882, @Suse, @Ulli, @LonesomeWriter, @Anikka, @Yro, @Mia_A, @Gwendy, für eure Feedbacks zu meiner Frage.
Interessant - und ausgesprochen hilfreich - finde ich die Spannbreite der Sichtweisen. Von sehr weich @Gwendy, über lustig @Suse (man muss kein Huhn sein…), bis zu @anon37238882 „…gnadenlos ehrlich“, was alles seine Berechtigung und Richtigkeit für sich selbst hat.
Was sich noch als ein sehr wichtiger Aspekt herausgestellt hat, ist die Frage des richtigen, passenden Zeitpunktes, um um ein Feedback zu bitten. Ich hatte in meiner Ungeduld leider den falschen Zeitpunkt erwischt, wie sich dann herausstellte.
Wenig Zielführend finde ich die - entweder- oder- Betrachtungen: dickes Fell oder lass es bleiben!
Ich schreibe seit 15 Jahren Bücher und werde mit Sicherheit auch noch in 20 Jahren kein „dickes Fell“ haben. :wink:
Sensibilität ist für - mich- , ganz besonders für das Schreiben emotionaler oder erotischer Texte aus beiden Perspektiven (m/w) eine Grundvoraussetzung, um es nachfühlbar umsetzen zu können und meine persönliche, ewige Herausforderung.
@Gwendy; merkwürdigerweise habe ich festgestellt, dass gerade Frauen, in „RunaMania Zeitsprung im Dom“, dem ersten Band der RunaMania Triologie, immer wieder die gleiche Szene besonders toll finden, in der es um heiße Erotik geht… :heart:

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Da ich nur 10 Benutzernamen vergeben kann, @gui, @tomP, @ChrisJ bitte letztes Post. :wink:

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Nun ja. Du brauchst aber ein dickes Fell. Du sollst ja nicht abstumpfen sondern aushalten können bzw. müssen, damit du nicht daran zerbrichst.

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Ich finde das ganz und gar nicht lustig. Mich ärgert es immer wieder, wenn mir jemand sagt, ich könne einen Text nicht beurteilen, weil ich kein Profi sei. Die Qualität mag ich tatsächlich nicht beurteilen können, doch ob mir ein Text gefällt oder nicht, kann ich sehr wohl (begründet) beurteilen. Dafür muss ich kein Literaturnobelpreisträger sein.

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