mich würde interessieren wie Ihr beim Schreiben Eure Geschichten und Bücher strukturiert, plottet, plant oder welche Methoden oder vielleicht auch Bücher Euch dabei geholfen haben, um all die Handlungsstränge und Ideen ineinander zu „verweben“? Freue mich auf Eure Antworten!
Ich gestehe mal: Ich habe eine Idee, eine grobe Richtung und dann schreibe ich…Meine Figuren entwickeln sich. Richtig strukturieren tue ich gar nichts bei mir fließt es dann…oder nicht. Ich fahre damit gut…bis auf einige Schnitzer. Ich nehem mir bei jedem neuen Projekt vor: Jetzt, strukturierst du. Aber bis jetzt…
So habe ich es bis jetzt auch gehalten Nur bin ich an einem Punkt, an dem etwas mehr Strukturierung wirklich gut wäre Die Ideen sind da, die Figuren sind da, die groben Handlungsstränge auch-nur irgendwie „bindet“ das Ganze noch nicht so, um es mal mit einem Kuchenrezept zu vergleichen
Ich plane die Handlung grob, schreibe den ersten und letzten Satz und bastel dann die Mitte dazwischen.
Die Figuren werden relativ genau geplant, die Handlung nur rudimentär. Dann schreibe ich. Und passe meinen Plan an, d.h. er wird etwas detailgetreuer. Dann schreibe ich und passe an und schreibe und passe an. Bis sich nachher ein Gesamtbild ergibt. Die Kapitel ergeben sich beim Schreiben, die Szenen erst Recht. Irgendwann klemmt es. Dann merke ich, halt, du musst erst wieder planen, weil etwas nicht stimmt.
Steht der Plan, mache ich den Feinschliff für die vorhandenen Szenen und überlege mir, welche Kapitel noch fehlen.
Im Prinzip mache ich es wie ein Buchhalter. Es wird alles gebucht, wie es kommt (Eingangsrechnungen), dann wird geschliffen (Ausgangsrechnungen für das eingesetzte Material) und am Schluss kommt der Jahresabschluss. Meine Testleser machen die Bilanz.
Der Vergleich gefällt mir sehr. Eine Geschichte zu „backen“, die anschließend auch noch schmeckt, braucht neben Zutaten und Handwerk auch ein Rezept.
Ich habe wirklich vieles ausprobiert (Schneeflocken, Heldenreise usw.) Am Ende bin ich bei drei, fünf oder sieben Akten gelandet. Je nachdem, wie umfangreich eine Geschichte erzählt werden soll. Fünf Akte sind die Regel. Scheint mir die nötige Stabilität zu liefern und erlaubt eine gewisse Flexibilität.
Hm - ja das kenn ich. Ich tät ja gern strukturieren, aber meine Protagonisten schlendern oder gallopieren durch meine Gehirnwindungen und erleben ihre Geschichten und ich komm mir vor wie ein Parlamentsstenograf. Keine Disziplin, diese Gestalten!
Ich komm aus Rechnungswesen und IT. Da ist Struktur einfach Pflicht.
Ich glaub, beim Schreiben will ein Teil meines Ichs einfach nichts mehr davon wissen …
Das ist bei mir auch so. Rechnungswesen war in meiner Ausbildung Hauptthema. Daher der Mix.
Zum Glück ist meine Ausbildung schon Jahrzehnte her, denn psst, Geheimnis, ich mag keine Zahlen.
Für mein Buch hatte ich von Anfang an ganz grob den Plot im Kopf (Liebesgeschichte: Mann und Frau begegen sich im Urlaub, lernen einander bei einem Haufen heiterer Urlaubserlebnisse näher kennen, kommen zusammen, Happy End) und habe dann aus hunderten kleiner einzelner Ideen ein Buch zusammengepuzzelt. - Und zweimal wieder auseinandergenommen und die einzelnen kleinen Erlebnisse neu zusammengepuzzelt.
Ich strukturiere anhand von Szenenüberschriften im Navigator.
Jeder Szene ordne ich eine von drei Farben zu für meine drei Handlungsstränge (wo mehrere Handlungsstränge zusammenlaufen, entscheide ich mich für die Farbe des wichtigeren Stranges und mache einen Vermerk in die Szenenüberschrift).
Zusätzlich zu einer kurzen aussagekräftigen Inhaltsangabe (z.B. „erste Umarmung“) habe ich in der Szenenüberschrift noch etliche Kürzel und viele Symbole, die mir in verschiedenen Phasen der Überarbeitung geholfen haben.
Ein Beispiel für Symbole in meinen Szenenüberschriften: Die Perspektive meiner weiblichen Protagonistin kommt insgesamt noch zu kurz. Um mir darüber einen guten Überblick zu verschaffen, habe ich in jeder Szene, in der meine Prota eine große Rolle spielt, von den Windows-Symbolen ein Sonnen-Bildchen in die Szenenüberschrift genommen; wenn sie persönlich auftritt, aber nur in einer Nebenrolle, ein Mond-Bildchen (Mond-Szenen sind die Szenen, die ich später teilweise neu aus ihrer Perspektive geschrieben habe); und wenn in der Szene nur ihr Name auftaucht, sie persönlich aber nicht: weder Sonne noch Mond.
Auch für jeden „running gag“, der sich durch das Buch zieht, habe ich ein kleines Windows-Bildchen ausgesucht, das in die jeweiligen Szenenüberschriften kommt.
Textschnipsel und Notizzettel haben für mich nicht funktioniert, weil man die Pinnwand nicht mit der Stichwortsuche durchsuchen kann, so dass spätestens bei 150 Schnipseln/Zetteln das Wiederfinden schwierig wird. Deshalb habe ich kleine Bruchstücke, Ideen und Notizen auch alle als Text in Szenen und Kapiteln sortiert, hinter meinen Buchkapiteln. So ist alles in einer Dokumentdatei vereint, und die Stichwortsuche findet sofort alles, was ich jemals notiert habe.
Erinnert mich ein bisschen an ein Interview mit Irvine, in dem er geschildert hat, dass er das Ende schon genau ausformuliert haben muss und darum die Geschichte herum entwickelt. Bleiben der erste und der letzte Satz dann auch in der Endversion genau so unverändert? Ich versuche mir gerade dementsprechend lautende Sätze vor zu stellen, die nach jeder Veränderung der anderen Rahmenbedingungen trotzdem bleiben. Der Vergleich zur Buchhaltung ist interessant. Der Schreibprozess an sich wirkt dann wie eine Inventur^^