Wie schwierig ist Zukunft in Romanen wirklich?

Hallo Zusammen,

ich habe da mal eine Frage, die mich seit ungefähr zwei Jahren bewegt. Damals hatte ich noch nicht mit meinem Roman über eine Zahlentheoretikerin angefangen. Ich besuchte mit meiner Frau und unserer Tochter die Lesung einer bekannten und erfolgreichen Krimi-Autorin.

In der Pause habe ich dann kurz vor der Tür eine Zigarette geraucht und stellte fest, dass auch sie zum Aschenbecher gekommen war. Sie fing einen kurzen Smalltalk mit mir an und ich erzählte ihr von meiner Idee, einen in der Zukunft spielenden Kriminalroman über jemanden zu schreiben, dem es gelungen sei, die gängigen digitalen Verschlüsselungsverfahren zu knacken. “Warum auch nicht?”, dachte ich mir spontan. Das Thema an sich fand sie richtig gut, gab mir aber den kurzen Rat, dass zuviel Zukunft in Romanen verdammt schwierig sei.

So weit so gut. Ich habe mit dem Schreiben dann erst mehr als ein Jahr später angefangen und ihren Rat weitgehend beherzigt. Trotzdem stelle ich mir immer noch die Frage, wie schwer Zukunft in Romanen nun wirklich ist. Wie ist Eure Meinung dazu und wie sind Eure Erfahrungen mit dem Thema?

Frank

Mir ist nach Deinen Schilderungen momentan noch nicht klar, ob der Roman ausschließlich in der Zukunft spielt oder ob er auch Teile besitzt, die in der Gegenwart spielen. Und wie funktioniert das Ganze? Gibt es da Zeitsprünge, die die Protagonisten durchführen? Wenn es so ist, stellt sich natürlich die Frage, wie Gegenwart und Zukunft gegenseitig beeinflusst werden.
Oder bin ich da auf einer falschen Fährte?
Meine Geschichten spielen teilweise in der Vergangenheit und da muss ich acht geben, dass durch grundlegende Veränderungen in der Vergangenheit die Gegenwart nicht eine Veränderung erfährt, sich also anders darstellen würde, als sie jetzt ist. Also sind solche Veränderungen absolut tabu, Sonst könnte es ja sein, dass ich die ganze Welt nachher aus den Angeln hebe.:rofl:

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Die Frage ist tatsächlich, ob es ein Krimi wird, der in einer fiktiven Zukunft spielt. Dafür gibt es innige Beispiele. Mir fällt als erstes da Minority Report ein.
Schwieriger wird es, wenn es eine Zukunft sein soll, die auf der Realität aufbaut bzw. diese “fortschreiben” soll. Mach doch mal einen Plan: Plot, Exposé und was du sonst noch brauchst.

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Hallo Frank,

einmal vorneweg: Ich habe noch kein Buch veröffentlicht. Sitze aber sehr an meinen beiden Romanen, damit sie irgendwann mal reif genug für ein Buch sind (im Moment beides Fantasy, eins High Fantasy, eins Erotic Fantasy). Aber ich habe auch noch eine Dystopie in der Schublade über unsere Welt in der Zukunft (eigentlich gar keine Fantasy, sondern unser Klimaproblem, unsere Monopole - das große A oder das große G als Beispiele - und die drohende Überbevölkerung bzw. das Ressourcen-Problem als Thema). Ich mache mir da wenig Gedanken, ob diese Zukunft nun schwierig ist oder nicht. Es ist ein Genre, was bedient wird und bedient werden will. Wer sagt denn, dass Zukunftsromane nicht in 2 oder 5 Jahren der Renner sind?

Ich meine, wenn dein Plot spannend ist und gut durchdacht, dann ist das Thema, ob es in der Zukunft spielt oder nicht, doch sekundär. Bin natürlich kein Agent und habe nicht so den Überblick über den Markt.
Es ist auch eine Frage, was du willst. Willst du genau diese Geschichte erzählen, weil es dir ein dringendes Bedürfnis ist, dann würde ich an deiner Stelle genau diese Geschichte schreiben. Geht es dir aber darum, ein Buch zu schreiben und den größtmöglichen Erfolg damit zu erzielen, dann musst du dich im Markt umsehen, gucken, was gerade angesagt ist und welche Zielgruppe du ansprechen musst, dir einen Plot überlegen und genau dafür schreiben. Dann musst du natürlich hoffen, dass genau dieses Genre dann auch noch up-to-date ist und nicht von etwas anderem abgelöst wurde. Oder die Finger glühen lassen, damit das Buch schnell fertig ist. Ich finde das schwierig.

Ich schreibe seit 20 Jahren an einer Drachengeschichte. Vor 10 Jahren habe ich mal ein paar Verlage angeschrieben. Und mit einem sogar telefoniert. Die Lektorin sagte mir damals am Telefon, dass mein Schreibstil schon gut war, aber sie keine Drachengeschichten mehr wollen, weil die out sind. Da habe ich es nicht mehr weiter versucht. Ich schreibe immer noch an dem Ding. Mittlerweile boomen die Drachen dank Game of Thrones ja wieder. Aber ich bin noch nicht fertig. Und ich mach mir auch keinen Druck. Themen kommen und gehen habe ich festgestellt. Und so ein Satz “Zukunftsromane sind out”, der hat vielleicht auch nur eine kurze Halbwertszeit.

Liebe Grüße,
Vroni

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Also, so weit hatte ich bei meiner Frage gar nicht gedacht. Ich meinte das nur ganz allgemein und im Rückblick auf meine nun fertige Geschichte, weil E. H. das so ganz spontan und selbstverständlich am Aschenbecher äußerte. Meine Geschichte fängt 1985 mit einem tragisch endenden Fluchtversuch an der innerdeutschen Grenze an und spielt eigentlich 2021, habe ich aber bewusst nirgendwo genau erwähnt. Anfang der 2020er Jahre, also ein klein wenig Zukunft. Meine Frage bezieht sich lediglich auf Eure Erfahrungen mit Zukunft und Fiktion.

Sehe ich auch so!

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Realität, die fortgeschrieben wird mit einem kurzen Blick in die Zukunft, könnte man sagen. Plan und Plot hatte ich ja, denn es ist zum Glück doch schon fertig und bei KDP eingestellt :slight_smile:

Nun, da kann ich mit Fug und Recht behaupten: Keine Ahnung. Und auch keine Erfahrung. Über diese Art der Literatur hab ich mir bisher nie Gedanken gemacht.

Hm, du kannst dich ja auch mal über diese Seite schlau machen, was Verlage so wollen bzw. anbieten:

https://www.autorenwelt.de/verlagsliste-science-fiction

Das war jetzt so der erste Sucher bei Google. Einfach mal durchwühlen und sehen, was diese Verlage in der Liste so im Programm haben.

Ist Zukunft in der Fiktion nicht Gegenwart in der Fiktion? Du schreibst doch eine Fiktion der Zukunft, die in der Fiktion die Gegenwart ist - **zukünftige Gegenwart **also. Und man kann ja auch eine Fiktion in der Vergangenheit schreiben, also so angesetzt um 1300, bspw.

Ok, ok… sehe ich ein! Ich meinte eigentlich Erfahrungen mit dem Erfinden zukünftiger Geschehnisse und Gegenstände für eine fiktive Geschichte. Fantasy, Roman, Science Fiction, was auch immer.

Natürlich sind auch Gegenwartsromane, Historienromane, historische Fantasy und gegenwärtige Fantasy reine Fiktion, aber da weiß man zumindest, was es an Geschehnissen, Gegenständen und sonstigen Fakten gibt und gab.

Geschichten, die wir in der Zukunft spielen lassen, geben uns sowohl Vorteile als auch zusätzliche Probleme. Wir können nicht nur, wir müssen uns die Zukunft als reine Fiktion vorstellen. Das versteht jeder, das verlangt auch jeder. Dennoch sollte auch unsere Zukunftsvision mit Logik auf der Gegenwart basieren.
Aus unzähligen Science-Fiction Romanen und Filmen wissen wir, dass dabei schon viel Wahres wie Unsinniges provezeiht wurde. Und das ist das Problem: Zukunftsvisionen müssen, so fiktiv sie sind, wissenschaftlich plausibel sein. Das erfordert ein mindestens ebenso großes fachliches Wissen, wie bei historischen Romanen. Zudem lässt die Entwicklung, im technischen, ökonomischen wie politischen Bereich, viele frühere Fiktionen warhscheinlich oder unsinnig erscheinen, nicht zu reden von denen, die bereits von der Wirklichkeit eingeholt wurden (siehe Jules Verne).
Der langen Worte krauser Sinn: Über Zukunft lässt sich mit der gleichen Aktualität wie über Vergangenheit oder Gegenwart schreiben, es hängt von der Thematik ab und von der Sichtweise - diese sollte in jedem Fall an ein heutiges, ungelöstes Problem anknüpfen und dann neue und spannende Entwicklungen anbieten.

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Die weit entfernte Zukunft (“im Jahr 3000”) ist einfach: Was immer man sich ausdenkt, niemand kann es nachprüfen.

Beliebig schwierig ist hingegen die nahe Zukunft. Die nächsten zehn Jahre vorhersagen? Wie schwierig das ist, kann man sehen, wenn man sich noch einmal in die Lektüre von ein paar Zeitungen vom Juni 2008 vertieft und versucht, sich zu erinnern, wie es damals war, was man erwartet, befürchtet, erhofft hatte … und wie es dann tatsächlich kam.

Und selbst wenn man mit seinen Prophezeiungen richtig liegen sollte, bliebe immer noch das Problem, damit seinen Verleger zu überzeugen …

(“Herr Eschbach, wie soll ich sagen? Grundsätzlich bewundere ich ja Ihre blühende Phantasie, aber mal im Ernst – Donald Trump amerikanischer Präsident? Finden Sie das nicht selber kolossal übertrieben?”)

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Die Meinungsforschungsinstitute sollten AndreasE ernster nehmen oder engagieren! Spontan fällt mir “Der Jesus-Deal” ein! Was für eine Voraussicht!
Herzliche Grüße
Berti

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Das glaube ich auch: Bei zehn Jahren muss es schon äußerst schwierig sein, ein realitätsnahes Szenario für einen Roman zu ersinnen. Ich habe mich deshalb auf ungefähr drei Jahre beschränkt, wo ich meine, das Ganze noch halbwegs glaubhaft vermitteln zu können. Meine wichtigste Fiktion ist, dass meine Protagonistin durch eine völlig neue mathematische Betrachtungsweise eine revolutionäre Methode zur schnellen Primfaktorzerlegung gefunden hat. Damit sind fast alle Datenübertragungen nicht mehr sicher. Das kann theoretisch wirklich jeden Tag passieren, ist aber zur Zeit wohl nicht in Sicht.Zum Glück!
Ansonsten kommen nur ein paar herumschwirrende Versanddrohnen mit speziellen häuslichen Poststationen und ein paar bereits bekannte elektronische Gimmicks vor, die meinen Ermittler hin und wieder ein wenig verrückt machen. Meine vor einem dreiviertel Jahr ersonnene App-gesteuerte Kaffeemaschine hat meine Frau zu meinem Erstaunen schon vor ein paar Tagen hier angeschleppt :)…
Natürlich ist die nicht so komfortabel und verrückt wie meine Vision, aber immerhin!

Gut, da habe ich mich nun wirklich noch nicht näher mit beschäftigt, weil dieses Buch bisher nur ein Projekt zu meiner persönlichen Freude war. Zwar habe ich vorsorglich eine notarielle Hinterlegung und Titelschutz veranlasst, aber Hoffnung auf den großen Wurf mache ich mir eher nicht.

Liebe Grüße,

Frank

Jein, tatsächlich ist das eine Auswirkung die die neuen Quantencomputer haben werden, daher auch die neuen Forschungen in Quanten-Kryptographie. Aber in den nächsten drei Jahren wird das sicher nicht zum Standard.

https://www.research.ibm.com/ibm-q/network/
https://www.security-insider.de/die-zukunft-der-kryptographie-im-zeitalter-der-quanten-a-645548/

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…dabei muss ich jetzt spontan an diese aufklappbaren Kommunikatoren, oder wie die auch immer hießen, denken, die Mr. Spock und Captain Kirk verwendet haben. Was für ein Unsinn! :):):slight_smile:

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Wieso Unsinn? Schau dir mal eine amerikanische Serie an, die kommunizieren nur mit aufklappbaren Mobiltelefonen. Da hat die Realität inzwischen die “unendlichen Weiten” längst erreicht.

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Das stimmt aber nur unter dem Aspekt der Geschwindigkeit, wenn diese Computer einmal wirklich nutzbar sein sollten. Die bestehenden “Rechenalgorithmen” werden aber immer noch nach dem bisherigen/zukünftigen mathematischen Kenntnisstands verwendet werden.

Und in dieser Hinsicht kann man aus heutiger Sicht lediglich davon profitieren, dass Quantencomputer durch ihre erheblich höhere Geschwindigkeit uns mehr über die Geheimnisse der Primzahlen preisgeben. Aber das klassische Lösungsproblem wird dadurch kein anderes. Ich weiss nicht, wieviel schneller diese Computer irgendwann rechnen werden, aber die Geschwindigkeit wird trotzdem einen gewissen Wert nicht überschreiten. Dann muss man lediglich die Stellen der zu multiplizierenden Primfaktoren erhöhen und die Verschlüsselung wird wieder funktionieren. Oder?

… das sollte ich dann vielleicht irgendwann mal tun :thumbsup:. Bisher tut das in unserem Haushalt nur unsere 16-jährige Tochter und die zieht immer eine furchterregende Grimasse, wenn ich mal wieder frage:
„Na, schaust Du mal wieder Unterschichtenfernsehen?“

Die Meinung mag man haben - aber die Leute telefonieren alle mit Klapp-Phones. Die scheinen in den Staaten besonders beliebt gewesen sein. Inzwischen lassen die sich selbst in den entlegensten Regionen de Welt sämtliche NSA-Abhör-Infos aufs Smartphone schicken, um dann dem Bösewicht den Garaus zu machen.